Zedler:Werder, (Dietrich von dem)

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Werder, (Hans)

Band: 55 (1748), Spalte: 331–334. (Scan)

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Werder, (Dietrich von dem) war der jüngste Sohn Gebhards von dem Werder zu Werdershausen, und Catharinens von Hahn, die ihn den 17 Jenner 1584 zu Werdershausen gebohren. Er wurde bey dem Statthalter zu Cassel, Hansen von Bodenhausen, der sein naher Anverwandter war, erzogen, und so dann von dem Landgrafen Moritzen als Cammer-Page in Dienste genommen. Dieser schickte ihn nach Marpurg, und nachdem er sich daselbst in Sprachen und Wissenschafften, auch Ritterlichen Uebungen feste gesetzet, auch eine Reise nach Italien und Franckreich gethan, ernennte er ihn bey seiner Zurückkunfft zum Cammerjuncker und Stall-Meister. Hierauf versuchte er sich im Kriege, und befand sich 1610 als Rittmeister mit vor Jülich; nach geendigtem Feldzuge aber begab er sich wieder nach Cassel, allwo er so gleich zum Ober-Hofmarschall und Geheimden Rath [332] bestellet, auch in vielen wichtigen Gesandschaften gebraucht wurde. Sonderlich aber wurde er an Sr. Königlichen Majestät in Dännemarck, Churfürstl. Durchl. zu Sachsen und Brandenburg, Hertzog von Braunschweig, Herren General-Staaten, und Printz Moritz von Nassau verschicket: Hiernächst hat er sich bey 2 Kayserlichen Wahltagen in Turnieren zu Roß und Fuß rühmlich erzeiget, wie denn dessen in Continuatione Sleidani Lib. IV, p. 56 gedacht wird: Daß er auf dem Kayserlichen Ringel-Rennen bey der Crönung Kaysers Matthias 1612 den 4ten Gewinn gewonnen, so ein gar grosser Becher in Form einer Weintrauben, so ein Riese auf der Achsel getragen, gewesen, hat auch nach diesem am Hochfürstlichen Casselischen Hoffe seinen Chargen mit besonderm Lobe vorgestanden. Nachdem aber der Krieg in Deutschland allerhand Veränderungen nach sich gezogen, hat er gedachten Hoff verlassen, sich in sein Vaterland auf seine Güter begeben, und beschlossen, den Ueberrest seines Lebens in Ruhe zuzubringen. Als aber der König in Schweden Gustav Adolph die Schlacht bey Leipzig erfochten, sich bald darauf nach Halle erhoben, wohin sich auch die sämmtliche Hochfürstlische Anhaltische Herrschafften begeben, und er unter andern mit zugehen beordert worden, hat der König eine sonderbahre Gnade gegen ihm blicken lassen, mit ihm selbsten in vieler hohen Personen Beyseyn, gesprochen, und alsobald ein Regiment Infanterie demselben freywillig geschencket. Er weigerte sich zwar Anfangs, solches anzunehmen; als aber der König dem General Bannier deswegen an ihm abgeschicket, hat er es endlich doch angenommen, und selbigen vom Jahre 1631 bis 1635 löblich vorgestanden, da ihn die Kayserl. Avocatorien nöthigten, seine Erlassung zu suchen. Nichts destoweniger aber ist er bey der Schwedischen Armee in grossem Ansehen geblieben, hat auch dadurch die gäntzliche Schwedische Contribution eine geraume Zeit von denen Anhältischen Landen abgewand, inzwischen aber ist er in dasigen Landen zum Unter-Director der Landschafft des Fürstenthums ernennet worden. Im Jahr 1646 ist er von der Land-Gräfin zu Cassel an Ihro Churfürstliche Durchlaucht zu Brandenburg, wegen Vermählung Dero Printzens, Land-Graf Wilhelms Hochfürstl. Durchl. mit der Printzeßin Hedewig Sophie zu Brandenburg zu tractiren, abgeschicket worden, welche hohe Vermählung er nicht nur glücklich geschlossen, sondern auch von Ihro Chur-Fürstl. Durchl. Friedrich Wilhelm, Marggrafen zu Brandenburg zu Dero Geheimden Rath und Kriegs-Obristen, und ferner zu Dero Hauptmann über das im Fürstenthum Halberstadt gelegene Amt Alten-Gadersleben bestellt, und angenommen worden, wovon Sr. Churfürstliche Durchl. an das Hochfürstl. Hauß Anhalt folgendergestalt geschrieben.

"Nebenst diesem geben Wir E. Liebden auch freundlich zu vernehmen, daß, nachdem Uns die hohen Qualitäten und Geschicklichkeit des Obristen Dietrichs von dem Werder, welcher von Unser freundlichen lieden Muhmen [333] der verwittbeten Frau Land-Gräfin zu Hessen, und ihres geliebten Sohns, Herrn Land-Graf Wilhelms Liebden, in angelegner Verrichtung an Uns geschicket, nicht allein von andern unterschiedlich hochgerühmet worden, besondern wir auch dieselbe in der That auch selbst erfahren, und Uns dabey erinnert, daß dergleichen von GOtt begabte Leute Fürstl. Höfen wohl anständig; Wir dannenhero bewogen worden, seine Person in Unsere Dienste mit zu bestellen, und zu Unsern Geheimden Rath und Krieges-Obristen in Gnaden auf- und anzunehmen, nicht zweiffelnde, gleichwie E. Liebden ermelten Obristen, dem von Werder, vor diesem alleweg mit Fürstlicher Hulden und Gnaden zugethan gewesen, Dieselbe auch ferner gegen ihm zu continuiren Ihnen Freundtvetterlich belieben lassen. Solches wie es Uns zu sonderlichem Dancknehmenden Gefallen gereichen wird; Also sind Wir um E. Liebden mit Freundvetterlichen Diensten zu erwiedern stets willig und bereit, auch solches gleichsam in Gnaden selbst publiciren und kundig machen lassen wollen."

Solchergestalt hat er sein übriges Leben ruhig fortgesetzet, bis er den 18. Dec. 1657. auf seinem Ritter-Sitze Reinßdorf im 74. Jahre seines Alters weniger einen Monat verstorben. Er war ein sehr andächtiger Christ, also daß er sein Gebet vielmahls auf den Knien verrichtet hat. Hiernächst war er von ansehnlicher Leibes-Statur, dabey wohl gebildet, und von solcher Lebhafftigkeit, daß man in seiner Jugend von ihm zu sagen pflegen: Er sey lauter Geist. Dessen erinnerte er sich noch kurtz vor seinem Tode, und sagte: Jetzo sey er lauter Fleisch, doch (setzte er hinzu) lebe der Geist GOttes in seinem Hertzen. Von seinen Gemahlinnen und Kindern siehe den Geschlechts-Artickel. Er hat übrigens den Ruhm erlanget, daß er einer von den ersten Mit-Gliedern der Fruchtbringenden Gesellschaft gewesen, in welche er 1620. getreten, und darinnen den Nahmen des Vielgekörneten geführet, auch zum Sinn-Bilde einen aufgeborstenen Granat-Apffel, mit der Beyschrifft: Abkühlend und Stärckend, bekommen. Neumarcks neusprossender Deutscher Palm-Baum, p. 232. So hat er auch unterschiedene kleine Schrifften in gebund. Rede hinterlassen. Der berühmte Opitz erhebet ihn in seinen Gedichten ungemein, und hat ihm auch einen Theil seiner Gedichte zugeschrieben. Und Neumeister de poet. germ. P. III. schreibet wegen seiner Poesie von ihm, er. sey Opitii & Hubneri aqualis, minor quidem illo, hoc tamen major, dictione & poeseos arte. Ausser dem Liede über Röm. XIV, 8. welches sich in Uhlichs Pretscher Gesangbuch, p. 635. befindet und sich anfänget: Nun was zerquälst du dich mein Geist, hat er noch geschrieben:

1. Sonette.
2. Trostreiche Freuden-Gesänge über die Stunde des Todes.
3. Eine Deutsche Uebersetzung von dem gar bekannten und berühmten Helden-Gedichte [334] Gerusalemme liberata del Signor Torquato Tasso, unter dem Titul: Erlösetes Jerusalem, davon die andere Ausgabe zu Franckfurt am Mayn 1651. in 4. ans Licht getreten ist.

In der Zuschrifft, welche an Kayser Ferdinand den III, gerichtet ist, wird gemeldet, daß Kayser Ferdinand II, welcher der Grosse zubenahmet wird, ihm ein Exemplar von der ersten Auflage, abgefordert, auch dasselbe gantz durchlesen, und es denn unter Dero Cammer-Bücher gesetzet. Hernach wird eine Vergleichung zwischen dem Hertzog von Bouillon und Kayser Ferdinand dem III, angestellt, und dieser jenem vorgezogen. Vor der Zuschrifft stehet Kayser Ferdinands III, Bild und Kupffer, wie denn auch jedes Buch dieses Helden-Gedichtes mit einem feinen Kupffer ausgezieret ist. Nach der Zuschrifft steht das Bildniß Gottfried von Bouillon, als ersten Königes des befreyten Jerusalems, hernach aber eine summarische Erzehlung des Jerusalemischen Krieges und zu Ende derselben eine kurtze Vorrede an die Lesenden. Auf jeden Kupfferblat steht der Inhalt jeden Buches in Deutschen Versen. Eine Recension von diesem Wercke ertheilet Stolle in der Nachricht von den Büchern seiner Bibliothek, P. II, p. 188. u. f. Königs Adels-Historie, Th. I, p. 1028. u. f. Beckmann in der Historie des Fürstenthums Anhalt, Th. VII, Cap. II, p. 286. u. f. (nach der Ausgabe zu Zerbst 1710. in Fol.) Stollens Historie der Philosophischen Gelahrheit, p. 184. Leporins Leben der Gelehrten in Deutschland, p. 579. Neumarcks Neusproß. Palmb. p. 232. Müllers Sächsische Annales p. 388. Mylii Bibliothec. de Anonymis P. I, p. 1151. Wetzels Historische Lebens-Beschreibung der berühmtesten Lieder-Dichter, Th. III, p. 408. Neumeisters Diss. de poetis Germanicis. Sinapii Schlesische Curiositäten, Th. II, p. 1106.