Seite:Zapolska Käthe.djvu/012

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Erschien ihr doch die neue Herrin wie die verkörperte Schönheit und Herzensgüte gegenüber der häßlichen, immer schreienden früheren, die sich „Gnädige Frau“ nennen ließ und unaufhörlich in alle Töpfe guckte.

Schon beim Gedanken an ein freundlicheres oder beifälliges Wort aus dem Munde jener reizenden Frau schwindelte ihr der Kopf vor Wonne.

So dachte sie beim Hinabklettern nur daran, jenen Beifall durch unermüdliche Arbeit bei Tag und Nacht zu verdienen.


Plötzlich schloß sie unwillkürlich die Augen: grell traf sie ein gelblicher Lichtschein auf der Wendeltreppe, die matte Flamme eines Talglichtes in einer Laterne, die ein junger Mann in grauem Kittel und langer Linnenschürze in der Hand trug.

Hocherfreut über diesen Zufall, der ihm den weiteren Weg über die dunklen Stufen erhellte, lief der Bote schleunigst hinab und ließ Käthe auf dem engen Treppenflur jenem jungen Manne allein gegenüber.

Mit gewohnter Schüchternheit drückte sie sich an die Wand, um dem ihr Nahenden möglichst freien Raum zu lassen. Trotz ihres guten Willens nahmen jedoch ihre breiten Schultern zu viel Platz ein und wohl oder übel mußte der junge Mann sie anstoßen, um vorüberzugehen.

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/012&oldid=- (Version vom 1.8.2018)