Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche/Kapitel VI

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V. Pumphut Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche (1880) von Edmund Veckenstedt
VI. Dr. Faust
VII. Der Markgraf Hans
[91]
VI.
Dr. Faust.

1.

Faust wollte einmal aus Sandkörnern eine Kette machen; als ihm das nicht gelang, beschloss er, sich dem Teufel zu verschreiben, damit ihm dieser zu Diensten sei. Es war aber ausgemacht worden, dass der Vertrag, nach welchem der Teufel den Faust nach einer bestimmten Zeit holen dürfte, nicht gelte, wenn Faust bewirken könne, dass der Teufel erschrecke. Faust war damit zufrieden. Nachdem er oftmals vergeblich den Teufel zu erschrecken versucht hatte, liess er einmal plötzlich eine Klingel vor den Ohren des Teufels ertönen, allein auch hierüber erschrak dieser nicht. Da merkte Faust, dass er dem Teufel nicht entgehen könne.

Der Teufel war auch bereit von seinem Rechte abzustehen, wenn Faust ein Mädchen zum Lachen bringen würde. Faust nahm das Mädchen zu sich und liebte dasselbe. Allein der Teufel versenkte das Mädchen in einen tiefen Schlaf und so merkte es nichts von dem, was mit ihm vorging, also lachte es auch nicht.

Als nun die bestimmte Zeit um war, erschien der Teufel; Faust sass gerade bei Tische und wollte noch einen Tag Urlaub haben, um sich den Tischfreuden hinzugeben, aber der Teufel ergriff ihn und schmiss ihn durch die Wand hindurch, so dass das Blut herumspritzte. Darauf fuhr der Teufel mit Faust ab.

Sylow.     
2.

Doctor Faust hiess einstmals seinen Kutscher anspannen. Als die Pferde vor dem Wagen standen und der Kutscher [92] den Bock bestiegen hatte, hob Faust die Kutsche in die Höhe, ohne dass der Kutscher etwas merkte, und setzte sie auf eine Brücke von Papier. Darauf befahl er dem Kutscher, er solle zufahren. Dieser schwang die Peitsche, um auf die Pferde einzuhauen, allein dieselbe blieb an etwas hängen, so dass er nicht zuschlagen konnte. Sogleich wollte der Kutscher aussteigen und die Peitsche losmachen, allein Faust sagte ihm, er solle nur sitzen bleiben, die Peitsche könne er nicht losmachen; nur mit Mühe war der Kutscher zu bewegen, dem Faust zu gehorchen. Jetzt sprang Faust aus dem Wagen, setzte diesen wieder auf die Erde, hiess den Kutscher die Pferde ausspannen und zeigte ihm nun, dass die Peitsche an der Spitze eines Kirchthurmes hing.

Das Dorf, wo dies geschehen ist, soll davon seinen Namen bekommen haben, denn Peitz soll nach der Peitsche des Kutschers genannt sein.

Ströbitz.     
3.

Bevor der Teufel den Faust abholte, lud dieser seine Freunde noch einmal zu einem grossen Abendessen ein. Als alle beim Schmausen waren, trat der Teufel an die Tafel heran und wollte den Faust holen: dieser aber bat, er möge ihm doch noch eine halbe Stunde Frist gönnen. Indess der Teufel sagte, er habe ihn nun genug gequält und nahm ihn mit. Die Freunde schmausten und tranken noch weiter, bis sie berauscht unter den Tisch sanken. Als sie am andern Morgen erwachten, lagen sie alle auf offenem Felde im tiefsten Schmutz.

Ströbitz.     



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