ADB:Brandt, Johann Friedrich
Rudolphi, Hufeland, Jüngken, Rust, Gräfe, Kluge u. A., trieb aber daneben mit Vorliebe botanische, [183] zoologische und mineralogische Studien. Hier in Berlin schloß er Freundschaft mit Ratzeburg und gewann die Protection Rudolphi’s, dessen Amanuensis er eine Zeit lang war. Am 24. Juni 1826 wurde B. nach Vertheidigung seiner Dissertation: „Observationes anatomicae de mammalium quorundam vocis instrumento“ zum Dr. med. promovirt, bestand im Lauf des Sommers die Staatsprüfung und erhielt die Approbation eines Arztes. Nachdem er kurze Zeit bei dem berühmten praktischen Arzt Heim als Assistent thätig gewesen war, erhielt er die Stelle eines Gehülfen am anatomischen Institut der Universität, begann sofort die Herausgabe der „Medizinischen Zoologie“ in Gemeinschaft mit seinem Freunde Ratzeburg, und habilitirte sich 1828 als Privatdocent. Er las medicinische Botanik, Pharmakologie und medicinische Waarenkunde; seine litterarischen Arbeiten bewegten sich aber damals mehr auf dem Gebiet der Botanik als der Zoologie. Doch arbeitete er besonders fleißig an der „Medicinischen Zoologie“, deren erster Band 1829 erschien. Trotz seines Fleißes und seines Eifers fand B. in Deutschland keine Stelle, und wie einst Wolff, Schreiber, Steller und andere deutsche Gelehrte, ging er nach Osten, um in Rußland als Naturforscher zu wirken. Im August 1831 erhielt B. – auf die Empfehlung Humboldt’s und Rudolphi’s – die Stellung eines Mitgliedes (Adjuncts) der Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg und eines Directors des zoologischen Museums. Sein Vorgänger war K. E. v. Baer, der damals kurz vorher sein Amt in Königsberg aufgegeben und die Stelle eines Akademikers in St. Petersburg übernommen hatte, aber weil ihm das Petersburger Leben nicht behagte, wieder nach Königsberg zurückgekehrt war. B. wurde 1833 ordentlicher Akademiker und blieb in diesem Amte bis zu seinem Tode, 3./15. Juli 1879. Neben seiner Stellung als Akademiker unterrichtete B. 15 Jahre lang am Pädagogischen Hauptinstitut – einer Anstalt, um Lehrer zu bilden – und war 18 Jahre lang (1851–69) Professor der Zoologie an der militär-medicinischen Akademie zur Ausbildung von Militärärzten.
Brandt: Johann Friedrich B., namhafter Naturforscher, erblickte das Licht der Welt zu Jüterbogk am 25. Mai 1802 als Sohn des dortigen Arztes. Er besuchte zuerst das Gymnasium seiner Vaterstadt und gewann bereits auf der Schule ein lebhaftes Interesse für die Naturwissenschaften, insbesondere für Pflanzenkunde, mit welcher ihn ein Großonkel Heinsius bekannt machte. Später kam er nach Wittenberg aufs Lyceum, und nach glücklich bestandener Reifeprüfung bezog er 1821 die Universität zu Berlin, um Medicin zu studiren. Er hörte medicinische Vorlesungen beiAm 12./24. Januar 1876 beging B. unter großer Theilnahme seiner Freunde und Verehrer die Feier seines 50jährigen Doctorjubiläums: er wurde von allen Seiten ausgezeichnet durch Orden und andere Ehrenbezeugungen. Zu Ehren Brandt’s wurde eine Medaille geprägt und ein Brandt-Preis für hervorragende zoologische Arbeiten gestiftet.
Als B. nach St. Petersburg kam, war er bereits ein berühmter Mann, denn er hatte neben vielen kleineren und größeren Einzelarbeiten den ersten Band der „Medicinischen Zoologie“ erscheinen lassen. Dieses umfassende, grundlegende Werk, „getreue Darstellung und Beschreibung der Thiere, die in der Arzneimittellehre in Betracht kommen“ (von Dr. Brandt und Ratzeburg, Berlin 1829–1833) verdient an die Spitze der wissenschaftlichen Arbeiten Brandt’s gestellt zu werden. – In Rußland eröffnete sich dem gelehrten Forscher nun ein großes und reiches Arbeitsgebiet. B. ist nach zwei Richtungen insbesondere thätig gewesen, als Forscher und als Sammler. Er fand eine sehr dürftige zoologische Sammlung in St. Petersburg vor, und sein Verdienst ist es, wenn heute die akademische Sammlung von St. Petersburg eine der größten und reichhaltigsten ist. Er machte vielfach Reisen ins Innere des Reiches, nach der Krim, nach Bessarabien, nach dem Kaukasus, um zu sammeln; er versäumte es auch nicht, sich durch Besuch der berühmten Museen des Westens über die Fortschritte der Wissenschaft belehren zu lassen. Doch nicht nur seine eigenen Reisen, sondern vielmehr die von der Akademie ausgerüsteten wissenschaftlichen Expeditionen (Middendorff, Radde u. a.) bereicherten das zoologische Museum Brandt’s. Er sammelte aber nicht nur Thiere, sondern [184] auch Bücher, – ihm ist es zu verdanken, daß die zoologische Abtheilung der Bibliothek der Akademie außerordentlich reiche Schätze enthält. Nach dieser Richtung wurde B. außerordentlich unterstützt durch seinen Freund und Collegen K. E. v. Baer.
Andererseits war B. sehr fleißig und thätig als Schriftsteller: er hat mehr als 300 Abhandlungen, Bücher, Berichte u. s. w. verfaßt. Von einer Aufzählung müssen wir hier abstehen, doch sei hier erinnert an seine werthvollen Beiträge zur Naturgeschichte des Zobels, des Elens, der durch Steller berühmt gewordenen Seekuh (Rhytina), des Mammuths und anderer Thiere. Bei Gelegenheit des 50jährigen Doctorjubiläums erschien ein „Index operum omnium J. F. Brandtii“ (Petropoli 1876), der 318 Nummern aufweist. Bemerkenswerth für die Thätigkeit Brandt’s ist ein Bericht über die Fortschritte, welche die zoologische Wissenschaft vom Jahre 1831–1871 den Schriften der Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg verdankt.
Brandt’s Arbeiten sind mit wenigen Ausnahmen in den Schriften der St. Petersburger Akademie in deutscher Sprache gedruckt; in russischer Sprache ist, soweit mir bekannt, nur eine „Zootomie“ (St. Petersburg 1858, 400 S.) erschienen.
- Ratzeburg, Forstwissenschaftliches Schriftstellerlexikon. Berlin 1874, S. 72–76. – Beschreibg. d. 50jähr. Doctorjubil. St. Petersburg 1877.