Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche/Kapitel XII

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XI. Die Anna Subata Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche (1880) von Edmund Veckenstedt
XII. Die Gibańe
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[117]
XII.
Die Gibańe.

1.

Die Gibańe hielt sich auf dem Berge auf, welcher sich nördlich von der Kirche bei Leuthen befindet. Von dort pflegte sie zu den Frauen im Dorfe zu kommen, wenn dieselben Kuchen backten.

Man sagt, sie habe von den Ludki’s hergestammt.

Leuthen.     
2.

Die Gibańe ist eine kleine, weisse Frau. Sie erscheint den Bäuerinnen, wenn dieselben Kuchen backen. Ist sie gut gelaunt, so geräth der Kuchen gut; ist sie aber böse, so geht der Teig nicht auf und der ganze Kuchen missräth.

Leuthen.     
Die Wurlawa.
1.

In alten Zeiten hat es die Wurlawas gegeben. Die sind spät Abends aus dem Walde in das Dorf gekommen und haben dann stets eine Mulde voll Spindeln getragen. Fand nun eine von den Wurlawas nach zehn Uhr eine Bäuerin noch spinnen, so übergab sie derselben die Mulde, mit dem Befehl, sie solle innerhalb einer Stunde die Spindeln einspinnen. Nach einer Stunde kehrte die Wurlawa zurück. Fand sie, dass die Spinnerin ihre Aufgabe nicht gelöst hatte, so musste sie ihr Leben lassen.

Papitz.     
[118]
2.

Zu einer Frau, welche einmal des Abends nach zehn Uhr noch spann, kam die Wurlawa, überreichte ihr eine Mulde voll Spindeln und befahl, sie solle dieselben bespinnen. Als die Wurlawa nach einer Stunde wiederkehrte, fand sie alle Spindeln besponnen, aber so, dass auf jeder Spindel nur ein Faden aufgewickelt war. Die Wurlawa nahm die Spindeln, gerieth aber in einen furchtbaren Zorn und rief wüthend aus: „Der Teufel hat Dir den Verstand gegeben.“ Darauf ist sie verschwunden.

Papitz.     



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