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ADB:Eggers, Hartwig Karl Friedrich

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Artikel „Eggers, Hartwig Karl Friedrich“ von Alfred Woltmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 671–673, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Eggers,_Hartwig_Karl_Friedrich&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 14:43 Uhr UTC)
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Eggers: Hartwig Karl Friedrich E., Kunsthistoriker und Dichter, geb. am 27. Novbr. 1819 zu Rostock, † in Berlin am 11. August 1872. Er war der Sohn eines Kaufmanns, erhielt den Schulunterricht in seiner Vaterstadt, verließ aber 1835 die Prima des Gymnasiums, um sich dem Kaufmannsstande zu widmen. Während der 4½jährigen Lehrzeit erwachte die Liebe zu wissenschaftlichen Studien in ihm, er trieb neuere Sprachen und wandte, als er frei geworden, alle Kräfte darauf, das Versäumte nachzuholen. 1841 machte er das Abiturientenexamen und bezog die Universität Rostock, wo namentlich Wilbrandt, der Vater des Dichters, von Einfluß auf ihn war. 1842 ging er nach Leipzig und trieb geschichtliche Studien unter Wachsmuth, 1843 nach München, wo der Dichter J. V. Scheffel sein Gefährte und Freund wurde und wo er durch Thiersch zur classischen Archäologie und Kunstgeschichte gezogen wurde. Im folgenden Jahre ließ er sich in Berlin nieder, gründete seine Existenz auf Unterricht in neueren Sprachen und auf schriftstellerische Thätigkeit und promovirte in Rostock auf Grund einer Schrift „Von der erziehenden Macht der Kunst für die Jugend“. In Berlin war E. namentlich mit Franz Kugler in enge Beziehungen getreten und auf dessen Veranlassung erhielt er vom Minister Ladenberg den Auftrag zu einer Denkschrift über „Die Reorganisation der Kunstverwaltung im preußischen Staate“. Praktischen Erfolg hatte sie nicht. Im deutschen Kunstblatt ist sie später abgedruckt worden. Mit diesem Journal ist E. eng verknüpft. Nachdem er 1849 einige Monate in der Redaction der „Mecklenburgischen Zeitung“ zu Schwerin gewesen, kehrte er nach Berlin zurück, um als der Vertrauensmann der Fachgenossen das „Allgemeine Organ für Kunst und Kunstgeschichte“ ins Leben zu rufen, das er, solange es bestand, 1850–58, leitete. Bei der Gründung der „Verbindung für historische Kunst“ war er vorzugsweise betheiligt. Nachdem das Deutsche Kunstblatt eingegangen, war E. in Privatvorlesungen [672] über Kunstgeschichte, später vor größeren Kreisen gemischten Publicums, sowie schriftstellerisch thätig. Bei seiner außerordentlichen Lehrbegabung kam er ganz in das rechte Fahrwasser, als er 1863 zum Professor der Kunstgeschichte an der Kunstakademie ernannt ward. Später erweiterte er den Kreis seiner Vorlesungen, indem er über classische Dichtung alter und neuer Zeit vortrug; in der Folge übernahm er auch kunstgeschichtliche Vorlesungen an der Gewerbe- und der Bauakademie, kam aber erst 1868, als er einen Ruf nach Karlsruhe abgelehnt hatte, in eine einigermaßen sorgenfreie Stellung. Größere Reisen machte er 1862 und 1863, wo er in Deutschland, Frankreich, England war, und 1870, wo er als Begleiter des Großherzogs von Mecklenburg nach Italien ging. Im Mai 1872 berief ihn der Minister Falk in das Ministerium, um das Referat über Kunstangelegenheiten zu übernehmen. Er war der Mann des allgemeinen Vertrauens, namentlich auch der Künstlerkreise, und man konnte von ihm das volle Verständniß für die Aufgabe einer durchgreifenden Reorganisation erwarten. Aber schon wenige Monate hernach ward er dem neuen Beruf durch eine Krankheit, die schnell sein Ende herbeiführte, entrissen.

E. ist als Dichter erst nach seinem Tode allgemeiner bekannt geworden. Schon als Gymnasiast hatte er kleine Erzählungen in der von Amalie Schoppe herausgegebenen Jugendschrift „Iduna“ veröffentlicht. In Berlin war er dann eifriges Mitglied der Dichtergesellschaft Tunnel, aber ihm genügte die Theilnahme eines engen Freundeskreises für seine Dichtungen, nur weniges wurde in dem von nahestehenden Freunden herausgegebenen Jahrbuche „Argo“ und in ähnlichen Sammelwerken mitgetheilt; dafür war er aber auf dem Platze, wenn eine würdige Gelegenheit den Poeten verlangte. Seinem Freunde Taubert dichtete er den Text zur Oper Macbeth, den verbindenden Text zur Composition von Shakespeare’s Sturm, dann eine Cantate zur Gedächtnißfeier von Rauch. Für die Siegesstraße in Berlin beim Einzuge der Truppen im J. 1871 erfand er ein paar treffliche Sprüche. Im J. 1874 erst gab dann sein Bruder seine Gedichte heraus (Breslau, R. Hoffmann). Durch gewählte Form und Feinheit der Empfindung zeichnen sie sich aus; unter ihnen sind einige Balladen, die zu den besten modernen Leistungen in dieser Gattung gehören. Das große Gedicht „Rom“ kommt historischen Gedichten von Geibel nahe. Im folgenden Jahre erschienen seine plattdeutschen Dichtungen, vermischt mit denen seines Bruders Karl, unter dem Titel „Tremsen“ (Kornblumen); tiefste Innigkeit des Gemüths verbindet sich hier mit bezauberndem Humor und meisterhafter Sicherheit in Form und Mundart, was von einem Kenner, wie Claus Groth, anerkannt worden ist.

Als Kunstschriftsteller bewegte sich E. fast mehr auf ästhetischem, als auf historischem Gebiete, er nahm daher nur bedingt an den Bestrebungen Theil, welche die neuere Richtung der Kunstwissenschaft bestimmen. Die Gründlichkeit seiner Bildung läßt sich auch in allen kleinen, gelegentlichen Arbeiten, wie in einer Fülle von Aufsätzen im Deutschen Kunstblatt erkennen. Das Gebiet, auf dem er sich speciell zu Hause fühlte, war die deutsche Kunst seit Ende des vorigen Jahrhunderts. Er hätte der Historiker derselben werden können, wenn die überwiegend philosophische Auffassung, sowie ein bis zum Mühsamen gewissenhaftes Arbeiten ihn nicht an zusammenhängender geschichtlicher Darstellung gehindert hätte. Jedenfalls besaß er eine Allgemeinheit des Standpunktes, eine Fähigkeit, die mannigfaltigsten Erscheinungen in ihrem Wesen zu erfassen, wie sie bei der kunstgeschichtlichen Würdigung dieser Epoche sonst nur selten anzutreffen war. Seiner Geistesrichtung nach der classischen Schule näher stehend, verstand er doch z. B. einer realistischen Natur wie Adolf Menzel früh und vollständig gerecht zu werden. Vor allem zog ihn der Bildhauer Christian Daniel Rauch zu selbständiger biographischer Behandlung an, er unternahm die [673] Aufgabe bei vollständiger Verwerthung brieflichen und zeitgenössischen Materials, beendigte sie aber nicht. Von seinem Bruder ergänzt, ist das Werk 1873 und 1877 (Berlin, C. Duncker) erschienen. Kleinere Arbeiten sind die biographischen Skizzen von Gottfried Schadow und von Schick im Deutschen Kunstblatt (1850, 1858), die trefflich geschriebenen Studien über van Dyck und Rembrandt als Text für photographische Albums im Schauer’schen Verlag, dann der Text zu den Photographien nach Brüggemann’s Altar in Schleswig und die Biographie Kugler’s zur dritten Auflage seiner Geschichte der Malerei. Einige öffentliche Einzelvorträge, musterhaft für diesen Zweck disponirt und in classischer Form ausgeführt, hat er später veröffentlicht, so die Reden über Carstens, Thorwaldsen, „Erinnerung an Schinkel“, „Rauch und die neuere Bildhauerei“ („Vier Vorträge aus der neueren Kunstgeschichte“, Berlin, C. Duncker, 1867), „Zweckmäßigkeit und Schönheit“, eine Festrede zu Schinkel’s Geburtstag (Berlin, Ernst u. Korn, 1866), „Blick auf die Kunstrichtung der Gegenwart“ (Berlin, R. Hoffmann, 1870). Den Schriftsteller überwog an Bedeutung der Lehrer. Mit der sachlichen Vorbereitung nahm E. es ernst, so sehr, daß dadurch andere Production oft gehemmt ward, aber er wußte sich seinen Schülern ganz hinzugeben und sie ebenso an den Gegenstand, den er behandelte, wie an die Person des Lehrers zu fesseln. Er wirkte auf sie zugleich durch sein ganzes Wesen, durch die selbstlose Reinheit, die hohe Idealität seiner Natur.

Nekrolog von Bruno Meyer, Kunstchronik VIII. Nr. 1 u. 2. – Reden bei der Gedächtnißfeier für F. E., Berlin 1872.