Vom Cultus der Küche

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Autor: H. Sch.
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Titel: Vom Cultus der Küche
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aus: Die Gartenlaube, Heft 26, S. 428–429
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1873
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Vom Cultus der Küche.


„Gern möchte ich den fünfhundert Bänden meiner sämmtlichen Werke als letzten ein Kochbuch anreihen,“ pflegte Dumas der Vater gelegentlich zu äußern. Daß er ein famoser Esser war, ganz ebenso wie er als Erzähler seines Gleichen suchte, ja, daß er selbst als praktischer Magen- und Tafelphilosoph Erkleckliches leistete; daß er gewissermaßen instinctiv studirte, welche Nahrung höher angelegte Naturen erfordern, und schon in jungen Jahren die Rolle vollkommen begriff, die den Tafelfreuden im menschlichen Leben gebührt – das Alles wußten seine Freunde und Bekannten. Man wußte auch, wie er auf seinen mannigfaltigen Reisen mit Vorliebe die nationale Küche der verschiedenen Länder studirte und ausländische Gerichte in seinem eigenen Hauswesen einzubürgern suchte; trotz alledem hielt man indeß den obenangeführten Wunsch für einen bloßen Scherz des so gern phantasirenden Autors, und bisher hat Niemand nur einen Augenblick geglaubt, der unerschöpfliche Novellist werde seine literarische Wirksamkeit allen Ernstes mit einem Kochbuche abschließen, wenn es auch in Deutschland wiederholt geschehen ist, daß beliebte Schriftsteller, namentlich Novellisten, ihre küchenkünstlerischen Erfahrungen zu dergleichen Productionen beigetragen haben.

Und doch ist Dumas der Große in der That mit einem Werke über die Kochkunst von dem Schauplatz dieser schreibseligen Welt abgetreten: das „Dictionnaire de Cuisine ist es, welches er uns als Vermächtniß seiner rastlosen Feder hinterlassen hat. Zwei Jahre vor seinem Tode, im Sommer 1869, setzte er sich an die Arbeit, und im darauffolgenden März übergab er das vollendete Manuscript seinem Freunde und Verleger Alphonse Lemerre. Da kam der Krieg, bald auch die Belagerung von Paris, und so erklärt es sich, daß die Veröffentlichung des Buches auf sich warten ließ. Jetzt aber liegt das Opus vor uns, ein dickleibiger fünf Pfund schwerer und zwanzig Franken kostender Band, der an einzelnen Stellen wohl die Spuren fremder Hände aufweist, im Ganzen jedoch unverkennbar das Gepräge seines eigentlichen Urhebers trägt und jedenfalls nicht zu dessen schlechtesten Schöpfungen zählt. Man sieht, Dumas beherrscht das Gebiet vollkommen, auf welchem er sich hier bewegt, und ergeht sich darin so recht mit Behagen, während einzelne Geistesblitze und eine Fülle antiquarischer und geschichtlicher Belehrung das Buch auch für Den, der kein fachliches und praktisches Interesse daran nimmt, zu einer fesselnden Lectüre machen. Wenn wir seinen Inhalt deshalb in den nachstehenden Zeilen etwas näher betrachten, so glauben wir der Zustimmung unserer Leser uns versichert halten zu dürfen.

Dumas’ Wahlspruch lautet: „Der Mensch nährt sich nicht von dem, was er genießt, sondern von dem, was er verdaut.“ Von unserer Geburt an stehen wir unter dem Gesetze, täglich wenigstens drei Mal zu essen, damit wir die Kraft wieder ersetzen, die wir durch Arbeit oder, häufiger noch, durch Müßiggang verbrauchen. Welchem Lande und Volke der Mensch angehört, zu welchem religiösen Glauben oder Aberglauben er sich bekennt – Essen und Trinken bildet eine Hauptsorge für die civilisirte wie für die uncivilisirte Menschheit. Einzig und allein der gänzlich Wilde ißt aus reinem Hunger; der höher oder geringer civilisirte Mensch ist überall mehr oder weniger Feinschmecker.

Für den civilisirten Menschen aber ist Dumas’ Werk geschrieben; seinen Appetit soll es reizen und leiten. Der Appetit, dieses Kennzeichen der Cultur, ist, nach unserm Verfasser, dreierlei Art. Da haben wir den Appetit, den man nach längerem Fasten empfindet; er ist nicht wählerisch; jede Speisekarte hat seinen Beifall, ja, im Nothfalle macht er wohl keinen Unterschied zwischen einem Bissen rohen Fleisches und einem getrüffelten Fasan. Nach ihm kommt jener Appetit, der sich einstellt, wenn wir uns, ohne gerade hungrig zu sein, an eine wohlbestellte Tafel setzen; es ist derselbe, dem das französische Sprüchwort seine Entstehung verdankt „L’appétit vient en mangeant.“ Eine dritte Art von Appetit pflegt sich einzustellen, wenn etwa am Schlusse eines verschwenderischen Mahles, wo man sich bereits mehr als gesättigt und das Bedürfniß fühlt, vom Tische aufzustehen, als Ueberraschung noch eine besonders leckere Schüssel erscheint, deren Versuchung der feinere Gaumen nicht zu widerstehen vermag.

In den geringeren Speisehäusern und kleinen Gasthöfen Englands herrscht bekanntlich noch heute der Brauch, sich des Tischtuches als Serviette zu bedienen, eine Sitte, welche bei uns selbst in den Dorfschenken mehr und mehr außer Cours kommt. Im Alterthum war der Luxus einer Serviette Jahrhunderte hindurch eine ungeahnte Behaglichkeit; erst die späteren Griechen fügten dieses Raffinement ihren üppigen Tafelgenüssen hinzu, doch so, daß jeder der zu einem Gelage eingeladenen Gäste sich seine eigene Serviette mitbrachte, von denen manche über und über mit Gold bestickt war. Bei den Römern hatte man selbst unter den Kaisern im Allgemeinen noch keine Servietten; Alexander Severus betrachtete es als sein fürstliches Vorrecht, sich zu seinem ausschließlichen Gebrauche kleine Tücher von gestreifter Leinwand weben zu lassen, mit denen ihm eigens dazu angestellte Sclaven während der Mahlzeit die Hände reinigen mußten.

Welche Seltenheit vor der Entdeckung Amerikas durch Columbus und vor der Auffindung des Seewegs nach Ostindien durch Vasco de Gama die Gewürze ausmachten, wissen unsere Leser. Noch im dreizehnten Jahrhundert galten sie für eine so kostspielige Rarität, daß, als der Abt von Saint Gilles in Languedoc dem König Ludwig ein sehr dringendes Anliegen vorzutragen hatte, er sein Gesuch nicht besser unterstützen zu können glaubte, als durch Ueberreichung eines Bündels von Zimmt und Muscatnüssen. Nannte man doch die damals üblichen Geschenke an richterliche Beamte kurzweg „Epices“, und selbst heute ist dieses Wort in Frankreich noch nicht völlig außer Gebrauch gekommen. Der Pfeffer bildet erst seit etwa hundert und zwanzig Jahren im europäischen Abendlande einen gewöhnlichen Bestandtheil unserer Tafelausstattung. Vorher wurde er buchstäblich mit Gold aufgewogen. Specereihändler, welche das Glück gehabt hatten, einige Unzen davon zu erlangen, setzten mit nicht geringem Stolze auf ihr Ladenschild: „Epicier et Poivrier“ (Würzkrämer und Pfefferhändler).

Dumas neigt der Ansicht zu, daß die Gewürze als Reizmittel auf den menschlichen Geist einwirken, und meint allen Ernstes, Ariost, Tasso, Boccaccio, Titian und andere Herrscher im Reiche der Kunst und Poesie haben durch stark gewürzte Speisen ihre Phantasie zu befeuern gesucht. Gewiß sei, daß Leonardo da Vinci, Tintoretto, Paul Veronese, Guido Reni, Rafael etc. sich als Feinschmecker hervorgethan haben.

Zu Anfang des sechszehnten Jahrhunderts, unter Ludwig dem Zwölften und Franz dem Ersten, hielt man, wie auch bei uns in Deutschland, seine Hauptmahlzeit um zehn Uhr Morgens und nahm um vier Uhr Nachmittags das Abendbrod ein. Hundert Jahre danach waren beide Mahlzeiten schon auf spätere Stunden verlegt; man dinirte um Mittag und soupirte um sieben Uhr Abends, wie dies in ehrsamen deutschen Bürgerhäusern noch heute der Fall zu sein pflegt. In vornehmen Familien verkündete meist ein Hornsignal den Beginn der jedesmaligen Mahlzeit. Daher der Ausdruck „Corner le dîner“, dem wir in älteren französischen Schriften begegnen. An einigen deutschen Fürstenhöfen wird noch heutigen Tags zum Diner „geblasen“, und es existiren mehrere Residenzen, wo zu diesem Behufe ein eigener „Hoftrompeter“ angestellt ist und entsprechend besoldet wird.

Den ersten Restaurant in Paris errichtete ein gewisser Boulanger in der Rue des Poulies um die Mitte des vorigen Jahrhunderts. Ueber seiner Thür prangte die Inschrift: „Kommt Alle her, die Ihr kranken Magens seid, und ich werde Euch wieder herstellen!“ Die Erfindung der Restauration bezeichnet in Wahrheit einen großen Culturfortschritt. Die wenigen Gasthöfe, welche damals sogenannte Tables d’hôte hielten, verabreichten an Speisen nur das durchaus Nothwendige, um Leib und Seele nicht verkommen zu lassen; die Traiteurs oder Garköche aber verkauften blos ganze Kalbsschlegel oder Rinder- und Hammelkeulen. Der Gedanke jenes Boulanger, eine Anstalt in’s Leben zu rufen, wo man sich mit einem Freunde gütlich thun konnte, ohne einen ganzen Truthahn oder ein völliges Lendenstück zahlen zu müssen, war also genial, neu der Grundsatz [429] der Arbeitstheilung, auf die Thätigkeit von Zunge und Magen übertragen, geistreich die Idee, daß, während der eine Gast sich am Flügel des Capaunen labte, der andere seinen Appetit am Schenkel des Vogels befriedigen konnte. Als Vater des Restaurants, dieser Unentbehrlichkeit des modernen Lebens, zählt Boulanger somit zweifelsohne zu den vornehmsten Wohlthätern der Menschheit.

Die erste Revolution, die sonst so ziemlich alles Bestehende über den Haufen warf, wurde dem Restaurant zur mächtigsten Förderin. Die hochadeligen Herren hatten entweder auf dem Schaffote geendet oder lebten als Flüchtlinge im Exile. Was sollten jetzt ihre Köche und Haushofmeister anfangen, wenn diese nicht die Zeit begriffen hätten? Durch den Verlust ihrer Stellen plötzlich Demokraten und Menschenfreunde geworden, hatten sie nichts Eiligeres zu thun, als ihre Talente dem allgemeinen Besten zu widmen und Speisehäuser und Wirthstische für den „dritten Stand“ zu etabliren. Der Aristokrat saß ihnen dabei jedoch immer im Nacken. Nachdem im Jahre 1814 die Bourbonen wieder ihren Einzug in die Tuilerien gehalten hatten, schritt der bekannte Restaurateur Beauvilliers, eine Berühmtheit jener Tage, durch seine Speisesäle im Hofkleide und mit dem Degen an der Seite. Gegenwärtig besitzt keine Stadt der Erde so viele Restaurants wie Paris; nach ihm kommt San Francisco in Californien; erst in dritter Reihe stehen die großen Städte Chinas.

Aus dem bisher Mitgetheilten erhellt zur Genüge, daß Dumas kein eigentliches Kochbuch schreiben wollte; die Idee, welche ihm vorschwebte, war anderer Art und schwieriger auszuführen. Er gedachte der Menschheit ein Werk zu hinterlassen, das nicht nur dem praktischen Kochkünstler bei seinen verschiedenen technischen Proceduren zum Leitfaden dienen sollte, sondern das auch der gebildete Mann mit Interesse und Vergnügen lesen könnte, wie man sich in müßigen Stunden gern an einem leichten Geplauder auch über uns fernliegende Gegenstände ergötzt. Vor allen Dingen aber trug er eine Reform der Kochkunst im Herzen; sein Zweck ging dahin, eine gewissermaßen kosmopolitische Küche zu schaffen, die sich das Beste von den Nationalspeisen aller Völker und Länder aneignete.

So ist zum Beispiel in Spanien der Essig ohne jedweden entschiedenen Geschmack, das Oel dagegen meist scharf und ranzig, folglich Salat zu genießen für nichtspanische Gaumen fast eine Unmöglichkeit, obschon die trockene Hitze uns nach einem Mundvoll kühler Speise lechzen läßt. Da war es nun Dumas, der die glorreiche Entdeckung machte, das Oel durch den Dotter roher Eier und den Essig durch Citronensaft zu ersetzen. Diese Mischung, über zarten Lattich oder Rabunzel gegossen, gab zusammen mit Salz und Pfeffer einen vorzüglichen Salat, welchen sein unsterblicher Schöpfer schließlich jedem auf dem in Frankreich gebräuchlichen Wege bereiteten vorzog. Trotz alledem aber, trotz seiner ruhmvollen Erfindung ist Dumas der Ansicht, zu der sich auch Schreiber dieser Zeilen bekennt, daß grüner Salat im Grunde nur eine Verirrung des menschlichen Geschmackes bedeutet; ist er doch lediglich ein Product unserer Ueberfeinerung. Schon der Gedanke, einen wohlgebratenen und mit Rahm angesäuerten Rehrücken, einen saftigen Fasan oder ein gutgeröstetes Birkhuhn mit Salat zu essen, ist eine culinarische Ketzerei und Versündigung. Eine Schüssel verdirbt die andere. Wer echtes Haut-goût-Wildpret anders genießt, als in dem dem Fleische entquellenden Safte, – der hat auch noch nicht einmal das ABC der edlen Kunst ergründet, welche uns lehrt, wie wir uns mit wahrer Weisheit der Freude einer gut besetzten Tafel hingeben.

Noch schlimmer, geradezu eine culinarische Gottlosigkeit ist es, den Salat, dieses Mixtum Compositum, dessen Herstellung eines Arztes, mindestens eines Chemikers bedürfte, von Damenhänden bereiten zu lassen, wie dies leider an unseren feinsten Tafeln mehr und mehr zu geschehen pflegt. Einzig und allein Hausherr oder Hausfrau, vorausgesetzt, daß sie würdig sind, des heiligen Amtes zu warten, sollten sich, nach Dumas’ Meinung, mit der Zurüstung der Salatschüssel befassen, und zwar muß dieselbe eine Stunde vor Tische fertig gemacht, in dieser Zwischenzeit jedoch drei bis vier Mal von Grund aus umgewandt und umgerührt werden. Nur dergestalt erhält man einen Salat, der sich wenigstens nicht unter die höheren Grasgattungen zählen läßt.

Wohl nicht allen unsern Lesern dürfte bekannt sein, daß das Beefsteak – „Bifteck“ hat man es in Paris corrumpirt – das erste Bindemittel wurde zwischen den sich in den ersten Jahrzehnten des laufenden Jahrhunderts als Todfeinde gegenüberstehenden Engländern und Franzosen. Während die Heere der Verbündeten Frankreich besetzt hielten, nach dem Tage von Waterloo, erblickte das Bifteck das Licht der Pariser Sonne. Bis dahin hatte englische und französische Küche eine ganz ebenso weite Kluft geschieden, wie die Politik die beiden Völker, und nicht klein war anfangs der Schrecken, welcher sich der gutfranzösischen Gemüther bemächtigte, als sie gewahrten, wie das fremdländische Gewächs immer weiter und üppiger wucherte auf dem Boden des schönen Frankreich und endlich seinen Platz eroberte in den gefeiertsten Küchen der französischen Hauptstadt.

Noch immer unterscheidet sich das neue Bifteck indeß sehr wesentlich von seinem britischen Urbilde. Franzosen und auch wir Deutsche bereiten Beefsteak aus dem unteren Theile der Ochsenlende; der Brite nimmt dazu das Kreuzstück – Rump nennt er es –, das, so belehrt uns Dumas, jenseits des Canals ein viel zarteres Fleisch liefert als auf dem Continente, weil John Bull seine Rinder besser füttert und frühzeitiger schlachtet als die Franzosen und wir es mit den unsrigen thun.

„Der englische Koch,“ besagt unsere Quelle wörtlich, „schneidet das zum Beefsteak erlesene Fleisch in halbzollstarke Streifen, schlägt diese ein wenig breit und schmort sie in einer eigens zu solchem Behufe construirten eisernen Pfanne an Steinkohlen-, niemals an hellem Holzfeuer. Um nach und nach eine richtige Vorstellung vom echten britischen Rumpsteak zu gewinnen, versäume ich nie, es zu essen, so oft ich nach England komme, und jedes Mal schwelge ich darin mit neuem Vergnügen. Es ist unendlich viel schmackhafter als unser Filet, und wer es in seiner ganzen Vortrefflichkeit kennen lernen will, der muß eine der alten heimeligen Tavernen der Londoner City aufsuchen, wo man es mit Madeirasauce, mit Anschovisbutter oder mit saurer Brunnenkresse anzurichten pflegt. Hauste irgend eine Nation auf dem Erdenrunde, die in das Geheimniß eingeweiht wäre, wie man Pfeffergurken einzumachen hat, dorthin würde ich wandern, wollte ich einmal ein Beefsteak zu mir nehmen, wie es aufgetischt sein soll.“

Das Cotelette erreichte den höchsten Grad seiner Vollkommenheit unter Ludwig dem Achtzehnten, der auf die Zubereitung desselben die größte Kunst verwandte. Seine Cotelettes wurden nicht einfach auf dem Roste gebraten, sondern zwischen zwei anderen Cotelettes geschmort. Eigenhändig legte der Monarch das also kostbar bereitete Gericht auf die Schüssel, um auch nicht ein Atom von Duft und Brühe zu verlieren. Seine Krammetsvögel ließ er sich innerhalb mit Trüffeln gewürzter Rebhühner rösten, und ehe die Speisen auf die königliche Tafel kamen, hatte eine probirende Jury ihr Urtheil darüber zu fällen. Der Bibliothekar des französischen Instituts Petit-Radel fungirte als officieller Pfirsichenkoster und leistete als solcher in der That Unübertreffliches.

Daß Dumas in seinem Dictionnaire seinen persönlichen Neigungen und Abneigungen, seinen Vorurtheilen und Eigenheiten Ausdruck leiht, kann uns nicht Wunder nehmen. So erklärt er, was rheinische Leser sicher nicht begreifen werden, frischen Salm, wie man ihn am Rheine auf den Tisch bringe, für eine abscheuliche Speise. Kopf und Mittelstück des Fisches, meint er – und damit mögen unsere Auszüge aus dem interessanten Buche beschlossen sein –, müßten mit einer Auswahl feiner Gewürze garnirt und das Ganze dann in altem Hochheimer oder Rauenthaler gesotten werden. Die wackeren Rheinländer aber befolgten dieses Recept nimmermehr. Anstatt den Wein in den Fischkessel zu gießen, ließen sie ihn lieber durch ihre Gurgeln laufen – woran sie unserer und vieler Anderer Ansicht nach übrigens vollkommen recht thun.
H. Sch.