ADB:Boldensele, Wilhelm von
[97] Nr. 34) ausgesprochene und von Grotefend (Zeitschr. der deutschen morgenl. Gesellschaft. Bd. 16. S. 710 ff.) adoptirte Ansicht, als wäre B. der letzte Sprosse der Grafen von Wölpa gewesen, den stärksten Bedenken, wie v. Alten (Zeitschr. des hist. Vereins f. Niedersachsen 1861. S. 219 ff.) nachgewiesen hat. Die Angabe, daß B. Johanniterritter gewesen, beruht auf einem Mißverständniß. – Ueber die Lebensumstände des B. s. Henr. de Hervordia Chron. ed. Potthast p. 250; Chron. Mindense bei Meibom. SS. rer. German. T. I p. 567; beste Ausgabe des Reiseberichts durch Grotefend in der Zeitschr. des hist. Vereins f. Niedersachsen 1852. S. 237–286. Ueber dessen Werth, Handschriften, Ausgaben, Uebersetzungen, außer Beckmann, Litt. d. älteren Reisebeschreibungen 2, 226 ff., namentlich Tobler, Biblioth. geogr. p. 35 ss.
Boldensele: Wilhelm v. B. Unter diesem angenommenen Namen verbarg sich ein flüchtiger Mönch, welchen Freiheitsdrang und Unternehmungslust trieb, das Dominicanerkloster St. Paul zu Minden eigenmächtig zu verlassen (um 1330) und auf weiter Seefahrt an den Küsten Italiens, Griechenlands und Kleinasiens hin das heilige Land aufzusuchen, wo er in den Jahren 1332 und 1333 geweilt zu haben scheint. Als er wieder zurückgekommen war, bewog ihn der Cardinal Elia Talleyrand von Perigord in Avignon seine Beobachtungen niederzuschreiben (1336), und wie die vielen existirenden Handschriften sowie eine alte französische Uebersetzung beweisen, las die damalige Welt seinen „Itinerarius“ mit Begierde, zumal da er für einen eben damals geplanten neuen Kreuzzug nützlich werden konnte. Noch ist der kurze Bericht von Werth, indem der Reisende die ausgetretenen Pfade des gewöhnlichen Pilgertrosses verschmähend, den durch die biblische Geschichte wichtig gewordenen Orten Palästina’s in weitem Umkreis nachgegangen ist, außerdem aber auch über andere Theile der Levante Bemerkenswerthes aufgezeichnet hat; in seinen schlichten Schilderungen gibt sich eine treue und nüchterne Beobachtung kund. Nicht lange nach Abfassung seines Buchs (1337 oder 1338?) überraschte ihn in Köln bei den Dominicanern der Tod, welcher ihn an der Ausführung seines Vorsatzes, in sein altes Ordenshaus wieder einzutreten, gehindert hat. Der ehrenvolle Empfang, welchen B. bei den Machthabern des Orients fand, und die stattliche Begleitung, mit welcher er sich umgab, lassen auf reiche Mittel und höheren Rang schließen. Wirklich war er wenigstens nach Einer Seite hin von edlem Stamme, indem seine Mutter dem lüneburgischen Geschlecht derer von Boldensele (später Boldensen genannt) entsproßte (über welches man vergleiche Grotefend in der Zeitschr. des historischen Vereins in Niedersachsen 1852 S. 209–226). Seinen Vater gleichfalls unter den Edlen zu suchen, verbietet, wie es scheint, der Wortlaut der auf seine mütterliche Abkunft bezüglichen Stelle des Chronicon Mindense. Als den eigentlichen Stamm Boldensele’s bezeichnen verläßliche Chroniken: Otto von Nyenhusen (Nygenhus). Nun gab es zwar in jener Zeit eine Burg Nyenhus (Nova Domus, Novum Castrum) bei Liebenau im Hoyaischen, aber keine Familie, welche sich nach dieser Burg nannte. Wahrscheinlich gehörte Otto einem der verschiedenen Geschlechter an, welche von dem Besitzer der Burg, dem Bischof von Minden, mit Burgmannssitzen auf derselben begabt waren. Näheres zu ermitteln ist wenigstens für jetzt unmöglich; namentlich aber begegnet die von Ledebur (Wochenblatt des Johanniterordens der Balley Brandenburg 1861.