Seite:Zapolska Käthe.djvu/151

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So schüttete Käthe in der düsteren Kirche, vor der in Dämmerung gehüllten Mutter Gottes knieend, all ihr Herzeleid aus.

Ab und zu nur noch blinkte das Silberblech des Gnadenbildes im Widerschein der zu Füßen brennenden ewigen Lampe.

Noch immer weinte Käthe still vor sich hin und wischte sich die Tränen mit der Hand oder zog sie in die Nase ein in Ermangelung des Taschentuches.

Die anderen Weiber rings um sie her zählten unter tiefen Seufzern all die kleinlichen Sorgen und Leiden ihres elenden Alltagslebens auf in kläglichem Flüstertone, der sofort verhallte an den feuchten, geschwärzten Mauern.

Endlich verschwand sogar der Hochaltar mit seinen vergoldeten Säulen im Schatten und nur noch das schwarze Kreuz erhob im matten Lichte wie triumphierend seine scharfe Umrisse.


Als Käthe, aus tiefem Sinnen erwachend, sich umsah, erschrak sie nicht wenig über die inzwischen hereingebrochene Dämmerung.

Wie in Schlummer eingewiegt von dem hier herrschenden Gottesfrieden, hatte sie einige Stunden auf den Knieen gelegen, ohne sich um ihren Dienst zu kümmern. Gewiß war es schon sehr spät geworden und die Herrschaft wartete längst auf den Samowar. Sie aber vergaß, zur rechten Zeit heimzukehren.

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/151&oldid=- (Version vom 1.8.2018)