Zedler:Aal

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Aalen

Band: 1 (1732), Spalte: 14–16. (Scan)

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Aal, ist ein Fisch, so seinen lateinischen Nahmen anguilla von anguis haben soll, weil er einer Schlangen nicht ungleich siehet, wannenhero auch Iuvenal, Sat. V. v. 103. ihn longae colubrae cognatam heisset. Er ist etwas länglich rund und nicht gar zu starck, der Kopff ein wenig zugespitzt. In dem Munde siehet man scharffe Zähne, einen weiten Schlund und 2 kleine Floßfedern zunechst an denen Kiefern stehen. Die Haut ist zwar glatt und schlüpffrig, daß man ihn schwerlich halten kan. Doch aber mögen an seiner Haut mit Hülffe der Vergrösserungs-Gläser Schuppen gefunden werden. Auf dem Rücken siehet er dunckelblau oder schwärtzlich, auf dem Bauche weiß und zuweilen gelblich aus. Sein Auffenthalt ist so wohl in starcken als schwachen hellen und trüben Wassern. Die Holländer nennen die, so sich in denen letztern befinden, Aale; die aber in jenen sind, Pealing. An denen südlichen Ufern der Ost-See wird derselbe in grosser Menge gefangen, dahingegen die Donau und die darein fallende Wasser, keine bey sich führen. Die Stärke und [15] Grösse desselben ist unterschiedlich, wie sie denn in Italien im Hertzogthum Ferrara im See-Comachio von dergleichen ausserordentlichen Grösse sind, daß man derselben offt von 20 und mehrern Pfunden fängt. Er nähret sich von Würmern und todten auch lebendigen Fischen, so er auf dem Boden, von welchem er sich selten und nur bey Sturm- und Donner-Wetter erhebet, findet. Wann er Weitzen, Hafer oder Erbsen ohnweit des Ufers mercket, sonderlich da sie noch in der Blüthe sind, tritt er gantz auf das Land hinaus, damit er sich darinnen weiden möge. Die Alten, und unter solchen Aristoteles Hist. Animal. L. VI, c. 16. Plinius Hist. Nat. IX, c. 51. haben geglaubet, es wäre kein Unterscheid des Geschlechts bey ihm, und deswegen von seiner Fortzeugung dieses und jenes ausgesonnen. Denn ihrer Meynung nach soll er durch Vergattung denen Schlangen, oder aus dem blossen Schlamm, oder aus todten Aessern, aus Pferde-Haar oder aus dem Schleim seiner Haut, die er an die Steine reibet, sein Fortkommen erhalten. Es geben aber die neuesten Erfahrungen, daß er gleich andern Fischen streichet, jedoch keinen Rogen oder Leich, sondern lebendige Brut von sich giebet, welches insgemein im May und August-Monath zu geschehen pfleget, da er kleine Würmlein als Zwirnfaden von sich schwimmen läst, welche ihre Jungen vorstellen. Ja es haben unterschiedene erwiesen, daß diejenigen, so einen kleinen Kopff und spitzig länglichten Mund haben, das Weiblein, jene aber, so einen grössern Kopff und stümpffern auch kürtzern Mund haben, das Männlein heissen. Er hat ein zaches Leben, und kan auch ausser dem Wasser etliche Stunden lang dauren, ja die abgesonderten Stücken behalten auf geraume Zeit ihre Bewegung. Er wird gefangen in Reusen, zumahl wo man einen wohlausgewässerten Häring hinein leget, bisweilen auch mit Angeln und mit dem Seeren, vornemlich aber und in nicht geringer Anzahl in denen Aalfängen. Sein Fleisch ist süß und fett, zugleich mit vielen schleimichten Wesen versehen, giebt zwar viel Nahrung, aber dabey verursachet es Leuten von schwacher Verdauung einen zähen und schleimichten Nahrungs-Safft, welcher nach dessen Geniessung in weniger Zeit das Geblüte dergestallt davon anfüllet, daß dahero Niesen, Schnupffen, Verschleimung der Brust und andere Zufälle entstehen. Nicht weniger giebt es zum Stein, Reissen, Podagra, verhaltener Monath-Blume, und nach Hippocratis Meynung, zu Nerven-Kranckheiten, und schweren Noth, wie dieses letztere Bierlingius in Thes. pr. p. 738, und Dolaus in Encyclop. med. l. I, c. 9. mit Observationibus bestärcken, Gelegenheit. Weswegen auch andere das Braten dem Sieden bey dessen Bereitung vorziehen, wenn zumahl durch gnugsames Gewürtze dessen Verdauung um ein merckliches erleichtert wird. Dahingegen Schwindsüchtige, und welche durch die Hectische Hitze ausgezehret werden, ihn mit grossem Nutzen öffters gebrauchen. Man kan ihn entweder frisch essen, oder auch mariniren, räuchern und einsaltzen: frisch wird er entweder mit Saltz scharff gesotten, und mit Eßig oder Citronen genossen; andere spicken ihn mit Salbey-Blättern, und braten ihn auf einem Rost, oder backen ihn, wann er vorher in lauterem Wasser gesotten, und solches rein wieder abgegossen, in einem Tiegel mit Butter oder am Spiesse, bestreuen ihn mit zerriebenen Salbey-Blättern, und beträufflen ihn mit Citronen-Safft. Andere schütteln ihn in Grieß oder Mehl vorher herum. Derer Frantzosen ihre Zurichtung geschiehet auf eine gar besondere Weise, [16] die sie a la gantine zu nennen pflegen. Man schlägt ihn auch in eine Pastete. So kan auch das ausgesottene Darm-Fett wie der Tran genutzet werden. Einem abgetriebenen Pferde bringen die Ziegeuner einen lebendigen Aal ein, davon es so lange muthig und unruhig wird, als er bey ihm ist. In der Artzeney braucht man das Fett zum Schmieren, das ausgefallene Haar; und in die Ohren zu tröpffen, das verlohrne Gehör wieder zu bringen. An denen Orten, wo er häuffig gefangen wird, brennet man das aus seinem Gedärme gebratene Fett statt eines Oels in Lampen. Das warme Blut mit Wein vermischt, soll wider die Darm-Gicht dienen. Die Leber wird zur Beförderung der schwehren Geburth, und die Haut, verruckte Glieder wieder zurechte zu bringen, angewendet. Wenn man mit dem blutigen Ende eines Aal-Kopffes, der nur erst abgeschnitten worden, ein Hüner-Auge oder Wartze berühret, und denselben hernach unter eine Trauffe verscharet, so soll die Wartze abfallen, so bald der Kopf verweset. Die abgetrocknete Haut davon, wird in Wein oder Bier aufgeweicht oder gesotten um verruckte Glieder gebunden. Wenn die Haut zusammen gedrehet worden, dienet sie statt eines Ochsenziemers. Lässet man einen Aal in einem Geträncke sterben, bekömmt der, so davon trinckt, vor solcher Arth Geträncke einen Eckel: es ist aber dieses Mittel etwas gefährlich. Nach der geheimen Deutung wird durch den Aal ein neidischer Mensch, oder ein solcher, der vor aller Gesellschafft fliehet, und mit niemanden sich vertragen kan, abgebildet. Den Aal beym Schwantze gehalten, heist mit einem arglistigen, betriegerischen Menschen zuthun, oder eine mißliche Sache, die gar leicht umschlagen kan, unter Händen haben. Aldrovrand, Schröd. Hochb. Gesner, Elsh. Rondel, Paullini. Aal bedeutet auch ein Gebackenes, so in Form einer Schlange oder Aals zubereitet worden. Endlich ist hierbey noch zu bedencken, was Balaus Cent. 2. erzehlet, daß im zehnten Seculo nach Christi Geburt in einer gewissen Dioeces in Engelland, die verehlichten Priester nebst ihren Weibern in Aale sollen seyn verwandelt worden, und so viel Aale im Wasser gezeuget haben, daß die Dioeces davon benennet worden.