Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Friedrich Heinrich Ludwig, Prinz von Preussen

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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Friedrich Heinrich Ludwig, Prinz von Preussen
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 117–118
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Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Friedrich Heinrich Ludwig, Prinz von Preussen.
Geb. d. 18. Jan. 1726, gest. d. 3. Aug. 1802.


Prinz Heinrich von Preußen! Mit diesem kurzen Namen prägt die Geschichte einen der heldenmüthigsten Sprößlinge des ruhmreichen Hohenzollernstammes in das Gedächtniß der Nachwelt. Er war König Friedrich Wilhelm I. von Preußen fünfter Prinz, und litt nicht minder wie seine Geschwister unter der harten Zucht seines strengen Vaters, deren Folgen nachhaltig an ihm bemerkbar blieben, wie sehr auch später und nach de Vaters 1740 erfolgtem Tode sein Geist noch zu glücklicher Entfaltung gedieh, und durch Freude am Schönen, Kunst und Wissenschaft reiche Entschädigung für eine verkümmerte Jugend empfing. Im Jahre 1742 trat Prinz Heinrich in das Heer, machte als Oberster den Feldzug nach Mähren mit, half die Siegesschlacht bei Czaslau schlagen, vertheidigte die Stadt Tabor heldenmüthig gegen Nadasty, und half nicht minder im Juni 1745 zu dem Siege bei Hohenfriedberg beitragen. Nach dem Friedensabschluß, der diesen Krieg beendete, konnte der Prinz sich wieder jenen hohen und schönen Neigungen widmen, die das Leben veredeln und schmücken. Von seinem großen Bruder innig geliebt, im geistvollen Umgange sich bewegend, war der Prinz glücklich in der Pflege schöner Künste, über denen er aber fortgesetzte strategische Studien nicht hintenansetzte. Dazu kam nach der Wahl des Herzens eine glückliche Vermählung mit Prinzessin Wilhelmine, Tochter des Prinzen Maximilian von Hessen-Kassel, am 25. Juni 1752, bei der des Prinzen Herz anfangs seine volle Befriedigung fand. Ein Palast in der Hauptstadt und die romantische Burg Rheinsberg, durch Friedrichs II. Aufenthalt in seinen Kronprinzjahren für immer geweiht, waren Prinz Heinrich’s Eigenthum. Doch rief wieder die Tuba des Krieges zu den Waffen, der siebenjährige Krieg begann, und Prinz Heinrich eilte zum Heere des Bruders, und leistete diesem durch hohe Feldherrngaben, wie durch persönliche Tapferkeit in diesem Kriege die wesentlichsten Dienste. Davon zeugten die Schlachten bei Prag, bei Kollin und bei Roßbach; in der letzteren Schlacht empfing Prinz Heinrich eine Wunde. Später hatte der Prinz den Oberbefehl über das in Sachsen aufgestellte Heer, und kämpfte mit nur 25,000 Mann gegen die [Ξ] an Truppenzahl ihm weit überlegene Reichsarmee, mit der umsichtvollsten Tactik, unterstützte den Rückzug Friedrich’s II. nach Schlesien, wobei er das Hintertreffen befehligte und Sachsen sicherte, welchen Besitz Prinz Heinrich auch nach der Hand und nach Eröffnung des Feldzugs von 1759 behauptete. Als der König nach der Niederlage bei Kay am 28. Juni 1759 sich genöthigt sah, durch ein Heer die Mark Brandenburg zu decken, war es wieder Prinz Heinrich, der ihm 25 Schwadronen Reiter und 16 Bataillone Fußtruppen zuführte. Der König stellte sich an die Spitze dieser Truppen, und sein Bruder übernahm den Oberbefehl über die Armee, welche bisher der König befehligt hatte. Er führte nun, bald vertheidigend, bald zu rechter Zeit angreifend, einen Krieg, in dem er sein ganzes glänzendes Feldherrntalent entfaltete, und blieb auch nach der unheilvollen Schlacht bei Kunersdorf unentmuthigt, gewann durch strategische klug überlegte Operationen Zeit und mit dieser für den schwer durch sein Geschick niedergebeugten König alles, so daß alle Einsichtvollen dem Prinzen Heinrich willig das Verdienst zuerkannten, das Vaterland gerettet zu haben. Von diesem höchsten Ruhme, den ein Sterblicher erreichen kann, umglänzt, folgte Prinz Heinrich seinem erhabenen Berufe im Feldzuge von 1760 gemessenen Schrittes, in dem er meist vertheidigungsweise sich gegen die Russen in Schlesien, dann gegen das österreichische Heer in Sachsen verhielt, und erst 1762 zu Angriffen schritt, welche das Glück begünstigte. Der große Kriegsherr, der König selbst, zollte seinem Bruder die aufrichtigste, bewundernde Anerkennung, das höchste Lob, er nannte ihn den einzigen Feldherrn ohne Tadel in den bisherigen Kriegen, und so trug Prinz Heinrich nach dem Hubertusburger Friedensschluß seinen vollen Ruhmeskranz in glückliche Friedensjahre hinüber. Sein Rheinsberg wurde sein Musensitz und sein Tempel; wie aber nach dem Ausspruch jenes griechischen Weisen kein Mensch vor dem Tode glücklich gepriesen werden soll, so blieb es auch dem Prinzen nicht erspart, Dornen auf seinem Wege zu finden, denen kein großer und bedeutender Mann entgeht, selbst wenn sein Erdenloos ein seltenglückliches zu nennen ist. Prinz Heinrich sah sich durch Ränke und Kabalen unwürdiger Freunde in manche Verdrießlichkeit verwickelt, die in der Trennung von seiner Gemahlin und der Zerstörung seines Familienglücks ihr Endziel fanden. Nur Wissenschaft, Philosophie und Künste, darunter vornehmlich Malerei und Musik entschädigten theilweise für ein verlorenes Glück, und der für ideale Freundschaft schwärmende Sinn wußte für die entschwundene Liebe Ersatz zu gewinnen. Im Jahre 1770 besuchte Prinz Heinrich seine Schwester, Louise Ulrike, die Königin von Schweden, Gemahlin Friedrich’s von Holstein-Gottorp; empfing in Stockholm ehrenvolle Einladung der Kaiserin Katharina, und half auf diplomatischem Wege mit zur Theilung Polens, die ganz zur Zufriedenheit seines Bruders, des Königs, verunstaltet wurde. Als 1778 der bayerische Erbfolgekrieg ausbrach, eilte Prinz Heinrich wieder zu den Waffen, vereinigte sein Heer mit dem des Königs von Sachsen, rückte in Böhmen ein, wo er sich wegen Mangel an Lebensbedarf nicht auf die Dauer behaupten konnte, und half den Frieden von Teschen zu Stande bringen.

In geheimer diplomatischer Sendung, deren Zweck aber umschleiert blieb, reiste Prinz Heinrich von Preußen 1784 an den Hof zu Versailles. Preußen wollte sich gern mit Frankreich insgeheim gegen Oesterreich verbinden, aber es war dazu schon zu spät; der schwache König von Frankreich konnte bereits nicht mehr frei handeln, und seinem Kabinet mangelte so Einsicht, wie Thatkraft.

Mit dem 1786 erfolgten Tode König Friedrich II. schloß sich die staatsmännische Wirksamkeit des Prinzen Heinrich; er hatte nicht geringe Lust, aus manchen Gründen Preußen und Deutschland ganz zu verlassen, und sein Leben in Frankreich zu beschließen, für dessen Land, Volk und Sprache er die große Vorliebe mit seinem Bruder theilte, und ging wirklich 1788 nach Paris, von wo ihn aber bald der Ausbruch der Revolution wieder vertrieb. Der Prinz wählte nun sein schönes Rheinsberg zum dauernden Aufenthalt, gestaltete dieses Schloß zu einem Asyle der Musen, hielt sich fern von politischem Einfluß, und sah ungleich mehr mißbilligend als billigend die kriegerischen Bewegungen Preußens gegen Frankreich, denen seine Einsicht gute Erfolge nicht voraussagen konnte. Prinz Heinrich erlebte noch die verheißungreiche Thronbesteigung König Friedrich Wilhelm III. von Preußen und beschloß sein Leben als ein Weiser, dem es vergönnt ward, auf seinen Lorbeeren ausruhend auf ein edles Leben voll Thatenglanz und auf die Uebung aller patriotischen Tugenden zurückzublicken.