Türkische Offizier-Praxis

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Türkische Offizier-Praxis
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 19, S. 226
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[226] Türkische Offizier-Praxis. Nichts kann in der Türkei besser sein, als der Stoff zum Soldaten, sagt ein jetzt im türkischen Lager befindlicher englischer Correspondent. Der türkische Soldat hat alle nöthigen guten Eigenschaften, er ist tapfer und außerordentlich hart in Ertragung von Strapatzen, Kälte, Hunger und Hitze; er ist derb, nüchtern und folgsam. Strafen in den Armeen sind fast ganz unbekannt. Der Fehler liegt in der Organisation, die über alle Begriffe schlecht ist. Offiziere werden nicht wegen ihrer Tüchtigkeit als Soldaten und wegen militärischer Kenntnisse gewählt, sondern je nach der Masse ihres Soldes, die sie dem, welcher ihnen die Stelle verschafft, abzulassen versprechen. Dies geht bis zum ersten Commandeur hinauf. So gab der letzte Ober-Commandeur der asiatischen Armee, Achmet Pascha, einen Wechsel auf einen ganzen Jahresgehalt dem Mächtigen in Constantinopel, der ihm die Stelle verschaffte. Und darin liegt das eigentliche Unglück, welches die asiatische Armee unter ihm hatte, denn er versteht vom Militärwesen wissenschaftlich gar nichts. Dieses System geht durch alle Grade von Offizieren und es ist der Hauptgrund, weshalb die türkische Regierung so viele Schwierigkeiten macht, europäische Offiziere zuzulassen; sie will’s nicht mit den Offizieren verderben, damit diese ihr und der Türkei Verderben fortsetzen und vollenden können. Die gemeinen Soldaten lieben im Durchschnitt europäische Offiziere, und wenn die Regierung gehörigen Muth hätte, könnte sie rasch diesem furchtbaren Corruptionssysteme ein Ende machen. Jetzt zwingt sie zögernd die Noth dazu, so daß allerdings deutsche, französische, ungarische und englische Offiziere immer mehr Terrain gewinnen, wobei allerdings von „Aufrechterhaltung der Integrität der Türkei“ ebenso wenig noch die Rede sein kann, als in der That bei den Freunden der Türkei. Die Türkei geht unaufhaltsam in europäischer Civilisation unter oder auf, wobei es in der Wirklichkeit und kulturhistorisch gleichgültig bleibt, ob, wann und von wem der Halbmond von den Moscheen heruntergerissen und mit dem Kreuze vertauscht werde. Allem Anscheine nach führt „der Krieg“ jetzt alle die unzähligen halbbarbarischen Stämme und Mischungen, die die ungeheuern Strecken von den ionischen Inseln bis über das schwarze Meer hinaus bewohnen, diesem Culturprocesse entgegen. „Arten“ gehen unter und artige Menschen stehen dafür auf