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ADB:Bekker, Balthasar

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Artikel „Bekker, Balthasar“ von Gustav Frank in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 299–300, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bekker,_Balthasar&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 03:07 Uhr UTC)
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Bekker: Balthasar B., geb. 30. März 1634 in Westfriesland, † 11. Juni 1698, Geistlicher zu Oosterlittens, Franeker, Lönen, Weesop, zuletzt in Amsterdam, ist durch sein, zu Leuwarden und Amsterdam 1690–93 erschienenes Werk: „Die bezauberte Welt“ zum Herold des Adämonismus geworden. Cartesius [300] hatte zwischen die Welt der Geister und der Körper einen unversöhnlichen Zwiespalt gesetzt, der Geist ist nur denkende (non operatur nisi cogitando), der Körper nur ausgedehnte Substanz. Aus diesem Cartesischen Dualismus zog B. den für die Dämonologie folgenschweren Satz: Quod Spiritus in corpus agere non possit. Es ist unmöglich, daß ein Geist, dessen Wesen einzig im Denken besteht, ohne körperliche Vermittelung auf einen andern Geist, geschweige auf einen Körper bewegend wirken kann. Die vollkommnere, also mehr vermögende Kraft der höheren Geister ändert an diesem Grundsatz nichts. Denn unsere Seele, obgleich sie vollkommner ist als der Leib, kann doch ohne Leib nicht besser singen als eine Nachtigall oder besser reden als ein Papagei. Sonach ist die Macht des Teufels auf das Gemüth des Menschen zu wirken, durchaus unerweislich, eine Chimäre; dem Beweis aus der Philosophie fügt B. den Schriftbeweis hinzu. Zuerst steht fest, daß die Bibel eine Theorie über Engel und Teufel ebensowenig aufstellt, als über König Davids Leibwache, die Creti und Pleti. Doch wie der natürliche Verstand die Möglichkeit, so lehrt die Bibel die Wirklichkeit höherer Geister, aber sie lehrt nicht eine unmittelbare Wirkung derselben auf den Menschen. Sollen gute Engel auf Erden wirken, so muß ihnen erst Gottes Gunst und Macht einen Leib oder leibliches Gleichniß geben. Aber der Teufel liegt wie ein Kettenhund (Bandrekel) in der Hölle auf ewig angebunden. Soll man annehmen, daß der höchste Richter den verfluchten Feind aus dem Kerker loslassen und rüsten werde, um nach Belieben Wunder zu thun und den einen oder andern Lumpenhandel zur Unehre des Schöpfers und seines liebsten Geschöpfes ins Werk zu setzen? Was die Schrift von Teufelserscheinungen erzählt (z. B. bei der Verführung der ersten Menschen, bei der Versuchung Christi), ist nicht buchstäblich, sondern allegorisch zu verstehn. Die Dämonenbesitzungen im Neuen Testamente waren gewisse böse Krankheiten, welche das Gehirn und dadurch die inwendigen Sinne verwirrten. Bei ihrer Heilung hat sich Christus nach des Volkes Vorstellung gerichtet. Was die Schrift sonst noch vom Teufel berichtet, ist bequem von bösen Menschen zu verstehn. So gestützt auf Gründe der Philosophie und Schrift ist B. herzhaft in die Schlacht gezogen gegen weiße Frauen, Hausteufel, Kobolde und Bärwölfe. „Ach, der Teufel nimmt uns soviel Zeit und Raum weg, wo Gott und seine heiligen Engel und Gunstgenossen stehen könnten“. Eine Menge Streitschriften erschien wider diesen neuen Sadducäismus, Consistorien, Classes und Synoden standen gegen seinen geistlichen Vertreter auf. Mit Belassung seines Gehaltes entsetzt, ist B. in dem Bewußtsein gestorben, daß seine Sache einst siegen werde, wie die des Fürsten der Mathematiker Copernicus.

Zu der in meiner Geschichte der protest. Theologie II. 315 verzeichneten Litteratur ist hinzuzufügen: G. Roskoff, Geschichte des Teufels. Leipzig 1869. II. 467.