Untersuchung über den Xantener Knabenmord

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Autor: Heinrich Oberwinder
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Titel: Der Fall Buschoff
Untertitel: Die Untersuchung über den Xantener Knabenmord
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Herausgeber: Theodor Oberwinter
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Entstehungsdatum: 1892
Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Verlag der Vaterländischen Verlags-Anstalt
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Erscheinungsort: Berlin
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Kurzbeschreibung: Antisemitische Darstellung zu einem angeblichen Ritualmord in Xanten
Siehe auch Judaica
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Der Fall Buschoff.

Die Untersuchung

über den

Xantener Knabenmord.

Von

einem Eingeweihten.


Motto:

Ich lacht’ und sprach: „Ihr Zwerge,
Wenn ihr auch aus dem Kote ragt,
Seid ihr doch keine Berge.“
 Ulrich von Hutten.


Berlin 1892.

Verlag der Vaterländischen Verlags-Anstalt

Wilhelmstr. 30/31.

Am 29. Juni 1891, abends nach 6 Uhr wurde in Xanten a./Rh. der etwa fünfjährige Katholikenknabe Jean Hegemann, Sohn des ehrsamen Schreiners Hegemann, ermordet und entblutet in dem Kuhstalle des Stadtverordneten Küppers aufgefunden, nachdem mehrere einwandsfreie Zeugen um 10 Uhr vormittags übereinstimmend gesehen gehabt, wie ihn die alte Frau des mittelbar angrenzenden Schächters und Vorbeters Wolf Buschoff eigenhändig in ihren Laden gezogen hatte. Sofort bezichtigte die öffentliche Meinung sie und ihren Mann unterschiedslos der Thäterschaft. Nichtsdestoweniger aber nahmen die überaus lau vorgehenden Clever Behörden Anstand, durch schleunige Haussuchungen und durch Festnahme der Verdächtigen dem Andrängen der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Man beschränkte sich vielmehr auf Ansuchen der Judenschaft darauf, nach Wochen den Crefelder Polizeikommissar Vorhülsdong – und nachdem es nicht gelungen, den Verdacht von Buschoff etwa auf einen Christen abzuleiten – den Berliner Königlichen Kriminalkommissar Wolff auf den Thatort zu entsenden, um die Juden von dem dringenden Verdacht der Thäterschaft zu entlasten. Letzterer schritt indessen nach wochenlangem rastlosen Forschen zur Dingfestmachung der Familie Buschoff. Am heiligen Christabend wurde dieselbe indessen ungeachtet des vorliegenden vernichtenden Belastungsmaterials außer Verfolgung und auf freien Fuß gesetzt. Sämtliche Judenblätter, voran die „Jüdische Presse“, hatten diesen „Sieg“ ihren Lesern per Privattelegramm zur Kenntnis gebracht.

Welche Beurteilung derselbe aber in hauptstädtischen Kreisen erfuhr, erhellt am besten aus dieser Mitteilung des unparteiischen und gewiß nicht antisemitischen „Berliner Lokalanzeigers“:

„Die unerwartete Freilassung der Schächterfamilie Buschoff in Xanten hat in den hauptstädtischen kriminalistischen Kreisen allgemeines Aufsehen hervorgerufen. Bekanntlich war jene Festnahme auf Grund eines vom Herrn Kommissar Wolff an Ort und Stelle sorgfältig zusammengetragenen Belastungsmaterials erfolgt unter ausdrücklicher Zustimmung der Oberstaatsanwaltschaft, der Staatsanwaltschaft und des amtierenden Untersuchungsrichters. Es wäre somit anzunehmen gewesen, daß das entscheidende Urteil den Geschworenen überlassen werden würde. Bis jetzt ist von den „neuen Momenten“, welche diese urplötzliche Haftentlassung bewirkt haben, auch nicht das Mindeste bekannt. Auf das Gutachten des beteiligten Herrn Kriminalkommissars ist in keiner Weise zurückgegriffen worden. Auf die Gründe der Entlassung ist man darum hier sehr gespannt. Da Buschoff unschuldig sein soll, so drängt sich jetzt die naheliegende Frage auf: Wer ist dann der Schuldige? Hoffentlich bleibt das blutige Rätsel nicht ungelöst.“

Daran anschließend, brachte die „Neue Deutsche Zeitung“ in Leipzig eine Reihe von Verwahrungen, welche in der „Kreuz-Zeitung“, im „Volk“, der „Staatsbürger-Zeitung“, ja sogar in der regierungsfreundlichen „Germania“ und zahlreichen Organen des Zentrums meistens unverkürzt übernommen wurden. Diese Artikel, welche auf Grund unanfechtbarer Ermittelungen das ganze in Frage kommende Prozeßmaterial enthalten, erregten im In- und Auslande das peinlichste Aufsehen. Überall in den größeren Städten des Reichs, in Berlin, Leipzig, Hamburg, Göttingen etc., wurden Volksversammlungen einberufen, welche durch motivierte Resolutionen den Justizminister zum Einschreiten aufforderten. Ein hervorragender Zentrumsabgeordneter, Herr Fritzen, der selbst im Besitze schwer wiegender Belastungen gegen Buschoff ist, und der konservative Abgeordnete Herr Hofprediger Stöcker drohten mit Interpellationen. Unter diesem Druck konnte Herr v. Schelling nicht umhin, den Geheimen Justizrat Vietsch zur schleunigen Berichterstattung nach Cleve und Xanten zu entsenden. Seitdem sind aber fast vier Wochen ins Land gegangen – der Schächter Buschoff soll mittlerweile, einer Meldung der Kreuz-Zeitung zufolge, jenseits der schwarz-weißen Grenzpfähle eine Luftveränderung gesucht haben – aber noch immer ist im Reichsanzeiger auch nicht einmal der Versuch einer offiziellen Widerlegung gemacht worden. Selbst die sonst doch so vorlaute und redselige Synagogenpresse verhielt sich, einige schüchterne Einwendungen der National–Zeitung und des Berliner Tageblattes abgerechnet, auffallend schweigsam und zäh resigniert. Offenbar hatte sie von einer leicht zu erratenden Zentralstelle den Wink erhalten, durch übereifrige Ableugnungen nur ja kein Öl ins Feuer zu spritzen.

Mittlerweile war der so scharf unter Kreuzfeuer genommene Untersuchungsrichter Brixius wieder in Xanten aufgetaucht, um dort die früheren Verhöre aufzunehmen. Wie das geschah und welche Einzelheiten bei der Beurteilung dieses sensationellen Kriminalfalles überhaupt in Betracht kommen, alles das ergiebt sich aus den hier wiedergegebenen authentischen Enthüllungen der Neuen Deutschen Zeitung. – Dem Leser – gleichviel ob Katholik oder Protestant – bleibt es überlassen, sich auf dieser Grundlage selbstständig ein Urteil über das Verhalten der beteiligten amtlichen Kreise zu bilden.

Der Neuen Deutschen Zeitung wurde aus Frankfurt a. M. geschrieben:

Hier tagt jetzt eine Art jüdischen Synedrions wegen der Mordaffaire in Xanten, die auffallenderweise, nachdem die Untersuchung monatelang verschleppt worden war, mit der Freilassung der schwerbelasteten Schächterfamilie Buschoff geendet hat. Es wurden schon im November bei den hiesigen reichen Juden Summen gesammelt, um dieser Familie ein „neues Heim“ zu schaffen und sie den „barbarischen Verfolgungen“ am Niederrhein zu entrücken. Ueberhaupt hat die Xantener Mordaffaire die hiesige und die ganze Judenheit in hohem Grade beunruhigt und zu den höchsten Anstrengungen veranlaßt. Jedenfalls hatte der Berliner Kriminalkommissar Wolff ein vernichtendes, in allen Punkten durch einwandfreie Zeugen gestütztes Beweismaterial gesammelt. Die Wolff’sche Ueberführung war so durchgreifend und unanfechtbar, daß selbst der Oberstaatsanwalt erklärt hatte, dagegen lasse sich nichts einwenden, man sollte den Schächter und seine Familie festnehmen. Jetzt wird diese Beweisführung plötzlich beiseite geschoben und Buschoff kommt hierher, um hier den Rest seiner Tage als Stipendiat des internationalen Rabbinertums in bester Gesundheit zu beschließen. Es ist bekannt, daß gegen irgend einen andern Menschen irgend welche Verdachtsmomente nicht bestehen. Wie erklärt man das Vorgehen der Clever Gerichte? Wenn Buschoff das Kind nicht ermordet haben soll, wer ist dann der Mörder? Etwa der eigene ehrenwerte Vater, ein frommer Katholik, wie die Juden mit der ihnen eigenen Erfindung behaupten? Oder gar die bösen Antisemiten, um den armen Hebräern einen Strick zu drehen? Wer kann die Rätsel lösen?! Das Blut des ermordeten Knaben schreit inzwischen zum Himmel. Wenn Buschoff unschuldig wäre, was nach den Wolff’schen Ermittelungen undenkbar ist, dann hätte man doch den Geschworenen seine Lossprechung überlassen sollen. Nimmermehr aber durfte man, wie die Sache einmal lag, die Angeschuldigten den natürlichen und allein maßgebenden Richtern durch ihre Freilassung entrücken. Das Letztere könnte nur durch schwerwiegende juristische Momente, z. B. durch das Geständnis eines Dritten gerechtfertigt erscheinen. Davon ist aber nirgends etwas bekannt geworden.

Was man hier von Anfang an befürchtete, ist nun eingetroffen. Der Schächter Buschoff ist auf freien Fuß gesetzt worden, wo ihn doch mehr als zwanzig absolut einwandsfreie Zeugen auf das Allerschwerste belasteten. Sein anfängliches Alibi, auf das er sich stützen wollte, stellte sich unter den eifrigen Ermittelungen des Polizeiinspektors Wolff aus Berlin als durchaus unhaltbar und „gemacht“ heraus. Buschoff, der stets frech leugnete, wurde überführt, den geschächteten Knaben Joanchen Hegemann noch wenige Stunden vor der Auffindung der entbluteten kleinen Leiche auf grausame Weise in seinem Schlachthause gezüchtigt zu haben, weil er ihm vorwarf, mit einem Meißel das ihm gehörige Grabdenkmal beschädigt zu haben. Buschoff handelte mit solchen Denkmälern, oder besser, er ließ sie bei sich für eigene Rechnung von einem christlichen Bildhauer anfertigen. Wenige Stunden nach der Züchtigung, die eigentlich seinem eignen Buben Siegmund Buschoff, einem verlogenen Rangen, gebührt hatte, fand man zwanzig Schritte vom Schlachthause in einem Kuhstalle, den Buschoff als ständigen Durchgang benutzte und in welchem er sich fast mehr aufhielt, wie der eigene Besitzer, mit gespreizten Beinchen auf der Seite liegend, an einem zirkelartigen, von kundiger Hand ausgeführten Schnitte am Halse entblutet, das seit Stunden vermißte, sehr hübsche, kraftstrotzende Kind vor. Der hiesige Stabsarzt a. D. Dr. Steiner begutachtete bei der Obduktion, es könne nur ein Fachmann mit einem Schächt- oder Schlachtmesser den feigen Mord verübt haben. Die Volksstimme bezeichnete Buschoff sofort einstimmig als den Mörder, zumal er sich durch viele Auslassungen schwere Blößen gegeben hatte. Um den Verdacht um jeden Preis von sich abzulenken, lief er auf das Bürgermeisteramt und forderte selbst seine Festsetzung, um, wie er schlau hinzufügte, seine Unschuld darzuthun! Und durch solche und andere Kunststücke gelang es ihm auch wirklich, die sehr lau vorgehenden Gerichtsbehörden sich vom Halse zu halten, bis Herr Wolff aus Berlin eintraf, der nach wochenlangen Erhebungen, trotz der anfänglichen Weigerung der Gerichtsbehörden durch Produzierung unanfechtbarer Beweise Buschoffs und seiner Familie Festsetzung durchsetzte. Über dem kleinen Grabhügel des geschächteten Kindes wächst bereits Immergrün, und – wer kann das Ungeheuerliche fassen? – nun soll dieser blutige Frevel unaufgeklärt bleiben!

Was in Cleve inzwischen und anderswo vorgegangen ist, darüber müssen wir, die wir uns aus kulturellen Gründen die Entwirrung dieses schmutzigen Knäuels zur Aufgabe gemacht haben, für jetzt noch Schweigen beobachten. Am ganzen Niederrhein herrscht über diese befremdliche Kriminalprozedur nur eine Stimme: Einstimmig hält man den Schächter Buschoff, für dessen Rettung das Judentum beweisbar wie ein Mann eintrat, für den Mörder des geschächteten Christenkindes. Und dieser tiefgewurzelten, durch zahlreiche erdrückende Beweise begründeten Ueberzeugung[1] soll in der Form eines Massenprotestes demnächst Ausdruck gegeben werden. Warum hat man unsere Geschworenen verhindert, zwischen der Wolff’schen Beweisführung und der Auffassung der Gerichtsbehörden in rechtgiltiger Weise zu entscheiden? Warum wahrt man nach den traurigen Erfahrungen von Sturz nicht wenigstens den bösen Schein? Tausende von Angeschuldigten werden jährlich durch unsere Staatsanwälte, oft auf grund der vagesten Indizienbeweise, viele Monate lang in Untersuchungshaft gehalten und den Geschworenen vorgeführt. Warum soll nun gerade mit dem Schächter Buschoff, für den ganz Israel auf die Bresche gesprungen ist, eine so befremdliche, arge Vermutungen geradezu herausfordernde Ausnahme gemacht werden? Unsere Herren Untersuchungsrichter überstürzen sich doch sonst nicht so in der Rücksichtnahme auf die individuelle Freiheit. Man hält heute im Rechtsstaate Preußen selbst unbescholtene, ehrenwerte Männer oft wegen Beleidigung monatelang fest, besteht, dem Drucke der öffentlichen Meinung widerwillig Folge gebend, auf hohen, oft unerschwinglichen Kautionen, ja man inhaftiert nur zu oft nachweislich Unschuldige und erlebt es nachher, daß diese von dem Schwurgericht als nicht schuldig den Fängen der Kriminaljustiz entrissen werden. Und hier in Xanten haben wir es mit einem Mordfalle zu thun, in welchem ein berühmter hocherfahrener Kriminalist auf das allerbestimmteste den Schuldbeweis geführt hat, wo über ein Dutzend Zeugen unter Eid Buschoff auf erdrückende Weise belasten, und wo – weil hier früher nie antisemitische Strömungen bestanden haben – jede etwaige leidenschaftliche Voreingenommenheit absolut ausgeschlossen ist.

Soll der angeschuldigte Schächter, der jetzt den Staub von den Füßen schüttelt, wirklich schuldlos sein, weil man das in Cleve beteuert, nun wohl, so soll man uns das durch die allein kompetente Entscheidung der Geschworenen autoritativ verbriefen! Staatsanwälte und inquirierende Richter sind auch bloß Menschen, die irren können, und da die Verfassung uns gottlob die Institution der Volksgerichte gewährleistet, so darf sich niemand unterfangen, ohne zwingende Gründe von ihrem gesetzlich vorgeschriebenen Eingreifen abzusehen. Sind solche zwingende Gründe thatsächlich vorhanden, dann heraus damit! Weshalb dies sonderbare Schweigen, dies Herumhacken auf dem Antisemitismus, der diesen „rituellen“ Mord natürlich erfunden haben soll? Oder soll der Skandal Bleichröder etwa in Cleve und Köln ein würdiges Seitenstück erhalten? Hier handelt es sich um ein Menschenleben, um einen feigen Mord. Die öffentliche Sicherheit und das öffentliche Gewissen gebieten daher, daß etwas geschieht. Ist Buschoff, was wir entschieden bestreiten, nicht der Mörder, so beweist es uns durch den Spruch von zwölf Männern aus dem Volke! Vor dem Verdikt der Jury wird jeder schlimme Verdacht halt machen. Soll die arme Familie Hegemann, welche durch die Juden in unerhörtester, schändlichster Weise verleumdet worden, etwa in dem Glauben verbleiben, Gerechtigkeit gebe es in Preußen nur für die Reichen und Großen? Soll das Blut ihres Söhnchens ungerächt bleiben? Auf die Antwort der beteiligten Behörden dürfen wir um so mehr gespannt sein, da mehrere hiesige Juden die Freilassung Buschoffs von vornherein noch vor Weihnachten vorhersagten! Und am heiligen Christabend – welche zarte Rücksichtnahme auf den gefangenen Schächter! – hat sich diese befremdliche Prophezeiung wirklich bewahrheitet!


„Niemals hat die Kriminalpolizei der öffentlichen Meinung und den vorliegenden schweren Belastungsmomenten in geringerem Maße Rechnung getragen, als in diesem sonderbaren Mordprozeß. Als der Polizeikommissar Wolff seine Ermittelungen abgeschlossen hatte, erschienen hier der Herr Oberstaatsanwalt aus Köln und der erste Staatsanwalt aus Cleve, wahrscheinlich infolge einer amtlichen Aufforderung von seiten des Herrn Wolff, um dessen Beweismaterial an Ort und Stelle endgiltig zu prüfen. Es waren über ein Dutzend Zeugen auf das Amt geladen, darunter die Magd Dora Moll, der Zeuge Mölders, die Knaben Heister und Kernder, von denen die drei letzten am[2] 29. Juni gegen 10 Uhr früh gesehen haben, wie Frau Buschoff mit eigener Hand von der Ladenthür aus den Knaben Joanchen Hegemann in ihr Haus gezogen hatte. Einer der Knaben war vorher durch die Geistlichen, welche ihn unterrichtet haben, ausdrücklich als durchaus wahrheitsliebend und glaubwürdig rekognosziert worden. Der andere Knabe genießt noch keinen Religions-Unterricht. Alle Versuche, in dieser Beziehung etwas einzuwenden, scheiterten an ihrem trefflichen Leumund. Auch der Zeuge Mölders sollte auf Anstiften der Juden, welche die Sterne vom Himmel herunterzulügen versuchten, als professionierter Trunkenbold verdächtigt werden, obwohl er nachweislich kein Säufer ist und sich vielmehr allgemeiner Hochachtung erfreut. Das Defilé der Zeugen begann, und schon bei den ersten, so erzählen Augenzeugen, konnte man es dem Oberstaatsanwalt anmerken, daß er länger auf seiner früheren Zurückhaltung nicht verharren wollte. Beim sechsten Zeugen war das Schicksal der Buschoffs entschieden, und Polizeikommissar Wolff durfte sie unter dem Jubel der erleichtert aufatmenden Bevölkerung zu Wagen nach Cleve überführen. Die vorgebrachten Beweise waren also selbst den Herren Staatsanwälten, welche vorher absolut nichts von einer Festsetzung der Juden hatten wissen wollen, ausreichend erschienen, um zur Verhaftung zu schreiten. War doch unwiderleglich festgestellt, daß das ermordete Kind um 10 Uhr in das Buschoffsche Haus hineingezogen worden war. Hier liegt der Kardinalpunkt der so kläglich zur Entgleisung gebrachten Untersuchung. Um ½11 Uhr wurde das Kind bereits vermißt. Man suchte es im ganzen Orte und auch außerhalb. Und nach 6 Uhr fand es die Magd Dora Moll in der Rüpperschen Scheune resp. im Kuhstalle ermordet und nach allen Regeln der Kunst geschächtet vor. Und nach 12 Uhr, als sie die Kühe abfütterte, hatte sie es noch nicht bemerkt. Das Kind ist demnach zwischen 12 und 6 Uhr in den Stall geschafft worden, wahrscheinlich in der Absicht, es am Abend dann durch das immer offen stehende Thor in den Rhein oder sonst wohin zu bringen. Und trotzdem wird im Buschoffschen Schlachthause, das durch eine Hinterthür mit jenem Fundort mittelbar in Verbindung steht, eine Haussuchung nicht vorgenommen! Sollte dieser Thatbestand, an dem nicht zu rütteln ist, abgesehen von vielen anderen schweren Gravamina wirklich nicht genügen, den Schächter mit Frau und Kind vor die Geschworenen zu bringen? Es würde zu weit führen, wollten wir hier alle die Belastungsmomente zusammenstellen, welche die Schuld Buschoffs unwiderleglich darthun. Sein Alibi, zu dessen Konstruierung man ihm leider tagelang Zeit gelassen hatte, erwies sich als eine geschickte Mache, durch die sich Polizeikommissar Wolff aber nicht hinters Licht führen ließ. Durch die ein Vierteljahr nach der Blutthat erfolgte Verhaftung Buschoffs hatten auch die Staatsanwälte die Unhaltbarkeit dieses Entlastungsversuchs anerkennen müssen. Und jetzt kommen dieselben Herren her und beeilen sich, den „unglücklichen“ Schächter, der es „ja unmöglich gewesen sein kann“, wohlgemut auf freien Fuß zu setzen!! Von einer vorläufigen Entlassung auf Kaution kann bei einer Kapitalanklage, wie die vorliegende, keine Rede sein. Folglich handelt es sich – es klingt unglaublich! – um die Einstellung des Verfahrens ohne weitere Angabe der Gründe!! Hier drängt sich die Frage auf: Wer waren die Herren Anwälte, welche dies Kunststück zuwege gebracht haben? Bereits werden die Namen laut, welche an sich eine ganze Reihe von Ausrufungszeichen herausfordern. Alle diese dunklen Punkte benötigen dringend der Aufklärung, um so mehr, da die Juden immer wieder unterstellen, sie hätten es hier mit einer fanatischen Katholiken-Bevölkerung zu thun. In Wahrheit aber wird es zwischen Rhein und Weichsel wohl kaum eine friedlichere und – worauf es ankommt – intelligentere Einwohnerschaft geben als hier in Xanten. Dieselbe ist nachweislich sowohl in politischer wie religiöser Hinsicht extrem-liberal, und die hier lebenden Juden, die jetzt wie Ratten nach allen Richtungen der Windrose flüchten, pflegten Xanten bis zum Jahre 1891 stets als eine Art Eldorado zu bezeichnen. Kein religiöser oder sonstiger Mißklang hat je das treffliche Einvernehmen getrübt, in welchem sie mit aller Welt lebten. Also von antisemitischen Machenschaften, mit denen sich die Juden jetzt zu entlasten trachten, kann ernsthaft nicht die Rede sein. Daß die ganze niederrheinische Bevölkerung heute, nach solchen ungeheuerlichen Erfahrungen in diese asiatischen Gäste nicht geradezu verliebt ist, daß sie einstimmig darauf dringt, daß die Untersuchung wider Buschoff, seine Frau, seine Tochter und den Sohn Siegmund wieder aufgenommen wird, diesen Umschwung wird am Ende jeder Unbefangene begreifen. Um so charakteristischer muß es erscheinen, wenn die Juden es selbst gewagt haben, unsern vortrefflichen Herrn Regierungspräsidenten mit dem Zorne des Herren Herrfurth zu bedrohen, falls er der allgemeinen Erregtheit nicht ein Ende mache! Und dabei hatte sich derselbe beeilt, hier die Kreisgendarmerie zusammenzuziehen und Buschoff, als er noch auf freiem Fuße war, eine Art Ehrengarde zu bewilligen.“


„Heute trafen, von Cleve kommend, der Oberstaatsanwalt Hamm aus Köln, der Erste Staatsanwalt Baumgart aus Cleve in Begleitung des Geheimen vortragenden Rats Vietsch aus dem Ministerium hier ein, um in der Mordaffäre Buschoff an Ort und Stelle weitere Ermittelungen vorzunehmen. Es wurden nur zwei Hauptzeugen verhört, und zwar die Küppersche Magd Dora Moll und der Tagelöhner Mölders, während die lange Reihe der übrigen Belastungszeugen befremdlicherweise ganz unberücksichtigt blieb! Weder die Knaben Heister und Kernder, noch der Klempner Ullenboom, Oberstabsarzt Dr. Steiner, Kutscher Johann Mallmann, Kriminalkommissar Vorhülsdong, Bildhauer Wesendrup, die Arbeiter Meursen und Schmelzer, Frau Windhüs, die Eltern des geschächteten Kindes, der Schreiner Hegemann und seine Ehefrau Cäcilie, geb. Knippenberg etc. sind vernommen worden. Am allermeisten aber mußte die Abwesenheit des bei der von Anfang an stark vernachlässigten Untersuchung Hauptbeteiligten, nämlich des Polizeiinspektors Wolff, jedem unbefangenen Beobachter naturgemäß auffallen. Die Kommission nahm vor der Buschoffschen Behausung und in dem Küpperschen Stalle insofern „Ermittelungen“ vor, als der Zeuge Mölders und Dora Moll unter ihren Augen noch einmal die Schritte ablaufen mußten, welche in perspektivischer und andrer Hinsicht für die Überführung von Erheblichkeit sind. Der Herr Ministerialdelegierte konnte sich durch den Augenschein davon überzeugen, daß Mölders beim Vorübergehen am 29. Juni sehr wohl den Arm der Frau Buschoff gesehen haben muß, als diese um 10 Uhr das Kind in ihre Ladenthür zog. Die Dora Moll bestätigte noch einmal, von 10 bis ½1 Uhr am fraglichen Tage ohne Unterbrechung mit häuslichen Arbeiten, wie Kartoffelschälen etc., im Küpperschen Hinterhause beschäftigt gewesen zu sein und dann von ½12 bis ½1 Uhr gefüttert und gemolken zu haben, wobei sie gerade den Weg über den Platz, wo um 6 Uhr nachher die ausgeblutete Leiche vorgefunden wurde, dreimal gemacht hat. Einmal nahm sie sogar dort Streu auf; da der Melkeimer voll war, mußte sie zum andern Male an der Fundstelle vorbei, und das am hellen Tage, sodaß daraus unwiderleglich folgt, daß die Leiche erst nach ½1 Uhr hingelegt worden sein kann. Sie bestätigte ferner, wie sie nachher um 6 Uhr bei der Abendfütterung mit dem Fuß daran gestoßen und so die Auffindung bemerkt hat. Sehr befremden mußte bei dem Verhör das etwas barsche Benehmen des Staatsanwalts Baumgardt gegen die Zeugen, die dadurch augenscheinlich verwirrt wurden. Und derselbe Herr Staatsanwalt hatte sich früher gegen das mitangeklagte Judenmädchen Buschoff beweisbar stets sehr kavaliermäßig benommen. Auf die ganze Art und Weise des Verfahrens wirft diese hier im allgemeinen scharf bemängelte Barschheit – um uns nicht noch eines treffenderen Ausdrucks zu bedienen – ein bemerkenswertes Schlaglicht. Oder war der Herr Staatsanwalt Baumgardt etwa darum so zornmütig gegen die Zeugen, weil sich durch unsere Festnagelung die Thatsache herausgestellt hat, daß er, nachdem am 29. Juni (Montag) das geschächtete Kind aufgefunden, erst acht Tage später Zeit fand, persönlich auf dem Thatorte zu erscheinen? Das Landgericht Cleve ist in kriminalistischer Hinsicht eine Art Sinekure; also Überbürdung kann diese unverzeihliche Unterlassung nicht veranlaßt haben! Oder ließ Herr Baumgardt sich heute darum von seinen Aufwallungen hinreißen, weil ihm einfiel, daß er an jenem Montag (6. Juli) anstatt die Buschoffsche Behausung in allen Ecken und Winkeln bis in die Erde hinein durch erfahrene Kriminalbeamte zu durchsuchen, sich mit einer sehr oberflächlichen Besichtigung des Thatortes begnügte? Oder sollte ihm etwa eingefallen sein, daß diese nachträgliche Kontrolluntersuchung sich besser ausgenommen hätte, wenn auch Assessor Clässen (Kleve), der Kreisphysikus von Mörs, der Kreiswundarzt aus Orsoy und der Chirurg Rennings, d. h. die zuerst eingreifende Gerichtskommission, mit zur Stelle gebracht worden wäre? Jedenfalls läßt es sich begreifen, wenn hier und in Kleve verlautet, er trage sich seit einigen Tagen mit Rücktrittsgedanken.

Die Zeugen als Eingeborene bedienten sich beim Verhör des hier landläufigen Plattdeutsch, was den aus dem Hessenlande stammenden Herrn Baumgardt etwas aufzuregen schien! Hoffentlich wird der Herr Deputierte des Ministeriums diesen Punkt in seiner offiziellen Darlegung entsprechend kritisch würdigen. Sonst pflegen doch gerade unsere Herren Staatsanwälte den Belastungszeugen gegenüber prinzipiell sehr zuvorkommend und höflich aufzutreten, besonders aber, wenn es sich durchweg um so brave und ehrliche Leute handelt wie in der Affaire Buschoff. Der Kreisphysikus und der Kreiswundarzt hätten ihr Obduktions-Gutachten in Uebereinstimmung mit Dr. Steiner bestätigen müssen, aus welchem sich ergab: „a) der zirkelartige Schnitt war von zweifellos geübter Hand mit einem haarscharfen Messer ausgeführt; b) die Leiche war bis ins Gehirn hinein absolut blutleer; c) irgend welche Anzeichen einer widernatürlichen Vergewaltigung waren nicht vorhanden.“ Der Herr Kreisphysikus hätte ferner wiederholen können, daß nach seinem Ermessen niemand (!) wissen könne, ob die vorgefundenen Blutspuren auf ein Verbluten auf dem Fundorte schließen lassen!!! Er hatte dies merkwürdige Gutachten mit der Sommerhitze, der Zeitdauer u. s. w. motiviert und geradezu eine Verdunstung (!) sämtlichen Blutes behaupten wollen! Mit Recht ist er deswegen im August von dem hier erscheinenden „Boten“ ad absurdum geführt worden. Die Kommission hätte sich auch einmal das bei dem Reperto befindliche Schürzchen des geschächteten Kindes ansehen können, weil dasselbe allein schon gegen den Schächter Buschoff ein niederschmetterndes Belastungsmoment darstellt. Dasselbe ist nur in seinem oberen Brustteile blutgetränkt, während der untere Leibteil blutfrei ist. Ergiebt sich daraus nicht, daß das ermordete Christenkind von dem jüdischen Thäter über ein Bund Stroh oder sonst einen Gegenstand gehalten worden und auf diese Weise geschächtet worden ist? An dem einen Fuße befanden sich auch noch Blutteile, aber geronnenes Blut fehlte auffallenderweise ganz! Dieser Umstand giebt ebenfalls zu denken. Und was die an der Wannmühle (Kornklappermühle, welche neben der Leiche stand), vorgefundenen Blutspritzer anbelangt, so rühren diese nicht von dem geschächteten Kinde, sondern von dem Arbeiter Meursen her, welcher sich bei ihrer inzwischen erfolgten Benutzung am Finger verletzt hatte. Ueberdies handelt es sich dabei nur um erbsengroße Tropfen. Jeder Fachmann würde bekunden, daß das vorgefundene Blut in der Schürze und Streu höchstens ½ Pfund sein könnte, und drängt sich dann die Frage auf: Wo blieben dann die anderen 6½ Pfund Blut, da ein gesundes Kind etwa 7 Pfund besitzen soll. Die Besichtigung der Schürze würde auch dargethan haben, daß der feige Mörder, bevor er den Zirkelschnitt kunstgerecht ausführte, mit dem Messer 2 Zentimeter tiefer angesetzt und dabei ein Stückchen von der Schürzenkrause abgeschnitten hat. Eine gründliche Durchsuchung des Stalles hat erst nach einem Vierteljahr stattgefunden, während man vorher – abgesehen von der oberflächlichen Besichtigung der Kommission – an eine solche gar nicht gedacht hat.

Der Herr Delegierte hätte auch Frl. Maria Küppers darüber befragen sollen, wie die Buschoffs am 29. Juni durch fortgesetzte belanglose Einkäufe im Küpperschen Laden verstanden haben, dieselbe andauernd vom Hinterhause und dem Stalle fern zu halten. Der Bube Siegmund Buschoff hatte sogar, was bei seinem fanatisch frommen Vater noch niemals vorgekommen war, dort unkoschere Zubrote geholt, während alle Küpperschen Hausinsassen, Frl. Maria ausgenommen, sich während der Vesper (½3–3 Uhr) in den benachbarten Dom begeben hatten. Hierbei waren sie an Buschoffs Fenster vorübergegangen und von diesen bemerkt worden. Wahrscheinlich wird Herr Baumgardt uns die Aussagen des Bildhauers Koch vorwerfen, welcher behauptet, am Tage der That längere Zeit bei Buschoff gesessen und getrunken zu haben! Aber was will dies Zeugnis, dessen Beleuchtung wir uns noch vorbehalten, sagen, im Vergleich zu den Aussagen der Zeugen Mölders, Moll, Heister, Kernder u. s. w.? Oder will man wirklich glauben machen, ersterer sei unglaubwürdig, weil er bei schwerer Arbeit manchmal einen Schnaps tränke? Dann gäbe es am Ende glaubwürdige Zeugen auf dem flachen Lande gar nicht mehr.

Im übrigen sind unsere früheren Darlegungen unanfechtbar, und hat nunmehr der „Reichsanzeiger“ das Wort. Was übrigens den Bürgermeister Schleß anbelangt, so ist derselbe allerdings zwei Tage nach dem Morde dringender Geschäfte halber nach Düsseldorf und erst am 20. Juli nach Kissingen gereist. Damals lag die Untersuchung aber längst in der Hand der Gerichtsorgane. Daß Herrn Schleß überhaupt kein Vorwurf gemacht werden kann, hatten wir bereits bemerkt. Er ist es übrigens gewesen, der später den Staatsanwälten sehr entschieden die Verhaftung Buschoffs angeraten hatte. – Außer Polizeikommissar Wolff war in der Untersuchung noch der Polizeikommissar Vorhülsdong thätig. Nebenbei aber trieben sich hier in Cleve und Mayen, unter anscheinend amtlicher Maske, aber unzweifelhaft im Auftrage der Synagoge, allerlei Personen umher, welche ebenfalls bei der Entgleisung des Verfahrens mitgewirkt haben. Ueber diesen Punkt und über den Verkehr des Rabbiners in Krefeld mit dem Oberstaatsanwalt in Köln und anderen Personen in Cleve sollen gelegentlich noch weitere Enthüllungen folgen.“

Inzwischen war von Cleve aus die Behauptung aufgestellt worden, die Untersuchung sei noch gar nicht abgeschlossen.

Die „Germania“ bemerkt dazu: „Durch gemeinschaftlichen Beschluß des Untersuchungsrichters und der Staatsanwaltschaft ist der Beschuldigte Buschoff aus der Haft entlassen worden. Ein Gerichtsbeschluß liegt noch nicht vor. Es ist also immer noch Hoffnung vorhanden, daß das Ergebnis der Untersuchung im öffentlichen Gerichtsverfahren zur Darstellung gelangen wird. Das wäre dringend zu wünschen im Interesse der Beruhigung der naturgemäß entstandenen Aufregung und insbesondere auch deshalb, weil nur eine öffentliche Klarstellung falsche und übertriebene Gerüchte auf das richtige Maß zurückzuführen vermöchte. Sollte aber das Gericht seiner Überzeugung gemäß zu einem auf Einstellung des Verfahrens lautenden Beschlusse gelangen, dann wird unsrer festen Überzeugung gemäß die Sache noch nicht zum definitiven Abschlusse gelangt sein; wir hoffen vielmehr zuversichtlich, daß die verfolgende Behörde angewiesen werden wird, durch Einlegung der zulässigen Rechtsmittel die Angelegenheit auch zur Entscheidung der höheren Instanzen zu bringen. Vorläufig muß jedenfalls die Entscheidung der Gerichte abgewartet werden. Inzwischen ist, wie der „Xantener Bote“ meldet, am vorigen Freitag der Kommissar des Justizministeriums in Begleitung des Oberstaatsanwaltes von Köln, des Ersten Staatsanwaltes von Cleve in Xanten eingetroffen.“

„Wir fügen noch hinzu, daß uns in der Angelegenheit ein ziemlich ausgiebiges Material zugegangen ist, welches das Vorgehen einzelner Stellen in einem eigentümlichen Licht erscheinen läßt. Wir nehmen einstweilen Abstand, davon Gebrauch zu machen, einmal, weil wir nicht ohne zwingenden Grund zur Erhöhung der ohnedies schon bedenklichen Aufregung beitragen möchten, und dann, weil wir fest überzeugt sind, daß der Herr Justizminister nicht umhin können wird, sich den geheimnisvollen Fall näher anzusehen, das Aktenmaterial einzufordern, um diejenigen, die etwa ihre Pflicht nicht erfüllt haben sollten, zur Verantwortung zu ziehen. Es scheinen in dieser Angelegenheit Kräfte zu spielen, denen die preußische Justiz im Interesse der Erhaltung ihrer Unantastbarkeit mit Entschiedenheit entgegentreten muß. Damit aber über unsere Stellung zu der Sache keine Zweifel obwalten, bemerken wir ausdrücklich, daß wir ebensowenig auf einen rituellen Mord plädieren, als eine bestimmte Person des Verbrechens bezichtigen wollen. Was wir verlangen, ist lediglich Klarstellung der Angelegenheit, schleunige Klarstellung, im Interesse der Beruhigung der Bevölkerung.“

Das „Volk“ seinerseits bemerkte damals treffend:

Das Eine wäre also erreicht: Man verkündet in einem Organ der Regierungsmajorität, daß noch kein endgültiger Gerichtsbeschluß betreffend die Einstellung des Verfahrens vorliegt. Wir freuen uns darüber, müssen aber im Hinblick auf den erwähnten „gemeinschaftlichen Beschluß des Untersuchungsrichters wie Staatsanwaltschaft“ uns die Frage erlauben, warum man vor der Haftentlassung nicht einen Beschluß der Ratskammer eingeholt hat.

Die „Neue Preuß. Ztg.“ (Kreuzztg.) endlich richtete an die Staatsregierung diese geharnischte Erklärung, die bis jetzt aber ebenfalls ohne amtliche Erwiderung geblieben ist:

Zur Frage des rituellen Mordes. Wir richten an die königlich preußische Justiz-Verwaltung das dringende Ersuchen, das Ergebnis der gerichtlichen Untersuchung, welches die Haftentlassung des jüdischen Schächters Buschoff in Xanten zur Folge hatte, möglichst bald in seinem ganzen Umfange zu veröffentlichen. Unser deutsches Volk hat ein Recht darauf, zu verlangen, daß über die schändliche Mordthat, welche an dem Knaben Joanchen Hegemann verübt wurde, und als deren Thäter die Stimme des Volkes sofort den Juden Buschoff bezeichnete, amtlicherseits die vollste Klarheit geschafft werde. Mehr als zwanzig einwandfreie Zeugen haben den Angeschuldigten auf das schwerste belastet, der Berliner Kriminalkommissar Wolff hat durch seine Ermittelungen an Ort und Stelle ein den Juden nahezu überführendes Material zusammengestellt, Buschoff versuchte anfänglich sein Alibi nachzuweisen, mußte aber sehr bald von diesem Unternehmen abstehen, außerdem ergab die gerichtsärztliche Untersuchung, daß der Mord nur von einem geübten Schlächter ausgeführt sein könne, und daß die Leiche des Knaben völlig blutleer war. – Es besteht demnach der Verdacht, daß ein Mitglied desjenigen Volkes, von welchem 700 000 Angehörige das Gastrecht im deutschen Reiche genießen, zu jüdisch-rituellen Zwecken die Ermordung eines deutschen Christenkindes verübt hat. Die nachsichtige Behandlung des Judentums, deren man sich seit langem in unseren amtlichen Kreisen befleißigt, kann aber nicht soweit gehen, daß man das allgemeine Verlangen unseres Volkes nach Klarstellung dieses Vorfalles einfach unberücksichtigt läßt. Ebenso kann es nur im Interesse des jüdischen Volkes selbst liegen, wenn, falls der Verdacht unbegründet ist, eine gewissenhafte und unzweideutige Darlegung von amtlicher Seite erfolgt.

Solange dies nicht geschieht, kann es uns niemand verargen, wenn wir uns auf die Seite der Volksmeinung stellen und an die Schuld des Buschoff glauben, ebenso wie wir noch heute die Verübung eines rituellen Mordes auf Korfu als bewiesen erachten. Die näheren Umstände auf Korfu decken sich fast vollständig mit denen in Xanten. In Griechenland kam es zu einer gerichtlichen Verhandlung des Falles nicht, weil, wie ein der griechischen Regierung nahestehender Abgeordneter in einem an uns gerichteten Schreiben unumwunden eingestand, der Prozeß der des Mordes angeklagten Juden hätte mit einer Verurteilung endigen müssen. Dieser Ausgang aber hätte im ganzen Orient Judenverfolgungen der schlimmsten Art hervorgerufen. Das wußte das internationale Judentum, und deshalb bot es alle Mittel auf, um die griechische Regierung zur Einstellung des gerichtlichen Verfahrens zu nötigen; und da zur Zeit die griechischen Staatsfinanzen von dem Wohlwollen der europäischen Börsenplätze abhängig sind, so erreichte die Nötigung unschwer ihren Zweck. – Steht nun aber das deutsche Reich auf der gleichen Stufe der Abhängigkeit von dem Großjudentum, wie das kleine und schwache Griechenland?“

Hierauf gingen dem Leipziger Blatt folgende Mitteilungen aus Xanten zu:

Die Judenschaft sucht jetzt, wo der Skandal Buschoff in den „politischen“ Brennpunkt tritt, durch allerlei niederträchtige Unterstellungen einen geeigneten Blitzableiter zu gewinnen, um auf diesem Umwege die in hohem Grade beunruhigte öffentliche Meinung künstlich irre zu leiten. Das schmähliche Spiel, das gar nicht scharf genug gebrandmarkt werden kann, ist jedoch sehr durchsichtig. Von Anfang an suchten die beteiligten Rabbiner – die Namen sollen noch festgenagelt werden – Mitglieder der Familie Hegemann der schrecklichen That heimtückisch zu verdächtigen. Das hiesige, von einem angesehenen katholischen Geistlichen geleitete Zentrumsorgan, der „Bote für Xanten“, schreibt darüber: Xanten, 2. Januar. Von Cleve aus werden wir auf ein perfides Manöver aufmerksam gemacht, zu welchem man holländische Zeitungen mißbraucht hat. Das „Echo von Het Land van Cuyk“ bringt unterm 26. Dezember v. J. folgende Notiz:

De familie Buschof, aangeklaagd van den moord de Xanten, zal in Februari voor het gerecht verschijnen. Het kan echter gebeuren, dat de zaak een heel andere wending krijgt, nu door invloedrijke Israëlieten ter kennis van den staatsanwalt is gebracht, het feit dat de moeder van het vermoorde kind, haar man (den stiefvader) in een twist in een zeer ongunstig daglicht heeft gestelt.

Dieselbe oder ähnliche Meldung findet sich auch in anderen holländischen Zeitungen. Die Gemeinheit, welche diese Insinuation bürgt, ist nicht stark genug zu rügen. Einmal ist der Schreiner H. nicht der Stiefvater, sondern der Vater des ermordeten Kindes, dann hat die Frau desselben niemals auch nur daran gedacht, eine verdächtige Äußerung über ihren Mann auszusprechen, und endlich genügt schon eine flüchtige Personal- und Lokalkenntnis, um die gänzliche Haltlosigkeit des aufgeworfenen schmählichen Verdachtes zu erkennen. Von welcher Seite solche Dinge in die Zeitungen des Nachbarstaates lanciert werden, erkennen diejenigen sofort, welche wissen, wie manche anonymen Briefe mit ähnlicher Verdachtsäußerung nach hier, einer sogar von Krefeld aus an den Schr. H. selbst, geschickt sind. Schr. H. hat den ihm übersandten Brief seinerzeit sofort dem Kriminalkommissar Wolff zur Weiterbeförderung an die Staatsanwaltschaft übergeben. Dieses zur Ehrenrettung des armen braven Vaters.

Soweit ist es bereits gekommen, daß die Rabbiner ungestraft ähnliche Infamien ausstreuen dürfen. Aber die Wahrheit wird doch siegen! Wenn es wahr ist, daß die unglückliche Mutter des geschächteten Kindes sich nach Berlin begeben will, um die Intervention des Kaisers und Königs anzurufen und einer großen konservativen Zeitungsredaktion ihre gute Sache persönlich vorzutragen, so werden die Komplizen Buschoffs sehr bald gewahr werden, daß sie umsonst so viel Geld aus dem Fenster hinausgeworfen haben. Hätte Inspektor Wolff nur einen guten Christen verhaftet, alsdann wäre dieser um die Geschworenen sicherlich nicht herumgekommen. Aber der Schächter Buschoff ist für diese brennende Nagelprobe, die er gewiß nicht bestanden hätte, zu schade. Das letzte Wort in dieser skandalösen Angelegenheit ist noch lange nicht gesprochen.

Auch die „Germania“, der „Bote“ in Xanten etc. schlossen sich diesem Protest gegen die jüdischen Verdunklungsversuche an. Das genannte holländische Blatt hat übrigens ausdrücklich bei seiner Berichtigung zugegeben, daß es das Opfer einer frechen jüdischen Irreleitung mit diesem Artikel geworden sei.

Nunmehr trat die Neue Deutsche Zeitung mit dem sachlichen Material hervor, das ihre Gewährsleute für sie auf dem Thatort zusammengetragen hatten. Sie schrieb:

Es scheint nach Lage der Sache fast unglaublich, daß die maßgebenden Behörden gegen solche Einwendungen ihr Ohr verschließen werden. Zunächst ist es Sache des Herrn Justizministers von Schelling, sofort einzuschreiten und dahin zu wirken, daß die Buschoffs, die sich beweisbar wiederholt gerade seiner Protektion gerühmt haben, auf Grund der vorliegenden, zum Teil beschworenen Zeugenaussagen vor das Schwurgericht gestellt werden. Da man gerade diesem Minister – ob mit Recht oder Unrecht, sei dahingestellt – mehrfach ein gewisses Sympatiesieren mit Israel vorgeworfen hat, so böte sich für ihn hier die beste Gelegenheit, solche Unterstellungen durch ein recht entschiedenes Eingreifen ein für allemal zu dementieren. Buschoff und andere Juden haben sogar erzählt, der Minister habe direkt mit den beteiligten Rabbinern und anderen Personen verkehrt und daraufhin bestimmte Zusagen gemacht, die wenn sie wirklich erfolgt wären, diesen befremdlichen Ausgang der Untersuchung hätten voraussehen lassen. Ähnliche und noch seltsamere Behauptungen wurden von jüdischer Seite über Herrn Herrfurth, den Minister des Innern, aufgestellt, dahin gehend, daß er bestimmten Personen für die hiesigen Juden den weitgehendsten Schutz ausdrücklich zugesagt habe. Buschoff zufolge wären alle die fremden Kommissarien lediglich auf jüdisches Bereiben entsandt worden, und sei es nur einem unvorhergesehenen „Zufalle“ zu danken, daß die Wahl gerade auf Inspektor Wolff gefallen ist. Solchem Gerede muss ein Ende gemacht werden! Mehrere Juden haben nach Buschoffs Festsetzung ihr Mißfallen über das vorurteilsfreie Vorgehen Wolffs garnicht verschwiegen. Der Jude Isaak sagte sogar, von einem Manne, der auf ihre Kosten entsandt sei, hätte man einen solchen „Mißgriff“ nicht erwarten können! Das verbürgte Faktum, daß diese Kommissare also auf Betreiben der Frankfurter und Berliner Rabbiner und auf Kosten Israels hergeschickt worden sind, giebt allein schon zu denken und beweist unwiderleglich, daß das Judentum sich auch in diesem Ritualfalle, eben so wie in Tisza Eßlar, Skurz, Korfu etc. mit den vermutlichen Trägern identifiziert hat! Wenn so ein Christ irgendwo eines Kapitalverbrechens angeklagt wird, wer kümmert sich dann um ihn und seinen Prozeß? Bilden sich dann etwa auch Finanz- und Rabbinerkomitees, um der Untersuchung ihren Weg vorzuschreiben, oder überlaufen unsere Geistlichen dann etwa die Minister und Gerichte, damit dem Angeschuldigten nur ja kein Haar gekrümmt werde? Allein schon diese Durchstechereien während der Untersuchung, diese offene Aktion zu Gunsten des so schwer belasteten Schächters fordern arge Besorgnis und Befürchtungen geradezu heraus.

Wenn die Herren Minister von vornherein so bereitwillig auf die sehr verdächtigen Vorstellungen der Rabbiner eingegangen sind, so mögen sie jetzt, wo sich die öffentliche Meinung wider das Vorgehen der Lokalbehörden auflehnt, denselben Eifer umgekehrt bethätigen und nicht dulden, daß dieselben über das Wolffsche Belastungsmaterial kurzer Hand zur Tagesordnung übergehen! Daß Verdunkelungsversuche gemacht worden sind, werden wir beweisen! Ist es nicht auch im höchsten Grade befremdlich, daß, als am 29. Juni das geschächtete Kind dicht bei den Buschoffschen Schlachthause gefunden wurde, der erste Staatsanwalt in Cleve es unterließ, sofort an Ort und Stelle zu eilen und die von vornherein verschleppte Untersuchung persönlich zu leiten? Mit Recht erklärte der hier erscheinende, von einem angesehenen Geistlichen herausgegebene „Bote“, er könne diese unglaubliche, aber nur zu wahre Unterlassung diesem Beamten nimmer vergessen. Ist denn so eine grauenhafte Mordthat gar nichts? Verlohnt es sich etwa nicht der Mühe, den drei Meilen weiten Weg von Cleve nach hier zurückzulegen, wenn am hellen lichten Tage ein unschuldiges Christenkind nach allen Regeln der Kunst geschächtet und ausgeblutet in einem Kuhstalle vorgefunden wird? Dieser Punkt erheischt zunächst eine authentische Aufklärung, die wir durch diese Verwahrungen provocieren wollen. Aber das Ungeheuerlichste, das Befremdlichste bleibt, abgesehen von der Freilassung Buschoffs, die Thatsache, daß, obwohl die Volksstimme unterschiedslos von vornherein diesen der gräßlichen That bezichtigte, trotzdem von sofortigen Haussuchungen Abstand genommen wurde! Der „Bote“, der sehr entschieden gegen das Vorgehen des Gerichts Stellung nimmt, bemerkt lakonisch (28. Dez.): „Sofortige Perquisitionen hätten vielleicht bessere Resultate erzielt…!“ und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Was soll man dazu sagen, wenn angesehene Leute auf das Bürgermeisteramt laufen und erklären: „Buschoff ist der Täter!“, wenn sich wider diesen von Anfang an gewichtige Belastungsmomente jedem Unbefangenen aufdrängen, wenn allein schon der Thatort für denselben ein niederschmetterndes Gravamen bildet, daß trotz alledem nicht auf der Stelle sein an den Kuhstall angrenzendes, durch Hinterthüren quasi verbundenes Schlachthaus genau polizeilich durchsucht worden ist? Wenn es sich um irgend einen Christenmenschen handelt, in oder vor dessen Behausung ein Ermordeter aufgefunden wird, so pflegen unsere Exekutivbehörden meistens derartig befremdliche Rücksichten nicht zu üben, sondern in neunzig von hundert Fällen wird, wenn nicht besondere Entlastungen vorliegen, sogar aufs Geradewohl eine vorläufige Verhaftung vorgenommen. Bei dem Schächter Buschoff hingegen, zu dessen Gunsten sich – seine Glaubensgenossen ausgenommen – auf 10 Quadratmeilen in der Runde auch nicht eine Stimme erhob, wird jedoch, Gott weiß, warum, der öffentlichen Meinung zum Hohne von einer Durchsuchung und Festsetzung „prinzipiell“ abgesehen! Wer mag dieses krause Rätsel lösen? Und als im Oktober, also ein Quartal nach der That, endlich Herr Wolff auf der Bildfläche erscheint und das Versäumte nachholt, da natürlich waren sichtbare Spuren des Verbrechens im Schlachthause und Keller nicht mehr zu finden!“

Die regierungsfreundliche „Germania“ knüpft hieran diese Betrachtungen:

Wir wollen uns einstweilen nicht zu Verbreitern der erhobenen Beschuldigungen machen, können aber mit der Ueberzeugung[3] nicht zurückhalten, daß, wenn sie begründet sein sollten, das Verfahren, des erwähnten Staatsanwalts zweifellos dessen vorgesetzte Behörde noch wird beschäftigen müssen. Sollte, wie die „Neue Deutsche Zeitung“ behauptet, die Vernehmung der oben namentlich aufgeführten, nicht verhörten Zeugen, sowie die Berücksichtigung des von Herrn Polizeiinspektor Wolff gesammelten Materials seitens des Ministerialkommissars für unerheblich erachtet worden sein, so könnten wir unser Befremden über ein solches Vorgehen, gegen welches sich sehr triftige Gründe geltend machen ließen, nicht unterdrücken; indes wollen wir vorläufig nicht näher auf diesen Punkt eingehen, sondern vorerst die auf den Ermittelungen des Ministerialkommissars beruhende offizielle Darstellung der Justizbehörde abwarten. – An unsere gestrige Notiz über die Angelegenheit knüpft die „Freisinnige Zeitung“ folgende Bemerkung:

Das würde doch eine sonderbare Gerichtspraxis herbeiführen. Die „Germania“ verlangt also, daß, auch wenn die gerichtlichen Behörden selbst eine Fortführung des Anklageverfahrens für ungerechtfertigt halten, doch der Sache ein weiterer Fortgang gegeben werden soll, nur um falsche und übertriebene Gerüchte zu zerstören. Damit würde man also die gerichtliche Verfolgung abhängig machen nicht von dem Verschulden, sondern von der Art, wie von dritter Seite irgend ein Vorgang benutzt wird zur Verbreitung falscher und übertriebener Gerüchte. Das würde auf eine nette Rechtspflege hinauslaufen.

Die „Freisinnige Zeitung“ darf sich versichert halten, daß es uns mindestens ebenso fern liegt, in die Rechtspflege einzugreifen, als ihr, aber ebenso fest möge sie überzeugt sein, daß wir einen sehr triftigen Grund zu unserer gestrigen Notiz hatten, und wir geben auch ihr den schon der „National-Ztg.“ und deren Partisanen erteilten Rat, in dieser ganz eigenartigen Angelegenheit sich nicht allzusehr nach einer bestimmten Seite hin zu engagieren, damit es ihr event. nicht zu schwer wird, den Rückweg zu finden. Wir aber werden, unbeirrt von allen Anfechtungen, gleichviel von welcher Seite sie kommen, unausgesetzt die Forderung erheben: Klarheit, volle Klarheit in die dunkle Angelegenheit zu bringen und nicht zu ruhen, bis der oder die Mörder des unschuldigen Kindes ermittelt sind. – Inzwischen bringt heute abend die „Kreuz-Ztg.“ folgendes Telegramm aus Frankfurt a. M.: „Es ist hier das Gerücht verbreitet, daß der in der Xantener Mordaffaire verwickelte jüdische Schächter Buschoff zur Wiederherstellung seiner angegriffenen Gesundheit nach dem Süden abgereist sei.“


Dasselbe Zentrumsorgan schreibt weiter:

„Es ist tief bedauerlich, daß, wie aus vorstehender Notiz erhellt, die unter der Xantener Bevölkerung herrschende Erregung durch die Entsendung des Untersuchungsrichters Brixius, gegen den ein gewisses Mißtrauen bei der Bevölkerung zu bestehen scheint, und durch die von demselben beliebte Zuziehung des Synagogen-Vorstehers Oster zu dem Zeugenverhör, für die man im Volke keine Erklärung hat, neue Nahrung erhält. Es wird somit das Gegenteil des beabsichtigten Zweckes erreicht. Wenn der Untersuchungsrichter Brixius der Schwiegervater des Verteidigers Buschoffs ist, hätte man allerdings erwarten sollen, daß, um die Objektivität auch nicht durch den geringsten Schein trüben zu lassen, ein andrer Richter mit der neuen Untersuchung beauftragt würde.“ Und der „Reichsbote“ fügt hinzu: „Wo lebt jetzt Buschoff?“ Einfältig ist natürlich, was jüngst wieder die „Köln. Ztg.“ von der „Erschütterung des Ansehens der Gerichte“ orakelte. Dieses erschüttert niemand, als die Justiz selbst mit solchen Maßnahmen, am allerwenigsten derjenige, der auf die Reform von Mißständen dringt, damit das Ansehen der Gerichte wieder hergestellt wird. Als unter Friedrich Wilhelm I. Richter in Königsberg einen kleinen Dieb aufhängten und einen adligen Schurken laufen ließen, da war das Ansehen der Gerichte in Preußen erschüttert, und als dann Friedrich Wilhelm I. mit Relais nach Königsberg fuhr und die Richter eigenhändig durchprügelte, da war das Ansehen der Justiz wieder hergestellt. Der einzelne Richter ist nicht die Justiz.“


„Das Rabbiner-Blatt „Jüdische Presse“ bemerkt zu dem Xantener Knabenmord: „… 1) daß die jüdische Gemeinde in Xanten es war, welche in einem Gesuche an den Minister des Innern die Entsendung eines gewiegten Berliner Kriminal-Kommissarius erbeten und die Kosten dafür (700 M.) getragen hat; 2) daß der Kriminal-Kommissar Wolff nicht die Anklage auf Mord, sondern auf fahrlässige Tötung konstruiert hat; 3) daß unmittelbar nach der Ermordung des Knaben Hegemann in Xanten und Umgebung Flugblätter verbreitet wurden, welche die Juden des Mordes bezichteten und dieselbe bildliche Darstellung des „rituellen Mordes“ enthielten, wie die s. Z. in Tisza-Eßlar, Sturz und Korfu verbreiteten Schriften.“ Mit Fug und Recht muß es dem Herrn Minister des Innern schwer verdacht werden, wenn er auf die interessierte Vorstellung irgend einer Judengemeinde hauptstädtische Polizeiorgane entsendet und dieselben obenein noch aus jüdischen Gemeindesäckeln besolden läßt. Nach den mehr wie traurigen Erfahrungen in Sturz und Neu-Stettin sollte man sich dergl. zweideutigen Zugeständnissen prinzipiell nicht mehr verleiten lassen. Auf die betreffenden Kriminalorgane muß das Bewußtsein, offenbar für die Synagoge dienstlich thätig zu sein, überaus deprimierend einwirken. Was nun die Xantener Judenpetition anbelangt, so ist es geradezu unerfindlich, wie man ihr im Ministerium des Innern hat Folge geben können. Man vergegenwärtige sich nur den Thatbestand! Die öffentliche Meinung beschuldigt einstimmig den Schächter Buschoff, den Knabenmord verübt zu haben. Anstatt, wie es sich doch gehörte, den Angeschuldigten sofort in Haft zu nehmen, thut man – seinen Glaubensgenossen den Gefallen, für ihre Rechnung und auf ihr Betreiben zuerst einen Krefelder (Vorhülsdung) und dann einen Berliner Kriminalkommissar (Wolff) zur Verfügung zu stellen!! Aber die jüdischen Auftraggeber hatten die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Es ist unwahr, wenn sie jetzt in ihrer begreiflichen Gereiztheit behaupten, Herr Wolff habe die Anklage auf fahrlässige Tötung konstruiert!! Die Obduktion hat in einer Weise ergeben, daß das Kind, als es kunstgerecht geschächtet wurde, nicht mehr lebte. Es liegt also unzweifelhaft Mord vor. Hätte Herr Wolff etwa einen Christenmenschen eingezogen, dann würde dieselbe Judenpresse, welche heute seine Beweisführung mit der ihr eigenen Frechheit als konstruierte „Mache“ hinzustellen trachtet, einstimmig bravissimo gebrüllt haben. Der Ärger darüber, daß der Kommissar den in ihn gesetzten Erwartungen der hiesigen und der Berliner Juden durch sein Vorgehen nicht entsprochen hat, läßt sich am Ende begreifen. Welcher Art diese Erwartungen aber gewesen sind, ergiebt sich aus der verlogenen Behauptung der „Jüdischen Presse“, es seien hier in Xanten gleich nach dem Kindesmord bildliche Darstellungen des Ritualmordes vertrieben worden, wie auch der Xantener „Bote“ erklärt. Die Rabbiner mögen das behaupten, indessen in nicht jüdischen Kreisen hier in Xanten ist davon nichts bekannt geworden!! Es liegt somit der Verdacht nahe, daß die Rabbiner selbst, um sich bei Zeiten einen Blitzableiter zu verschaffen, so geartete Illustrationen im eigenen Interesse haben anfertigen und unter sich verbreiten lassen – um nachher auf dieser Grundlage besser unterstellen zu können, der ganze Mord beruhe auf antisemitischer Mache. Dies talmudische Spiel ist doch zu durchsichtig, um ernst genommen zu werden! Jedenfalls aber hat das genannte Rabbinerblatt, das übrigens bei der Sache im engerem Sinne beteiligt zu sein scheint, sich und der Synagoge durch obige Einwendungen einen schlechten Dienst erwiesen. Das wird die Folge lehren. – –

Die augenscheinlich inspirierte Meldung der „Germania“, daß die Untersuchung in Sachen Buschoff noch nicht geschlossen sei, hat hier im ganzen Rheinland einen überaus peinlichen Eindruck hervorgerufen. Allerseits fragt man sich, wie sich mit dieser Thatsache die überstürzte Freilassung der Angeschuldigten zusammenreimt? Es bricht sich immer mehr die Ueberzeugung Bahn, daß es sich dabei lediglich um eine geschickte Ausflucht der dabei beteiligten Kreise handelt. Wenn es dem Gericht in Cleve, soweit dasselbe durch den Untersuchungsrichter Brixius und den Staatsanwalt Baumgardt vertreten wird, wirklich darum zu thun war, das blutige Rätsel doch noch zu entziffern, weshalb beeilte man sich in so auffälliger Weise, die so schwer und allseitig belastete Schächterfamilie ohne irgend welche sicherheitspolizeiliche Kautelen abreisen zu lassen? Warum hat man nicht wenigstens in diesem so klar liegenden Falle, wo doch hunderten von Belastungen konkretester Art auch nicht ein einziges annehmbares Entlastungszeugnis gegenüber steht, einen kompetenten Gerichtsbeschluß provoziert, wie das bei solchen Kapitalverbrechen in hundert Fällen neunundneunzig Mal zu geschehen pflegt? – Es darf übrigens auf das allerbestimmteste versichert werden, daß in Cleve selbst über das ganze Verfahren, soweit es bis jetzt durch diese Enthüllungen bekannt geworden ist, ebenfalls einstimmig der Stab gebrochen wird. Von vornherein hat man die Untersuchung in das undurchdringliche Dunkel gehüllt. Kein Hochverratsprozeß kann je mit größerer Geheimthuerei geführt worden sein, wie diese Untersuchung. Das ist so wahr, daß beispielsweise Clever Gerichtsherren und Rechtsanwälte, welche doch sonst gerade dort ganz genau über alle vorkommenden erheblichen Prozeßfälle unterrichtet sind, alle Einzelheiten in Sachen Buschoff erst durch die Presse erfahren haben! Das Versteckspiel ist soweit gegangen, daß eigentlich niemand genau weiß, welche von den zahlreichen Belastungszeugen vereidigt worden sind, geschweige denn, welche Aussagen sie beschworen haben!! Die Herren Brixius und Baumgardt scheinen es eben darauf abgesehen zu haben, für alle Fälle in dem pyramidalen Verfahren freie Hand zu behalten. Außer ihnen scheint eigentlich nur noch die durch den Rechtsanwalt Fleischhauer hauptsächlich vertretene Verteidigung von dessen befremdlichem Verlauf genaue Kenntnis gehabt zu haben. Im Clever Rathaus wenigstens wird erzählt, daß gerade dieser Herr sich für die Interessen der Buschoffs sehr eifrig verwandt hat. Der entlassene Schächter selbst hat in Neuß, wo er Bekannte traf, erklärt, er sei Herrn Fleischhauer dafür zum ewigen Danke verpflichtet! Und wer ist nun dieser Herr Fleischhauer, der als Anwalt selbstverständlich nur seine Pflicht erfüllt hat? Die Auskunft wird am besten sein Schwiegervater, Herr Untersuchungsrichter Brixius, erteilen. Eine landläufige Ableugnung würde, was diesen Punkt anbelangt, dem Herrn darum nichts nützen, weil er erforderlichen Falles unter Beweis gestellt werden wird. Herr Brixius selbst ist, wie ganz Cleve weiß, ein Magistrat in sehr vorgeschrittenem Alter. Ohne ihm irgendwie nahe treten zu wollen, darf behauptet werden, daß er offenbar seiner Stellung nicht mehr gewachsen ist. In den ihm nahestehenden gerichtlichen Kreisen zirkuliert über ihn sogar ein sathrisches Epitethon ornans, welches diese Thatsachen in etwas drastischer Form wiederspiegelt. Wie konnte man diesem alten Herrn überhaupt eine so schwierige Angelegenheit zur Abwickelung überlassen? Sollte das Verfahren wirklich wieder aufgenommen werden, so kann das Justiz-Ministerium gar nicht dringend genug ersucht werden, dasselbe diesmal einer ungleich bewährteren und mehr erfahrenen Kraft in die Hände zu legen. – Was andererseits den ersten Staatsanwalt Baumgardt angeht, so hat sich derselbe eben, wie bereits genügend nachgewiesen, von vornherein auf die gröblichste Weise verrannt. Ein öffentlicher Ankläger, welcher erst acht Tage (!) nach einem solchen grausigen Mord auf der Bildfläche erscheint, welcher unter Außerachtlassung der aller-elementarsten kriminalistischen Pflichten – von Anfang nur mit augenscheinlichem Widerstreben eingegriffen – welcher, anstatt, wie es doch seine Schuldigkeit war, die einwandfreien Belastungszeugen zu unterstützen, sein Bedenken trug, dieselben vielmehr durch ein barsches Wesen zu entmutigen, – ein solcher Ankläger ist sicherlich nicht die geeignete Persönlichkeit, um im vorliegenden Falle klaren Tisch zu schaffen. Herr Baumgardt hat es auch fertig gebracht, auf die Entdeckung des feigen Thäters in befremdlicher Einschränkung eine Belohnung bis (!) zwölfhundert Mark auszuschreiben, wodurch die öffentliche Meinung naturgemäß vor den Kopf gestoßen wurde. Oder sollte er sich dabei über den Unterschied von „von und bis“ nicht genügend klar geworden sein? Er verfolgte auch steckbrieflich den Vagabonden Matje Degen, mit dem Vermerk, derselbe sei aus Mayen gebürtig, obwohl derselbe dort nachweislich nicht zu Hause ist! Auch hat Herr Baumgardt es garnicht verstanden, die juristische Seite des Falles Buschoff zu erfassen. Wie wollte er nun später, falls er zur Verhandlung gekommen wäre, die Anklage vertreten, wo er sich den Zeugen gegenüber in ein fast feindliches Verhältnis verrannt hat? Und glaubte er die schwer beunruhigte öffentliche Meinung etwa dadurch zu beschwichtigen, daß er sich zuerst der Verfolgung Buschoffs mit allen Kräften widersetzte, ihn dann in Cleve im Gefängnis von den dortigen Juden koscher füttern ließ, um ihn schließlich unter Umgehung eines Gerichtsbeschlusses, unter Verwerfung des erdrückenden Belastungsmaterials, mit dem Kollegen Brixius in allen Ehren wieder auf freien Fuß zu setzen. Herr Baumgardt scheint sich als Gatte seiner jungen Frau in Cleve besser zu gefallen, wie hier auf dem Thatorte, denn so oft er auch hier gewesen, hat er beweisbar stets eine befremdliche Eilfertigkeit bei der Rückreise herausgekehrt. – Und wo treibt sich jetzt Buschoff mit seiner Familie herum? Nach seiner Freilassung ist er nach Xanten überhaupt nicht mehr zurückgekehrt, sondern in Begleitung mehrerer fremder Juden aus Berlin und Frankfurt in der Richtung Köln fortgereist. Es ist billig zu bezweifeln, daß man den sauberen Vogel wieder einfangen wird!“

Der hier erscheinende, soeben zur Ausgabe gelangte „Bote“ schreibt:

Xanten, 22. Januar. In den letzten Tagen hat der Untersuchungsrichter Herr Landsgerichtsrat Brixius aus Cleve in Sachen des hiesigen Knabenmordes das Zeugenverhör hier an Ort und Stelle von neuem aufgenommen. Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir diese Wiederaufnahme des Verfahrens als Folge der neulichen Anwesenheit des Kommissars des Justizministeriums ansehen. Außerordentlich hat es hier überrascht, ja die Bevölkerung erregt, daß der Herr Untersuchungsrichter am ersten Tage außer dem Herrn Bürgermeister Schleß auch – – – den Synagogenvorsteher A. Oster (!!!) zugezogen hatte. Beim Betreten der Küpper’schen Behausung ließ der Eigentümer Herr K. ersuchen, Herr Oster möge seine Besitzung verlassen. Dagegen protestierte aber energisch der Untersuchungsrichter, und der Synagogenvorsteher blieb. Unser Herr Bürgermeister hat kein Hehl daraus gemacht, wie auch ihn die Hinzuziehung des obengenannten Herrn frappiert hat. Wir berichten diese Thatsache, wie sie uns aus der sichersten Quelle zugegangen ist. Wir würden die Wirkung derselben nur abschwächen, wollten wir derselben eine Kritik beifügen.“

Nach meiner eigenen Information darf ich die Richtigkeit dieser Meldung in allen Punkten bestätigen. Das genannte Lokalblatt hat in der Behandlung des Falles Buschoff stets und immer die allergrößte Vorsicht beobachtet und lediglich darüber solche Mitteilungen gebracht, welche seinem angesehenen geistlichen Herausgeber unzweifelhaft vorher auslänglich verbürgt worden waren. Um so schärfer aber muß es in der öffentlichen Meinung wirken, wenn derselbe nunmehr über das Vorgehen des Untersuchungsrichters Brixius ebenfalls die Geduld verliert. Es fragt sich jetzt, in welcher Eigenschaft letzterer den Synagogenvorsteher Oster herzugezogen hat? Unmöglich doch als Sachverständigen, welcher ihm etwa hätte gewisse technische Kniffe beim Schächten vordemonstrieren sollen; und noch viel weniger als Zeugen, denn bis jetzt ist von diesem Herrn in dem Prozeß nur insoweit die Rede gewesen, als derselbe im Bunde mit den Rabbinern in Crefeld, Berlin und Frankfurt a./M. die krampfhaftesten Anstrengungen gemacht hat, um den ihm eng befreundeten Schächter Buschoff dem Arm der Kriminaljustiz zu entreißen. Oster hat offenbar an dessen Freisprechung das allergrößte Interesse. Er war es, der sofort dafür sorgte, daß dem mitverdächtigen Vagabonden Matje Degen und später der Familie Buschoff nur ja koscheres Essen ins Gefängnis geschickt wurde. Er war es ferner, welcher der Reihe nach hier verschiedene angesehene Christen der grausigen That mündlich und schriftlich verdächtigt hat, offenbar in der Absicht, Buschoff um jeden Preis dadurch den Rücken zu decken. Und derselbe Synagogenvorsteher wird jetzt durch den Untersuchungsrichter mit einer Einladung beehrt, um auf dem Thatorte dessen Amtshandlungen beizuwohnen!!!! Das geht doch in der That über den Rahmen der strafprozessualischen Bestimmungen hinaus! Also man gestattet einem bei der Freisprechung zunächst interessierten Juden, gegen welchen sich sogar einstimmig das Verdikt der öffentlichen Meinung mit richtet, unbefugten Einblick in richterliche Amtshandlungen und bedroht den Zeugen Stadtrat pp. Küppers mit Maßregelung, falls er ersteren innerhalb seiner vier Pfähle nicht dulden will! Es wird Sache des „Reichs-Anzeigers“ sein, unsere schwer beunruhigte rheinische Bevölkerung auch über dieses konfuse Rätsel aufzuklären. Dem Herrn Bürgermeister Schleß aber gereicht es zur Ehre, daß er, als er über diesen befremdlichen Schritt mit seinem Erstaunen nicht zurückhielt, sich gewissermaßen mit der öffentlichen Meinung hier identifizierte. Was man hier über diese Einladung selbst von den ruhigsten Bürgern hört, entzieht sich der Wiedergabe.

Nach Lage der Sache sollte man fast annehmen, Herr Brixius habe Oster als Mitangeschuldigten geladen. Thatsächlich haben verschiedene Zeugen von Anfang an behauptet, die Juden hätten bereits mehrere Tage vor der Schächtung des Christenkindes in sehr verdächtiger Weise nachts heimliche Zusammenkünfte gehabt, in der Behausung Buschoffs miteinander getuschelt und dadurch den Eindruck hervorgerufen, als wären alle bei dem Frevel beteiligt gewesen. Ein glaubwürdiger Zeuge hat seinerzeit sogar auf dem Bürgermeisteramt zur Anzeige gebracht, er habe bestimmte hiesige Juden nach dem Morde belauscht und gehört, wie sie miteinander darüber sprachen, daß gegen Buschoff nichts herauskommen dürfe! Es ergiebt sich daraus, daß der inquirierende Richter sicherlich keinen Grund hat, gerade den Synagogenvorsteher quasi als diensteifrigen Famulus heranzuziehen. Nach einem so gearteten Vorgehen wird man sich kaum noch darüber wundern dürfen, wenn Herr Brixius es am Ende doch noch fertig bringt, nach dem Skurzer Muster irgend einen Katholiken an Stelle Buschoffs auf den Turm zu schicken. Es haben sich ja im Laufe der Voruntersuchung schon die wundersamsten Ueberraschungen abgespielt. Warum sollte man uns also den salto mortale einer Christenverhaftung als wirksamsten Blitzableiter ersparen? Es genügt hier der Hinweis, auf die Zeugin Kernder, welche, obwohl unbescholten, mit den Ihrigen zu längerer Haft und Geldbuße verurteilt wurde, weil sie es nicht dulden wollte, daß die jüdische Schächterfrau Bruckmann ihren Sohn, welcher „Hep“ gerufen haben soll, thätlich erheblich mißhandelte. Die Jüdin hatte denselben abgeohrfeigt und hatte dafür auf der Stelle eine Tracht Prügel erhalten. Und trotz dieser groben Provokation seitens des Judenweibes erhielt die Katholikin Kernder (eine Belastungszeugin wider Buschoff) für diese thätliche Abstrafung sechs Wochen Gefängnis und die übrigen Beteiligten je 50 Mark Buße – und das von demselben Gericht in Kleve, das im Falle Buschoff vor Zärtlichkeit gegen die Juden geradezu trieft. Es spricht für die allgemeine Beurteilung dieses Prozesses, wenn viele angesehene Xantener Bürger sich für Frau Krernder mit einer Petition um Straferlaß höheren Orts verwandt haben. Man gewann durch das drakonische Urteil hier eben die Überzeugung, daß die Frau sicherlich besser fortgekommen wäre, wenn sie und ihr Sohn vorher den Schächter Buschoff nicht belastet hätten.

Nachschrift: Oster hatte gleich zu Anfang unterstellt, das Kind hätte sich beim „Fallen“ (!) an der Mannmühle (Kornreinigungsmaschine) oder vielleicht an einer Sense den Hals abgeschnitten! Und als dieser Einwand nicht zog, sollten es die eigenen Eltern gewesen sein, weil sie … zu viele Kinder hätten! Grade diese infame Verleumdung, die von uns, dem „Boten“ und der „Germania“ gebührend gebrandmarkt worden ist, ist auf den Synagogen-Vorstand zurückzuführen. Später wurden von derselben Seite mehrere andere Bürger verdächtigt. Herr Brixius hat sich somit einen trefflichen Famulus ausgesucht.

Wir haben die Spuren der geheimen Ränke – vorläufig nur andeutungsweise – bis hierher verfolgt. Nun wischen wir erst einmal die Feder ab und schöpfen Atem. Von allen diesen mysteriösen Vorgängen hat das deutsche Publikum so gut wie nichts erfahren, denn sämtliche Zeitungen, die direkt oder indirekt mit dem Judentum etwas zu schaffen hatten, schwiegen, gleichsam auf Kommando, mäuschenstill. Als in Bochum seiner Zeit der Baare-Skandal entdeckt wurde, geriet die ganze liberale und radikale Presse vor sittlicher Entrüstung fast außer sich, und monatelang konnte man Artikel über die Steuerhinterziehung, das Stempelfälschen und Schienenflicken lesen. Hier im Xantener Fall aber blieb alles ruhig. Und das nennt sich dann eine objektive Berichterstattung! In Bochum handelte es sich eben bloß um einen Christen; der Schächter Buschoff in Xanten aber ist ein Jude! Darin liegt der Unterschied. – Daß die Sache für Israel übrigens nicht günstig auszulaufen drohte, konnte der Eingeweihte schon aus diesem kleinlauten, ganz unjüdisch bescheidenen Auftreten der Judenpresse entnehmen. Hätten die Juden nur ein wenig Oberwasser gehabt, so hätten wir sehen mögen, wie das Weltblatt des Herrn Mosse, das „Berliner Tageblatt“ den Mund aufgerissen und die Gegner mit Invektiven aller Art überschüttet haben würde. Nichts davon. Und so war es auf der ganzen Linie. Israel fühlte offenbar, es sei etwas faul im Staate Dänemark.

Man kann es den Sozialdemokraten sonst nicht abstreiten, daß sie mit Geschick die gesellschaftlichen Mißstände für ihre Zwecke auszubeuten verstehen. Aber im Xantener Fall hatte auch die Sozialdemokraten der gewohnte Scharfblick völlig verlassen. Sie sahen, genau wie die liberalen Zeitungen, den Wald vor lauter Bäumen nicht. Böse Zungen werden freilich behaupten, daß die sozialistischen Blätter den Judenwald nicht hätten sehen dürfen, weil die Juden auch in der Sozialdemokratie mehr als zu Hause seien. Indessen wollen wir das dahingestellt sein lassen. Thatsache ist unzweifelhaft, daß der „Vorwärts“, das sozialistische Zentralorgan, im Sommer 1891 den Manché-Skandal nach dem Ahlwardt’schen Buch rückhaltslos an den Pranger genagelt hat, und daß mehrfach Aussprüche im „Vorwärts“ zu finden gewesen sind, welche eine Allianz mit dem Judentum energisch leugnen.

Wir drucken einen derselben hier ab; er lautet:

Und was für eine verschrobene Auffassung, die uns eine besondere Vorliebe für das Judentum andichtet! Das richtige ist: die Sozialdemokratie ist nicht antisemitisch, sie treibt aber auch keinen Philosemitismus. Das kapitalistische Judentum, mag es an der Börse oder im Großhandel, in der großgewerblichen Ausbeutung, in der Politik oder in der Litteratur sich breit machen, ist für uns nicht reizvoller, als das unbeschnittene Großkapital und seine Vertretung. Ob Bleichröder oder Hansemann, ob Gerson oder Hertzog, ob Rothschild oder Stumm, ob Levysohn oder Pindter, ob Bamberger oder Kardorff, alle diese Repräsentanten der herrschenden Klassen finden als solche bei uns die gleiche Kritik, die gleiche Beurteilung, die gleiche Bewertung.

Dieser Standpunkt hat viel für sich, nur müßte er auch innegehalten werden. Daran hat es bisher aber recht gefehlt. Die Sozialdemokratie zog wohl gegen das Junkertum und das Pfaffentum mit scharfen Waffen zu Felde; allein das liebe Judentum wurde stets mit Glaceehandschuhen angefaßt; dessen offenbare Schurkereien wurden kaum erwähnt, während kein Wort kräftig genug schien, den Antisemitismus als eine Abscheulichkeit zu brandmarken. Gerechtigkeit nach allen Seiten hin! Gut, dann können und dürfen die Sozialdemokraten auch nicht das Judentum als den riesigsten Bedrückungs- und Ausbeutungsfaktor ignorieren. Sie wissen ja ebenfalls, was mit den Juden los ist. Unterm Strich schrieb am 26. Novbr. 1891 der „Vorwärts“ in einem Roman:

– Das wird Euch lehren, sagte Marche-Seul kalt, mit ironischem Lächeln, vor die Hotels dieser jüdischen Diebe, welche sich Rothschilds nennen, Schildwachen zu stellen, statt sie aufzuhängen; es wird Euch lehren, die Börsenfixer zu achten, statt sie niederzukartätschen, denn – fügte er hinzu, man wäre sicher, nicht einen einzigen anständigen Mann zu töten, indem man auf gut Glück mitten in den Haufen hineinschießt.

Doch brechen wir davon ab. Im Xantener Fall ist die Hauptsache nicht der Ritualmord; es handelt sich auch nicht so darum, daß ein Jude der Thäter gewesen sein wird; der Fall hat vielmehr einen sehr ernsten sozial-politischen Hintergrund. Es handelt sich darum, ob die Geldmacht (repräsentiert durch das Judentum) auf geheimen Wegen die Untersuchung beeinflussen darf. Und hierzu sollte eine so antikapitalistische Partei, wie die Sozialdemokratie, am allerwenigsten Schweigen können.

Leider haben sich in dieser Diskussion nicht alle katholischen Organe so legal und mannhaft benommen, wie die „Germania“, die „Deutsche Reichsztg.“, der „Xantener Bote“ etc. Das gilt hauptsächlich von der „Köln. Volkszeitung“, welche Israel gegenüber zu allen Zeiten ihres Bestehens eine befremdliche Rücksicht und Zärtlichkeit an den Tag gelegt hat. Dieselbe bemerkte noch am 25. Januar ausweichend zu den entschiedenen Verwahrungen der „Germania“, des „Boten“ etc.:

„So weit das Xantener Blatt. Aus der Lesung desselben und andern Anzeichen erhält man den Eindruck, daß in Xanten ein gewisses Mißtrauen gegen die bei der Untersuchung zunächst beteiligten Behörden besteht, und zum anderen, daß die öffentliche Meinung an Ort und Stelle den Schlächter Buschoff nahezu allgemein für den Thäter hält. Das erwähnte Mißtrauen ist bedauerlich; eine ausreichende Unterlage scheint uns dasselbe nicht zu haben. Was sollte die Staatsanwaltschaft und die beteiligten richterlichen Behörden bestimmen, in dieser grausigen Sache nicht mit aller Gewissenhaftigkeit nach dem Schuldigen zu suchen? Die Volksstimme ist noch kein juristischer Beweis, und ohne einen solchen läßt sich nichts machen. Nach unsern Erkundigungen liegt die Sache so: irgend eine andere Thäterschaft als die des Schlächters Buschoff kommt nach dem bisherigen Verlauf der Untersuchung nicht in Frage. Gegen Buschoff liegen Indizien vor, welche ja auch die zeitweise Verhaftung desselben veranlaßt haben, aber diese Indizien scheinen nicht stark genug zu sein, um ein gerichtliches Vorgehen zu ermöglichen. Man kann nur wünschen, daß die Wiederaufnahme der Untersuchung zu einem sichern Ergebnis oder wenigstens zu einer gewissen Beruhigung der öffentlichen Meinung führen werde.“

Fürwahr es hieße Zeit und Papier verthun, wollte man solchen haltlosen Erwägungen eine Widerlegung widmen. Man merkt eben aus jedem Wort die Absicht heraus, den bedrohten Juden als Schildhalter zu dienen und die vorgebrachten Thatsachen auf den Kopf zu stellen. Also die „Wiederaufnahme der Untersuchung“ durch Herrn Brixius sollte an sich schon hinreichen, in der öffentlichen Meinung eine gewisse Beruhigung herbeizuführen? Mit Recht benutzt die „Neue Deutsche Ztg.“ diesen Umstand zu folgender treffender Apostrophierung des Justizministers:

„Wie wir in parlamentarischen Kreisen zuverlässig erfahren, werden die Abgeordneten Fritzen und Stöcker in Sachen Buschoff die Staatsregierung bei der Besprechung des Justizetats interpellieren. Auf die Antwort des Justizministers ist man hier aus naheliegenden Gründen sehr gespannt. Herr von Schelling weiß nur zu gut, daß man sich im Centrum und bei den Konservativen durch eine oberflächliche, ausweichende Erklärung nicht abfertigen lassen wird. Daß es ihm jetzt, nachdem 4 Wochen über Buschoffs unerklärliche Enthaftung verflossen sind, noch immer an einem annehmbaren Abwehrmaterial fehlt, erhellt am besten aus der andauernden Schweigsamkeit des „Reichsanzeigers“! Inzwischen fragt man sich hier, weshalb der Herr Minister das amtliche Gutachten verschweigt, das der Geheime Justizrat Biersch aus Cleve mitgebracht hat? Auch kann es niemand verstehen, daß er gegen den Untersuchungsrichter Brixius, nachdem dieser den Synagogenvorsteher Oster, in Widerspruch mit der Strafprozeßordnung, zu den nachträglichen Vernehmungen herangezogen hat, nicht in entsprechender Weise vorgeht? Der Umstand, daß der Schwiegersohn des inquirierenden Richters hauptsächlich bei der Verteidigung des angeschuldigten Schächters mitgearbeitet hat, hätte ein solches Einschreiten doch hinlänglich begründet.“

Weil eben neben Buschoff irgend eine andere Thäterschaft – wie die „K. Volkszeitung“ sich ausdrückt – nicht in Frage kommt, konzentriert sich auf seine Person die ganze erdrückende Belastung. Um so mehr gehört er vor die Geschworenen, die allein maßgebenden Richter. Es kann somit von einem unhaltbaren Indizienbeweise gar keine Rede sein. Liegt doch zunächst das eidlich bereits erhärtete Zeugnis des etc. Mölders vor, garnicht zu reden von den zahlreichen übrigen Zeugen, die man leider – Gott weiß, warum, nicht einmal vereidigt hat! Auf so beschaffene Belastungen hin werden, wenn es mit rechten Dingen zugeht, hundert Angeklagte in neunundneunzig Fällen unzweifelhaft auf das Schaffot oder ins Zuchthaus geschickt werden. Überdies ist mit dem hier vorgebrachten Material der Schuldbeweis wider Wolf Buschoff keineswegs schon ganz erschöpft. Als er am Mordtage dem in Luttingen, einem bei Xanten gelegenen Dorfe, wohnenden Besitzer Brants gegen 11 Uhr mittags an der Ecke der Kirch- und Clever Straße zufällig begegnete, rief ihm dieser als guter Bekannter einen freundlichen Gruß zu. Der Schächter blieb jedoch sichtlich verwirrt stehen, sah sich scheu um und machte sich, wie von Furien gehetzt, davon. Zeuge Brants hat, wie vier Zeugen das bekunden, am Mittagstisch, bei sich – als er also von dem erst am Abend um 6 entdeckten Morde keinerlei Ahnung haben konnte – beiläufig gesagt: „Dem Buschoff muß heute etwas passiert sein oder er ist verrückt…“

Der Volksmund behauptet übrigens, Buschoffs Vater hätte vor vielen Jahren ebenfalls bei der Tötung eines Christenkindes die Hand mit im Spiele gehabt. Es sind bei Xanten thatsächlich mehrfach Christenkinder auf geheimnisvolle, unerklärliche Weise verschwunden. Der „Berliner Lokal-Anzeiger“ berichtet:

„Der Xantener Knabenmord erinnert an einen gleichen Knabenmord, der in der Mitte der dreißiger Jahre in Düsseldorf vorgekommen ist. Damals befand sich die Scheibenbahn der Soldaten am Napoleonsberg und erstreckte sich sich von dort in gerader Linie bis zum Rhein. Die Bahn war etwa 15 Fuß tief eingegraben, die Treff-Entfernung betrug 150 Schritte – für ein Steinschloßgewehr eine sehr bedeutende. Seitwärts der Scheibe befand sich ein gemauertes Verließ für den Anzeiger der Schüsse. In diesem Verließ fand man einen hübschen Knaben von acht Jahren, dem das Blut bis zum letzten Tropfen entzogen worden war. Der Knabe war ein Sohn des Wechsel-Kassierers des Bankhauses Cleff. Alle noch so sorgfältig angestellten Untersuchungen blieben erfolglos, und bis heute ist die Schuld an der Mordthat nicht aufgedeckt.“

Wer mag wissen, inwieweit auch dabei die Juden die Finger mit im Spiele gehabt haben?

Nunmehr bleibt noch die Frage: ob einfacher Mord, oder ob Ritualverbrechen? zu erörtern. Daß die fanatischen Juden thatsächlich Christenblut für Geheimzwecke benutzen, ergiebt sich aus den hunderten von Prozessen aller Zeiten, in denen Juden deswegen rechtskräftig verurteilt worden sind. Die Kgl. Leipziger Zeitung brachte unlängst darüber diese aktuelle Mitteilung:

Ohne in den Kampf, der im „Sprechsaal“ über die außerbiblische Litteratur der Juden entbrannt ist, eintreten zu wollen, erzähle ich folgendes Erlebnis. Als ich noch Pfarrer im Rhöngebirge war, wo es bekanntlich sehr viele Juden giebt, trat ein von mir konfirmiertes Mädchen J. Voigt bei einem jüdischen Schnittwarenhändler G. in K. in Dienst. Ich habe denselben, da ich oft in G. verkehrte, wohl gekannt: er machte durchaus den Eindruck eines achtbaren, ziemlich gebildeten, über jeden rohen Aberglauben erhabenen Mannes. Als ich jenes Mädchen J. Voigt einst mit verbundener Hand gesehen hatte, fragte ich nach einigen Tagen die Mutter, welche ich zufällig traf, warum ihre Tochter die Hand verbunden trage. Dieselbe erzählte mir darauf: Da Frau G., die Dienstherrin meiner Tochter, kränklich ist, sollte meine Tochter den Teig zu den Mazzen (den Osterkuchen der Juden) machen, was sie auch that. Dabei „narrierte“ G., der Dienstherr, fortwährend um meine Tochter herum. Als diese dann ihn mit der Hand abwehrte, verletzte sie sich an einem Federmesser, das G. in der Hand verborgen hielt. Sie wollte sogleich das Teigmachen unterlassen und hinausgehen, um das Blut zu stillen; aber Herr G. und auch seine Frau sagten, das thue nichts, sie solle nur ruhig mit der blutenden Hand den Teig fertig machen, ja sie zwangen sie fast dazu. Dieser Erzählung setzte die Mutter des Mädchens noch die Frage bei: ob die Juden dabei irgend ein „Aber“ d. h. einen Aberglauben haben? Ich hatte damals so wenig, als Frau B., von der Blutbeschuldigung gegen die Juden etwas gehört, ich war damals und bin heute noch jedem Religions- und Rassenhasse gegen unsere jüdischen Mitbürger durchaus abgeneigt. Aber des Eindrucks kann ich mich doch nicht erwehren: wenn eine wohlsituierte, ziemlich gebildete Judenfamilie ein „Aber“ dabei hat, das Blut eines 15jährigen christlichen Mädchens mit dem Mazzenteige zu vermengen, so läßt sich nicht absehen, wessen man sich von der fanatischen, rohen Judenbevölkerung in Galizien, Polen etc. zu versehen hat, welche nicht, wie jene Familie, unter dem unbewußt erziehenden und läuternden Einflusse christlicher Ideen steht. – Es mögen doch in gewissen Kreisen der jüdischen Bevölkerung Traditionen noch insgeheim bestehen, welche vielleicht noch in dem Moloch- oder Baalsdienst alter Zeiten wurzeln und sich bei dem außerordentlich zähen Festhalten am Überlieferten bis heute insgeheim erhalten haben. Daß die kranke Frau G. sich so lebhaft dafür interessierte, das Blut des christlichen Mädchens mit dem Mazzenteige zu vermengen, hat die Vermutung in mir erweckt, daß solche Mischung mit dem „besonderen Safte“ vielleicht Heilung von Krankheit wirken solle.

W., 28. Januar. W. K.     

Die katholische Kirche besitzt übrigens zwei Heilige, welche ebenfalls von fanatischen Juden bei lebendigem Leibe geschächtet worden waren. Dementsprechend hat noch vor wenigen Tagen der päpstliche Osservatore darauf hingewiesen, daß der Thatbestand des jüdischen Ritualmordes durch die Civilta Cattolica, die offizielle wissenschaftliche Revue der römischen Kurie, in einer Reihe von Beiträgen dokumentarisch nachgewiesen wurde, – und daß darum gegenteilige Gutachten, wie vom Bischof Dr. Kopp, Prof. Stark und anderen Philosemiten gerade im Vatikan niemals ernst genommen werden konnten. Zu der That ist das Dr. Koppsche Gutachten in der päpstlichen Presse wiederholt Gegenstand heftiger Angriffe gewesen, und zwar wegen seiner in die Augen springenden Unwissenschaftlichkeit. Die Civilta erklärte wiederholt, weder Kopp noch Stark verfügten über eine auslängliche Kenntnis der hebräischen Litteratur und Theologie, um sich über eine solche Streitfrage überhaupt ein Urteil erlauben zu dürfen. Strack wird in dieser autoritativen Widerlegung geradezu wissenschaftlich hingerichtet.

Veranlaßt durch den Xantener Mord hat eine angesehene päpstliche Zeitung die lange Liste der den Juden bewiesenen Schächtungen von Christen neuerdings wieder veröffentlicht und an die freche Fälschung des Sceps’schen Wiener Tageblatts erinnert, das drei Tage vor dem Urteil in Tisza Eßlar – offenbar in der Absicht einer Irreleitung – die Behauptung aufgestellt, das hl. Kollegium, d. h. die Kardinäle hätten in offizieller Sitzung erklärt, die Ritualanschuldigung wäre Blödsinn. Prompt und bündig erwiderte jedoch die offiziöse Papstpresse, daß es sich dabei um eine verwegene Erfindung der Juden handle, und daß das hl. Kollegium im Gegenteil einstimmig von dem Vorkommen solcher jüdischer Ritualmorde fest überzeugt sei. Mehr noch, die Kurie antwortete darauf mit dem Neudruck der Dissertazione apologetica sub marterio del B. Simone da Trento 1747, der Civilta Cattolica-Artikel von 1881/82, der Denkschriften von Morero, Riccio, da Spina, Canisio, welche damals, wie das eine uns vorliegende jüdische Fachzeitschrift festgestellt hat, in einer vatikanischen Druckerei erschienen. Wenig später wurde dann in Prato eine Neuausgabe bewirkt, welche indessen nur zu bald von den Juden aufgekauft und vernichtet wurde.

Der Fall des Rabbinatskandidaten Bernstein, welcher Christenknaben gegen Entgelt Blut abzapfte und sie nachher geschlechtlich mißhandelte, ist, abgesehen von Sturz und Corfu, der jüngste Beweis dafür, daß Christenblut in den jüdischen Geheimgesetzen noch eine Rolle spielt. Was thut es, daß jüdische Irrenärzte den Verurteilten nachher für geisteskrank erklärten? Schneidet sich Sem etwa jemals die eigene Hakennase ab? Wo ganz Israel mit seinen Milliardenschätzen das dringende Interesse hat, solche Vorkommnisse um jeden Preis zu vertuschen, da kann eine Entgleisung des Prozesses gewiß nicht befremden. In der Sturzer Affaire plaidierte Staatsanwalt Schlingmann, Bruder des Redakteurs des R(uben) Moses’schen Berliner Tagesblattes zu gunsten der Synagoge und in Breslau sprangen semitische Psychiatriker auf die Bresche. Man weiß ja, wie es gemacht wird, sobald es gilt, Israel den Rücken zu decken. Eine umfassende Abhandlung über jüdische Ritualverbrechen enthält übrigens das bekannte Kompendium von „Carl Paasch, Eine jüdisch-deutsche Gesandtschaft in China“, aus dem der freundliche Leser sich sicher unterrichten mag.

Nachdem bewiesen worden, daß solche Frevel wirklich vorkommen, fragt es sich, ob Buschoff den Knaben Jean Hegemann, an dessen jugendfrischem Aussehen sich seine Ehefrau vorher wiederholt vor Zeugen geweidet, zu Schächtzwecken ermordet hat? Schon der Stand des Verfassers verhindert in diesem Falle eine abschließende, vielleicht voreilige Entscheidung. Es bleibt jedem Unbefangenen selbst überlassen, sich über diesen Kardinalpunkt ein Urteil zu bilden. Das übrige ist Sache der Geschworenen, vor deren Forum Buschoff gebracht werden muß, falls die Staatsregierung nicht ernsthafte politische Rückschläge hervorrufen will.

Hier spricht kein Politiker, kein Judenfresser, sondern der berufene Anwalt der unglücklichen Mutter des gemordeten Knaben. Weil es sich um arme, aber ehrbare Leute handelt, die nicht in der Lage sind, selbst das Recht in allen Instanzen durchzufechten, gilt es, durch diesen Appell an das öffentliche Gewissen der schlafenden Gerechtigkeit Genüge zu verschaffen. Der Verfasser wendet sich dann an alle Parteien, an alle Leute von Herz, mit der Forderung, dabei mitzuwirken, daß die Geschworenen zwischen Buschoff und dem Sühne heischenden Schatten des getöteten Knaben entscheiden mögen!

Xanten, Ende Januar 1892.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Uberzeugung
  2. Vorlage: am am
  3. Vorlage: Uberzeugung