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ADB:Hebich, Samuel

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Artikel „Hebich, Samuel“ von Karl Friedrich Ledderhose in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 198–201, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hebich,_Samuel&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 12:15 Uhr UTC)
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Hebich: Samuel H., ein bedeutender Missionar der Basler Missionsgesellschaft in Ostindien, ist am 29. April 1803 in Nellingen, einem württembergischen Albdörflein bei Ulm geboren, und starb am 21. Mai 1868 in Stuttgart. Sein Vater Friedrich Karl H. war ein origineller Pfarrer, der die alten Classiker hoch hielt und im J. 1827 mit dem Horaz auf dem Bette 80jährig entschlief. Er unterrichtete seine Söhne selber, am liebsten hätte er Samuel die Pfarrerlaufbahn betreten sehen. aber er scheute die Kosten. Von Kind auf war H. sanft [199] und stille, von allen Leuten geliebt. Nach seiner Confirmation im J. 1817, die ohne tiefere Eindrücke blieb, kam er auf Wunsch eines älteren Bruders, der Conditor war, nach Lübeck. Zuerst arbeitete H. im Geschäfte seines Bruders, der ihm aber Privatstunden geben ließ, um seine mangelhaften Kenntnisse zu erweitern. Mit 17 Jahren trat er bei einem tüchtigen Kaufmann in ein Geschäft. Damals ging viel in seiner Seele vor, es waren innere Kämpfe, die an Luther’s innere Anfechtungen im Kloster erinnern. In Lübeck lernte er den reformirten Pfarrer Geibel, den Vater des Dichters, kennen, dessen Predigten und herzliche Gebete ihn mächtig förderten. Er schloß sich an den Missionisverein in Lübeck und es erwachte in ihm die Sehnsucht nach der Missionsthätigkeit. Nachdem er als Kaufmann noch Reisen nach Schweden und Rußland gemacht hatte, wandte er sich 1830 an die Baseler Missionsgesellschaft. Erst im Sommer des folgenden Jahres wurde er einberufen. Er kam gerade zur Feier des Weihnachtsfestes. Es war eine ernste Schule, die er nun im Missionshause durchmachen mußte. Die Grammatik der alten Sprachen wurde ihm schwer, dagegen das Halten von Vorträgen ging leicht. Nach empfangener Ordination reiste er mit zwei anderen Zöglingen des Missionshauses im März 1834 nach Ostindien ab. Man erwartete viel von seinem Feuereifer und seinem praktischen Geschicke. Die Folgezeit hat diese Erwartung glänzend gerechtfertigt. Am 13. October langte er in Kalikut, der Hauptstadt Malabars, an. Er besaß eine besondere Gabe der Erweckung, die er schon auf der Hinreise an den Schiffsgenossen erprobte. Seine erste Thätigkeit entfaltete sich in der Stadt Mangalur. Er wurde hier mit seinen beiden Begleitern Greiner und Lehner von dem edeln Unterkollector Anderson mit offenen Armen aufgenommen. Sein Gedanke, sich mit der kanaresischen Sprache dieser Stadt und des Landes bekannt zu machen, war gewiß der richtige. Nur dadurch konnte er mit dem Volke in eine nahe Berührung kommen. Er brachte es aber nie zu einer gewandten Darstellung weder im Englischen, noch in der kanaresischen Sprache, doch begnügte er sich mit seinem Wortvorrathe. Er fühlte sich wohl in dieser neuen Welt. Nach und nach lernte er die Leute verstehen. Schon am Ende des Octobers 1835 machte er seine erste Rundreise und wirkte nach allen Seiten hin im Segen. In Mangalur selber theilte er seine Arbeit zwischen dem Bazar, wo er den ferner Stehenden, und im Hause denen, welche sich näherten, daß Wort verkündigte. Wenn er auf dem Hauptplatze vor der Menge der Heiden predigte, konnte es auch geschehen, daß er einmal Beifall fand, ein anderes Mal unter gellendem Geschrei mit Sand und Steinen geworfen wurde. Er ließ sich aber dadurch nicht schrecken. Hebich’s Mitarbeiter hatten aber auch mit seiner Einseitigkeit vielfach zu kämpfen. Was er sich schon lange gewünscht hatte, daß sich Knaben unter seine Leitung stellten, das fing sich im December 1836 an, zu verwirklichen. Nach und nach hatte er sein ganzes Haus voll Knaben und er hatte seine liebe Noth mit ihnen. Es schlossen sich zwei kanaresische Schullehrer an, die sich im Juli des folgenden Jahres taufen ließen. Ueberhaupt konnte man bald sehen, daß H. mit seinem praktischen Talente, seinem brennenden Eifer und raschen Handeln die Mangalurmission so ziemlich unter seiner Leitung hatte. Das genügte ihm jedoch nicht, er entschloß sich abermals eine Reise zu machen, und zwar nach Osten. Sie währte sieben Monate; auf einem Ochsenkarren zog er langsam von Dorf zu Dorf. Seine Predigten galten hauptsächlich den Heiden, aber er band auch mit den Europäern an, wenn sie ihm in den Wurf kamen. Als er wieder nach Mangalur zurückgekehrt war, traf ihn bald der Comitébeschluß, wonach ihm Kannanur als sein künftiges Arbeitsfeld angewiesen war. Am 12. Januar 1841 verließ er Mangalur. Diese neue Station ist das eigentliche Feld, auf dem er Großes geleistet hat. Auch griff er überall zu, wo es [200] etwas zu wirken gab. Die Schlangenklugheit war nie seine starke Seite, aber man kann nicht sagen, daß er die Taubeneinfalt vergessen hätte. Es war ihm ein tiefer Ernst, Seelen zu gewinnen. „Ich predige zwei- bis drei Mal des Tags und rede außerdem mit Einzelnen zu Hause und draußen, so daß die Predigt fortgeht vom Morgen bis in die Nacht hinein“, schreibt er. „Ich komme zu keiner Ruhe; die Arbeit liegt aber vor mir und ich kann nicht anders“. Er predigte in der kanaresischen Sprache; wenn er aber an Tamilleute sprach, so übersetzte sein Dolmetscher Aaron seine Worte in die Tamilsprache. Er gab sehr interessante Berichte über seine Arbeiten. Als man in Basel daran dachte, ihn nach Kalikut zu versetzen, wehrte er sich dagegen. Und man muß sagen, daß er hier ganz an dem richtigen Posten stand, „der unermüdliche Mann“, wie ihn als eine schon damals bekannte Persönlichkeit die Madras-Zeitung nannte. Im December 1844 machte er mit sieben jungen Christen dem Tempelort Taliparambe, dem großen Heiligthum in Nordmalabar einen Besuch. Anhaltend predigte er dort vor hunderten und fand bei Vielen Anklang. Die Feinde thaten jedoch Alles, um seine Arbeit zu hindern. Sie scheuten vor keinem Mittel zurück, aber hier bewies H. seinen Muth und seine Ausdauer, den Steinen, dem Kuhdung und dem Sande gegenüber, die auf ihn und seine Begleiter geworfen wurden. Obwol er bei solcher ausgedehnten Arbeit Hülfe von Basel aus bedurft hätte, so lehnte er sie doch ab, eingeborne Helfer waren dem „Einspänner“ lieber. Er dehnte mit ihnen seine Arbeit auch auf das Fischerdorf Tai aus und sah Früchte reifen. Ebenso in Tschirakal. Das wirkten seine Katechisten. Durch sie breitete er das Evangelium aus. Er ging aber selber überall mit der Predigt nach. Endlich bedurfte er aber doch der Hülfe und mußte sich entschließen, den Missionar Gundert anzunehmen. Da konnte er denn auch leichter seine Missionsreisen machen. So zog es ihn südwärts nach Palghat. Der Zulauf zu seinen Predigten und denen seiner Begleiter war bedeutend und wol auch nicht ohne Erfolg. Zu der Zeit der Revolution vom J. 1857, als alle Gräuel geübt wurden, hielt sich H. aufrecht. Hier bewährte sich so recht sein Glaube, und unermüdet wirkte er fort, aber dies konnte bei dem alternden Missionar nicht so fortgehen. Auf einem Boot befiel ihn einst das Fieber, „zum ersten Mal in meinem Leben“. Es war der Anfang eines tieferen Leidens, und er mußte nun ernstlich an eine Erholungsreise denken. Er ging auf die blauen Berge und arbeitete dort noch den Sommer hindurch. Aber ein ernstliches Leberleiden nöthigte ihn, noch vor dem Winter nach Europa zurückzureisen. Als die Nachricht seiner baldigen Abreise sich unter den schwarzen Brüdern verbreitete, konnten sie sich fast nicht hineinfinden. Es war ein schmerzlicher, thränenreicher Abschied, als er Indien verließ und am 28. Septbr. 1859 den Dampfer bestieg, der ihn nach Suez bringen sollte. Als er Ende October in Marseille gelandet war, fühlte er sich bereits wohler, aber noch immer Erkältungen ausgesetzt, so daß er sich entschloß, etwas länger im südlichen Klima zu verweilen. Auch hier arbeitete er in seiner Weise für das Missionswerk. Am 27. December langte er im Basler Missionshause an. Doch ließ es ihm keine Ruhe, er wollte wirken, und bald wurde er ein öffentlicher Mann, er ging aber durch Ehre und Schande. Ein Jahr nachher, nachdem er viel in der Schweiz gewirkt hatte, finden wir ihn in seiner Heimath. Von da reiste er im Sommer nach Norddeutschland, und predigte, wo man ihn haben wollte. Seine derbe und drastische Art ertrug man meistens gerne. Auch nach London berief man ihn zur Zeit der Ausstellung. Von einer Rückkehr nach Indien konnte zu seinem und der Gemeinden in Indien Schmerze keine Rede mehr sein. Er erwählte nun Stuttgart zu seinem Ruhepunkte, von wo aus er seine Ausflüge machte. Noch gegen Ende 1866 predigte er nach einander in 51 badischen [201] Kirchen. Im Mai 1866 wollte er nach Basel, aber am 6. Mai mußte er sich legen, mit dem Gefühle, daß seine Sache am Ende sei. In den Phantasien predigte er noch den Heiden, und konnte seines Indien gedenken. „Nicht wahr? Malabar?“ rief er sterbend und mit ausgebreiteten Armen: „Komm! komm!“ seinen Heiland anrufend schied er Nachts 3 Uhr am Himmelfahrtstage. Eine ungeheuere Menschenmenge folgte seiner Leiche nach Kornthal, wo er ruhen wollte. Von seinen nachgeschriebenen Predigten sind viele erschienen, z. B. „39 Predigten aus dem Römerbriefe und der Passionsgeschichte“, 1870; 60 Predigten: „Das Geheimniß vom Wesen und Willen des dreieinigen Gottes und unserer ewigen Erwählung“, 2 Theile, sowie noch andere Predigten.

Sein Leben hat auf eine anziehende Weise Dr. Gundert im Missionsmagazin 1869 und 1870, sowie in besonderer Broschüre beschrieben.