Zum Inhalt springen

ADB:Fichtel, Ehrenreich von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Fichtel, J. Ehrenreich von“ von Johann Ludwig Neugeboren in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 771–772, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Fichtel,_Ehrenreich_von&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 12:30 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 6 (1877), S. 771–772 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Ehrenwerth Fichtel in der Wikipedia
Johann Ehrenreich von Fichtel in Wikidata
GND-Nummer 100132820
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|6|771|772|Fichtel, J. Ehrenreich von|Johann Ludwig Neugeboren|ADB:Fichtel, Ehrenreich von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=100132820}}    

Fichtel: J. Ehrenreich v. F., österreichischer und siebenbürgischer Staatsbeamter und ausgezeichneter Mineraloge, geb. 29. Sept. 1732 zu Preßburg im Königreich Ungarn; gest. zu Wien 4. Febr. 1795, verlor frühe seinen Vater, erhielt aber dessen ungeachtet eine sorgfältige Erziehung und studirte theils an dem Gymnasium seiner Vaterstadt, theils an andern Mittelschulen Ungarns. Nach absolvirten Gymnasialstudien wandte er sich den Rechtswissenschaften zu und widmete sich sodann der Advocatur, die er auch durch acht Jahre ausübte.

Eine Reise nach Siebenbürgen wurde für ihn die Veranlassung, eine Anstellung in Hermannstadt zu suchen, welche ihm auch im J. 1759 bei dem eben errichteten Wirthschaftsdirectorium der sächsischen Nation zu Theil wurde, wo er Actuar ward. Nach einander diente F. hierauf seit 1762, wo dieses Directorium aufgehoben wurde, abwechselnd in Wien und Hermannstadt und seit 1787 bleibend in Siebenbürgen als Gubernialrath, als damals das Thesaurariat und die Kammer in Siebenbürgen in das vereinigte Gubernium verwandelt wurde.

Als siebenbürgischer Gubernialrath machte er im Auftrage des Kaisers Joseph II. im Mauthgeschäfte zwei große Reisen durch Slavonien und das Litorale. Die Herstellung der alten Landesverfassung nach dem Tode des Kaisers Joseph alterirte Fichtel’s amtliche Stellung in Siebenbürgen nicht. Eine amtliche Reise, welche F. im J. 1794 im October und November bei schlechter Witterung in das kroatisch-türkische Grenzrevier zu machen hatte, legte durch ihre Anstrengungen bei gänzlicher Entbehrung jeglicher Bequemlichkeit den Grund zu einer Krankheit, welche sein Ende beschleunigte, das am 4 Febr. 1795 in Wien erfolgte. Aus dieser Verwendung Fichtel’s im Staatsdienste läßt sich entnehmen, wie groß das Vertrauen war, welches man in sein Talent, in seinen Scharfblick und in seine Redlichkeit setzte.

Leider waren es, wie er selbst schreibt (Vorbericht zu der „Nachricht von den Versteinerungen des Großfürstenthums Siebenbürgen“ S. 11) nur flüchtige Mußestunden, welche er daneben zur Erweiterung der siebenbürgischen Landeskunde in mineralogischer Hinsicht – einer Richtung auch von großem volkswirthschaftlichem Interesse – verwenden konnte und durfte. Zur Hälfte des vorigen Jahrhunderts lagen in Ungarn und noch mehr in Siebenbürgen die Kenntniß der Natur und naturwissenschaftliche Studien gänzlich darnieder (Vorbericht Fichtel’s S. 5 f. u. S. 12); in dieser Richtung wurde F. bahnbrechend. Sein Sammeleifer fand stets neue Befruchtung durch immer währenden wissenschaftlichen Verkehr mit den berühmtesten deutschen Mineralogen damaliger Zeit. Zum Sammeln hatte nun freilich niemand bessere Gelegenheit als F., da ihn seine häufigen Dienstreisen in Ungarn und Siebenbürgen gerade in solche Gegenden führten, die durch Mineralreichthum sich auszeichneten. Fichtel’s Bemühungen um die Mineralogie [772] und Geognosie Siebenbürgens insbesondere fanden in Deutschland die wärmste Anerkennung. Im J. 1775 ernannte ihn die Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin zu ihrem Ehrenmitgliede und dieser ihm zu Theil gewordenen Anerkennung verdanken wir sein Hauptwerk, indem er dadurch zur Abfassung seines „Beitrages zur Mineralgeschichte“ von Siebenbürgen veranlaßt wurde (Vorbericht Fichtel’s S. 11), in deren erstem Theil Nachricht von den siebenbürgischen Versteinerungen, in einem Anhange eine Beschreibung des Berges Büdösch und endlich eine allgemeine Tabelle der siebenbürgischen Mineralien und Fossilien, und im zweiten eine Geschichte des Steinsalzes und der Salzgruben in Siebenbürgen gegeben wird. Dieser Ernennung folgte im J. 1781 die zum Mitgliede der ökonomischen Societät zu Leipzig und der Societät der Bergkunde.

Fichtel’s Verdienst um die siebenbürgische Paläontologie ist von dem Unterzeichneten in dem Aufsatz „Geschichtliches über die siebenbürgische Paläontologie“ (Archiv des Vereins für siebenb. L.-Kunde, N. Folge, Bd. 3) eingehend gewürdigt. In der That ist F. als der Vater der siebenbürgischen Paläontologie zu betrachten; er hat das von ihm geordnete und nach Localitäten beschriebene Material bei weitem zum größten Theile selbst gesammelt, in der Angabe und Beschreibung der Oertlichkeiten, wo Funde gemacht wurden, ist er so genau, daß man nach seinen Angaben dieselben auch heute auffinden kann.

Im Druck erschienen folgende Schriften von ihm: „Beitrag zur Mineralgeschichte von Siebenbürgen“, 2 Thle. 1780. 4. a. Nachricht von den Versteinerungen des Großfürstenthums Siebenbürgen. b. Geschichte des Steinsalzes und der Salzgruben im Großfürstenthum Siebenbürgen; „Mineralogische Bemerkungen über die Karpathen“, 2 Thle. 1791 und 1794, 2. Aufl. 1816, mit einer Karte; „Mineralogische Aufsätze“, 1794; „Nachrichten von einem in Ungarn entdeckten ausgebrannten Vulcan“, 1793, zuvor in den Schriften der Gesellschaft naturforschender Freunde in Berlin (IX. Bd. 1. St.) abgedruckt. Ob es unser F. war, der mit J. P. C. Moll die „Testacea microscopica aliaque minuta ex generibus Argon. et Nautili delineata et descripta“ beschrieb, die in Wien 1803 in 4. mit 24 Tafeln erschienen, bleibt zweifelhaft, da dieser Mitherausgeber sich nach Heinrich G. Bronn (Nomenclator palaeontologicus p. XLII) nicht E. F. sondern L. F. schrieb.

Schlichtegroll’s Nekrolog auf das J. 1795, 2. Bd. S. 346. – Allgem. Litteraturzeitung 1795, Intelligenzblatt Nr. 33. – Meusel, Lexikon. – Ersch und Gruber, Encyklopädie, 1. Sect. 43. Th. S. 476. – Oesterr. National-Encyklopädie (von Graeffer und Czikann), 2. Bd. S. 137. – Wurzbach, Biogr. Lex.