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ADB:Brüggemann, Ludwig Wilhelm

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Artikel „Brüggemann, Ludwig Wilhelm“ von Hermann Hering in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 406–407, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Br%C3%BCggemann,_Ludwig_Wilhelm&oldid=- (Version vom 13. November 2024, 23:38 Uhr UTC)
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Brüggemann: Ludwig Wilhelm B., geb. 1. März 1743 zu Jakobshagen in Pommern, wo sein Vater Zachar. B. Pastor und Präpositus der Jakobshagener Synode war, † 1. März 1817. 1765 trat er ins Pfarramt zu Gielsdorf in der Mittelmark, wurde aber in demselben Jahre Feld- und Garnisonprediger bei dem Infanterieregiment v. Koschenbahr in Berlin, und in dieser Stellung zugleich Seelsorger und Lehrer der Prinzessin Amalie von Preußen, Schwester Friedrichs II., in welcher Eigenschaft er sich des besonderen Vertrauens und Wohlwollens des großen Königs erfreute, wofür ein Ring mit der Gemme des Königs, den B. aus dessen Hand als Andenken empfing, zeugt, der noch jetzt im Besitz der Familie ist. Damals gründete B. in Berlin eine Lesegesellschaft für englische Litteratur, welcher die namhaftesten Gelehrten der Residenz wie Spalding, Teller u. A. sich anschlossen. 1773 wurde er als Hofprediger an die Schloßkirche zu Stettin berufen und als solcher zugleich als Mitglied in das Consistorium von Pommern eingeführt. Er hatte das seltene Glück, in dieser Stellung sein funfzigjähriges Amtsjubiläum am 31. Mai 1815 zu erleben. Schon zwei Jahre später starb er an seinem 75. Geburtstage, noch bis dahin in voller amtlicher Thätigkeit. Obgleich zweimal verheirathet, hinterließ er keine directen Nachkommen, da sein einziger Sohn (Assessor beim Provinzial-Obergericht in Stettin) vor ihm starb. – B. war ein Mann, der in den rüstigen Jahren seines Lebens durch seltene Kanzelberedsamkeit, durch ein würdevolles Aeußere, persönliche Liebenswürdigkeit und weltmännische Umgangsformen, besonders durch Biederkeit und Treue des Charakters sich die Hochachtung aller, die ihn kannten, erwarb. Als gründlicher Gelehrter, vorzüglich auf dem Gebiete der classischen Litteratur nahm er an allem, was für dieselbe geschah, selbst mitwirkend den lebendigsten Antheil. Zeugniß dafür, sowie für seine tüchtige Bekanntschaft mit englischer Sprache und Litteratur ist sein gelehrtes Werk: „A view of the English Editions, Translations and Illustrations of the ancient Greek and Latin authors with remarks by Lewis William Brüggemann, counsellor of the consistory at Stettin in Pomerania“, 1797. Dieses Werk, in welches ein früheres, den Cicero allein betreffendes, vor 1795, einverleibt wurde, bot, gestützt auf gründliche Studien und Vertrautheit mit den englischen Ausgaben griechischer und römischer Classiker und späterer Schriftsteller, einschließlich der kirchlichen, bis ins 9. Jahrhundert, eine solche Fülle von Gelehrsamkeit, daß damit die vorhandene Arbeit Harwood’s nicht in Vergleichung zu stellen war. Brüggemann’s Werk fand in England wie in Deutschland (z. B. bei Heyne in Göttingen) den ungetheiltesten Beifall. – Ein besonders großes Verdienst erwarb sich B. durch die von ihm herausgegebene „Ausführliche Beschreibung des Preußischen Vor- und Hinter-Pommern“, I. Bd. 1779, II. Bd. in 2 Abth. 1784, und 2 Supplement-Bände 1800 und 1806. Es wird kaum eine zweite Landschaft Deutschlands in derselben Zeit zu finden sein, die ein gleich bedeutendes topographisch-statistisches Werk aufzuweisen hätte. Bewogen durch Büsching’s Topographie der Mark Brandenburg, beabsichtigte B. ein ähnliches Buch für Pommern zu schaffen. Jenes enthält indeß nicht viel mehr, als ein Namensverzeichniß der Oerter mit Hinzufügung des Kreises, Amtsbezirks und der kirchlichen Verhältnisse. B. erweiterte seinen Plan, ermuntert und nachhaltig unterstützt von dem damaligen Kammerpräsidenten v. Schoening. 1771 erschien sein erster Entwurf, der bei dem General-Directorio die größte Anerkennung fand. Nach amtlich erlassener, planmäßig entworfener Vorschrift bestrebten sich Landräthe, Magistrate, Domänenbeamte, Prediger etc. die zuverlässigsten Beiträge einzusenden, während die Landesbehördern die Archive zur Benutzung boten, und B. in Stand setzten, mit den daher geschöpften Nachrichten sein Material zu berichtigen und zu vervollständigen. Damit noch nicht zufrieden, ließ er sein auf Grund dessen abgefaßtes [407] Werk abschreiben und sandte die betreffende Abschrift den Präpositen (Decanen) zu, mit dem Ersuchen, dieselbe jedem Geistlichen zuzusenden, um die Beschreibung der zu seinem Kirchspiel gehörigen Oerter sorgfältig zu prüfen und die Fehler zu verbessern; wo sich dergleichen nicht fänden, die Richtigkeit durch ihre Namensunterschrift zu bezeugen, was in der That von allen mit der größten Bereitwilligkeit ausgeführt wurde. Ein gleiches Revisionsverfahren veranlaßte die Kriegs- und Domänen-Kammer Seitens der Landräthe, Magistrate der Städte und andere Beamten. So erlangte das Werk eine solche Zuverlässigkeit, daß es, ein Muster für den praktischen Gebrauch der Behörden und Privatpersonen, lange Jahre als eine authentische Quelle behandelt wurde. Erst die neuere Stein-Hardenbergische Gesetzgebung, die Gemeinheitstheilungen, die steigende Bevölkerung, wachsende Cultur des Bodens und immer größere Entwicklung des Handels und Gewerbes hat Vieles so verändert, daß eine Revision des ausgezeichneten Werkes ein Bedürfniß geworden ist. – Das Werk umfaßt: Uebersicht der zu jener Zeit vorhandenen Special-, Land-, Kriegs- und Seekarten, Naturgeschichte Pommerns, Charakter und Eigenthümlichkeit des Volksstammes, Landescultur, Provinzial-Institute, Gerichte, milde Stiftungen, Verzeichnisse der adlichen Geschlechter (Groß-Grundbesitzer) in Pommern und ihrer Wappen, Vasallen-Tabelle, pommersche Regimenter und ihre Cantone, Religions- und Kirchenverfassung, Kreise, fiscalische und Privatgüter, Patrone, Forsten, Handel, Manufacturen und Fabriken, Maße, Gewichte, Straßen, Posten etc. Bei den Städten, Instituten, Stiftungen sind die wichtigsten Gründungsurkunden und Privilegien angeführt. Endlich folgen die Specialien über jedes Dorf, Weiler, Anbau.

Leipziger gelehrter Anzeiger, 1797, 41. Stück. Mai. Göttinger Anzeigen von gelehrten Sachen, 87. Stück, Juni 1797. Intelligenzblatt der Jenaischen allgem. Litt.-Zeitg. Juli 1815. – Stettiner Zeitung, 2. Juni 1815.