ADB:Cancrin, Franz Ludwig von
Wilhelm von Hessen die Weisung erhielt, einen seiner Söhne in der Bergwerkswissenschaft auszubilden, fiel die Wahl auf Franz Ludwig, welcher demgemäß nach dem damaligen Gebrauche zur Erlernung dieser Wissenschaft einige Lehrjahre zu bestehen hatte. Dies geschah unter väterlicher Leitung. Seine große Anstelligkeit und praktische Geschicklichkeit verschafften dem kaum 20jährigen C. bereits mehrere, für damalige Zeit glänzende Anerbietungen zur Uebernahme von Bergwerks- und Salinendirectorsstellen, die er jedoch ausschlug, um seiner Lieblingsneigung, die Rechte zu studiren, folgen zu können. Er bezog deßhalb 1759–1762 die Universität Jena, wo er neben den juristischen Studien [741] sich zugleich noch in den mathematischen Fächern weiter ausbildete. Von einer längeren Instructionsreise behufs des Besuchs der Bergwerke in Hessen, am Harz, in Thüringen und im Mannsfeldischen zurückgekehrt, erhielt C. 1764 in Hanau die Stelle eines Secretärs und 1767 die eines Assessors bei der Rentkammer. Auch wurde ihm der Auftrag ertheilt, den Prinzen Friedrich in der Mathematik und dem Ingenieurfach zu unterrichten, später fiel ihm auch die Professur der Mathematik am Gymnasium und an der Militärakademie, sowie die Direction des Civilbauwesens zu. In dieser Zeit trat er mit seinen ersten Publicationen hervor: „Praktische Abhandlung von Zubereitung und Zugutmachung der Kupfererze“ 1765 und „Beschreibung der vorz. Bergwerke in Hessen etc.“ 1767, wovon das erste Werk als eine ganz vorzügliche Darstellung des Kupferhüttenprocesses durch eine Uebersetzung ins Französische ausgezeichnet wurde. 1768 weiter noch zur Theilnahme an der Oberweg- und Baukommission berufen, wurde C. auch mit der Direction des Theaters betraut. Auf Ansuchen wegen seiner schwächlichen Gesundheit von der Professur befreit, wurde er 1773 zum wirklichen Kammerrathe und 1774 zum Director des Münzwesens ernannt. Trotz der vielfachen dienstlichen Beschäftigung, wozu auch der Bau eines Theaters, zahlreicher Salinengebäude, die Errichtung des Wilhelmsbades zu rechnen sind, fand er damals Muße genug, um ein umfassendes Werk über den ganzen Umfang der Berg- und Salzwerkskunde mit Einschluß der Mineralogie, der Probierkunde, der Mathematik und Mechanik in 12 Bänden auszuarbeiten und 1773–91 zu publiciren, ein Werk, welches an Gediegenheit und Vollständigkeit lange unübertroffen blieb. Sein Ruf war bereits ein europäischer geworden. Die hessische Akademie der Wissenschaften in Gießen ernannte ihn 1768 zu ihrem wirklichen, die naturforschende Gesellschaft in Berlin 1778 zum Ehrenmitgliede. Mehrfache Berufungen ins Ausland schlug er beharrlich aus, und erhielt dafür 1781 den Titel eines hessischen Oberkammerraths. Erst 1782 endlich folgte er einem Ruf des Markgrafen von Ansbach, der ihn zum Canzleidirector in Altenkirchen in der damaligen Grafschaft Sayn ernannte. Doch schon 1783 vertauschte C. diese Stelle mit einer äußerst günstigen als russischer Collegienrath, womit die oberste Leitung der berühmten Salinen von Staraja im Gouvernement Nowgorod verbunden war. Seit dieser Zeit lebte C. in Rußland, verweilte jedoch oft auf Urlaub in Deutschland, wie von 1786–93 in Gießen, hier meist mit wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigt. In seiner Stellung bei der Saline Staraja unterstützte ihn seit 1796[WS 1] sein Sohn, der später berühmte russische Staatsminister Graf Georg v. C., der damals als Assistent in russische Dienste getreten war. Nach kurzer Zeit wurde C. als Etatsrath nach St. Petersburg berufen, 1798 zum Staatsrath befördert und starb daselbst ziemlich unbeachtet 1812, nach anderen Angaben erst 1816.
Cancrin: Franz Ludwig v. C. (Cancrinus), hervorragender Berg- und Hüttenmann, geb. 21. Febr. 1738 zu Breitenbach, Amt Gohren, † im J. 1812 (1816?) in St. Petersburg, aus einer Bergmannsfamilie stammend, kam in seiner frühesten Jugend nach Bieber, wo sein Vater die Stelle eines Bergmeisters angenommen hatte, und erhielt seinen ersten Unterricht in der dortigen Schule, sowie später Unterweisung in den naturwissenschaftlichen Fächern und in der Mathematik von seinem Vater. Trotz den lebhaften Eindrücken, welche der damals in dem abgeschlossenen Bergstädtchen blühende Bergbau und Hüttenbetrieb auf den aufgeweckten Knaben machten, erwuchs gleichwol in ihm die Neigung zum Studium der Rechtswissenschaft. Als jedoch sein Vater von dem damaligen ErbprinzenC. war ein ungemein fruchtbarer Schriftsteller. Außer den schon genannten Werken verfaßte er eine große Reihe von Schriften mit meist berg- und bautechnischem Inhalte, darunter: „Gründliche Anleitung zur Schmelzkunst und Metallurgie“, 1784; „Beschreibung der in den Grafschaften Hanau-Münzenberg etc. gelegenen Bergwerke“, 1787; „Kleine technologische Werke“ in 7 Bänden 1788–1811 mit einer Menge einzelner Abhandlungen über bautechnische Gegenstände; „Grundlehre der bürgerlichen Baukunst“, 1790; „Einzelne Bauschriften“, 2 Bde. 1791–1792; „Von der Zubereitung des Roheisens zu Schmiedeeisen“, 1790; „Wie man das beste Eisen erhalten kann“, 1800. Daran schließen sich Schriften über bergrechtliche Gegenstände: „Abhandlung vom Nutzen der Bergbelehnung“, 1787; „Abhandlung von dem Wasserrechte“, 4 Bde. 1789–1800; „A. Beyer’s Bergstaatslehre“, 1790. Allgemeineren Inhalts ist die Schrift: „Stoische Sentenzen, Moralen und politische Einfälle etc.“, 1785. G. Rose ehrte [742] die Verdienste Cancrin’s um die Mineralogie dadurch, daß er ein Nephelin-artiges Mineral vom Ural mit dem Namen Cancrinit belegte.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: 1769