ADB:Haug, Karl Friedrich

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Artikel „Haug, Karl Friedrich“ von Karl August Klüpfel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 52–54, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Haug,_Karl_Friedrich&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 16:19 Uhr UTC)
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Haug: Karl Friedrich H., Historiker, wurde am 21. Januar 1795 zu Stuttgart geboren, wo sein Vater damals Uhrenmacher und Hofmechanicus, später Professor an der Realschule war. Seine wissenschaftliche Vorbildung erhielt er im Stuttgarter Gymnasium und in den evangelisch-theologischen Seminarien Denkendorf und Maulbronn; er bezog im Herbst 1812 als Zögling des evangelischen Seminars die Universität Tübingen, wo er bis zum Frühjahr 1817 Philosophie und Theologie studirte. Im Juni genannten Jahres trat er, nachdem er seine theologische Dienstprüfung bestanden hatte, eine Hauslehrerstelle an bei den Söhnen des dänischen Kammerherrn v. Buchwald zu Seedorf in Holstein, in welcher Stellung er zwei Jahre zubrachte. In die Heimath zurückgekehrt, wurde er zunächst als Pfarrgehülfe an verschiedenen Orten verwendet, und am Ende des J. 1819 auf eine Repetentenstelle im evangelischen Seminar zu Tübingen berufen. Da man dort eines jüngeren Lehrers für das Fach der Geschichte bedurfte und wußte, daß sich H. mit Vorliebe geschichtlichen Studien gewidmet hatte, wurde an ihn die Anfrage gerichtet, ob er nicht geneigt wäre, den Lehrvortrag über Geschichte an der Universität zu übernehmen. Nach kurzem Bedenken sagte er zu, und begann im Herbst 1820 vor einem zahlreichen Auditorium Vorlesungen über alte Geschichte. Erst nachdem er ein halbes Jahr lang zur Befriedigung seiner Zuhörer gelesen hatte, habilitirte er sich im Frühjahr 1821 förmlich als Privatdocent der Geschichte, wurde im September desselben Jahres zum außerordentlichen und 1829 zum ordentlichen Professor ernannt. [53] Er war zunächst verpflichtet, Vorlesungen über Universalgeschichte zu halten und las daneben auch über einzelne Perioden der neueren Geschichte und hin und wieder über würtembergische Geschichte. Seine sorgfältig ausgearbeiteten, jedoch nicht in freier Rede gehaltenen Vorträge waren bald sehr beliebt und wurden zahlreich von Studirenden aller Facultäten besucht. H. bemühte sich, den für die allgemeine Geschichte verwendbaren Stoff sorgfältig auszusuchen und durch Studium der besten Monographieen nach dem dermaligen Stand der Wissenschaft sich anzueignen. Auf diese Weise gewann er eine vollständige Herrschaft über das Material und wußte in objectiver Darstellung ohne viel Urtheile und Betrachtungen dem Zuhörer ein lebendiges Bild der Ereignisse zu geben. Jede Vorlesung war ein künstlerisch abgerundetes Ganzes und die schöne edle Sprache, vom Hauch der Begeisterung durchdrungen, machte einen sittlich erhebenden Eindruck. In der Regel ahnte der Zuhörer bei dem Genuß, welchen ihm das Gehörte gewährte, nicht, welche Arbeit der Forschung und der Kritik vorangehen mußte, um solche Vorträge[WS 1] zu ermöglichen. Sie wirkten erquickend und veredelnd, aber waren nicht geeignet, zur eigenen Forschung anzuleiten, da sie keinen Einblick in die Werkstätte des Schaffens gewährten. Aus dieser Art der Behandlung erklärte es sich denn, daß H. auf Ergänzung des Stoffes, auf Verwerthung der neueren Litteratur und Ausfeilung seiner Vorträge fast seine ganze Zeit verwenden mußte, und darüber nicht zu eigenen Einzelforschungen und schriftstellerischen Arbeiten kam. Zwei akademische Programme, das eine eine Untersuchung über die älteste Grafschaft Würtemberg (1831) und das andere Fragmente des Chronicon Sindelfingense (einer Quellenschrift über die älteste würtembergische Geschichte, 1836) sind die einzigen Proben seiner Forschung. Um das J. 1840 entschloß er sich auf das Zureden ehemaliger Zuhörer, und besonders eines, der Buchhändler geworden war, seine allgemeine Weltgeschichte für den Druck zu bearbeiten. Aber da es ihm keineswegs genügte, seine Vorlesungshefte abdrucken zu lassen, führte ihn die Revision zu einer gänzlichen Umarbeitung und neuen Untersuchungen; die Arbeit gerieth ins Stocken, und die Bedächtlichkeit des reiferen Alters ließ ihm das begonnene Unternehmen als ein seine Kräfte übersteigendes erscheinen, und nachdem der Druck bis zum 16. Bogen vorgeschritten war, gab er die Fortsetzung auf und löste, nicht ohne bedeutende Opfer, den Vertrag mit dem Verleger. Dieser verunglückte Versuch schreckte ihn vollends von aller schriftstellerischen Thätigkeit ab, und vergeblich suchten ihn seine Freunde zu anderen Arbeiten für den Druck zu bestimmen. Dagegen schritt er ein Jahrzehent später zu einer gründlichen Aenderung seiner Vortragsweise. Das wortgetreue Ablesen des Manuscripts konnte bei aller Anerkennung des Inhalts dem Tadel nicht entgehen, er entschloß sich daher, diese Fessel abzuwerfen und einen freien Vortrag einzulernen, was ihm, wenn auch mit großer Anstrengung, durchzuführen gelang. Auch in Beziehung auf den Stoff trat eine wesentliche Aenderung ein; die Weltgeschichte als Ganzes wurde aufgegeben und an ihre Stelle traten universalhistorische Uebersichten über einzelne für die Entwickelung und den Fortschritt des Kulturlebens besonders wichtige Zeitabschnitte, wobei der Zusammenhang mit der Vergangenheit und die Nachwirkung auf die Gegenwart hesonders ins Auge gefaßt wurde. Ueberhaupt scheute er sich jetzt weniger, seine persönlichen Ansichten und Ueberzeugungen gelegentlich auszusprechen und Reflexionen einzumischen. In dieser Weise setzte er die akademische Lehrthätigkeit bis zum J. 1860 fort. Häufige katarrhalische Affectionen, die ihn öfters nöthigten, seine Vorlesungen längere Zeit auszusetzen, bestimmten ihn um Versetzung in den Ruhestand nachzusuchen. Er widmete sich nun ganz seinen Privatstudien und dem Verkehr mit seiner Familie. Nach längerer Kränklichkeit starb er am 11. März 1869. Die Familie hat nach seinem Tode Mittheilungen [54] aus seinem Leben und aus seinem Nachlasse, für die Verwandten und Freunde als Manuscript gedruckt, herausgegeben. Dieselben enthalten außer einem Lebensabriß zwei noch ungedruckte akademische Reden und eine Geschichte des Schlosses und Dorfes Entringen in der Nähe von Tübingen.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. in der Vorlage: Verträge