Zedler:Müller (Johann) ward im Jahr 1436 den 3 Junius zu Königsberg gebohren

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Müller (Jacob Friedrich) ein Professor der Vernunfft-Lehre und Haupt-Wissenschafft zu Giessen

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Müller (Johann) Pfarer zu Breitenbach in Thüringen

Band: 22 (1739), Spalte: 223–226. (Scan)

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Müller (Johann) ward im Jahr 1436 den 3 Junius zu Königsberg, einem Städtlein in Francken, von mittelmäßigen Standes Eltern gebohren, davon er auch den Namen Regiomontanus, oder â Regio monte bekommen, da er vorhin Müllerus genennet wurde. Sonsten war er auch unter dem Namen Johann Germanus, oder Johann Francus, bekannt. Nachdem er zu Hause einigen Grund in der Lateinischen Sprache geleget, wurde er ohngefehr in seinem 12 Jahr nach Leipzig geschickt, allwo er die Dialectic und doctrinam Sphaericam, samt der Rechen- und Erdmeß-Kunst in kurtzer Zeit begriffen. Weil er absonderliche Zuneigung zu der Astronomie bey sich spührte, und sich doch niemand daselbst befand, der ihm vornehmlich in der Theorie dieser Wissenschafft genugsamen Unterricht geben konte; hingegen damahls zu Wien Georg Peurbach in dergleichen Wissenschafften sich grossen Ruhm erworben, begab er sich um das Jahr 1451 oder 1452 zu demselben, and wurde auch auf das freundlichste von ihm aufgenommen. Vor allem liesse sich Peurbachius angelegen seyn, diesem seinen Scholaren, weil er von der doctrina Sphaerica schon einige Wissenschafft hatte, auf das kürtzeste die Theorien der Planeten zu erklären, damit er desto geschickter wäre, den Ptolomäus selbst vor die Hand zu nehmen. Wonebst er ihm hie und da Gelegenheit an die Hand gab, allerhand geometrische Aufgaben aufzulösen, und sich in calculo zu üben. Welches alles Regiomontanus mit solcher Fertigkeit verrichtet, daß er noch stets etwas Zeit gewann, so er auf Lesung allerhand mathematischer Bücher, die in Lateinischer Sprache vorhanden, sonderlich des Archimedes, den Jacob Cremonensis übersetzt hatte, wenden konte; und bedauerte er nichts mehr, als daß sich niemand an den Apollonius Diophantus und andere gewaget hatte. Mittler Zeit geschahe es, daß der gelehrte Cardinal Bessarion von dem Pabst, theils die entstandene Streitigkeiten zwischen dem Kayser und seinem Bruder Sigismund beyzulegen, theils in andern Angelegenheiten wider den Türcken nach Wien geschickt wurde. Dieser, weil er Zeit seiner Ankunfft in Italien eine grosse Fertigkeit in der Lateinischen Sprache erlangt, nahm sich aus Lust zu der Astronomie vor, den Ptolomäus in besagte Sprache zu übersetzen, weil die bisherige Version in vielen Stücken gantz abgeschmackt von ihm befunden worden. Nachdem ihm aber wegen überhäuffter wichtiger Geschäffte ohnmöglich fiele, solche Arbeit zu Ende zu bringen, ward er nicht wenig erfreuet, den Peurbachium, der in des Ptolomäus Schrifften stattlich belesen war, alda anzutreffen. Indessen weil er die Fortsetzung seiner Arbeit von ihm wegen Unerfahrenheit in der griechischen Sprache nicht hoffen konte, bat er ihn inständigst, daß, weil man den Auszug von des Ptolomäi almagesto, so Averroes in Arabischer Sprache geschrieben haben soll, bisher weder Lateinisch noch Griechisch haben können, er vor sich selbst einen solchen Auszug schreiben möchte, dadurch der Ptolomäus so wohl kürtzer als deutlicher gemacht würde. Hierein willigte Peurbachius [224] nicht nur gerne, sondern ließ sich noch über dieses von dem bemeldten Cardinal bereden, mit ihm noch Italien zurück zu kehren; woselbst allbereit zu selbiger Zeit eine grosse Menge gelehrter Männer, samt einem schönen Vorrath der herrlichsten Bücher aus Griechenland sich versamlet hatten. Nur bedunge er sich seinen Johann Müller mit zu führen, der wegen seiner Jugend und annoch frischen Gedächtnisses geschickter wäre, als er, die Griechische Sprache zu lernen, und wo ihm etwas menschliches wiederfahren solte, das angefangene Werck vollführen könnte. Wie er denn auch, nachdem diese Arbeit kaum zur Helffte gebracht worden, in eine Kranckheit fiel, die ihm das Leben genommen. Johann Regiomontanus wurde nach iedermanns Wunsch Peurbachio zum Nachfolger bestimmt, welche Stelle er auch mit dem Beding annahm, daß ihm, so bald der Cardinal seine Rückreise nach Itatien nehmen würde, solchen dahin zu begleiten, frey stehen solte; worzu er sich nunmehro mit allem Ernst rüstete, weil des Cardinals Abzug alsbald vermuthet wurde, welcher doch hernach bis in den Herbst verschoben bliebe. Unter währender Reise brachte er es durch vielfältigen Umgang mit dem Cardinal, und andern gelehrten Männern aus seinem Gefolge schon so weit, daß er etwas Griechisches, zumahl wenn es etwas mathemathisches betraff, verstehen konte. So bald er zu Rom angelanget, suchte er Bekanntschafft bey allen, so der Griechischen Sprache wegen berühmt waren, und sonderlich bey Georg Trapezuntius, welcher eben an der Ubersetzung des Ptolomäischen almagesti, und der darüber von Theone verfertigten Erklärungen arbeitete. Sonderlich bemühete er sich allerhand Griechische Codices anzuschaffen, schrieb auch etliche von den raresten mit eigener Hand ab; wie er denn die Griechischen Character sehr geschwind und auf das netteste schreiben können. Als nach der Zeit der Cardinal Bessarion in Religions-Geschäfften nach Griechenland reisen muste, stellte er es dem Regiomontanus frey, ob er noch länger in Rom leben, oder seine Zurückkunfft in Padua, Ferrara oder Venedig erwarten wolte. Doch diese Orte gefielen ihm alle dermassen, daß er sich anfänglich dieses Jahr hindurch und einen Theil des folgenden, zu Ferrara anfhielt, und alda des Umganges Johann Blanchini, Gaza, und des damahligen Professors der Griechischen Sprache Guarini bediente. Zugleich übte er sich in den Griechischen Geschicht-Schreibern, Rednern, Philosophen und Dichtern, so daß er selbsten sehr gute Griechische Verse schriebe. Darzumahl merckte er auch die groben Fehler, so Trapezuntius in seiner Ubersetzung des Ptolomäus und der Erklärungen des Theonis begangen. Zu Ende des Jahrs begab er sich nach Padua, woselbst er so wohl wegen seines erworbenen grossen Ruhms, als daß er besonders von dem Cardinal Bessarion darzu recommandiret worden, unter die Mit-Glieder der Academie aufgenommen, und ersuchet wurde, er möchte nach dem Exempel Peurbachii die Academie mit etlichen Vorlesungen beehren, welches er auch gethan, und des Alphragani rudimenta [225] astronomica öffentlich erkläret. Nicht lange hernach gieng er nach Venedig, um den Cardinal zu erwarten, und brachte daselbst seine Bücher de doctrina triangulorum, woran er schon vorhin angefangen hatte, zu Ende. Endlich kehrte er zurück nach Rom, um noch mehrere rare Codices zu samlen, sintemahln er sich vorgesetzt, einsten bey müßigen Stunden, die besten davon zu übersetzen, und wo sich Gelegenheit zeigen würde, solche durch den Druck gemein zu machen. Nachdem er nun einen ziemlichen Vorrath von Büchern beysammen hatte, und der vielen Reisen überdrüßig worden, auch der Cardinal durch stete Verschickungen sehr distrahiret war, nahm er seinen Weg wiederum nach Wien, und stunde allda seiner aufgetragenen Profeßion eine Zeitlang rühmlich vor. Er wurde aber bald darauf von dem Könige in Ungarn, Matthias Hunnigdes Corvinus, unter grossen Versprechungen, nebst einem jährlichen Gehalt von 200 Gold-Gülden, nach Raab eingeladen, dem er auch vornemlich deswegen gefolget, weil der gemeine Ruff gieng, daß ermeldter König die Griechische Codices, so bey der Eroberung von Constantinopel und Athen durch die Türcken zerstreuet worden, allenthalben zusammen kauffte, und davon eine Bibliotheck zu Offen anrichtete. Er genoß Zeit seines Daseyns ungemeine Gnade, bis er sich endlich bey der entstandenen Unruhe wegen des Königreichs Böhmen, worein auch der König Matthias gezogen worden, entschlosse, nach Nürnberg zu ziehen, theils weil es seinem Vaterlande nahe, auch sonsten fast mitten in Deutschland, und also zu Fortführung seines Brief-Wechsels wohl gelegen, theils auch, weil es wegen seiner vielen Künstler dazumahl sehr berühmt war, die ihm bey Verfertigung der nöthigen Instrumenten und Anrichtung einer eignen Buchdruckerey nützliche Dienste leisten könten. Er kam also im Jahr 1471 im Frühlinge daselbst an, und wurde von jedermann mit grossen Freuden empfangen, besonders aber von Bernhard Walther, der die Studia, vornemlich die Astronomischen, sehr hoch hielt, und alle Unkosten, so zu den astronomischen Werckzeugen und Bestellung der Buchdruckerey nöthig waren, völlig über sich nahm. Die ersten Wercke, so gedruckt wurden, waren Peurbachii theoricae planetarum novae, und Manilii astronomica; von seiner eigenen Arbeit aber kamen an das Licht, ein calendarium novum, und ephemerides auf 32 Jahr, welche sich mit dem Jahr 1506 endigten. Es bleibet also dem Reciomontano der Ruhm, daß, ob schon vor ihm dergleimen bekannt gewesen, er doch solche weit accurater eingerichtet, mit vielen nothwendigen Anmerckungen vermehret, und am ersten zum Druck befördert. Dieses Werck würde von allen Gelehrten sehr hoch geschätzt, und bekam er vor die Zuschrifft von dem Könige Matthia 800 Gold-Gülden zur Belohnung. Nach: diesem verfertigte er einen grossen indicem librorum, so zum Theil aus alten und meistentheils Griechischen Codicibus bestanden, theils aber seine eigene Schrifften waren, und zum Druck fertig [226] lagen, so aber alle, bis auf etliche wenige, die nach seinem Tode gedruckt worden, verlohren gegangen. Inzwischen hatte man zu Rom des Regiomontanus noch nicht vergessen; vielmehr bemüheten sich daselbst alle Gelehrte, ihn wieder dahin zu ziehen, worzu sich bald eine gewünschte Gelegenheit zeigte. Denn als der Pabst Sixtus IV die Calender-Reformation mit allem Ernst vornehmen wolte, fand sich niemand, von dessen Fleiß und Geschicklichkeit man sich ein mehrers versprechen können, als Regiomontanus, der auch so gleich mit vielen Verheissungen darzu von dem Pabst eingeladen, und mittler Zeit zum Bischoff von Regenspurg ernennet wurde. Ob es nun schon Regiomontano, seine bishero getriebene Studia, und die Herausgabe so vieler herrlichen Bücher liegen zu lassen schwer eingieng, so trieb ihn doch die Hoffnung eines ewigen Ruhms, den er durch Ausführung eines so wichtigen Wercks erlange würde, dahin, daß er die Reise nach Rom im Jahr 1475 zu Ende des Junius antrat. Er wurde mit grossen Ehren-Bezeugungen daselbst empfangen, hatte aber das Unglück, daß er kein völliges Jahr daselbst überleben konte, sondern sein Leben, da er kaum das 41 Jahr seines Alters zurück geleget, endigen muste. Denn er verfiel in einen tödtlichen Haß bey den Söhnen des Trapezuntii, daß er ihres Vaters Fehler, so er in der Version des Ptolomäi und Theonis begangen, offenbahret, durch deren List und Bosheit er nahmals mit Gifft soll hingerichtet worden seyn. Andere aber, als Jovius, melden, er sey durch die Pest, so damals zu Rom gewesen, hingerissen worden. Der Tag seines Todes war der 6 Jul. 1470, oder wie andere wollen 1477. Der Leichnam soll in dem Pantheon zu Rom begraben liegen. Schließlich ist noch von ihm zu mercken, das er in der Machine, eine solche ungemeine Geschicklichkeit besessen haben soll, daß er eine eiserne Mücke; und höltzernen, oder wie andere wollen ertzenen Adler zu Stande gebracht, welche nicht nur beyde fliegen können, sondern auch der letze dem Kayser Maximilian, als er einsmals nach Nürnberg gekommen, eine geraume Weite entgegen geflogen ist, und ihn dann in die Stadt begleitet hat. Gassendus in dessen Leben. Voßius de scientmathem. Dopelmayr de mathem. Norimb.