Zedler:Porzellan-Thurm, Porzellain-Thurm

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Band: 28 (1741), Spalte: 1691–1692. (Scan)

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Literatur
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Porzellan-Thurm, Porzellain-Thurm, ein grosser Thurm auf einem grossen Platze vor der Chinesischen Stadt Nanking. Er ist ein überaus grosses Kunst-Stücke, woran die Sineser genungsam erwiesen die sonderbare Scharffsinnigkeit und Kunst derer, so in ihrem Lande gebohren seyn. Er ist neun gewölbeter Ubersätze hoch, dazu man nicht aussondern inwendig durch eine Treppe von 184 Stuffen hinauf steiget. Jedweder Ubersatz ist von aussen rings umher mit Gallereyen oder Umgängen versehen, die mit allerhand Bildwerck und vielen Fenstern gezieret, und dermassen ausgearbeitet und prächtig zugerichtet seyn, daß jedermänniglich, der ihn siehet, diesen Thurm nicht nur bewundert, sondern gar erstaunen muß. Zur Seiten dieser Fenster befinden sich viereckigte Lufft-Löcher mit eisernen Gittern allenthalben besetzt. Auswendig ist dieses Werck von oben bis unten glasuret oder glatt gemacht, und mit mancherley Farben, als grün, roth, gelb, bund vermahlet. Es bestehet dasselbe aus etlichen Stücken, welche aber so künstlich an- und in einander [1692] gefüget, daß es scheinet, als sey der gantze Thurm nur aus einem einigen Stücke gemacht. Uber jeder Gallerey oder Umgang ist ein grünes Dach mit vielen spitzigen Ecken um und um, woran kleine Schellen und küpfferne Glöcklein hangen, welche, so offt der Wind sich beweget, eine schöne Harmonie und liebliches Gethöne machen. Die oberste Spitze des Thurms, wozu man nicht anders denn nur von aussen kommen kan, ist gekrönet mit einem grossen Fichten-Apffel, welcher der Sineser Bericht nach, aus klarem und zwardem allerfeinsten Gold gegossen. Und wenn man auf dem höchsten Umgang stehet, kan man nicht allein die gantze Stadt, sondern auch die umliegende Ländereyen bis an die andere Seite des Flusses Riang, übersehen, welches denn einen sonderbaren und wunderlustigen Prospect giebt, bevorab, da man den großen Umkreiß der Stadt und wie sie einen Arm ausser der Mauer, bis an gemeldten Fluß ausstrecket, beobachten will. Dieser prächtige Thurm ist zwar von den Sinesern, jedoch mit grossem Schmertzen und Hertzeleid, wie sie selbst erzählen, aufgerichtet. Denn als die Tartarn vor 800 Jahren, eben, wie nach diesem wieder geschehen, gantz Sina erobert und unter ihre Bothmäßigkeit gebracht; haben sie, zum Gedächtniß solches Sieges ein fürtreffliches Gebäu an diesem Ort zu stifften beschlossen, und demnach die überwundenen Sineser gezwungen, von Porzellan (welches sie die Tartarn, weder zu machen noch zu vermahlen wusten) gegenwärtigen Thurm aufs allerkünstlichste und aus eigenen Mitteln aufzuführen. Und dieses ist Zweiffels ohne die fürnehmste Ursache, warum die Tartarn nach der letzten Eroberung des Reichs gemeldten Thurm, als ein (nach der ersten) aufgerichtetes Sieges-Zeichen gantz ungeschändet gelassen, daß auch nicht die geringste Verletzung noch Aenderung daran zu spühren: Wiewohl sie auch der schöne herrliche Bau, und die darin erwiesene sonderbare Kunst, von Ubung alles Frevels und Muthwillens hat zurücke halten können. Brands Beschr. seiner grossen Chinesischen Reisen, p. 302. u. f.