TBHB 1943-02-04

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Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1943-02-04
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Entstehungsdatum: 1943
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Originaltitel: Donnerstag, den 4. Februar 1943.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 4. Februar 1943
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Einführung[Bearbeiten]

Der Artikel TBHB 1943-02-04 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 4. Februar 1943. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge[Bearbeiten]

[1]
Donnerstag, den 4. Februar 1943.     

[1]      Nun fängt Deutschland an, ein Tollhaus zu werden, die letzten Zeichen des endgültigen Zusammenbruchs beginnen sich zu zeigen. Nach neuester Verfügung sind alle Geschäfte, außer Lebensmittelgeschäften u. kriegswichtigen Betrieben zu schließen, d.h. alle kunstgewerblichen Geschäfte, alle Buchhandlungen, Schmuckläden, aber auch Kleidergeschäfte usw. sind zu schließen. – Solche Maßnahmen können ja höchstens eine Woche durchgeführt werden, dann ist der Zusammenbruch da. – Die Russen stehen inzwischen vor Orel u. Kursk. – Man hört den ganzen Tag u. besonders abends Motorengeräusch in der Luft, von Zeit zu Zeit Kanonendonner u. Fliegerbomben. Oblt. Dr. Krappmann war am Nachmittag kurz bei mir. Er beruhigte mich wegen Schweden. Nach seiner Ansicht kann Schweden unsere Küstenverteidigung in Norwegen wohl im Rücken angreifen, sodaß wir einen gleichzeitigen Angriff von See her wahrscheinlich nicht abwehren könnten, doch hält er Schweden für zu schwach, eine kriegerische Landung etwa bei Stralsund zu riskieren. Er war informiert über das Vorhandensein einer Armee auf Cypern, hatte aber von der Türkei nichts gehört, obgleich es in der Zeitung steht, allerdings in Form einer ganz harmlos aussehenden Notiz. Nachdem ich ihm meine Ansichten auseinandergesetzt hatte, fand auch er die Flankenbedrohung höchst gefährlich. Er sagte mir auch, daß alle Küstenbatterien Befehl bekommen hätten, sich auf Landziele einzuschießen, so wird auch er schon ab 15. Februar wieder in Richtung Born schießen. Er hält die Gefahr des Russeneinbruchs in Deutschland für größer, als ich es tue, denn ich glaube immer noch, daß England u. Amerika den Russen zuvorkommen werden. Uebrigens steht nach den Informationen des Dr. K. auch auf Island eine amerikan. Armee, die ja nur dem Angriff auf Norwegen dienen kann. –

     Vor einem Jahre prahlte Hitler, er wolle aus Stalingrad kein zweites Verdun machen, er wolle deshalb den Rest nur mit Stoßtrupps nehmen. Wenn ich nicht irre, hat uns Verdun rund 75000 Tote gekostet. Was uns nun Stalingrad gekostet hat, wird sich erweisen. – Hitler hat immer erzählt, wir hätten den ersten Weltkrieg wegen unserer schlechten Führung verloren. Als im Frühjahr der Führer den Angriff auf Stalingrad u. den Kaukasus befahl, weigerte sich sein Generalstabschef v. Halder u. er wurde in die Wüste geschickt dafür. Es wurde gemacht, wie der Führer wollte. Gut, als sich dann aber herausstellte, daß man Astrachan nicht nehmen konnte, hätte eine kluge Führung den Rückzug von Stalingrad befehlen müssen, denn dieser spitze Keil war auf die Dauer nicht zu halten. Dieser eitle Gefreite aber erklärte: „Wo ein deutscher Soldat einmal steht, da geht er nicht mehr weg.“ Die 6. Armee bekam also Befehl, stehen zu bleiben, – u. nun ist sie hin. Und dieser Narr schreit jetzt, – oder läßt schreien, – daß das ganze deutsche Volk siegen oder untergehen müsse. Nachdem er uns mit seiner [2] eitlen Großmannssucht u. der Dummheit seiner Mitarbeiter in diese Lage gebracht hat, schreit er nun: „Ihr müßt alle kämpfen!“ Er selbst schreit übrigens schon nicht mehr, – er hat es am 30. Januar nicht gewagt, vor das deutsche Volk zu treten, sondern er hat seine beiden Komplizen Göring u. Goebbels vorgeschickt. –

     Heute abend leutete Fritz aus Bln. an. Er wohnt bei seinen künftigen Schwiegereltern u. es scheint diese Sache in Ordnung zu gehen. Er soll nach dem Urlaub nun doch mit seiner ganzen Buchhandlung nach Toulouse übersiedeln, ich habe ihm geantwortet, daß ich das nicht glaube. – Am Montag wird er bei uns sein. –

     Gegen 9 Uhr wurden wir aus Hamburg angerufen, doch war der Teilnehmer inzwischen besetzt. – Wer es auch gewesen sein mag, – er wird gewiß im Luftschutzkeller sitzen u. deshalb auf den Anruf verzichtet haben.

     Ich sah ein Bild im Rostocker Anzeiger: Der Führer verabschiedet, sich von Generaladmiral Raeder. Man sieht Raeder in strammer, soldatischer Haltung vor dem Führer stehen, im Gesicht unverkennbar ein Anflug von Spott, – der Führer selbst mit immer mehr gebogenem Rücken, schlaff u. etwas gedunsen, ein wenig imponierender Anblick. Man muß an das Märchen vom Fischer un sin Fru denken: „Dein Olsch sitzt all wieder auf ihrem Pißpott!" –