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ADB:Heim, Johann Ludwig

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Artikel „Heim, Johann Ludwig“ von Wilhelm von Gümbel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 325–326, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heim,_Johann_Ludwig&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 22:35 Uhr UTC)
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Heim: Johann Ludwig H., Vicepräsident des protestantischen Consistoriums und Geh. Rath in Meiningen, berühmter Geologe, geb. am 29. Juni 1741 zu Solz im Meiningen’schen, gest. am 19. Januar 1819 zu Meiningen, erhielt als Sohn eines Landpfarrers (s. o. S. 320 f.) seinen ersten Unterricht im Vaterhause, besuchte später das Lyceum zu Meiningen und bezog dann die Universität Jena, um daselbst Theologie zu studiren. Schon während seines Aufenthaltes am Lyceum machte sich bei H. eine große Neigung zur Mineralogie bemerkbar, welche ihn auch auf die Universität begleitete, wo er neben den mit allem Ernst und Eifer betriebenen theologischen Studien alle freie Zeit der mineralogischen Wissenschaft widmete. Nachdem H. die Theologie absolvirt hatte, glückte es ihm als Instructor den Prinzen (nachmaligen Herzog) Georg von Meiningen und dessen Bruder Karl auf Reisen zu begleiten (1774) und in Straßburg längeren Aufenthalt zu nehmen, den er dazu benutzte, um in seinem Lieblingsfache, der Mineralogie, sich weiter auszubilden und den Grund zu einer Sammlung von Mineralien zu legen. Nach seiner Zurückkunft von dieser Reise erhielt H. eine Stelle bei dem Consistorium in Meiningen, wurde später Hof- und Consistorialrath, endlich Vicepräsident und 1803 wirklicher Geheimer Rath. Bei diesen seinen dienstlichen Stellungen fand H. Muße genug, seiner Lieblingsneigung zur Mineralogie folgend, die nahe gelegenen heimischen Berge – zumal den Thüringer Wald – aufs gründlichste zu durchstreifen und seine geognostischen Verhältnisse eingehendst zu studiren, dazu eine sehr umfangreiche Sammlung der hier vorkommenden Mineralschätze herzustellen. Die Ergebnisse einer solchen 20jährigen Untersuchung legte er in seinem Hauptwerke: „Geologische Beschreibung des Thüringerwaldgebirgs“, Meiningen 1796–1812, in 3 Bänden und 6 Abtheilungen nieder. In diesem Werke bekundet sich H. als selbständiger und gründlicher Forscher, der, ohne einer bestimmten Schule blind zu huldigen, vor Allem bestrebt war, die Natur richtig aufzufassen und das Beobachtete treu darzustellen. Die Aufgaben der geologischen Forschung suchte er darin, die Urkunden der Vorzeit richtig zu lesen und das von der Geschichte der Erde verstehen zu lernen, was sich nicht durch bloße philosophische Speculation und Hypothesen erreichen lasse, sondern durch richtige Deutung der sorgfältig angestellten Beobachtungen zu erkennen gebe. Auch faßt er bereits ganz richtig die höheren und wichtigeren Aufgaben der Geognosie gegenüber der Mineralogie auf. Leider sind seine Schilderungen trotz des Reichthums an vorzüglichen Beobachtungen schwerfällig und unbehülflich, sowie, da sie weder von geognostischen Karten zureichend begleitet, noch durch gute Profilzeichnungen erläutert werden, nur schwer verständlich. Bemerkenswerth ist seine Eintheilung der Gesteine, abgesehen vom Basalt und den aufgeschwemmten Massen, in primitive Gebilde und in Flötzlagen. Zu ersteren rechnet er alle Gesteine, die vor den stürmischen Ereignissen, denen das Rothliegende seine Ausbildung verdankt, entstanden sind, z. B. den Granit, Porphyr, Trapp, Syenit, Gneiß, Glimmerschiefer und die Grauwacke. Zwischen Granit, dessen Uranfänglichkeit er zurückweist, und dem Porphyr besteht nach ihm eine innige Verwandtschaft, so daß sie in einander übergehen, wobei jedoch der Granit gleichsam den Kern, die andern primitiven Gesteine die äußeren Lagen oder die Schale ausmachen. Das Flötzgebirge theilt H. scharfsinnig ein in 1) Todtliegendes mit Steinkohlen, 2) Zechsteine mit Rauchwacke und Kupferschiefer, 3) Bunten Sandstein mit Gyps und Steinsalz, 4) Muschelkalk und Jurakalk, wodurch der letztere zum ersten Mal seine relativ richtige Stellung als jüngere Bildung erhält. Den Keuper dagegen hatte H. noch nicht zu unterscheiden [326] gewußt. Von der Steinkohle, dem Kupferschiefer, Gyps und Steinsalz sucht er klarzustellen, daß sie keine selbständige Formation ausmachen, sondern nur eine untergeordnete Stelle zwischen den Hauptgliedern einnehmen. Den löcherigen Kalk und Dolomit, welche er meist in der Nähe von Granit und Porphyr beobachtete, läßt er aus einer Aufblähung und Umänderung durch Dämpfe aus Kalkstein entstehen, weil er solche Gesteine in offenbarem Zusammenhange mit dem gleichfalls durch Umwandlung gebildeten Gyps gefunden hatte. Bezüglich der Bildung des Basalt zeigt sich H. als Vulkanist, indem er denselben als eine Umänderung der primitiven Gesteine nach der Ablagerung des Jurakalks zur Zeit, in der auch die Erhebung des Thüringer Waldes erfolgt sei, hervortreten läßt. Da diese aus den genauen Beobachtungen geschöpfte Ansicht aber den damals noch allgemein herrschenden Theorien Werner’s widersprach, so fand sie wenig Beachtung und es dauerte gegen 30 Jahre, bis sie sich Geltung verschaffte. Schon vor dieser umfangsreichen Publication hatte H. eine beachtungswerthe Abhandlung geschrieben: „Ueber die Bildung der Thäler durch Ströme“, Weimar 1791. Der Verfasser wollte darin die mächtigen Wirkungen des fließenden Wassers nachweisen und wählte zu dieser Schilderung die niederen Gegenden vor dem Gebirge. In der Beschreibung des Thüringer Waldes ergänzte er nun diese Erörterungen auch in Bezug auf die gebirgigen Gegenden. Weiter schrieb H.: „Ueber die Aehnlichkeit der ehemaligen Erdoberfläche mit der gegenwärtigen des Mondes“ (Zach’s Mon. Corr., VI., 1802), „Ungewöhnliche Entstehung der Zauberkreise durch Blitz und über die Holzkohle in Braunkohlen“ (das. XIX., 1805), „Ueber Erbsenregen in Schlesien“ (das. XXI., 1805) etc. H. hatte eine sehr große und reiche Mineralien- und Gesteinsammlung zusammengebracht, die nach seinem Tode durch Vermächtniß in Besitz der Universität Jena überging.

Meusel, G. T., IX. XI. XIV. XXII. Ersch und Gruber, Encykl., IV. 175. Poggendorff, Biog. Lex., I. 1047.