Über die Umwandlung kinetischer Energie in Strahlung

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Autor: Friedrich Hasenöhrl
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Titel: Über die Umwandlung kinetischer Energie in Strahlung
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aus: Physikalische Zeitschrift. 10. Jahrgang, No. 22 (1909), S. 829–830
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Erscheinungsdatum: 1909
Verlag: S. Hirzel
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Michigan-USA*, Commons
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F. Hasenöhrl (Wien), Über die Umwandlung kinetischer Energie in Strahlung.

Es wurde bereits von Thiesen[1] gezeigt, daß eine beiderseitig spiegelnde Platte einen Widerstand erfährt, wenn sie sich durch einen mit (nach allen Richtungen gleichmäßig verteilter) Strahlung erfüllten Raum bewegt. Die Größe dieses Widerstandes ergibt sich zu

,

wenn die Fläche der Platte, die Energiedichte der Strahlung, der Quotient aus der Translationsgeschwindigkeit der Platte in die Lichtgeschwindigkeit ist. In obigem Ausdruck sind Größen von der Ordnung an vernachlässigt. Thiesen bemerkt, daß der gefundene Widerstand so klein ist, daß sein Einfluß auf die Bewegung eines Körpers von irgendwie erheblicher Masse ganz vernachlässigt werden kann; daß jedoch die Bewegung eines Moleküles durch denselben wesentlich modifiziert werden müßte.

Ich habe mir nun im folgenden die Aufgabe gestellt, diese Frage eingehender zu studieren. An Stelle einer beiderseitig spiegelnden Platte habe ich andere Körper betrachtet, die noch eher ein, wenn auch ganz rohes, Bild der Moleküle abgeben können. Die Berechnung des Widerstandes, den die Bewegung eines solchen Körpers erfährt, geschieht am einfachsten mit Hilfe des Relativitätsprinzipes. Man hat dabei von dem Ausdruck für die Kraft auszugehen, den parallele Strahlung auf den ruhend gedachten Körper ausübt.

Ich habe drei hierhergehörige Beispiele durchgerechnet:

1. Eine reflektierende Kugel, deren Radius groß gegen die Wellenlänge der Strahlung ist. Die Kraft, welche parallele Strahlung von der Energiedichte auf eine solche Kugel ausübt ist . Der Widerstand, den sie erfährt, ergibt sich in erster Annäherung zu

.

(Die Berechnung der höheren Glieder hat hier und bei den folgenden Beispielen keinerlei Schwierigkeit.) Da der Radius eines Moleküles im allgemeinen als klein gegen die Wellenlänge der Strahlung zu betrachten ist, kann dieses Beispiel auch nicht ein angenähertes Bild tatsächlicher Vorgänge liefern. Wir betrachten demnach:

2. Eine reflektierende Kugel, deren Radius klein gegen die Wellenlänge der Strahlung ist. Der Druck paralleler Strahlung auf eine solche, ruhend gedachte Kugel ist nach Schwarzschild[2] gleich:

,

wo wieder die Energiedichte, die Schwingungszahl der einfallenden Strahlung ist. Der Widerstand, den die Kugel durch die im unendlich kleinen Spektralgebiet enthaltene Strahlung von der Energiedichte erfährt, ergibt sich zu:

3. Ein freies Elektron. Fällt parallele Strahlung auf ein solches, so gerät es in Schwingung, und man überzeugt sich, daß, abgesehen von den periodischen Kräften, die eben die Schwingung erregen, eine Translationskraft in der Fortpflanzungsrichtung der Strahlen wirkt, deren Betrag sich (falls die einfallende Strahlung nicht eine abnorme Intensität hat, und daher die Bewegung als quasi stationär anzusehen ist) zu ergibt, wo und Ladung und Masse des Elektrons sind. (Diese Kraft ist verhältnismäßig nicht allzu gering; hätte die einfallende Strahlung die Intensität der Sonnenstrahlung, so würde das Elektron eine Beschleunigung von ca. 0,05 cm sec–2 erfahren.) Der Widerstand, den das bewegte Elektron erfahrt, ergibt sich zu:

.

Um uns eine Vorstellung von der Größenordnung dieses Effektes zu bilden, wollen wir in Beispiel 1 und 2 cm setzen, welche Größe ungefähr dem Molekülradius entspricht. Für die Dichte der Strahlung setzen wir den Betrag der Hohlraumstrahlung bei 0° C ein. Bei Beispiel 2 muß noch eine Voraussetzung über die spektrale Verteilung der Energie gemacht werden; wir nehmen die durch das Plancksche Gesetz geforderte Verteilung, ebenfalls für 0° C an.

Wir können dann die Abnahme der lebendigen Kraft berechnen, die der oben angegebene Widerstand bei der Bewegung eines oder vieler solcher Körper (solange sie sich gegenseitig nicht beeinflussen) zur Folge hat. Es ergibt sich bei den drei betrachteten Beispielen für bezw. der Wert

Fall 1 ist nur wegen seiner Einfachheit mit in Betracht gezogen; die Annahmen, daß cm und groß gegen die Wellenlänge der Strahlung bei 0° C sei, widersprechen einander. Wir beschäftigen uns daher nur mit den zwei letzten Zahlen; sie zeigen, daß die gesuchte Abnahme der lebendigen Kraft eine außerordentlich geringe ist. Dieselbe würde erst in bezw. in 200 Jahren um 1 Proz. sinken. Auch wenn die anfängliche Dichte der Strahlung eine größere ist, wenn sie etwa der Hohlraumstrahlung bei fünffacher absoluter Temperatur, also bei 1092° C entspräche, wären die obigen Zahlen 770 Jahre bezw. 1/3 Jahr.

Denken wir uns nun einen nach außen ganz abgeschlossenen Raum, in dem sich Strahlungsenergie und ein „Gas“ befinden, dessen Moleküle aus einer reflektierenden Kugel, wie wir sie etwa in Beispiel 2 behandelt haben, bestehen. (Es kann sich hier natürlich höchstens um ein ganz rohes Bild tatsächlicher Vorgänge handeln; die Ausdrücke „Gas“ und „Molekül“ sind durchaus nicht wörtlich zu verstehen.) Es wird sich nach dem Obigen die kinetische Energie der Moleküle allmählich in Strahlung verwandeln — diese Umwandlung wird aber so langsam vor sich gehen, daß die gewöhnlichen Gasgesetze (das Verteilungsgesetz der Geschwindigkeiten etwa, oder das Verhältnis der spezifischen Wärmen) nicht in merkbarer Weise alteriert würden.

Die Veränderung der Strahlung wird im allgemeinen prozentuell viel rascher vor sich gehen; mit der Vermehrung der Strahlungsenergie ist in den meisten Fällen eine Verkürzung der Wellenlänge verbunden.

Das genauere Studium der Veränderung der Strahlung bezüglich Gesamtintensität und spektraler Verteilung, sowie des Einflusses der Eigenschwingungen der bewegten Körperchen behalte ich einer späteren Untersuchung vor. Nach Herrn Einsteins Hypothese würde der hier statuierte Effekt durch die Unregelmäßigkeiten der Strahlung gerade aufgehoben.

(Die ausführliche Begründung der hier angegebenen Resultate wird demnächst an anderer Stelle publiziert werden.)

Wien, im Oktober 1909.

(Eingegangen 13. Oktober 1909.)
Diskussion.

Einstein: Natürlich würden in diesem Falle die unregelmäßigen Schwankungen gerade so sein, daß das Maxwellsche Verteilungsgesetz aufrecht erhalten wird, d. h. daß die Dämpfung kompensiert wird durch die unregelmäßigen Stöße.

Vortragender: Ich weiß nicht, ob ich Sie richtig verstehe. Sie meinen, wenn Sie ein abgeschlossenes Gefäß sich denken und Körperchen sich darin bewegen, daß die überhaupt nicht durch die Strahlung gedämpft würden.

Einstein: Jawohl.

Vortragender: Ich bekomme merkbare Dämpfung der Bewegung erst in praktisch unendlich langer Zeit.

Planck: Die Voraussetzungen, von denen die beiden Herren ausgehen, sind wohl verschieden. Der Herr Vortragende betrachtet eine vollkommen gleichmäßige Strahlungsintensität, während Herr Einstein Schwankungen der Strahlung betrachtet und dadurch auch Schwankungen in den resultierenden Wirkungen, d. h. keine vollständige Dämpfung bekommt.



  1. M. Thiesen, Verh. d. D. Phys. Ges. 3, 177–180, 1901.
  2. K. Schwarzschild, Münch. Ber. S. 293, 1902.