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Thüringer Sagenbuch. Erster Band/Musikanten im Hörseelenberge

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Das Hörseelbergsloch Thüringer Sagenbuch. Erster Band
von Ludwig Bechstein
Die Hirtenknaben
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[132]
80.
Musikanten im Hörseelenberge.

Trotz den nüchternen Lösungen der mythischen Räthsel, die der Hörseelenberg aufgab, blieb die Sage von ihm und seiner Höhle dennoch lebendig und verjüngte sich von Geschlecht zu Geschlecht, ja es fehlte ihm sogar nicht an einem Sänger, der im Jahre 1592 ein Gedicht in Form einer poetischen Vision über ihn schrieb, das aber nie zum Drucke gelangte, und in welches er Hörseelbergsagen einwob.

Zwei Schäferknechte, so lautet die eine in schlichte [133] Prosa aufgelöst, kamen von einer Kirmse mit ihren Schallmeien oder Sackpfeifen wol bezecht, jauchzend und fluchend um Mitternacht am Berge vorüber; da stießen ihnen hart am Berge drei dunkle Männer auf, die ihnen geboten, mit ihnen zu gehen, und im Berge aufzuspielen. Die Knechte wußten nicht, wie ihnen geschah, sie mußten Folge leisten, und leisteten Folge. Dreizehn Tage, die verrufene Zahl, blieben sie im Bergesinnern, und begaben sich still und traurig nach Hause; niemals spielten sie wieder zum Tanze auf, aller Freude vergaßen sie ganz und gar und vollendeten ihr Leben mit stetem seufzen und trauern.

So wanderte einst ein Lautenist mit seiner Laute auf eine Hochzeit, dahin er zum aufspielen zur Erhöhung der Fröhlichkeit berufen war, gegen Abend am Hörseelenberge vorüber. Da kommt ein langer schwarzer Mann und heißt dem Lautenisten mit sich gehen, und führt ihn fort, der nicht zu widerstehen vermag. Da erblickt der bebende Mann am Eingange den treuen Eckhart, der spricht ihn warnend an, er solle sich an nichts Schreckhaftes kehren, was er auch sehen werde, und sich beileibe nicht umkehren, ja nicht einmal den Kopf wenden; auch um das „viele Gesumme,“ das er hören werde, solle er sich nicht kehren, Gut und Geld, das man ihm vielleicht bieten werde, solle er nicht annehmen. Solche Warnung erfüllte den Lautenisten mit Angst und Besorgniß, doch half das nichts, er mußte aufspielen im Berge, und da sahe er Dinge, über denen ihm alles Lachen ganz und gar und für immer verging. Sechs Tage lang ward er im Berge gehalten, seiner Kunst zu pflegen, dann nahete ihm ein Zwerglein und winkte ihm zu folgen, und wie er dieß willig that, festen Vorsatzes, sich nicht umzusehen, so merkte er doch [134] daß ihn eine dräuende Larvenschaar verfolgte, darüber er ganz und gar den Rath des treuen Eckharts vergaß und sein Haupt seitwärts blickend wandte. Da blieb ihm, obwohl er, ohne zu wissen, wie? aus dem Berge heil heraus kam, das Haupt zur Seite gedreht stehen, und mußt es also tragen bis an sein Ende, das auch nicht lange auf sich warten ließ. Niemand hat diesen selben Mann wieder fröhlich gesehen.