ADB:Dümichen, Johannes

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Artikel „Dümichen, Johannes“ von Wilhelm Spiegelberg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 162–163, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:D%C3%BCmichen,_Johannes&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 16:02 Uhr UTC)
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Dümichen: Johannes D. wurde am 15. October 1833 in Weißholz bei Groß-Glogau in Schlesien geboren. Nach dem Wunsche seines Vaters, eines strenggläubigen evangelischen Geistlichen, begann er 1852 in Breslau und Berlin Theologie zu studiren. Gleichzeitig hörte er bei Lepsius und Brugsch Vorlesungen über Aegyptologie, die ihn mehr und mehr dem Studium des ägyptischen Alterthums zuführten, bis er nach Absolvirung seiner theologischen Studien im J. 1859 sich ganz der neuen im Aufblühen begriffenen Wissenschaft zuwandte. Mehr als zwei Jahre suchte er sich nun unter Lepsius’ und Brugsch’s Leitung auf allen Gebieten der Aegyptologie auszubilden, und trat im J. 1862 die erste Reise nach Aegypten an. Das ihm durch Vermittlung seiner Lehrer erwirkte Reisegeld war nur für einen Winter berechnet. D. aber dehnte diese Reise mit eigenen Mitteln auf drei Jahre aus. Unter unsäglichen Schwierigkeiten, welche er mit einem wahren Heroismus überwand, wußte er mit den ihm zur Verfügung stehenden geringen Mitteln Großes zu leisten. In der klaren Erkenntniß, daß bei dem damaligen Stande der Aegyptologie ihre Weiterentwicklung in erster Linie von der Erschließung neuen Materials abhing, sammelte er drei Jahre lang mit Bienenfleiß neues Material und revidirte das bekannte, so oft es in schlechter Veröffentlichung vorlag. So hat D. in drei Jahren das gesammte Nilthal bis über Chartum hinaus durchforscht.

[163] Das wichtigste Ergebniß dieser Reise waren die sich schnell folgenden inschriftlichen Publicationen. Sie überraschten nicht nur durch ihren Reichthum und ihre Bedeutung, sondern auch durch die große Zuverlässigkeit. Daß D. seinem Lehrer Brugsch, welcher gerade damals sein großes Wörterbuch der ägyptischen Sprache abschloß, das neue Material noch vor der Publication zur Verfügung stellte, bewies nicht zuletzt, wie selbstlos der begeisterte Forscher seine Mission auffaßte.

Hatte D. die inschriftlichen Schätze dieser ersten Reise noch mühsam eigenhändig gewonnen und in Handcopien veröffentlicht, so konnte er sich bei der zweiten 1868 im Auftrage des Königs von Preußen unternommenen Reise der Photographie bedienen und damit auch für die Epigraphik wichtiges Material erschließen. Eine dritte Reise unternahm D. anläßlich der Eröffnung des Suezcanals 1869 als Reisebegleiter des damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm. Die letzte Reise 1875 galt den Inschriften des größten Privatgrabes in der thebanischen Todtenstadt; leider ist die Veröffentlichung dieser Arbeit ein Torso geblieben. 1872 wurde D. als Professor der Aegyptologie an die Universität Straßburg berufen, wo er bis zu seinem Tode (7. Februar 1894) eine erfolgreiche Lehrthätigkeit entwickelte.

Dümichen’s große wissenschaftliche Bedeutung besteht einmal darin, daß er durch seine Textveröffentlichungen den Aufschwung vorbereiten half, den die Aegyptologie in den verflossenen beiden Jahrzehnten genommen hat. Nicht weniger hat er aber durch die Verarbeitung dieses inschriftlichen Materials seine Wissenschaft gefördert. Die Entzifferung der aus der Ptolemäer- und Kaiserzeit stammenden hieroglyphischen Texte, welche vielfach in Schriftspielereien ausgeartet sind, ist neben Brugsch vor allem D. zu danken, welcher aus den Inschriften der Tempel von Edfu und Dendera die Baugeschichte dieser beiden großen Tempel erschlossen hat. Auch die Kenntniß der Geographie und Metrologie Aegyptens ist durch Dümichen’s Arbeiten wesentlich erweitert worden.

Ein ausführliches Verzeichniß von Dümichen’s Schriften findet sich im Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l’archéologie égyptiennes et assyriennes XVI, S. 76 ff. Biographieen erschienen in der Beilage z. Allgem. Zeitung 1894, Nr. 56 (Beil.-Nr. 47, wieder abgedruckt in: Aegyptische Studien u. Verwandtes von Georg Ebers, S. 471 ff.), in der Zeitschrift f. ägyptische Sprache XXXII, S. 63 und in dem erwähnten Band des Recueil S. 74.