Zimmerische Chronik/Band 2/Kapitel 30

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Autor: Froben Christoph von Zimmern
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Titel: Wie herr Johanns Wernher freiherr von Zimbern die stat Oberndorf sampt ir zugehördt der statt Rotweil zu kaufen gab, söllichs aber das haus Österreich nit zugeben wolt, darum er das alles, sampt andern güetern seinem brueder, herr Wilhelm Wernhern, zusteen ließ.
Untertitel:
aus: Zimmerische Chronik Band 2. S. 290–295
Herausgeber: Karl August Barack
Auflage: Zweite Verbesserte Auflage
Entstehungsdatum: 16. Jahrhundert
Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck)
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Erscheinungsort: Freiburg und Tübingen
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Quelle: Digitalisat der UB Freiburg
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Wie herr Johanns Wernher freiherr von Zimbern die stat Oberndorf sampt ir zugehördt der statt Rotweil zu
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kaufen gab, söllichs aber das haus Österreich nit zugeben wolt, darum er das alles, sampt andern güetern seinem brueder, herr Wilhelm Wernhern, zusteen ließ.
Herr Johanns Wernher hat die statt Oberndorf ein kurze zeit ingehapt, do ist er in zenk und irrungen mit inen
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kommen; dann demnach sie von den alten herzogen von Teck und hernach von den herzogen von Österreich in etlichen stucken gefreit, vermainte herr Johanns Wernher, sie wellten solche freihaiten zu weit erstrecken und ime dardurch sein obrigkait enziehen[1]. Dargegen so verstanden die
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von Oberndorf, nachdem es dann ein grob, streitigs volk, die sachen dahin, als ob herr Johanns Wernhers fürnemen dohin gericht, sie umb ire freihaiten zu pringen, derhalben sie beiderseits gegen ainandern höchlichen verbittert wurden. Kam dahin, das herr Johanns Wernher ein söllichen
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unwillen gegen inen faste, das er sich entlich entschlossen (seitmals villeicht in fatis oder sonst ain straf und verhenknus Gottes war, das er nichts behalten sollt) sollichs sampt Wasneck, den 4 dörfern und aller seiner [457] zugehörde auch zu verkaufen. Hierauf handlet er mit denen von
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Rotweil. Die waren geschmitzt und kauften im das umb ain gering gelt ab, vermainten damit ir landtschaft erweitert zu haben, dann der zeit weren sie gern ain ort in der Aidt-

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[291] gnoschaft[2] worden, so fält es inen aber an der landtschaft. Erst befindt sich, das Oberndorf mit sampt seinen dörfern und zugehörden kein aigenthumb, sonder dem haus Österreich zustendig, ain pfandtschaft seie, derhalben herr Johanns
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Wernher und die von Rotweil den kaiser Maximilian anrüeften, auch nachgends bei der kaiserlichen regierung zu Insprug umb approbation sölches verkaufs anhielten, und wiewol vilmals darumb angesucht, so wolte doch der kaiser, noch die regierung hierein nit bewilligen, sonder die von
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Rotweil musten des orts abdretten und herr Johanns Wernher das behalten. Noch dann mocht das beharrlich auch nit sein, er gabs seim jungsten brueder, herr Wilhelmen Wernhern, der kurzlich darvor das schloß Zimbern von Hainrichen Zimberern an sich gelest het; mer gab er im
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den kirchensatz samt dem großen zehenden zu Tuningen, denen vischwassern und güetern daselbs, auch dem halben thail aller großen zehenden zu Epfendorf, Bösingen, Ramstain, Urslingen und Dalhausen; ist beschehen anno domini 1514, dornstags vor Galli. In sollichem kauf behielt er im
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bevor den weier zu Waltmessingen, das weierle zu Tuningen, den waldt bei Oberndorf, genannt das Aichen, und alle aigne leut in der herrschaft vor Waldt, dessgleichen auch in außwendigen flecken. In kürze ward darnach das schloß Werenwag, an der
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Tonaw gelegen, mit sechs dörfern und flecken, so domals Walter von Laubenberg[3] inhet, fail; dergleichen starben die edelleut von Jungingen umb die zeit auch ab, die verließen das schloß Hochenfels sampt seinen zugehörigen dörfern neben ainer namhaften geltschulden, also das derselbigen
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erben die ligenden güeter angreifen und verkaufen muesten. Die baide warden herr Johannsen Wernhern mermals angetragen, die anschleg zugeschickt, und weren im umb ain cleinfüeg, gering gelt zugestanden; zudem solche güeter der herrschaft Mösskirch wol gelegen und baide daran grenzen.
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Gleicher weis warde seim brueder, herr Gottfridt Wernhern, derzeit das dorf Bösingen, vor Waldt gelegen, von den Egen, sein burger zu Rotweil, angebotten, welches treffenlichen wol gelegen, im umb ain gerings gelt worden; so hat er doch das so lang ufzogen oder villeucht nit gewellt,

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[292] das hiezwischen die von Rotweil ins spill komen und solchs an gemaine statt erkauft haben. Aber was sollten die von ligenden güetern erkaufen oder von newen dingen zu irem geschlecht herzubringen, die ire altvätterliche und erbgüetere
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nit behalten kunten, sonder die ohne alle ursachen oder vorgehende not verkauften und hingaben? Also do herr Johanns Wernher so liederlichen zun sachen thette und die keuf nit annemen, welchs doch wol sein hett künden, seitmals er die mit keinem barem gelt bezallen het müeßen,
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sonder allain mit den zinsen uf sich nemen, do wardt erstlich mit Walther von Laubenberg durch etlich von seiner freuntschaft sovil gehandelt, das er Werenwag behalten müesen, wie dann sein son, Andreas von Laubenberg, solchs noch inhat. Die ander herrligkait, Hochenfels, hat der Teutschorden
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sampt aller zugehördt umb ain gering gelt erkauft und der landtcomenthurei zu Altschausen inverleibt. Also geet das zeitlich guet umbher [458] und. bleibt selten lang an einem ort. Aber der adenlich nam und titel sampt dem wappen der edelleut von Jungingen ist uf die Gremblichen kommen,
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die haben das wappen zu irem vorigen quartiert und werden genennt Gremlichen von Jungingen zu Menningen oder Hasenweiler; dann vorhin sein sie burger zu Pfullendorf[4], da sie noch ain gueten theil irer güeter, ains namhaften, ansehenlichen geschlechts daselbs gewesen und sein auch hievor
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under die vier burgergeschlecht im römischen reich gezellt worden, wie dann solichs auser den alten geschichten clärlichen zu erweisen. Und als ain kleiner sterbendt zu Sedorf einbrache, belib herr Johanns Wernher wenig jhar daselbst. Dieweil
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er aber alda im schloß der zeit wonet, wolt er das nun erbawen, darumb ließ er in die runden thürn am schloß schutzlecher brechen, erschelt und verdärbt aber damit die mauren, das sie gespalten und von ainandern gangen und entlichen verursacht haben, das solch schloß in nachgenden
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jharen abgangen und zu ainem burgstal worden. Nichs destoweniger aber ließ er dozumaln ain hilzin haus von rigelwerk ins schloß Zimberen machen[5], darin waren dem zimmerman stuben, kammern, kuchin und anders zu bawen

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[293] angeben, allain der hausthür het man vergessen im dingwerk und visierung. Wie man nun das zimmer ufgericht und zum thail in die rigel gemaurt, do ersahen erst der bawher und werkleut, das es ainer hausthür manglt; also
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muest man etlich rigel ausschneiden zu ainer thür. Das war vast ain baw, wie ainest grave Sigmundt von Lupfen ain baw zu Künsaw[6] im Elsäs thette. Daselbst lies er ain staine haus ufmauren ohne fenster und thüren, und als der dachstuel ufgericht, do ließ er allererst die fenster und thüren
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darein brechen, wo es im eben war; war gleichwol[7] ain mainung, dann do konte er am bästen sehen, wo die fenster am notturftigisten. Als herr Johanns Wernher von Seedorf widerumb verruckt, do entlehnet er das schloß Schenkenzell im Kinzigertal,
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welches domals Hannsen von Weitingen zugehört; dahin zog er und belib daselbs bei zwaien jharn. Hiezwischen ist er mehrmals zu seiner schwester, der abtissin von Zürich, geritten. Er hat zu zeiten von kurzweil wegen den Paule Meyern, genannt Bader, mit genommen. Es haben ime die
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Züricher vil ehr erbotten, auch mehrmals uf den Ritter geladen, ist die fürnembst stuben alda. Uf ain zeit war abermals ain groß banket zum Rüeden gewesen, und hat man groß groppen[8] geben, wie dann die und auch andere guete visch zu Zürich wol zu bekommen, und wie herr Johans
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Wernher und sein diener, der Paule, die groppen wol versucht, dann inen die wol geschmeckt, fragten etlich grob Schweizer den Paulin, ob sie auch guete visch zu Mösskirch hetten, vermainten villeucht, seitmals sie so waidlich aßen, die visch weren inen seltzam, oder hetten villeicht
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deren nie keine gesehen. Hierauf sagt Paule: »Ja, und insonderhait im Bulachgraben het es schöne grundlen.« Do wolten die Schweizer ihe wissen, wie groß. Antwort Paule: »So groß, das man von ainer siben guete stuck visch machen konte.« Dess konnten sich die Schweizer nit gnug
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verwundern. Herr Johanns Wernher hört ab dem andern disch den waidtspruch, sprach: »Paule, du thuest im zuvil.« Sprücht Paule: »Ach und pfuch, [459] gnediger herr (also war sein sprüchwort)! kennen ir mich doch wol!« Do

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[294] wardt ain groß gelechter darauß. Uf sein alter war all sein, des Paulins, datum uf den wein gestellt. Er hett ain bueben, der war also abgericht, so er in hieß wein holen und den bracht, muest er von weiten in der gassen singen;
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damit kunt er, Paule, vernemen, ob der wein brechte, oder nit. Darab hett er dann ain besondere frewd. Er hett ain gesellen zu Mösskirch, hieß Hanns Hartman, war eben so vertrunken wie er. Derselbig, so er gern wein getrunken, fieng er an mit seim weib rechnen, wievil [sie][9] äcker hetten,
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die wollten sie theurer, dann der wert, verkaufen und das gelt an ain zins anlegen. Wann sie dann die somma zusamen schluegen, sprach Hartman zum bueben: »Wolan, bueb, hol uns zwo maß wein, wir sein noch unverdorben, es mags wol ertragen!» Aber sie trieben das rechnen und
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weinholen so lang und so vil, das sie schulden halb die äcker und wisen verkaufen muesten, und ward dennost kain zins angelegt. Gleichergestalt sein des Hartmans freundt zu Mösskirch, Hainrich Keller, genannt Silberer. Der hett ein erbare narung, aber er ließ im den wein auch zu lieb
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sein, derhalben er auch letzstlichen sein haus, äcker und wisen verkaufen mueste[10], und verdarb neben seim weintrinken mit großer mühe und übelzeit, dann er richtet ain wagenfart zu, damit fuor er in das Breisgew und Elsäs, wein holen. Aber es wolte im auch nit glücken, sonder
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verfure, was er guets und noch überig het. Darneben was er ain ganz holtsellig man von guten sprüchen. Wann er under die metzge gieng, flaisch kaufen, redt er den metzger tugenlich an, sprechendt: »Metzger, gib mir flaisch, ich bin verdorben biß an fünf-, sehsundert gülden!« Aber die
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rechnung fälte weit. Er hett ain groß buech daheim, darin hett er seine schulden geschriben, die man ime schuldig, auch die er schuldig war; so dann etwar seiner gueten fraindt oder gesellen ainer zu im kam, schlueg er mit der handt uf das buch, sprechendt; »Das ist mein schuldbuech
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uf dem landt, in der statt und allenthalben.« Diese zwen, nemlich der Hainrich Keller und dann der Hartman, waren des Paule Baders gesellen und halfen alle ainandern, damit das güetle verdrunken und verthon ward. Bemelter Paule raisete uf ain zeit mit seim dochterman,
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Jacob Maierbrun, geen Hausen an die Tonaw, da wolten

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[295] sie etlich wundt und bresthafte leut verbünden und arzneien. Nun war es ain druckner sommer und das an vilen orten die bronnen ersiggen und großer mangel an wasser entstande. Wie sie geen Kraienhainstetten kommen, luedt sie
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der pfarrer daselbs, herr Melchior Leichtenhendle, von dem auch andern [orten][11] gemeldt würt. Als sie aber wider von dannen scheiden, wolt Paule sein ross drenken. Das war aber verbotten und dorft keiner alda bei peen fünf schilling wasser schepfen, sonder die pauren hetten die ordnung
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under inen selbs gemacht, das iedes tags morgens und aubends aim ieden inwonner das wasser nach der gepür ward außgethailt, nach dem ain ieder ain prauch hett, es were gleich vich oder leut. Wie nun Paule seim ross wasser will schepfen, würt im das vom amptman, hieß der . . .
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Gertenstil, war ain böser, fraidiger baur, an fünf schilling verbotten. Sprücht Paule: »Och und pfuch! ich hab etlich hundert gülden mein tag umb wein geben, mein ross mueß mir izmals die fünf schilling auch verdrinken«, und [460] hiemit erlegt er den pauren das pottgelt, schepft seim ross
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wasser und ließ es gleich gnug drinken. Er het under andern kündern ain gewachsne dochter, genannt Els, die war ain guete nothelfere und thette dem reich vil dienst. Das markt der vatter wol; wie konte er aber stettigs bei ir sein oder uf sie warten? Uf ain zeit war aber ain guete
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gesellschaft bei im; indess dritt die dochter zu inen hinein und hat ain hipsch krenzle uf. Dess konte Paule sein schimpfen nit lassen, sprücht: »Och, pfuch! secht, mein Elsa tregt das krenzle und ist ain junkfraw, wie Costenzer freitag, sie pletzt gern und fragt mich nit darumb.« Er wolt aber sagen,
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»wie Costenzer kirchweihe ain feirtag«, dann die selbig kirchweihe würt järlichs gehalten uf freitag unser lieben Frawen gepurttag im herbst. Es muest ain ganze gesellschaft seiner schimpfbossen lachen.



  1. enziehen] hs. zu enziehen.
  2. Aidtgnoschaft] sieh Birlinger im Archiv f. n. Sprachen 38, 315 ff. Die Sprache des Rotweiler Stadtrechts Sitzg. Berichte d. k. bayer. Akademie 1865 II 1 Anhang S. 4.
  3. Laubenberg] hs. Lawenberg.
  4. burger zu Pfullendorf] s. Walchner, Geschichte der Stadt Pfullendorf s. 179—180.
  5. machen] hs. und machen, entweder ist ein gleichbedeutendes zeitwort, etwa bauen oder richten, vom schreiber ausgelassen, oder und ist als überflüssig zu betrachten.
  6. Künsaw] sollte heißen Kiensheim, früher Konsheim, das den herrn von Lupfen gehörte; s. Schöpflin, Alsatia diplomatica II, 424.
  7. gleichwol] hs. gleichweil.
  8. groppen] Foreo-Geßner Fischbuch 1563 Bl. 162.
  9. sie] wohl zu ergänzen.
  10. mueste] hs. muesten.
  11. orten] wohl zu ergänzen.