Ueber die Wirkung zwischen schwefliger Säure und Zink oder Eisen, und über die Zusammensetzung der daraus hervorgehenden Producte (Schluß)

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Annalen der Physik und Chemie
Band LXIII, Heft 11, Seite 431–455
Corneille Jean Koene
Ueber die Wirkung zwischen schwefliger Säure und Zink oder Eisen, und über die Zusammensetzung der daraus hervorgehenden Producte (Schluß)
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XII. Ueber die Wirkung zwischen schwefliger Säure und Zink oder Eisen, und über die Zusammensetzung der daraus hervorgehenden Producte; vom Dr. Koene.
Professor an der Universität zu Brüssel.
(Schluß von S. 283.)

Untersuchungen über die Producte der Einwirkung des Eisens.

Wenn Eisen auf eine Lösung von schwefliger Säure einwirkt, so zeigen sich Erscheinungen ähnlich denen, die man bei Einwirkung des Zinks auf dieselbe Säure bemerkt. Die Flüssigkeit erwärmt sich, bräunt sich anfangs, nimmt darauf eine grüngelbe Farbe an, und wird zuletzt smaragdgrün. Ein großer Ueberschuß von schwefliger Säure bedingt darin nach einigen Wochen einen Niederschlag von Schwefel. Ein Ueberschuß von Metall veranlaßt einen Absatz von Sulfit. Beim Sieden in einer Retorte entwickelt die Lösung eine reichliche Menge schwefliger Säure unter gleichzeitiger Ablagerung von Sulfit im Zustande eines krystallinischen grauweißen Pulvers. Während des Erkaltens der Lösung absorbirt das weiße Pulver Sauerstoff, färbt sich mehr oder weniger dunkel, und verwandelt sich anfangs in schwefligsaures Eisenoxyd und zuletzt in basisch schwefelsaures Eisenoxyd (sulfate ocreux). Digerirt man sie zusammen mit einer Lösung von schwefliger Säure, so löst sich sowohl der ochrige Absatz als das unveränderte Sulfit‚ und die gelbe Farbe verschwindet.

Durch gegenseitige Einwirkung des Eisens und der Säure bildet sich stets auf der Oberfläche des ersteren ein Sulfur, welches vollständig verschwindet in dem Maaße als es sich bildet. Die beständige Bildung dieses Sulfurs, die geringe Löslichkeit des schwefligsauren Eisenoxyduls in Wasser, welches keinen großen Ueberschuß von schwefliger Säure enthält, erfordert für die Bestimmung der elektropositiven Elemente der Reaction, daß man dieselben Vorsichtsmaaßregeln treffe, die ich angab, als ich die Analyse der Producte von der Reaction des Zinks auseinandersetzte. Und da die Eisenoxydulsalze sich weniger gut als die Zinksalze trocknen lassen, sie auch sehr gierig nach Sauerstoff sind, so ist es unumgänglich, daß man eine gute Luftpumpe zur Verfügung habe, damit man sich ein reines und recht trocknes Salzgemenge verschaffen könne.

Zwei Analysen eines solchen Gemenges gaben folgende Resultate:

I. II.
Eisenoxyd 0,161 0,242
Schwefelsauren Baryt 0,574 0,861
Schwefel 0,026 0,028

Diese Zahlen führen zu dem Verhältniß:

I. II. Mittel. Chem. Verhältn.
Eisen 52,86 53,18 53,02 0,156 100
Schwefel 47,14 46,82 46,98 0,233 149

entsprechend:

.

Das Salzgemenge, welches aus der gegenseitigen Wirkung von Eisen und schwefliger Säure entspringt, kann also ausgedrückt werden durch:

.



Untersuchungen über die einzelnen Producte der Einwirkung des Zinks und des Eisens.
Oxysulfo-schwefelsaures Zinkoxyd.

Um dieses Salz zu bereiten, fülle man eine Flasche mit einer bei 0° gesättigten Auflösung von schwefliger Säure, bringe Zinkstreifen hinein und verschließe sie hermetisch. Nach einigen Tagen dampfe man die Flüssigkeit mit Hülfe des Absorptionsvermögens einer großen Fläche concentrirter Schwefelsäure im Vacuo ab. Man erschöpfe den Salzrückstand mit 90 procentigen Alkohol, gieße die alkoholische Lösung ab, fälle sie mit wäßrigem Aether, und scheide mittelst eines Hahntrichters die am Boden befindliche ölige Substanz ab. Man erwärme diese Substanz auf 40° C., bis sie keinen Geruch mehr verbreitet, und trockne sie zuletzt im Vacuo.

Die Abdampfung der ersteren Lösung bezweckt die Entfernung des Wassers und vor allem der freien schwefligen Säure, vermöge welcher das schwefligsaure Zinkoxyd sich in Alkohol löst. Durch den Zusatz von wäßrigem Aether zu der alkoholischen Lösung bedingt man die Fällung des oxy-sulfo-schwefelsauren Zinkoxyds, welches, als begierig nach Wasser, sich mit diesem am Boden des Gefäßes in Gestalt einer opalisirenden Flüssigkeit ansammelt. Diese Flüssigkeit wird nach und nach milchig, in Folge der Bildung von etwas Schwefelzink, dessen Menge fortwährend zunimmt, wenn man nicht den Aether durch gelinde Wärme vertreibt.

Das oxy-sulfo-schwefelsaure Zinkoxyd erscheint in Gestalt einer gummigen Substanz von schwach gelber Farbe. Es ist in allen Verhältnissen in Wasser löslich, sehr löslich in Alkohol, aber wenig löslich in Aether. Der Luft ausgesetzt, zerfließt es anfangs, oxydirt sich darauf, setzt Schwefel ab und verwandelt sich in Sulfat. Eine wäßrige Lösung dieses Salzes verändert sich nur erst bei einer Temperatur über 100° C.; wenn aber das Salz trocken ist, so geschieht die Zersetzung schon bei einer Temperatur unterhalb jener, dabei Schwefel und Sulfit bildend.

Läßt man eine alkoholische Lösung von oxy-sulfo-schwefelsaurem Zinkoxyd stehen, so setzt sie Schwefelzink ab. Die ätherische Lösung bedingt zugleich die Bildung von Schwefel. Eine wäßrige Lösung dieses Salzes setzt sogar Schwefelzink ab, wenn man sie einige Wochen mit Zink in Berührung läßt. Dieselbe Erscheinung zeigt sich, nach Fordós und Gélis, bei Abwesenheit von Zink, wenn man die wäßrige Lösung im Vacuo abdampft [1]. Nach denselben Chemikern bildet das Salz bei seiner Zersetzung die beiden Verbindungen und . Wenn der Vorgang wirklich ein solcher ist, so ist die Zersetzung derjenigen vergleichbar, welche das Jod bei Einwirkung auf das oxy-sulfo-schwefelsaure Natrum bedingt. Denn:

Der Schwefel außerhalb des zusammengesetzten Radicals der Säure ersetzt den Sauerstoff des Oxyds , und daraus entspringen die beiden Verbindungen und . Diese letztere befindet sich unter den günstigsten Umständen zu ihrer Verbindung mit der Säure des Salzes und bildet daher .

Anlangend die Ursache der Bildung der Verbindungen, die aus der Zersetzung des oxy-sulfo-schwefelsauren Zinks unter Einfluß von Aether, Alkohol oder Zink entspringen, so kann sie auf diejenige bezogen werden, die bald die Erzeugung des Salzes , bald die der Verbindung bedingt; denn der Einfluß des Contacts dieses fremden Körpers kann nicht besser begriffen werden, als daß man annimmt, es bilden sich galvanische Ströme unter dem gleichzeitigen Einfluß dieser Körper und der Oxy-sulfo-schwefelsäure, deren Eigenschaften in dem Zinksalz vorwalten.

Das oxy-sulfo-schwefelsaure Zinkoxyd, so wie es Aether aus seiner alkoholischen Lösung fällt, gab bei der Analyse:

I. II. Mittel. Chem. Verhältn.
Zink 50,30 49,45 49,875 0,123 1
Schwefel 49,70 50,55 50,145 0,249 2

was zur Formel führt.

Schwefligsaures Zinkoxyd.

Dieses Salz setzt sich ab entweder wenn man die saure Lösung der Producte der Einwirkung von Zink auf schweflige Säure in einer Retorte siedet, bis ein Drittel der Flüssigkeit überdestillirt ist, oder wenn man das Metall einige Tage lang mit einer gesättigten wäßrigen Lösung von schwefliger Säure in Berührung läßt, oder wenn das aus der Reaction des Zinks herrührende Salzgemenge mit Alkohol erschöpft, oder endlich wenn man eine Auflösung von Zinkoxyd in schwefliger Säure, sey es freiwillig abdampfen oder in einer Retorte einsieden läßt.

Zu bemerken ist, daß man beim ersten Verfahren mit der Operation einhalten muß, ehe ein Drittel der Flüssigkeit überdestillirt ist, denn gegen diesen Zeitpunkt hin steigt die Flüssigkeit vermöge ihrer Concentrirung auf eine solche Temperatur, daß das oxy-sulfo-schwefelsaure Zinkoxyd Schwefel ablagert und sich in schwefligsaures Zinkoxyd verwandelt, welches sich seinerseits in einer etwas höheren Temperatur zersetzt.

Das schwefligsaure Zinkoxyd, welches sich aus einer sauren und siedenden Lösung absetzt, erscheint in Gestalt eines schweren krystallinischen Pulvers von reinem Weiß. Das dagegen, welches sich bei freiwilliger Verdampfung aus der sauren Lösung abscheidet, stellt durchscheinende Lamellen dar. Auf welche Weise es auch gebildet seyn möge, so ist dieß Salz doch wenig löslich in Wasser, sehr löslich aber in einer wäßrigen Lösung von schwefliger Säure; vermöge der Säure löst es sich auch in Alkohol. Das oxy-sulfo-schwefelsaure Zink löst davon, wenn man die Producte der Reaction des Zinks im Vacuo bis zur Syrupsdicke eindampft, eine solche Menge, daß auf Zusatz von wasserfreiem Alkohol die Flüssigkeit gesteht.

An trocknet Luft verändert sich das Salz nicht merklich, allein an feuchter geht es langsam in Sulfat über. In einer Glasröhre erhitzt, zersetzt es sich oberhalb 200° C.‚ entwickelt schweflige Säure, schwillt auf und hinterläßt endlich Zinkoxyd.

Von den beiden Analysen, deren Resultate folgen, war die erste angestellt mit einem Salze, das sich zu Anfange des Siedens einer sauren Lösung abgesetzt hatte; die zweite mit einem Salz, das durch freiwillige Abdampfung einer Lösung von Zinkosxyd in schwefliger Säure gebildet worden war.

I. II. Mittel. Chem. Verhältn.
Zinkoxyd 45,45 45,00 45,225 0,089 1
Schweflige Säure 36,20 36,06 36,130 0,090 1
Wasser 18,35 18,94 18,645 0,165 2

Das Wasser war durch den Unterschied bestimmt worden. Um diese Bestimmungsweise zu controliren, glühte man in einer Kugelröhre 0,546 trocknes Sulfit, wobei 0,245 reines Oxyd zurückblieben. Berechnet man, wie viel schweflige Säure dieses Oxyd verlangt, und zieht die Summe beider Verbindungen von der angewandten Menge der Substanz ab, so erhält man für das Wasser einen Rückstand von 0,097, oder für die Zusammensetzung im Hundert:

Chem. Verhältn.
Zinkoxyd 44,88 0,089 1
Schweflige Säure 35,71 0,089 1
Wasser 19,41 0,172 2

Das schwefligsaure Zinkoxyd, so wie es sich aus einer kalten oder siedenden sauren Lösung absetzt, bekommt also die Formel:

.

Die große Löslichkeit des schwefligsauren Zinkoxyds in schwefliger Säure könnte glauben lassen, es gäbe ein Salz mit mehr als einem Aequivalent Säure. Um darüber keinen Zweifel zu hinterlassen, analysirte ich feuchtes Sulfit, welches sich durch freiwillige Abdampfung aus einer sauren Lösung gebildet hatte. Nach Ausdrückung zwischen Josephpapier fand sich dieses Salz zusammengesetzt aus:

Chem. Verhältn.
Zinkoxyd 0,890 0,00176 1
Schwefliger Säure 0,705 0,00175 1.

Daraus folgt, daß es im starren Zustande nur ein schwefligsaures Zinkoxyd giebt:

Oxy-sulfo-schwefelsaures Eisenoxydul.

Dampft man die Lösung, welche die Producte der gegenseitigen Einwirkung von Eisen und schwefliger Säure enthält, im Vacuo ab, und behandelt das Salzgemenge mit 90 procentigem Alkohol, so oxydirt sich das oxy-sulfo-schwefelsaure Eisenoxydul bei seiner Lösung augenblicklich auf Kosten des Sauerstoffs der umgebenden Luft und desjenigen, der im Alkohol gelöst ist. Läßt man die alkoholische Lösung zwei Tage lang über einige Eisendrähte stehen, so bildet sich ein ochriger Niederschlag und die Lösung nimmt eine schwache grünlichgelbe Farbe an. Beim Abdampfen der Flüssigkeit im Vacuo über concentrirter Schwefelsäure setzt sich gegen das Ende der Operation das oxy-sulfo-schwefelsaure Eisenoxydul in Gestalt einer krystallinischen Masse ab.

Dieß Salz hat eine grünlichblaue Farbe. Es ist sehr löslich in Wasser und in Alkohol. Weder die wäßrige, noch die alkoholische Lösung verändert sich; bringt man aber in die letztere Lösung Eisendrähte, so lagert sich mit der Zeit Schwefeleisen (sulfure ferreux) ab. Man wird sich erinnern, daß das oxy-sulfo-schwefelsaure Zinkoxyd, in Alkohol gelöst, Schwefelzink bei Abwesenheit von Zink absetzt, und daß bei Gegenwart dieses Metalls die wäßrige Lösung dieses Salzes dieselbe binäre Verbindung absetzt. Das Eisenoxydul-Salz scheint demnach unter diesen Umständen stabiler zu seyn als das Zinksalz. Wenn man es indeß dem Einfluß von schwefliger Säure aussetzt, lagert es im Laufe von drei bis vier Wochen eine reichliche Menge von Schwefel ab, was mit dem Zinksalz nicht der Fall ist.

An der Luft zieht das oxy-sulfo-schwefelsaure Eisenoxydul anfangs eine große Menge Wasser an, darauf oxydirt es sich, trocknet ein und verwandelt sich zuletzt in eine amorphe ochrige Masse. Zufolge einer Analyse enthält dieß Salz:

Chem. Verhältn.
Eisen 0,63 0,00185 1
Schwefel 0,74 0,00367 2.

Das Krystallwasser desselben zu bestimmen, ist ausnehmend schwierig, weil die Lösung dieses Salzes vor der Krystallisation sich mit einer Salzkruste überzieht, und weil das Salz beim Krystallisiren Risse bekommt, in denen es Wasser mechanisch aufnimmt, während es an der Oberfläche Wasser verliert und ausbleicht. Die Resultate der folgenden Analysen können daher nur als Annäherung zum wahren Wassergehalt betrachtet werden.

0,669 Substanz gaben: 0,201 Eisenoxyd, 0,982 schwefelsauren Baryt und 0,035 Schwefel. Bestimmt man das Wasser durch den Unterschied, so ergiebt sich daraus:

Chem. Verhältn.
Eisenoxydul 0,180 0,000410 1
Oxy-sulfo-Schwefelsäure 0,252 0,000418 1
Wasser 0,237 0,002107 5
entsprechend:
[2]
Schwefligsaures Eisenoxydul.

Gleich dem schwefligsauren Zinkoxyd setzt sich dieses Salz ab, wenn man die saure Lösung von den Producten der gegenseitigen Einwirkung von Eisen und schwefliger Säure in einer Retorte einsiedet, oder diese Lösung einige Wochen mit Eisenplatten stehen läßt, oder endlich diese Lösung im Vacuo zur halben Syrupsdicke abdampft.

In diesen drei Fällen zeigt sich das schwefligsaure Eisenoxydul in Gestalt eines krystallinischen, weißen, etwas in’s Graue fallenden Pulver. Es hat eine solche Verwandtschaft zum Sauerstoff, daß man das Sieden der sauren Flüssigkeit, in der es gelöst ist, nur auf zwei bis drei Secunden zu unterbrechen braucht, damit der in die Retorte eintretende Sauerstoff die mit ihr benäßten Wände derselben gelb färbe. Das siedende Wasser, mit welchem man das Salz zur Befreiung von dem anhaftenden Oxy-sulfo-sulfat waschen muß, kann selbst nicht die Oxydation verhindern, wenngleich man es vor der Waschung gegen den Zutritt der Luft geschützt hat. Während man das Sulfit unter die Glocke der Luftpumpe bringt, absorbirt es schon merkliche Sauerstoffmengen; und wenn man nach der Farbe zu urtheilen ein reines Salz zu haben glaubt, beobachtet man stets, daß es im Vergleich zu dem, welches sich eben aus einer siedenden Lösung absetzt, eine gelbe Farbe hat.

Das zweckmäßigste Verfahren, das schwefligsaure Eisenoxydul möglichst rein darzustellen, scheint mir folgendes zu seyn. Man läßt die saure Lösung der Producte der Reaction von Eisen und schwefliger Säure in einer Retorte einsieden, bis die Hälfte der Flüssigkeit überdestillirt ist, taucht darauf den Hals der Retorte in siedendes Wasser und nimmt das Feuer fort. Im Moment, da das Sieden aufhört, tritt das Wasser in die Retorte und setzt es in Schutz gegen die Wirkung des Sauerstoffs der Luft. Sobald die Flüssigkeit erkaltet ist, gießt man sie ab und wäscht das Sulfit mehrmals mit ausgekochtem Wasser, welches man in einer Atmosphäre von Kohlensäure erkalten gelassen. Hierauf bringt man das feuchte Salz unter die Glocke einer Luftpumpe und trocknet es neben einer Schale voll concentrirter Schwefelsäure.

Je niedriger die Temperatur ist, bei der man arbeitet, desto besser bewahrt das Sulfit seine weiße Farbe. Allein welche Sorgfalt man auch treffen möge, so enthält es doch immer Eisenoxyd.

Das Salz ist wenig löslich in Wasser, unlöslich in Alkohol, löslich dagegen in beiden bei Gegenwart von schwefliger Säure. Es röthet feuchtes Lackmuspapier. An der Luft erhitzt, giebt es anfangs Wasser aus, zerfällt darauf zu einem unfühlbaren Pulver, von dem ein Theil durch das schwefligsaure Gas fortgerissen wird, welches sich bei einer Temperatur von nahe 250° C. entwickelt. Nach der Zersetzung bleibt Eisenoxyd, gemengt mit einer veränderlichen Quantität Eisenoxydul. Die Eigenschaft dieses Salzes, durch Wirkung der Wärme in schweflige Säure und Eisenoxydul zu zerfallen, könnte zur Bereitung dieses Oxyduls benutzt werden, wenn es gelänge das schwefligsaure Eisenoxydul frei von Eisenoxyd darzustellen. Zu dem Ende könnte man sich eines Gasometers voll Stickstoff bedienen, und denselben verbinden mit einem besonderen Apparat, in welchen man die verschiedenen Operationen ausführte.

Zweien Analysen zufolge besteht das schwefligsaure Eisenoxydul aus:

I. II. Mittel. Chem. Verhältn.
Eisenoxydul 38,73 38,34 38,535 0,087 1,0 2
Schweflige Säure 35,69 35,20 35,445 0,088 1,0 2
Wasser 25,58 26,46 26,020 0,231 2,6 5
Da dieses Salz sehr gierig nach Sauerstoff ist und sich das Wasser nicht besser als durch den Unterschied bestimmen läßt, so schreibe ich den Ueberschuß an Wasser bei der zweiten Analyse der Gegenwart einer größeren, vom Salze etwa absorbirten Sauerstoffmenge zu.
Betrachtungen über die Natur der gelben Substanz, zu welcher das schwefligsaure Eisenoxydul durch seine Berührung mit der Luft Anlaß giebt.

Man sah so eben einerseits, daß das schwefligsaure Zinkoxyd sich an trockner Luft nicht merklich verändert, und andererseits, daß das schwefligsaure Eisenoxydul begieriger nach Sauerstoff ist als das schwefelsaure Eisenoxydul. Wäre das Zinkoxyd eine stärkere Base, würde das schwefligsaure Zinkoxyd nothwendig dieselbe Neigung, an der Luft in Sulfat überzugehen, besitzen, als die alkalischen Sulfite. Umgekehrt, wäre die Schwefelsäure eine weniger kräftige Säure, so würde das schwefelsaure Eisenoxydul sich eben so sehr an der Luft zu oxydiren streben, als das Sulfit derselben Basis; denn die Oxydirbarkeit einer Basis steht im umgekehrten Verhältniß der Stärke der Säure, mit der sie verbunden ist.

Das Zinkoxyd bedingt nicht so schnell die Oxydation der schwefligen Säure, als es eine kräftigere Basis thut, weil die Verwandtschaft dieses Oxyds zur Schwefelsäure weniger stark ist als die eines Alkalis zu derselben Säure.

In dem schwefligsauren Eisenoxydul oxydirt sich die Basis leichter als in dem schwefelsauren Eisenoxydul, weil in dem ersteren Salz die Eigenschaften des Oxyds weniger latent geworden sind als in dem zweiten.

Weil aber das Zinkoxyd, als schwache Basis, die Oxydation der schwefligen Säure nur langsam bedingt, das schwefligsaure Eisenoxydul sich leicht an der Luft oxydirt, und das Zinkoxyd, so wie das Eisenoxydul, fast eine gleiche Stärke besitzen, so folgt, daß die Oxydation der Basis des schwefligsaurem Eisenoxyduls nicht nothwendig die der Säure nach sich zieht, da das Eisenoxyd eine noch schwächere Basis ist als das Eisenoxydul.

Dieß sind die Betrachtungen, die mich darauf brachten, das Daseyn eines schwefligsauren Eisenoxyds zu vermuthen, und die Oxydation des schwefligsauren Eisenoxyduls als eine Umwandlung dieses in jenes anzusehen. Die Erfahrung hat diese Voraussicht vollkommen bestätigt, und sogar das Daseyn zweier Sulfite von Eisenoxyd (sesquioxyde de fer) nachgewiesen, nämlich ein drittel- und ein halb-schwefligsaures.

Drittel-schwefligsaures Eisenoxyd.

Rührt man Eisenoxydhydrat in Wasser und leitet schwefligsaures Gas hinein, so lange die Flüssigkeit es absorbirt, so löst sich ein Theil des Oxyds und ertheilt dem Wasser eine rothe Farbe, die bis zum anderen Tage verschwindet, um einer grünlichgelben Platz zu machen.

Das zurückbleibende Oxyd hat eine lebhaft rothe Farbe, röthet das Lackmus stark, selbst nachdem man die freie Säure durch Waschen mit Wasser fortgenommen hat. Es entwickelt, unter Einfluß von Schwefelsäure, einen schwachen Geruch nach schwefliger Säure, bläut das Kalium-Eisencyanür, giebt aber mit dem Kalium-Eisencyanid keine merkliche Färbung, und mit Chlorbarium keinen in Chlorwasserstoffsäure unlöslichen Niederschlag.

Diese Substanz ist keine bestimmte Verbindung, wovon man sich durch die Resultate der folgenden Analyse überzeugen kann:

Chem. Verhältn.
Eisenoxyd 89,18 34.
Schweflige Säure 10,82 10.

Nach Erschöpfung der Substanz durch ein dreistündiges Waschen mit Wasser fand sie sich zusammengesetzt aus:

Eisenoxyd 92,62.
Schwefliger Säure 07,38.
Ein weiteres achtstündiges Waschen entzog ihr noch mehr Säure, denn nun gab die Analyse:


Eisenoxyd 97,00.
Schweflige Säure 03,00.

Die Waschwässer zeigten eine immer weniger dunkelbraune Farbe, herrührend vom Daseyn eines halbschwefligsauren Eisenoxyds, das in Wasser wenig löslich ist, aber darin zersetzt wird in ein noch weniger lösliches drittel-schwefligsaures Eisenoxyd und schweflige Säure. Durch den Einfluß der freigewordenen Säure wird eine gewisse Menge des halb-schwefligsauren Eisenoxyduls ohne Zersetzung gelöst.

.

Nach und nach entfärbt sich die Flüssigkeit, schwefelsaures und schwefligsaures Eisenoxydul bildend.

.

Vermöge dieser Eigenschaft geschieht es, daß sich die braune Flüssigkeit, welche das Eisen im ersten Augenblick seiner Berührung mit der schwefligen Säure bildet, nach einigen Minuten entfärbt.

Wenn man, ehe die Entfärbung geschehen ist, das Waschwasser erhitzt, so entwickeln sich Dämpfe, welche das Lackmuspapier röthen. Zugleich verschwindet die braune Farbe, und es bilden sich schwefelsaures und schwefligsaures Eisenoxydul, nebst wenig löslichem drittel-schwefligsaurem Eisenexydul.

.

Fügt man schweflige Säure zu der gefärbten Flüssigkeit und erhitzt, so entfärbt sie sich, ohne Niederschlag zu bilden; allein wenn sie eine große Menge Salz gelöst enthält und man rasch erhitzt, fällt drittel-schwefligsaures Eisenoxyd nieder, wie viel schweflige Säure sie auch enthalten mag. – Bei der Fällung des schwefligsauren und des oxy-sulfo-schwefelsauren Eisenoxyduls muß man diese Eigenschaften berücksichtigen, um diese Salze zu entfärben, wenn sie zufällig an der Luft überoxydirt sind.

Um das drittel-schwefligsaure Eisenoxyd zu bereiten, gießt man Eisenoxydhydrat, angerührt mit Wasser, in ein Probeglas, stellt dieses in ein Kältegemisch und leitet schweflige Säure hinein, bis sie nichts mehr aufnimmt. Man filtrirt die Flüssigkeit in ein Glas, welches so viel 90- bis 95 procentigen Alkohol enthält, als man Wasser angewandt hat. Bei Vermischung mit dem Alkohol läßt die saure Flüssigkeit das halb-schwefligsaure Eisenoxyd in Gestalt schön gelber Flocken fallen. Sobald das Durchtröpfeln der Flüssigkeit anfängt sich zu verlangsamen, stellt man den Trichter auf ein anderes Gefäß mit Alkohol von gleicher Dichtigkeit, und filtrirt sogleich die erste alkoholische Flüssigkeit. Man wäscht den auf dem Filter gebliebenen Niederschlag mit kaltem Wasser, drückt ihn zwischen Fließpapier aus, und trocknet ihn in einem Strom kalter und trockner Luft.

Bei dieser Operation fällt der Alkohol einen Theil des halb-schwefligsauren Eisenoxyds, mit dem das Wasser vermöge eines großen Ueberschusses von schwefliger Säure gesättigt war. Das Wasser entzieht diesem Niederschlag ein Drittel der Säure, und hinterläßt drittel-schwefligsaures Eisenoxyd stabiler und weniger löslich.

Oft geschieht es, daß man keinen Niederschlag erhält, oder nur Spuren davon. Dieß rührt her von der Temperatur, von der Dauer der Operation oder von dem Concentrationsgrad der sauren Flüssigkeit. – Arbeitet man im Sommer und unterläßt das Abkühlen der Gefäße, in welchen sich die Lösung befindet, oder wendet man ein schlecht filtrirendes Papier an, so verwandelt sich ein Theil des halb-schwefligsauren Eisenoxyds, auf die vorhin angezeigte Weise, in Eisenoxydulsalz, und die Lösung verliert die Eigenschaft, mit Alkohol einen Niederschlag zu geben, weil der Unterschied der Löslichkeit des halb-schwefligsauren Eisenoxyds in beiden Lösemitteln nicht sehr groß ist. Aus demselben Grunde erhält man keinen Niederschlag mit Alkohol, wenn man nicht einen Ueberschuß von Eisenoxydhydrat in das Wasser eingerührt hat.

Dieß Hydrat muß frisch bereitet oder wenigstens im feuchten Zustande aufbewahrt worden seyn. Bediente man sich eines trocknen Hydrats, so bekäme man keine so hinreichend gesättigte Lösung, daß sie auf Zusatz von Alkohol einen Niederschlag gäbe.

Die alkoholische Flüssigkeit, von der man den Niederschlag abfiltrirt, trübt sich nicht auf Zusatz einer neuen Quantität Alkohols, obgleich sie noch eine große Menge von Sulfit gelöst enthält. Im Gegentheil der schon in der alkoholischen Flüssigkeit gebildete Niederschlag löst sich allmälig wieder in dem Maaß als das gelöste Sulfit sich in Eisenoxydulsalz verwandelt. Der Niederschlag seinerseits verwandelt sich bei der Wiederauflösung in Eisenoxydulsalze, und nach einigen Tagen entfärbt sich die Flüssigkeit zuletzt bis zu dem Grade, daß sie nur noch eine schwach grüne Farbe zeigt.

So lange das drittel-schwefligsaure Eisenoxyd feucht ist, besitzt es eine blaßgelbe Farbe, röthet das Lackmuspapier, schmeckt auf der Zunge sauer und herbe, ist sehr wenig löslich in Wasser und entwickelt, bei schwacher Erwärmung, schweflige Säure. An der Luft verwandelt es sich mit der Zeit in Sulfat. Chlorwasserstoffsäure löst es mit intensiv gelber Farbe. Verdünnt mit Wasser trübt sich diese Lösung nicht durch Chlorbarium; sie bildet auch keinen Niederschlag mit Kalium-Eisencyanid, selbst nicht nach genauer Sättigung mit Kali, aber Kalium-Eisencyanür fällt Berlinerblau. Schwefelsäure löst das Salz unter leichtem Aufbrausen.

Trocken, besitzt das drittel-schwefligsaure Eisenoxyd eine blässere Farbe, ist nicht merklich lösbar in Wasser, hat keinen Geschmack, röthet feuchtes Lackmuspapier nur schwach, verändert sich nicht an der Luft, löst sich nicht wohl anders als in Chlorwasserstoffsäure und giebt erst bei einer Temperatur über 200° C. schweflige Säure aus.

0,35 Substanz analysirt, gaben: 0,16 Eisenoxyd und 0,23 schwefelsauren Baryt =0,0633 schweflige Säure. Den Unterschied für Wasser nehmend, hat man für die Zusammensetzung:

Chem. Verhältn.
Eisenoxyd 46,714 0,047 1
Schweflige Säure 18,086 0,045 1
Wasser 35,200 0,312 7

Nach diesem Resultat habe ich in der Uebersicht dieser Arbeit die Zusammensetzung des Salzes durch die Formel ausgedrückt. Erwägt man aber, daß bei der Oxydation des trocknen Sulfits schwer ein geringer Verlust an schwefliger Säure zu vermeiden ist, und daß dieser Verlust die Wassermenge vermehrt, so folgt, daß man, zur genauen Bestimmung dieser letzteren, zu der gefundenen schwefligen Säure die Menge, die an dieser Säure fehlt, um mit 46,714 Eisenoxyd ein drittelschwefligsaures Salz zu bilden, hinzufügen, und die Summe von der angewandten Substanz abziehen muß. Vollzieht man diese Rechnung, so findet man:

Eisenoxyd 46,714 0,047
Schweflige Säure 19,153 0,047
Wasser 34,133 0,303

d. h. das Verhältniß für das Wasser schwankt zwischen den Zahlen 6 und 7. Und weil man bei der Analyse eines unorganischen Körpers fast immer einen Verlust an diesem erleidet, so wird man veranlaßt, die Zusammensetzung des Salzes auszudrücken durch die Formel:

.
Halb-schwefligsaures Eisenoxyd.

Wenn man statt den Niederschlag, welchen Alkohol in der gesättigten wäßrigen Auflösung von schwefliger Säure und schwefligsaurem Eisenoxyd bewirkt, mit Wasser auszuwaschen, die gefärbte alkoholische Flüssigkeit mit reinem Alkohol verdrängt, so erhält man einen Niederschlag, der, wenn er trocken ist, eine strohgelbe Farbe besitzt. Durch Zerlegung einer gewissen Menge dieser Substanz erhielt man:

Eisenoxyd 69,35.
Schweflige Säure 30,65.

Vernachlässigt man das Waschen, so kann man die Substanz beim Trocknen nicht im homogenen Zustand erhalten. Oft wird sie beim Trocknen cohärent, schwarz, und erst nach einer gewissen Zeit zerreiblich. Ein ander Mal zeigt sich diese Veränderung nur an gewissen Stellen der Masse, von wo aus sie allmälig fortschreitet, um nur an den Orten einzuhalten, wo der Zusammenhalt unterbrochen ist. Endlich geschieht es, daß gewisse Theile zu einer Substanz von gleicher Farbe wie die der zuvor analysirten Masse eintrocknen.

Die Analyse der veränderten Substanz führte zu den Zahlen:

Eisenoxyd 65,30.
Schweflige Säure 34,70.

Nach den Resultaten dieser beiden Analysen ist klar, daß die Waschungen mit Wasser dem Niederschlag gebundene schweflige Säure entziehen, und daß sich beim Trocknen des nicht gewaschenen Niederschlags eine veränderliche Menge schwefliger Säure entwickelt, aber eine geringere als das Wasser und selbst der Alkohol fortnehmen.

Der Säureverlust, den die Substanz unter diesen Umständen erleidet, und die Gegenwart der freien Säure in der Flüssigkeit, mit welcher der nicht gewaschene Niederschlag getränkt ist, würden die genaue Bestimmung der Zusammensetzung des Sulfits, so wie es sich in der sauren alkoholischen Flüssigkeit bildet, schwierig machen, wenn es nicht die besondere Eigenschaft besäße, nach und nach an der Luft zu zerfließen und darauf einzutrocknen. Diese Erscheinung zeigt sich jedesmal, wenn man den Niederschlag nach dem Ausdrücken zusammenpreßt und darauf an einem Ort ohne Luftzug liegen läßt.

Durch Zerlegung des freiwillig zerflossenen (fondu) Sulfits erhielt man 0,165 Eisenoxyd und 0,369 schwefelsauren Baryt =0,101 schweflige Säure. Daraus folgt, daß der nicht gewaschene Niederschlag halb—schwefligsaures Eisenoxyd ist. Denn

Chem. Verhältn.
Eisenoxyd 62,31 0,063 1,00 2
Schweflige Säure 37,69 0,094 1,49 3

geben die Formel:

.

Da man dieß Sulfit nicht künstlich trocknen kann, und da es nur sehr langsam gestarrt, so könnte man das Wasser nicht anders durch den Unterschied bestimmen, als daß man die große Menge Sauerstoff, welche dieß Salz während der langen Zwischenzeit absorbirt, in Rechnung zöge. Da diese Bestimmungsweise nur zu wenig genauen Resultaten führen würde, so suchte man das Wasser direct zu bestimmen an einer geringen Menge der Substanz, die man in eine Atmosphäre von Kohlensäure gelegt hatte; allein ein Zufall unterbrach unglücklicherweise den Gang der Operation.

Die Eigenschaften des feuchten halb-schwefligsauren Eisenoxyds ähneln denen des drittel-schwefligsauren; allein sie sind hervortretender. Es unterscheidet sich überdieß von dem letzteren Salze dadurch, daß es in Wasser in schweflige Säure und in drittel-schwefligsaures Eisenoxyd zerfällt. Der Alkohol bedingt nicht so gut die Zersetzung als das Wasser. Ein Strom trockner Luft nimmt die Säure nur an der Oberfläche fort, und dennoch kann man den Säureverlust in diesem Falle nur den sich bildenden Wasser- und Alkoholdämpfen zuschreiben.

Unter dem Einfluß von Aether und einer geringen Wärme bräunt und ballt sich das feuchte halb-schwefligsaure Eisenoxyd. Drückt man es in einem Mörser zusammen oder streicht es auf einer Glasplatte aus, so zergeht es zu einer dicken, durchscheinenden, schön rubinrothen Flüssigkeit, einige Zeit hernach nimmt die Flüssigkeit Consistenz an, trocknet aber nur langsam ein und, wenn sie trocken ist, zeigt sie sich in Gestalt durchscheinender Schuppchen von derselben Farbe.

Erwägt man die Umstände, unter welchen diese Metamorphose vor sich geht, und berücksichtigt man die Eigenschaft der freiwillig zerflossenen Substanz, von selber auszutrocknen, so könnte man die Erscheinung einer Wasserentwicklung zuschreiben, und sie auf dasjenige beziehen, was man bei Erhitzung eines Salzes mit vielem Krystallwasser beobachtet. Allein die Eigenschaft dieses Salzes, sich in Wasser zu zersetzen und ein unschmelzbares, sehr wenig lösliches Sulfit zu bilden, die Unschmelzbarkeit des Salzes selbst und die geringe Verwandtschaft desselben im trocknen Zustande zum Wasser, der Einfluß endlich des Aethers auf das Sulfit, sind Thatsachen, welche erlauben, die Metamorphose des Salzes als eine besondere Eigenschaft zu betrachten.

Das metamorphosirte halb-schwefligsaure Eisenoxyd röthet nur schwach das Lackmuspapier. Wasser scheint nur geringe Wirkung darauf zu haben. Verdünnte Schwefelsäure zersetzt es nur langsam. Erhitzt, zersetzt es sich nur in einer ziemlich hohen Temperatur. Eine Lösung dieses Salzes in verdünnter Chlorwasserstoffsäure giebt mit Chlorbarium einen weißen Niederschlag, theilweis löslich in Wasser, das mit derselben Säure angesäuert ist. Subtrahirt man das Gewicht dieses unlöslichen Niederschlags von dem, welchen eine gleiche Menge des Salzes nach vollständiger Oxydation seiner Säure giebt, so gelangt man zu dem Verhältniß:

Schweflige Säure 31,68.
Schwefelsäure 68,32.

Da das Kalium-Eisen-Cyanür keinen Niederschlag giebt in der neutralisirten chlorwasserstoffsauren Lösung, so folgt, daß die Schwefelsäure sich während der Metamorphose auf Kosten des Sauerstoffs der Luft bildet. Die theilweise Umwandlung der schwefligen Säure durch Wirkung des Sauerstoffs erlaubt sogar anzunehmen, daß dieses Gas keineswegs der Ursache fremd ist, die das freiwillige Zergehen des halb-schwefligsauren Eisenoxyds bewirkt.

Wie dem auch sey, so scheint es doch gewiß, daß die Säure des feuchten halb- und drittel-schwefligsauren Eisenoxyds sich nur auf Kosten des Sauerstoffs der Luft oxydirt, und daß die Entfärbung dieser Salze nur geschieht durch die desoxydirende Wirkung der freien schwefligen Säure auf das in ihnen enthaltene Oxyd. Diese Eigenschaften erklären sich leicht, wenn man erwägt, daß diese Verbindung überdieß im gebundenen Zustand stabiler als im freien ist. Diese Stabilität ist sogar bei den Eisenoxyd-Sulfiten so groß, daß sie die überwiegende Verwandtschaft der Schwefelsäure, gegen die der schwefligen Säure, zum Eisenoxyd und besonders zu dem aus der Umwandlung entspringenden Eisenoxydul vernichtet. Wenn dem nicht so wäre, würden die beiden Sulfite sich im trocknen Zustande bei Zutritt der Luft nicht allein nicht halten, sondern sogar nicht existiren. Bringt man aber diese Salze in Berührung mit einem Körper, welcher sich außerhalb des Einflusses befindet, der die Umwandlung der schwefligen Säure in Schwefelsäure, oder die des Eisenoxyds in Eisenoxydul verhindert, alsdann widersetzt sich nichts, daß die Verwandtschaften in Thätigkeit treten, daß der Sauerstoff, wenn man das feuchte Salz seiner Wirkung aussetzt, ein dem Sulfit entsprechendes Sulfat bilde, oder daß die freie schweflige Säure dem Eisenoxyd ein Drittel des Sauerstoffs raube, welchen es enthält zur Bildung von

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Es ist vermöge dieser Eigenschaft, daß das halb-schwefligsaure Eisenoxyd, obwohl die Bildung von drittel-schwefligsauren Eisenoxyd veranlassend, mit Wasser eine braune und saure Auflösung giebt, die sich im Laufe einiger Stunden entfärbt. Vermöge der nämlichen Eigenschaft entzieht auch die schweflige Säure dem Oxyde eines löslichen Eisenoxydsalzes ein Drittel seines Sauerstoffgehalts.

Es giebt indeß eine Thatsache, die im Widerspruch zu stehen scheint mit der Erklärung, die wir eben, von der Stabilität ausgehend, gegeben haben. Wenn man die Oxydule des Eisens und Kupfers vergleicht, so bemerkt man, daß das erstere sich mit der Salpetersäure zu verbinden vermag, während das letztere sich auf Kosten des Sauerstoffs dieser Säure oxydirt. Hienach müßte das Eisenoxyd leichter reducirbar seyn als das Kupferoxyd, wenigstens auf nassem Wege; denn man kann die Reducirbarkeit eines Körpers mit der eines anderen nicht vergleichen, wenn, vom trocknen Wege ausgehend, der eine bis zu einem gewissen Grade indifferent wird, wie das Eisenoxyd. Nichts destoweniger verwandelt sich das Kupferoxyd unter Einfluß der schwefligen Säure in Kupferoxydul. Diese Erscheinung ist um so merkwürdiger, als das Kupferoxyd eine kräftigere Basis ist als das Eisenoxyd, und es folglich mit den Säuren stabilere Verbindungen geben muß als das letztere Oxyd, wenigstens wenn man die Stabilität einer Verbindung dem Verwandtschaftsgrade seiner Bestandtheile zuschreiben kann, abgesehen sehen von den Modificationen, die etwa an diesem Agens eintreten können.

Bemerken wir indeß, daß man mittelst der Affinität des Kupferoxyds selbst die Reaction anders erklären kann. Man kann die Reduction, die dieses Oxyd erleidet, als eine natürliche Folge der großen Verwandtschaft zwischen ihm und der Schwefelsäure betrachten; denn aus der Einwirkung der schwefligen Säure auf das Kupferoxyd entspringt schwefligsaures Kupferoxydul und schwefelsaures Kupferoxyd (Berzelius). Allein darauf kann man einwenden, daß einerseits die Basis des schwefelsauren Kupferoxyds sich durch die schweflige Säure auf das Minimum der Oxydation reducirt findet, und daß andererseits das schwefligsaure Kupferoxydul seine Säure in siedendem Wasser abgiebt; dieß scheint zu beweisen, daß in Bezug auf die schweflige Säure das Kupferoxydul eine weniger kräftigere Basis als das Eisenoxydul ist.

Das Daseyn des halb- und drittel-schwefligsauren Eisenoxyduls, nebst der Stabilität dieser Salze im trocknen Zustande, sind also Thatsachen, die unsere ganze Aufmerksamkeit verdienen, um so mehr, als von Lavoisier an[3] bis auf unsere Tage die Chemiker das Daseyn dieser Salze bis zu dem Grade in Zweifel gezogen haben, daß sie nicht einmal einen Versuch zu deren Darstellung machten.

Drittel-schwefligsaures Eisenoxyd-Kali.

Dieses Salz fällt nieder, wann man eine sehr verdünnte Auflösung von reinem Kali zu der alkoholischen Lösung schüttet, von der man das halb-schwefligsaure Eisenoxyd abfiltrirt hat. Man fügt die Kalilösung in kleinen Portionen hinzu und rührt darauf jedesmal die Flüssigkeit um. Es bildet sich anfangs ein gelber Niederschlag, der beim Umrühren verschwindet. Bald hernach nach wird aber der Niederschlag bleibend und nimmt eine schmutziggelbe Farbe an. Man beendet die Operation, wenn die Flüssigkeit nur noch einen schwachen Geruch nach schwefliger Säure verbreitet. Nach einigen Stunden der Ruhe gießt man ab, filtrirt, wäscht den Niederschlag mehrmals mit siedendem Wasser und trocknet ihn in einem Strom von trockner Luft, nachdem man ihn zwischen Fließpapier ausgepreßt hat.

Bei dieser Operation bedingt das Kali, indem es einen Theil der schwefligen Säure sättigt, die Fällung einer gewissen Menge eines Doppel-Sulfits, in welchem das halb-schwefelsaure Eisenoxyd vorwaltet. Dieser Niederschlag löst sich wieder in freier schwefliger Säure. Eine neue Quantität Kali zeigt dieselbe Erscheinung, bis so weit, daß während dieses zweiten Intervalls der Niederschlag eine weniger intensive Farbe besitzt und sich weniger schnell wieder löst. Sobald der Niederschlag bleibend wird, ist die Farbe desselben gleichförmig. Fügt man zu viel Kali hinzu, so bemächtigt sich dasselbe der Säure des drittel-schwefligsauren Eisenoxyduls und scheidet Oxyd ab. Fügt man nicht genug hinzu, so enthält das drittel-schwefligsaure Eisenoxyd-Kali eine zu große Menge vom drittel-schwefligsauren Eisenoxyd. Läßt man endlich das Doppelsalz einige Zeit mit der Flüssigkeit, in der es sich gebildet, in Berührung, so kann es vom drittel-schwefelsauren Eisenoxyd eine veränderliche Menge einhalten.

Das drittel-schwefligsaure Eisenoxyd-Kali unterscheidet sich vom drittel-schwefligsauren Eisenoxyd eigentlich nur durch seinen Gehalt an Kali und seine Farbe. So lange es feucht ist, ist es schmutzig gelb, sobald es aber trocken ist, nimmt es eine intensiv gelbe Farbe an.

0,895 Substanz analysirt, gaben: 1,332 schwefelsauren Baryt =0,366 schweflige Säure; 0,34 Eisenoxyd und 0,34 schwefelsaures Kali =0,184 Kali. Hienach gelangt man zu den Zahlen:

Chem. Verhältn.
Kali 20,67 0,035 1.
Eisenoxyd 38,20 0,039 1.
Schweflige Säure 41,13 0,103 3.

Obwohl dieses Resultat beweist, daß die Substanz einen Ueberschuß von drittel-schwefligsaurem Eisenoxyd enthielt, erlaubt es doch die Zusammensetzung des Doppelsalzes auszudrücken durch die rohe Formel:

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Um zur rationellen Formel zu gelangen, kann man verschiedentlich conjecturiren. Nimmt man an, das Salz sey eine Verbindung zweier Doppelsalze:

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so setzt man in demselben ein Sulfit voraus, dessen Existenz wenig wahrscheinlich ist, rücksichtlich der Analogie, die zwischen den Verwandtschaften der schwefligen Säure und der Kohlensäure einerseits, und der des Eisenoxyds und der Thonerde andererseits vorhanden ist[4]. Selbst die Bereitungsart dieses Sulfits und die Verwandtschaft des Salzes zur schwefligen Säure widersetzen sich der Annahme dieser Hypothese.

Man kann es auch folgendermaßen zusammengesetzt betrachten:

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Allein in diesem Fall würde man das Daseyn eines alkalischen Sulfits annehmen, welches man bis jetzt im isolirten Zustand nicht kennt. Diese Verbindung, wenn sie existirte, könnte sich übrigens mit einem Drittel der Säure verbinden, die das halb-schwefligsaure Eisenoxyd abgiebt, selbst bei seiner Berührung mit Wasser. Mithin muß das doppel-Sulfit zusammengesetzt seyn nach der Formel:

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die eine Vereinigung zweier Verbindungen bezeichnet, welche, wie die einfachen Salze der beiden vorherigen Hypothesen, eine entgegengesetzte Tendenz haben, von denen aber die eine keinen Einfluß auf die Säure der anderen ausüben kann.


  1. Compt. rend. 15. Mai 1843.
  2. Die Formel dieses Salzes, so wie sie sich in der Uebersicht dieser Arbeit aufgestellt findet, enthält einen Druckfehler.
  3. Traité élément. de chimie, 3me edit. T. I p. 245.
  4. Nach Hrn. Gougginsperg von Vevay hat die schwefligsaure Thonerde, welche sich aus einer sauren Lösung absetzt, zur Formel:
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Anmerkungen (Wikisource)