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Thüringer Sagenbuch. Erster Band/Vom Kreuzzuge Landgraf Ludwigs V

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Die Wunder Elisabeths Thüringer Sagenbuch. Erster Band
von Ludwig Bechstein
Elisabeths Prüfungen
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[175]
97.
Vom Kreuzzuge Landgraf Ludwigs V.

Landgraf Ludwig, der fromme Gemahl Elisabeths, faßte den Entschluß, vielleicht nicht ganz aus freiem Antriebe, Kaiser Friedrich II. im Geleite einer ansehnlichen Schaar thüringischer und hessischer Edeln auf einen Kreuzzug nach Palästina zu folgen. Er lud alle seine Vasallen auf einen Tag nach Kreuzburg, ermahnte die, welche zurückblieben, gute Ordnung im Lande aufrecht zu erhalten, und empfahl ihrer Fürsorge auch seine Gemahlin und seine Kinder, die ihm an das Herz gewachsen seien. Elisabeth hatte ihm zwei Kinder geschenkt, die nach den Großältern väterlicher Seits hießen: einen Sohn Hermann, eine Tochter Sophia, und ein drittes Kind trug sie unter dem Herzen. Die thüringischen und hessischen Kreuzfahrer, die ihrem Landgrafen folgten, und in Kreuzburg mit versammelt waren, waren die Grafen Ludwig von Schwarzburg, Burkhard von Brandenburg, Meinhard von Mülberg, Heinrich von Stolberg, Ernst von Gleichen, Günther von Kevernburg, und die Ritter und Träger der Erbhofämter, Rudolf, Schenk von Vargila, Heinrich Marschall von Ebersberg, Herrmann Truchses von Schlotheim, Heinrich Kämmerer von Vahner, Heinrich von Erffa, der Hofmeister, sodann die Ritter und Edeln: Hartmann [176] oder Hermann von Heldrungen, Ludolf von Belstätt, Rudolf von Bilzingsleben, Friedrich von Treffurt, Lutze von Wartberg, Dietrich von Seebach, Gerhard von Elende, Ludwig und Rudolf von Hausen, Heinrich von Meideburg, Berthold von Mila, Berthold von Heilingen, Seifarth von Spatenberg und viele andere. Ebenso folgten dem Zuge des Landgrafen 5 Kleriker, der Hof- und Burgkaplan Berthold, der Kaplan Konrad von Marburg, Erhard, Kaplan auf der Neuenburg, auch der Geheimschreiber Konrad von Würzburg, mehrere Aerzte, ohne den Troß der zahlreichen Knappen und Knechte. Landgraf Ludwig zog, von seiner Gemahlin, seiner Mutter, den Kindern und vielen Treuen begleitet, mit 200 Pferden über Reinhardsbrunnen gen Schmalkalden, wo er von den Seinen einen beweglichen und schmerzlichen Abschied nahm, und von wo seine Mutter mit den Kindern zurückkehrte, Elisabeth aber vermochte nicht, sich jetzt schon von ihm zu trennen, sie begleitete ihn noch bis Meiningen, wo er ihr beim endlichen herzbrechenden Abschiede einen Ring zeigte, in dessen Saphir ein Agnus Dei geschnitten war, und zu ihr sprach, wenn er diesen Ring ihr sende, möge sie daran erkennen, daß die Botschaft gewiß von ihm komme. Davon steht noch geschrieben in der Meininger Chronik: „Vorerwähnte H. Elisabetha hat zum Gedächtniß eine Capelle allhier erbauen lassen, so aber nunmehro eingerissen und verwüstet.“ Diese Capelle soll neben der Kirche auf dem Markte gestanden haben, und ihr Portal später das frühere der Kirche ersetzt haben, wie man, daß dasselbe eingesetzt worden, deutlich wahrnimmt. – Elisabeth kehrte trauernd nach der Wartburg zurück, legte dort alsbald Wittwenkleider an, und legte diese leider nie mehr ab.

[177] Landgraf Ludwig sollte nach dem Willen seines kaiserlichen Herrn als Oberbefehlshaber und Feldherr des ganzen Kreuzheeres im heiligen Lande auftreten und wirksam sein, aber anders war es verhängt im Rathe Gottes, denn Ludwig sahe weder das heilige Land, noch jemals seine Heimath und die Seinen wieder. Er erkrankte auf der Insel Otranto und jählings stieß ihm die Krankheit zu und wurde heftiger und heftiger. Da sahe er das Gemach, darin er lag, voll schneeweißer Tauben, die von allen Seiten sein Bette umflogen, und er sprach zu denen, die um ihn waren von den Seinen: Sehet ihr nicht die große Menge dieser schneeweißen Tauben? – Und nach einer Weile begann er wieder: Ich muß und will von hinnen mit diesen schneeweißen Tauben. Und als er diese Worte gesprochen hatte, da gab er seinen Geist auf und schlummerte hinüber in die göttliche Ruhe. Einer von Ludwigs Kaplanen aber sahe am Himmel einen Flug weißer Tauben sich gen Aufgang wenden, darunter war eine wunderschöne weiß glänzende Taube, der heilige Geist. – Dieser führte des frommen Landgrafen Seele von hinnen, und es entstand großes und schmerzliches Wehklagen unter seinen zurückgelassenen Lehenträgern und zumal unter seinen Dienern. Und wurde eine Sage, der Landgraf habe einen „vergifteten Trunk“ gethan, doch ist das nicht zu verstehen im heutigen Sinne, daß ihn jemand absichtlich mit Gift vergeben, sondern man nannte im Mittelalter alles, was schädlich wirkte, vergiftet, und so konnte ein jäher Trunk des reinsten kalten Wassers als vergiftet bezeichnet werden. Und war der edle Fürst, den man ob seines tugendreichen Wandels, ob seiner Frömmigkeit, Gerechtigkeit und Milde später den Heiligen nannte, obwohl kein Papst [178] ihn heilig sprach, noch gar jung an Jahren, da er von hinnen fahren mußte, erst sieben und zwanzig Jahre alt.