ADB:Dobbert, Eduard

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Dobbert, Eduard“ von Alfred Gotthold Meyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 733–735, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dobbert,_Eduard&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 23:32 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Dlauhy, Anton
Band 47 (1903), S. 733–735 (Quelle).
Eduard Dobbert bei Wikisource
Eduard Dobbert in der Wikipedia
Eduard Dobbert in Wikidata
GND-Nummer 116145994
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|47|733|735|Dobbert, Eduard|Alfred Gotthold Meyer|ADB:Dobbert, Eduard}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116145994}}    

Dobbert: Eduard D., Kunsthistoriker, geboren am 25. März 1839 in St. Petersburg, † am 30. September 1899 in Gersau am Vierwaldstätter See in der Schweiz. Sohn des Arztes und kaiserlichen Leibchirurgen Dr. James D. in St. Petersburg, daselbst erzogen und zuerst auch beruflich thätig, gehört Eduard D. doch in seiner Bildung und seinem Wirken Deutschland an. Seine Familie stammte aus Sachsen, sein geschichtliches Studium begann er 1857 auf der Universität Dorpat, aber schon im folgenden Jahr ging er mit seinem Jugendfreund und nachmaligen Schwager Alex. Brückner (später Professor in Dorpat) nach Jena und empfing die maßgebenden Eindrücke dort durch Droysen [734] und Kuno Fischer, dann in Berlin, wo Karl Werder ihn litterarhistorisch schulte, sowie in Heidelberg, wo er 1860 unter Ludwig Häusser sein geschichtliches Fachstudium mit einer Dissertation über „Das Wesen und den Geschäftskreis der Missi Dominici“ (erschienen 1861) abschloß. Nach St. Petersburg zurückgekehrt, unterrichtete er zunächst an der deutschen St. Petri-Schule und wirkte kurze Zeit durch öffentliche Vorträge, sowie durch die von ihm begründete und geleitete „St. Petersburger Wochenschrift“ auf weitere Kreise der in Rußland lebenden Deutschen. Seine Uebersiedlung nach Deutschland selbst hängt mit seinem Entschluß zusammen, statt der allgemeinen Geschichte die Kunstgeschichte zum Lebensberuf zu erwählen. Nach einer längeren Studienreise durch Rußland bezog er die Universität München und widmete sich vorzugsweise unter Heinrich Brunn der classischen Archäologie. Seine erste kunstgeschichtliche Arbeit aber griff in das zeitgenössische Schaffen ein. Sie behandelte „Die monumentale Darstellung der Reformation durch Rietschel und Kaulbach“ (1869; Virchow-Holtzendorff’sche Samml. H. 74). Nach neuer Studienreise durch Italien habilitirte sich D. 1873 mit einer Schrift über Niccolò Pisano an der Münchener Universität als Privatdocent für Kunstgeschichte, aber noch vor seiner Antrittsvorlesung wurde er nach Berlin berufen. Im Frühjahr 1873 siedelte er nach dort über, um die durch den Tod von Friedrich Eggers verwaisten Lehrämter der Kunstgeschichte an der Akademischen Hochschule für die bildenden Künste und zugleich an der damaligen Bau- und Gewerbe-Akademie zu übernehmen. 1875 zum Professor ernannt, führte er in der Erfüllung seiner Amtspflichten und in wissenschaftlicher Arbeit ein an inneren und äußeren Erfolgen reiches Dasein. 1880 wurde er Mitglied des Senats der Kgl. Akademie der Künste und fast gleichzeitig der Leiter ihrer Bibliothek; 1885/86 verwaltete er das Rectorat der Kgl. Technischen Hochschule. Für sein Verhältniß zu ihr wird schon seine 1884 erschienene, 1899 neu überarbeitete Geschichte dieses Instituts bezeichnend. Dobbert’s opferfreudiges Wirken in seinen Aemtern fesselte ihn an Berlin, das er nur gelegentlich bei Ferien- und Studienreisen (nach Italien, England, Frankreich, Rußland) verließ. Es begrenzte auch seine fachwissenschaftliche Arbeit. Daher ist dieselbe in keinem Hauptwerk zusammengefaßt, sondern auf zahlreiche Einzelschriften vertheilt. Diese aber sind insgesammt von bleibendem kunstwissenschaftlichen Werth.

Vor allem förderten sie die Kenntniß und die methodologische Behandlung früh-mittelalterlicher Kunst. Dobbert’s Vertrautheit mit der byzantinischen Cultur und mit der ihrer Geschichte gewidmeten russischen Litteratur machten ihn zu einem der berufensten Specialforscher auf allen das Verhältniß zwischen byzantinischer und abendländischer Kunst betreffenden Fragen. Dabei stand ihm naturgemäß der ikonographische Gesichtspunkt im Vordergrund. Sein leider nur in Sonderuntersuchungen behandeltes Hauptthema war die Darstellung des Abendmahls (Zahn’s Jahrbüch. f. Kunstwiss. 1872; Repert. f. Kunstwiss. 1890, 91, 92, 95). Für die Geschichte der Kreuzigungsscenen wies er deren Beginn im 5. Jahrhundert nach (Jahrb. d. Kgl. Preuß. Kunstsamml. 1888). Seine Ansicht über die „byzantinische Frage“ spielt in seine mustergültigen Untersuchungen über die „Wandmalereien in S. Angelo in Formis bei Capua“ (Jahrb. d. Kgl. Preuß. Kunstsamml. 1894) und über das „Evangeliar im Rathhaus zu Goslar“ (a. a. O. 1898) entscheidend hinein. Ueberall geht der bleibende Werth dieser Arbeiten, und ebenso auch seiner besonders sorgsamen Referate und Recensionen der Arbeiten Anderer über die Lösung ihrer Specialprobleme hinaus. Sie enthalten die Grundlagen für die ikonographische Methode der deutschen Kunstwissenschaft: ein möglichst vollständiges [735] Material der Bildwerke, möglichst erschöpfende Verwerthung der Schriftquellen und die Aufstellung von Entwicklungsreihen, die sich in den Dienst stilkritischer Forschung stellen.

Für weitere Kreise waren Dobbert’s „Beiträge zur Geschichte der italienischen Kunst gegen Ausgang des Mittelalters“ mit der umsichtigen Würdigung der Kunst der Pisani bestimmt, ebenso sein Charakterbild Fra Angelico’s (die ganze Serie in der von Dohme herausgegebenen Monographien-Sammlung „Kunst und Künstler“, 1878). In gleichem Sinne behandelte er das Fresco „Der Triumph des Todes“ im Campo Santo zu Pisa (1880) und die neue Auflage des V. Bandes von Schnaase’s „Geschichte der bildenden Künste“ (1876). Von demselben Geiste sind auch seine zahlreichen, fein durchdachten Festreden über kunstgeschichtliche Themata getragen. D. war von höchster wissenschaftlicher Gewissenhaftigkeit, eine deutsche Gelehrtennatur, hochgesinnt und feinfühlig, schlicht im Wollen und Vollbringen. Der Grundzug seines liebenswürdigen Wesens war Güte.

Rede des Unterzeichneten bei der Gedächtnißfeier d. Kgl. Techn. Hochschule, der Kgl. Akademie d. Künste und der Akadem. Hochschule f. d. bild. Künste in Berlin am 1. März 1900. – Josef Strzygowski, Byzantinische Zeitschr. 1899, S. 334 ff. – Zekeli, Centralbl. d. Bauverwaltg. Berlin, Nr. 81, S. 491 f. – Oskar Wulff im Biogr. Jahrb. u. Dtsch. Nekrolog, hsg. von A. Bettelheim. Berlin, IV, 1900, S. 260–267. – Ferner: Eduard Dobbert, Reden und Aufsätze kunstgeschichtl. Inhalts. Berlin 1900, wo als Einleitung eine Biographie und als Anhang ein bibliogr. Verzeichniß von allen Schriften Dobbert’s gegeben ist.