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ADB:Heer, Nikolaus

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Artikel „Heer, Nicolaus“ von Georg von Wyß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 239–241, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heer,_Nikolaus&oldid=- (Version vom 4. Oktober 2024, 12:42 Uhr UTC)
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Heer: Nicolaus H., Landammann von Glarus und eidgenössischer Oberstkriegskommissär; geb. 1775, † am 25. Mai 1822. – Jüngster Sohn des älteren Landammanns Kosmus H. (s. oben) widmete sich H. anfänglich dem Kaufmannsstande, trat aber im Frühjahr 1798, nach Einführung der helvetischen Einheitsverfassung für die Schweiz als Oberschreiber in den Dienst der Verwaltungsbehörde des neuen Kantons Linth (Glarus nebst Theilen der jetzigen Kantone St. Gallen und Schwyz), verließ Glarus beim Einmarsch der Oesterreicher im Mai 1799 und functionirte nun für die helvetische Regierung erst bei einem Kriegsgerichte in Nidau, dann als Unterstatthalter des Districts Bern, bis die Wiederbesetzung der östlichen Schweiz durch die französische Armee im Herbst 1799 die helvetischen Behörden in den Kanton Linth zurückführte. H. wurde jetzt, am 21. October 1799, zu der wichtigen Stelle eines Regierungsstatthalters für den Kanton Linth berufen, die zu allererst sein älterer Bruder Joachim mit Auszeichnung bekleidet, aber schon im Spätsommer 1798 wegen Kränklichkeit niedergelegt hatte. In der verdienstvollsten Weise erfüllte H. die schwierigen Pflichten dieses Amtes, war mit Erfolg für die Erleichterung und Unterstützung der durch die Kriegsereignisse in tiefes Elend gestürzten Bevölkerung des Kantons bemüht, wußte die friedliche Abwicklung der während der österreichischen Occupation kontrahirten Landesschulden zu bewerkstelligen, politische [240] Verfolgungen zu verhüten und das Ansehen der Regierung gegenüber einer ihr großentheils feindselig gesinnten Bevölkerung in würdiger Weise und doch ohne Verletzung des Volksgefühls zu behaupten. Er erwarb sich durch seine Haltung so allgemeine Hochachtung, daß als der Sturz der helvetischen Regierung erfolgte und auch Glarus am 20. August 1802 sich gegen sie erhob, die Landsgemeinde H. zum Landammann erkor, ein Ruf, dem dieser freilich gemäß seiner bisherigen Stellung nicht folgen konnte. Als ihn aber der Kanton Linth zu seinem Vertreter in der von Bonaparte nach Paris einberufenen Versammlung schweizerischer Abgeordneter ernannte, übernahm H. den Auftrag, dort die Wünsche theils des Landes Glarus, das die Wiederherstellung seiner Selbstständigkeit, theils diejenigen der übrigen Theile des Kantons Linth, die Zutheilung zu St. Gallen verlangten, geltend zu machen, und wirkte im Sinne seiner Committenten bei der sogenannten Consulta mit, aus welcher schließlich die von Bonaparte der Schweiz ertheilte Vermittelungsakte (Mediationsverfassungen des Bundes und der Kantone) hervorging. Im März 1803 erfolgte in Glarus die Einführung der auf den alten demokratischen Grundlagen beruhenden Verfassung des Kantons und H. wurde nun von dem dankbaren Volke zum Landammann erwählt, was er bis 1821 blieb, als geschwächte Gesundheit ihn zum Rücktritt vom Amte veranlaßte. In dieser Stellung wurde H. der Urheber einer Reihe von wohlthätigen Schöpfungen für sein Land, welche die angebrochene Friedenszeit an Hand zu nehmen und durchzuführen gestattete. Die Regelung des Vormundschaftswesens, die Errichtung einer Brandversicherungsanstalt, die Hebung des Militärwesens, die Bearbeitung und Herausgabe des Landbuches (1807), die Stiftung einer landwirthschaftlichen Gesellschaft (später Hülfsgesellschaft), die Maßregeln für Bedürftige in den Theuerungsjahren 1816 und 1817 – waren vorzugsweise Heer’s Werk. An der Durchführung des Linthwerkes nahm er großen Antheil. Eine verdienstvolle Thätigkeit entwickelte H. aber auch für die Eidgenossenschaft. Das schweizerische Militärwesen mußte auf Grundlage der Mediationsverfassung des Bundes ganz neu geschaffen werden, wobei einerseits die beschränkten Mittel der durch die Kriegsjahre erschöpften Kantone, andererseits Frankreichs Mißtrauen gegen jede stärkere Entwickelung militärischer Anstalten in der Schweiz den leitenden Staatsmännern große Schwierigkeiten bereiteten. Ihnen wurde nun H. ein ebenso einsichtiger, als erfolgreich thätiger Gehülfe, indem er auf Wunsch der Bundesbehörde die Stelle eines eidgenössischen Oberstkriegskommissärs (obersten Kriegs-Verwaltungsbeamten) übernahm und bis zu seinem Tode bekleidete. Bei den Grenzbesetzungen von 1805, 1809 und 1813, beim Feldzuge in die Franche Comté von 1815, wie durch gesetzgeberische Vorarbeiten für die eidgenössische Kriegsverwaltung (1818), erwarb sich H. allgemeine lebhafte Anerkennung. Auch in andern Richtungen leistete H. der Schweiz treffliche Dienste. Die Tagsatzung, die ihn auch 1804 zum Mitgliede einer außerordentlichen Botschaft an Napoleon ernannte, zog ihn zur Vorberathung der wichtigsten Fragen bei. 1810 übertrug ihm der Landammann der Schweiz, v. Wattenwyl (s. d. A.), die schwierige Stelle eines Oberaufsehers über die schweizerischen Grenzanstalten für Handhabung des von Frankreich gebieterisch aufgestellten Continentalsystems, und H. bewährte auch hierbei seine ausgezeichnete Geschäftstüchtigkeit. 1817 übertrug die Tagsatzung ihm eine von ihr beschlossene allgemeine Untersuchung des schweizerischen Zollwesens, eine Arbeit, die H. freilich erst Anfangs 1819 übernehmen konnte und die dann durch seinen Tod unterbrochen wurde. Denn obwol H. 1821 durch die verlangte Entlassung vom Landammannamte in Glarus Erleichterung erhalten hatte, erfolgte schon im Mai 1822 der allgemein beklagte Hinschied des vortrefflichen Mannss.

[241] Gemälde der Schweiz, VII. Band: Der Canton Glarus; von Dr. O. Heer und J. J. Blumer. Zürich 1846. – Amtliche Sammlung der Tagsatzungsabschiede.