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ADB:Bunge, Alexander von

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Artikel „Bunge, Alexander von“ von Ludwig Stieda in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 362–364, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bunge,_Alexander_von&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 08:23 Uhr UTC)
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Bunge: Alexander von B., namhafter Botaniker, wurde am 6. October (24. September) 1803 zu Kiew geboren; er entstammt einer deutschen Familie. Sein Vater Andreas Theodor war der Sohn eines im vorigen Jahrhundert aus Deutschland nach Rußland eingewanderten Apothekers, Georg Friedrich B., der später geadelt wurde, und der die Stelle eines Directors des botanischen Gartens zu Kiew bekleidete. Die Apotheke wie die Directorstelle gingen auf den Sohn über. Alexander v. B. kam, nachdem sein Vater 1814 gestorben war, mit seiner Mutter Elisabeth Antoinette geb. v. Fuhrmann, und seinen beiden Geschwistern, Rosalie und Georg Friedrich (dem später berühmten Rechtshistoriker), 1815 nach Dorpat. Hier besuchte Alexander das Gymnasium [363] von 1818 ab und wurde am 17. December 1821 mit dem Reifezeugniß entlassen. Er bezog die Universität zu Dorpat, um Medicin zu studiren, beschäftigte sich bereits als junger Student eifrig mit Botanik, erhielt 1823 für die Lösung einer Preisaufgabe die goldene Medaille, und wurde nach Beendigung seiner medicinischen Studien im J. 1825 zum Dr. med. promovirt. Auch die Dissertation gab Kunde von der Hinneigung des Verfassers zur Botanik („Diss. inaug. botanico-medica de relatione methodi plantarum naturalis in vires vegetabilium medicales“, 72 S.) Da ihm die Mittel fehlten, um, wie es damals gebräuchlich war, ins Ausland zu weiterer Ausbildung zu gehen, so wandte er sich als Begleiter seines Lehrers, des Professors der Botanik Ledebour, nach Sibirien. Hier fand er sofort eine Stelle als Kreisarzt in Barnaul, wurde aber noch in demselben Jahre nach Kolyma als Arzt des Bergwerks übergeführt. Hier wirkte er zwei Jahre (1824–1826), bis er wieder nach Barnaul zurückversetzt wurde, um die Stelle eines Arztes am dortigen Krankenhause einzunehmen, die er bis 1830 innehatte. Von hier aus hatte B. Gelegenheit, sich sehr genau mit den Pflanzen des Altaigebirges bekannt zu machen. Hier in Barnaul machte er 1829 die Bekanntschaft Alexander’s v. Humboldt, der damals jene Gegenden bereiste. Auf eine Empfehlung Humboldt’s erhielt B. die Weisung, sich als Arzt einer nach Peking abgesandten geistlichen Mission anzuschließen. Mit der Mission reiste B. 1830 nach Peking, und verweilte daselbst acht Monate; er benutzte den Aufenthalt, um möglichst viel Pflanzen zu sammeln und zu beschreiben. Die Frucht dieser Reise war eine „Enumeratio plantarum quas B. in China Boreali collegit 1831“ (St. Petersburg 1833). Nachdem B. Peking verlassen, bereiste er 1832 noch einmal das Altaigebiet mit der besonderen Absicht, daselbst botanische Studien zu machen. Durch seine Arbeiten und Reisen hatte sich B. bereits so weit vortheilhaft bekannt gemacht, daß man ihn (25. Juli 1833) als außerordentlichen Professor der Botanik an der Universität Kasan anstellte. Hier bearbeitete er die in China und im Altai gesammelten Schätze und veröffentlichte „Plantarum Mongolico-Chinensium decas I“ (Kasan 1835) und ein Verzeichniß der im östlichen Altai gesammelten Pflanzen (St. Petersburg 1836), die Ergebnisse seiner im J. 1832 ausgeführten Reisen.

Als Ledebour seine Professur in Dorpat aufgab, um sich nach München zurückzuziehen, wurde B. als ordentlicher Professor der Botanik und als Director des botanischen Gartens nach Dorpat berufen (August 1836). In dieser Stellung wirkte er mehr als 30 Jahre lang bis zum Schluß des Jahres 1867 als Lehrer und Forscher. Vor allem durchforschte er nun die Ostseeprovinzen in botanischer Hinsicht, doch unternahm er auch einmal eine größere Reise. In den Jahren 1858–59 betheiligte er sich in Gesellschaft von Göbel und Bienert an einer Expedition, die unter der Leitung Chanikow’s nach Persien abgeschickt wurde und die insbesondere Chorassan untersuchen sollte. Später machte er noch einige kleinere Reisen nach Westen, um seine gesammelten botanischen Materialien mit Hülfe der Museen von London und Paris zu bearbeiten. Ein kurzer Bericht über die Ergebnisse seiner persischen Reise ist in Petermann’s Mittheilungen (1860) abgedruckt. – Im December 1867 gab er sein Lehramt auf, blieb aber zunächst in Dorpat, um seine wissenschaftlichen Arbeiten fortsetzen zu können. Hier feierte er 1875 sein 50jähriges Doctorjubiläum, wobei die physico-mathematische Facultät (eine Abtheilung der philosophischen) ihn zum Ehrendoctor der Botanik ernannte. 1881 siedelte er nach Sewastopol zu einer daselbst lebenden Tochter über, kehrte aber bald wieder in die alte Heimath Dorpat zurück, um hier seine Lebenstage zu beschließen. [364] Er starb am 18./30. Juli 1890 in Esthland auf einem Landgut, wohin er sich zur Erholung begeben hatte.

B. war ein liebenswürdiger Charakter, ein außerordentlich fleißiger und sorgfältiger Arbeiter, der durch eine große Anzahl von Abhandlungen die systematische botanische Litteratur bereichert hat. Außer den schon oben genannten seien hier angeführt: „Beiträge zur Kenntniß der Flora Rußlands und der Steppen Central-Asiens“ (St. Petersburg 1857); „Tamaricum species“ (Dorpat 1852). In der späteren Zeit beschäftigten ihn die Astragalusarten: „Generis Astragali opera gerontogea I et II“ (St. Petersburg 1868–69). Ein vollständiges Verzeichniß der älteren Arbeiten bietet Recke-Napiersky und Beise’s Nachträge S. 101–109. Doch nicht allein durch seine litterarischen Arbeiten hat B. für seine Wissenschaft gewirkt, sondern auch dadurch, daß er die jüngeren Kräfte herbeizog. Unter seinen Schülern seien genannt: Dr. Lehmann, Arzt in Rossiten, Friedr. Schmidt, Akademiker in St. Petersburg, Dr. Russow, der Bunge’s Nachfolger wurde und Mag. Bienert, der ihn nach Chorassan begleitete. Er hatte ein hohes Interesse für die Wissenschaft und strebte danach, ihr Jünger zuzuführen – er war einer der Mitbegründer des Dorpater Naturforscher-Vereins und der Rigaer Gesellschaft der Naturforscher.