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ADB:Becker, Nikolaus

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Artikel „Becker, Nikolaus“ von Rochus von Liliencron in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 226–227, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Becker,_Nikolaus&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 09:50 Uhr UTC)
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Becker: Nicolaus B., der Dichter des Rheinliedes, geb. zu Bonn 1809 als Sohn eines Kaufmanns, † als kölnischer Friedensgerichtsschreiber am 28. August [227] 1845. In Deutschland ward im Jahre 1840 die öffentliche Meinung von einer Frühlingsregung nationalen Geistes bewegt. In die schon durch den Thronwechsel in Preußen zu unbestimmten Hoffnungen angeregte Stimmung fiel durch die vermöge der orientalischen Frage drohende Kriegsgefahr und durch die allarmirende Haltung des Thiers’schen Ministeriums ein neuer Gährungsstoff. Wie sich drüben plötzlich das alte Geschrei nach der Rheingrenze in Presse und Parlamentsreden vernehmen ließ, so erwachte auch diesseits in den Gemüthern die Ahnung, daß noch einmal um den Rhein ein für Deutschlands politische Zukunft entscheidender Kampf bevorstehe. Da erschien neben manchen andern dichterischen Ergüssen, zuerst in der „Trierschen Zeitung“, Becker’s Lied: „Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein“. Es hatte den rechten Ton des Augenblickes getroffen. Nur diesem Vorzug und dem Umstand, daß jene erste nationale Aufregung ihren liebsten Ausdruck im Gesange der Liedertafeln fand, dankte das sonst dichterich nicht eben bedeutende noch volksthümliche Lied mit seiner zahmen defensiven Begeisterung seinen allgemeinen Anklang. Von Zeitung zu Zeitung wandernd machte es sich rasch seinen Weg nicht nur durch ganz Deutschland, sondern weit darüber hinaus. Von zahllosen Componisten, unter denen Konradin Kreutzer noch den besten Wurf that, in Musik gesetzt, suchte es gleichwol vergebens nach einer Melodie, die dem Volke genügt hätte. Weder der Inhalt des Liedes noch die politische Stimmung, der es entsprang, war eben tief genug, um einen wahren Genius zu einer bedeutenden Schöpfung aufzuregen. Schnell in aller Leute Mund, machte es seinen Schöpfer, der bis dahin nur bescheiden im Geheimen gedichtet hatte, plötzlich zum gefeierten Mann, um eben so rasch in wenig Jahren mit ihm wieder vergessen zu werden. Ihm trug es viel Ehrengaben und vom König von Preußen die erbetene Gerichtsschreiberstelle ein. Aber der Band Gedichte, zu dessen Herausgabe ein so berauschender Erfolg ihn 1841 ermuthigte, bereitete nur Andern und ihm selbst eine Enttäuschung. Dies mag an dem unordentlichen Lebenswandel, dem er verfiel, mit Schuld gewesen sein. Bald erlag er einem anfangs verwahrlosten Brustleiden.

Vgl. N. Nekrol. XXIII. (1845) 714.