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ADB:Grunert, Karl

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Artikel „Grunert, Karl“ von Joseph Kürschner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 51, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Grunert,_Karl&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 16:31 Uhr UTC)
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Grunert: Karl G., namhafter Schauspieler, geboren am 16. Januar 1810 in Leipzig, starb am 27. September 1869 in Stuttgart. In G. vereinigte sich ein begabter Schauspieler der „alten Schule“, von feinstem Geschmack, mit einem wissenschaftlich reich gebildeten, geistig-bedeutenden Mann. Seine Figuren waren lebendig und scharf gezeichnet, in der Redekunst war er ein Meister und auch in die zartesten Feinheiten eines dichterischen Gebildes verstand er einzudringen, sie auf den Brettern plastisch zu gestalten. Sein Spiel legte jeden Charakter klar dar, eben weil sein Träger zu jedem psychologischen Problem den rechten Schlüssel fand. So wurde er namentlich ein feiner darstellender Interpret Shakespeare’scher, Goethe’scher und Schiller’scher Helden- und Charakterrollen, in die er ebenso sehr künstlerisch als wissenschaftlich eindrang. – Auch G. gehört zu den Schauspielern, die ursprünglich für die Kanzel bestimmt waren. Bis zum 18. Jahre besuchte er in Leipzig die Thomasschule, studirte dann kurze Zeit Theologie und debutirte hierauf bei einer kleinen reisenden Gesellschaft in Waldenburg und Glauchau. Vom April 1830 bis 1833 (lt. Witz: Versuch und Geschichte der theatralischen Vorstellungen in Augsburg) finden wir den jungen Künstler in Augsburg, seit 1833 in Freiburg i. Br., woselbst er vom Magistrat zum Director des Theaters ernannt wurde und nach seinem Biographen im Theaterlexikon, der in seinen Angaben wesentlich von denen Anderer abweicht, Vorlesungen über die Kunst des schönen Vortrags hielt. In Folge eines beifällig aufgenommenen Gastspiels im J. 1834 wurde G. am Hoftheater zu Hannover engagirt und schon damals erkannte man seinen „heiligen Ernst“ und seine „ehrfurchtsvollste Hochachtung“ für die Kunst, rühmte sein biegsames und wohllautendes Organ und ihn als einen der namhaftesten Vertreter seines Fachs. Daniel im „Majorat“, Franz Moor, Essighändler, König Philipp etc. waren die Rollen, die er bei dem ebenerwähnten Gastspiel vorführte. 1842 kam G. nach Hamburg als Mitglied des Stadttheaters, von hier 1846 nach Stuttgart an das Hoftheater, dem er als vorzügliche Kraft bis an sein Ende angehörte. Durch zahlreiche Gastspiele an den größten deutschen Theatern schon aus seiner Hamburger Zeit bekannt, wurde G. 1854 zu den Münchner Mustervorstellungen eingeladen, ohne dieser ehrenvollen Einladung Folge leisten zu können, dasselbe war der Fall bei einem ihm 1857 gemachten Engagementsantrag nach München. Uebrigens ist G. auch Verfasser einiger litterarischer Arbeiten, so verfaßte er verschiedene dramaturgische Aufsätze, lyrische Gedichte, mehrere Bühneneinrichtungen älterer Stücke, eine Uebersetzung und Bearbeitung von Molière’s „Tartüffe“ (Stuttgart 1865) und eine psychologisch-ästhetische Abhandlung über den Charakter Macbeth’s, auf Grund welcher er 1857 von der Universität Tübingen zum Doctor der Philosophie ernannt wurde.

Vgl. zur Charakteristik des Künstler’s: Gleich, Aus der Bühnenwelt, Lpz. 1866, II. S. 95–112, und Dr. Löwe’s Grabrede, abgedr. im Entsch’schen Deutschen Bühnen-Almanach für 1870, S. 137 f.