Zedler:St. Ulphia

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
korrigiert
<<<Vorheriger

Ulpen

Nächster>>>

Ulphila

Band: 49 (1746), Spalte: 769–770. (Scan)

[[| in Wikisource]]
in der Wikipedia
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für WP  
Literatur
* {{Zedler Online|49|St. Ulphia|769|770}}
Weblinks
{{Wikisource|Zedler:St. Ulphia|St. Ulphia|Artikel in [[Johann Heinrich Zedler|Zedlers’]] [[Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste|Universal-Lexicon]] (1746)}}


St. Ulphia, ein Jungfrau zu Amiens in Franckreich, welche auch Vulfia oder Vulsia genennet wird, war von vornehmen Eltern in Franckreich gebohren, von welchen sie auch sehr gottsfürchtig erzogen, und besonders zur Keuschheit angehalten wurde. Nachdem sie zum Ehestande tüchtig war, fanden sich viele vornehme Freyer bey ihr ein, welche sie aber alle Trostloß abziehen ließ, und sich mit ihrer Eltern Einwilligung entschloß, ihre Jungferschafft bis an ihrem [770] Tod unverletzt zu bewahren. Sie stellte sich auch gantz närrisch, um sich dadurch denenselben desto eher verhaßt zu machen, gieng auch heimlich von ihren Eltern weg nach Amiens, und bauete sich unweit dieser Stadt in einem finstern und waldigten Ort eine Zelle, worinnen sie ihre übrige Lebens-Zeit zubrachte. Bevor sie sich aber hinein begab, gieng sie zu dem H. Domitio, welcher nicht weit von ihr, als ein Eremit lebte, hielt sich eine Zeitlang bey ihm auf, und gieng ihm, weil er bereits sehr alt war mir ihren Diensten an die Hand, der sie auch je länger je mehr in ihrer Gottesfurcht stärckte, und wie sie ihr Leben anstellen solle, unterrichtete. Endlich kehrte sie wieder zurücke in ihre Zelle, gienge aber doch auch alle Nacht in Gesellschafft des Heil. Domitiani nach Amiens, und verrichtete alda mit demselben in der Kirche der H. Jungfrau Mariä ihre Andacht. Als sie meistens sehr müde war, und sich eine Weile vorher, ehe die hierzu bestimmte Stunde kam, zur Ruhe begab, verübten die Frösche bey ihrer Zelle ein falsch Geschrey, daß sie dadurch gantz ermüdet, und in einen tieffen Schlaf gebracht wurde, worüber sie alsdenn ihre Vigilias versäumete. Nachdem sie aber erwachte, fiel sie auf ihre Knie, GOtt bittend, er möchte den Fröschen gebieten, daß sie an selbigem Ort nicht mehr schreyen durfften, welches sie auch erhielt, daß man also bis auf den heutigen Tag um selbige Gegend keinen Frosch mehr quaxen hörte. Endlich starb sie, nachdem sie ihr Leben zu einem hohen Alter gebracht hatte im 8 Jahrhundert, und ward in ihrer Zelle begraben, da denn ein sehr angenehmer Geruch aus ihrem verstorbenen Cörper gieng. Nachgehends brachte man denselben nebst dem Leichnam des H. Domitiani nach Amiens, alwo sie bis auf den heutigen Tag verwahret werden. An dem Ort, wo die St. Ulphia in der Einsamkeit gelebt hatte, wurde nachgehends ein Kloster erbaut, welches den Nahmen Paraclitus führete. Der Gedächtniß-Tag ist der 31 Jenner.