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ADB:Girard, Johann Baptist

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Artikel „Girard, Johann Baptist“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 185–186, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Girard,_Johann_Baptist&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 01:29 Uhr UTC)
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Girard: Johann Baptist G. (als Franciscanermönch Père Gregoire), verdienstvoller Pädagoge im Geiste Pestalozzi’s und Beförderer des Schulwesens in der Schweiz. Geboren zu Freiburg in der Schweiz am 17. December 1763 (nicht 1765), besuchte er die lateinische Schule seiner Vaterstadt und trat 1781 in den Orden der Franciscaner, worauf er von seinen Oberen, um sich in den Wissenschaften zu vervollkommnen, nach Deutschland geschickt wurde. Zu Würzburg, wo er seine theologischen Studien vollendete, erhielt er vom Fürstbischofe die geistlichen Weihen. Nachdem er hierauf ein Jahr lang Professor am Gymnasium zu Ueberlingen gewesen war, lehrte er im Kloster seiner Vaterstadt Philosophie und bekleidete das Amt eines Predigers. Im J. 1798 arbeitete er mehrere Monate lang bei dem Minister der Künste und Wissenschaften zu Luzern, weil in manchen Maßregeln der vollziehenden Gewalt die kirchlichen Verhältnisse [186] nicht genugsam beachtet blieben. Der Gewinn, den er aus diesem Aufenthalte in Luzern zog, war für G. ein bedeutender: er gewann einen Ueberblick und genaue Einsicht in die mannigfaltigen Lehranstalten der Schweiz und auf diese Kenntniß gründeten sich später seine großen Verdienste um das Schulwesen. Als die helvetische Regierung im Mai 1799 von Luzern nach Bern versetzt wurde, erhielt auch G. den Ruf dahin zu kommen, um die Verrichtungen eines katholischen Pfarrers bei der gemischten Regierung zu übernehmen. Nach der Tagsatzung von 1804 übergab er seine Pfarrstelle einem Nachfolger, und begab sich in sein Kloster zu Freiburg, um die vorhabende Schulverbesserung, die er persönlich bei Pestalozzi in Burgdorf in Begleitung von Abgesandten des Freiburger Municipalrathes hatte kennen lernen, ins Leben zu rufen. Diese suchte er vorerst dadurch zu bethätigen, daß er, um den Nachtheilen des Fächersystems in der Schule zu begegnen, vorerst als Vorsteher der Volksschule zu Freiburg, neue Lehrer heranbildete, sodaß nach einigen Jahren die Schule wie aus Einem Gusse dastand und in der gleichen Erziehungsanstalt Reiche, Arme, Hohe und Niedere vereinigt waren. Im J. 1809 wurde er vom damaligen Landammann der Schweiz nach Iferten gesendet, um das dortige Institut in Augenschein zu nehmen und einen Bericht darüber zu Handen der Tagsatzung abzustatten. Als im J. 1815 die Lehrweise des gegenseitigen Unterrichts bekannt wurde, führte auch G. nach und nach in seiner Schule diese Methode ein und das Ergebniß übertraf seine Erwartung, denn er konnte nun, was er schon lange gewünscht hatte, die Abstufungen des Unterrichts beinahe verdreifachen. Zu Anfang der zwanziger Jahre jedoch wurde diese Lehrweise in Frankreich verboten unter dem Vorwande, daß sie Thron und Altar unterwühlte und es widerhallte diese Stimmung auch in Freiburg: der Bischof stellte Klagen bei der Regierung im Namen der Religion, und die Regierung, um ihre Existenz besorgt, verbot den gegenseitigen Unterricht durch ein Gesetz. Unter diesen Verhältnissen legte G., weil die Angelegenheit sogar eine persönliche Wendung gegen ihn genommen hatte und die Aufregung aufs höchste gestiegen war, im J. 1823 seine Stelle nieder und zog sich nicht ohne tiefen Schmerz aus der Schule in seine Zelle zurück. Doch schon 1827 berief ihn die Regierung von Luzern auf den Lehrstuhl der Philosophie an ihrer Lehranstalt, welches Amt er bis 1834 bekleidete. Am 6. März 1850 fand er endlich Ruhe in seiner Klosterzelle zu Freiburg. Sein letztes ausgezeichnetes Werk ist: „Ueber den regelmäßigen Unterricht in der Muttersprache. Eine gekrönte Preisschrift.“ Freiburg 1844. Wie G. hat vielleicht selten ein Schulmann das Glück erlebt, so nach seinem Herzen auf die Bildung der Jugend wirken zu können: Kinder, Lehrer, Eltern und Behörden kamen ihm mit Vertrauen entgegen und standen ihm mit ihren Kräften zu Gebote und ebenso ehrte seine dankbare Vaterstadt sein Andenken auf der Place Notre Dame durch ein broncenes Standbild.

Liebl, Das Erziehungs- und Unterrichtswesen in der Schweiz im ersten Viertel des 19. Jahrh., S. 57–65. Blätter für Erziehung und Unterricht, 1857, S. 42–45.