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Herzog auf alle Jagden, besonders jährlich auf die Gemsjagd bei der Hinter-Riß in Tirol, die er auch in einem Prachtwerke trefflich geschildert hat.

Einmal schrieb er mir einen dringlichen Brief um ein paar amerikanische Aexte; er war eine Wette eingegangen und gewann sie, indem er in Gegenwart der fürstlichen Familie und des gesammten Forstpersonals einen Baum in kaum der Hälfte der Zeit fällte, die zwei geübte Holzschläger mit ihren einheimischen Werkzeugen zur Niederlegung eines gleichen Stammes brauchten. Im August 1857 besuchte ich ihn auf der Rosenau, um ein paar frohe Tage mit ihm zu verleben, die er jedoch durch eine gebotene Reise nach Weimar zur Enthüllung des Dichter-Heroen-Monuments verkürzen mußte. Er wohnte dort äußerst lieblich in dem Schweizerhause, über dem prachtvollen Kuhstall; rings um seine Wohnung lief eine Galerie mit der schönsten Aussicht auf das Schloß, saftgrüne Matten und stolze Baumgruppen des unvergleichlich schönen Parks. Doch klagte er schon damals über die Nachtheile der Entfernung von Stadt und Menschen. Vielleicht entwickelte sich daraus die Unruhe, welche ihn 1860 wiederum über den Ocean trieb, trotz aller Vorsätze und öffentlicher Versprechen. Diesmal richtete sich seine Fahrt zunächst im Interesse einer englisch-deutschen Colonisations-Gesellschaft nach Ecuador in Südamerika, wo er in den Wildnissen des Pailon lange Zeit unthätig auf das Auswandererschiff „Kittiwake“ warten mußte; dann durchstreifte er Peru und Chili, während der Versuch, in Patagonien einzudringen, fehlschlug, weshalb er von Valparaiso aus um das Cap Horn die deutschen Ansiedelungen in Buenos-Ayres, Uruguay und Brasilien aufsuchte, endlich von Rio de Janeiro über Bordeaux heimkehrte. Das Ergebniß dieser Reise war das dreibändige Werk: „Achtzehn Monate in Südamerika und dessen deutschen Colonien.“ Es schließt mit den Worten: „In Paris traf ich auf einen Bekannten – von ihm erfuhr ich, daß ich kein Weib, keinen eigenen Herd mehr habe, und das war mein Willkomm in der Heimat.“ – Seine Frau, schon längere Zeit an der Tuberculose leidend, war kurz vor seiner Wiederkunft schmerzlos gestorben; ihr letztes Wort war der Name des geliebten Mannes gewesen. Glücklicherweise stand seine Mutter (vordem die Sängerin Friederike Herz, Schwester des Münchener Hofschauspielers) dem Verlassenen treulich zur Seite und nahm ihm mindestens theilweise die schwere Sorge der Erziehung seiner drei unmündigen Kinder vom Herzen. Durch eisernen, fast ununterbrochenen Fleiß gelang es ihm, seines Kummers Herr zu werden; aus jener Zeit stammen einige seiner schönsten Romane.

Im Jahre 1862 begleitete er den Herzog von Coburg und seine Gemalin auf einen Jagdzug nach Abyssinien. Diese unter so glücklichen Auspicien angetretene Reise war aber diejenige, welche Gerstäcker am wenigsten befriedigte; zwar äußerte er sich nur höchst zurückhaltend darüber, hat auch, ganz entgegen seiner sonstigen Gepflogenheit, nichts darüber veröffentlicht, allein es blieb ein innerliches Zerwürfniß zurück, welches ihn veranlaßte noch in demselben Jahre seinen Wohnsitz von Coburg nach Gotha zu verlegen.

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Wilhelm von Hamm: Fritz Gerstäcker. A. Hartleben, Wien 1881, Seite 277. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_von_Hamm-Fritz_Gerst%C3%A4cker-1881.djvu/7&oldid=- (Version vom 9.12.2016)