ADB:Gravenreuth, Karl Freiherr von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Gravenreuth, Karl Freiherr von“ von Viktor Hantzsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 518–519, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gravenreuth,_Karl_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 24. April 2024, 18:59 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Gravenhorst, Theodor
Nächster>>>
Grebe, Karl
Band 49 (1904), S. 518–519 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Karl von Gravenreuth in der Wikipedia
Karl von Gravenreuth in Wikidata
GND-Nummer 116827211
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|49|518|519|Gravenreuth, Karl Freiherr von|Viktor Hantzsch|ADB:Gravenreuth, Karl Freiherr von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116827211}}    

Gravenreuth: Karl Freiherr von G., Colonialbeamter und Afrikaforscher, wurde am 12. December 1858 in München als Sohn eines Kgl. bairischen Kämmerers geboren. Er erhielt den Traditionen seiner Familie gemäß eine militärische Erziehung, trat im Sommer 1877 in das 3. bairische Infanterieregiment ein und wurde am 7. Mai 1879 zum Secondlieutenant in demselben befördert. Als er mehrere Jahre gedient hatte, empfand er das Verlangen nach einem größeren und abwechselungsreicheren Wirkungskreise. Er ging deshalb im Februar 1885 zur Reserve über und trat in den Dienst der Deutsch-ostafrikanischen Gesellschaft. Diese schickte ihn nach Ostafrika, wo er 1886 die Station Korogwe in Usambara gründete. Als 1888 der Aufstand der durch die deutsche Besitznahme in ihren Interessen bedrohten arabischen Händler ausbrach, zeichnete er sich, unterstützt von den deutschen Kriegsschiffen, bei der Vertheidigung von Bagamoyo aus und wurde dafür vom Kaiser noch in demselben Jahre mit dem rothen Adlerorden decorirt. Als im Frühjahr 1889 der Reichscommissar Wißmann an der Küste eintraf, um eine Expedition zur Wiederherstellung der Ruhe im Schutzgebiete auszurüsten, schloß sich G. ihm an, trat in den Reichsdienst und wurde zum Premierlieutenant befördert. Er betheiligte sich nun in hervorragender Weise an der Niederwerfung des Aufstandes, namentlich an der Eroberung der stark verschanzten arabischen Stellungen. So zeichnete er sich besonders bei der Erstürmung des Lagers von Buschiri bei Bagamoyo am 8. Mai, sowie bei der Einnahme[WS 1] von Saadani am 6. Juni 1889 aus. Als Wißmann im September desselben Jahres seinen bekannten Zug nach Mpwapwa unternahm, ließ er G. als seinen Stellvertreter an der Küste zurück. Dieser besetzte zunächst Kondutschi, einen wichtigen Stützpunkt der Sklavenhändler, besuchte dann die Station Tanga, wo er die Bevölkerung auf friedliche Weise beruhigte, und zog darauf entlang der Küste durch das Gebiet der Wadigos. In Pangani und Bagamoyo fand er die Ordnung ungestört, doch kamen ihm Gerüchte zu Ohren, daß Buschiri den wilden und räuberischen Stamm der Mafiti zu einem Plünderungszuge nach der Küste überredet hätte. Anfang October langten große Scharen von Flüchtigen in Bagamoyo an und berichteten, daß Buschiri wenige Tagereisen weit bei Jombo in einem stark befestigten Lager stehe. G. brach sofort auf, um den Gegner zu überraschen, erschien am 19. October ganz unerwartet vor dem Lager und eroberte es nach halbstündigem Kampfe. Kaum hatte er sich der Verschanzungen bemächtigt, [519] so wurde er von den Mafitis überfallen. Diese kämpften mit äußerster Tapferkeit, mußten aber nach dreimaligem vergeblichem Angriffe fliehen. G. kehrte nach dieser glänzenden Waffenthat an die Küste zurück. Ende 1889 und Anfang 1890 sicherte er durch eine größere Expedition das Hinterland von Bagamoyo und Saadani, sodaß der Karawanenverkehr nach dem Innern wieder eröffnet werden konnte. Am 4. Januar 1890 half er das Araberlager bei Mlembule erobern, und am 9. März trieb er gemeinschaftlich mit Wißmann die letzten Reste der Aufständischen unter Bana Heri, dem früheren Wali von Saadani, bei Palamakaa auseinander. Bana Heri entfloh zwar, konnte sich aber nicht länger halten und ergab sich deshalb bereits am 6. April in Saadani an G., nachdem ihm dieser Begnadigung und Rückgabe seiner beschlagnahmten Güter versprochen hatte. Nach der Niederwerfung des Aufstandes kehrte G. in die Heimath zurück. Hier wurde er in Anerkennung seiner Verdienste zum Hauptmann befördert, doch ernannte man ihn nicht, wie von vielen Seiten und wohl auch von ihm selbst erwartet worden war, zum Commandeur der ostafrikanischen Schutztruppe. Nachdem er einige Zeit in der Colonialabtheilung des Auswärtigen Amtes gearbeitet hatte, wurde er beauftragt, eine vom Premierlieutenant Morgen in umfassender Weise vorbereitete Forschungsexpedition in das Hinterland von Südkamerun zu führen. Im Juli 1891 reiste er von Hamburg ab und kam glücklich in Westafrika an. Er lebte sich schnell in die neuen Verhältnisse ein, vermochte aber die geplante Forschungsreise nicht zur Ausführung zu bringen, da sich vorerst ein Streifzug gegen die aufständischen Stämme am Abofluß nöthig machte. Diese hatten dem Gouverneur von Kamerun den Gehorsam verweigert und den zu ihrer Beruhigung herbeigeeilten Kanzler Leist angegriffen. G. rückte gegen sie vor und erstürmte nach heftigem Kampfe ihre beiden befestigten Hauptorte, Miang und Bonakwase. Leider fand er bald darauf bei einem Angriffe auf das hartnäckig vertheidigte Dorf Buea im Gebiete der Bakwiri an der Ostseite des Kamerungebirges am 5. November 1891 heldenmüthig kämpfend durch einen Schuß seinen Tod. Er wurde neben dem Missionshause dieses Ortes begraben. Er war nicht nur ein hervorragender Soldat und Truppenführer, sondern auch ein tüchtiger Verwaltungsbeamter und ein warmer Freund der Mission, namentlich der katholischen, der er als strenggläubiger Katholik besonders nahestand.

Deutsche Kolonialzeitung 1888–92. – Deutsches Kolonialblatt 1890 bis 1892. – Mittheilungen aus den deutschen Schutzgebieten 1891. – Geogr. Jahrbuch 16, 479.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Einahme