ADB:Heinrich (geistlicher Dichter)
H. Hoffmann, Fundgruben 2, S. 215 ff.), mag um 1155 entstanden sein; davon unterscheidet sich die jüngere, um 1170 anzusetzende, die in einer nun verbrannten Straßburger Handschrift sich befand (herausgegeben von H. F. Maßmann, Deutsche Gedichte des 12. Jahrhunderts, S. 42 ff.), durch eine Reihe von Zusätzen. Der Verfasser war nämlich inzwischen durch den Abt Engelbrecht (von Obernburg in der Steiermark?) auf den in ganz Nieder-Oesterreich hochverehrten heiligen Coloman aufmerksam geworden und fühlte sich darum gedrungen, eine Bitte auch an diesen, sowie an einige andere Heiligen seinem Werke nachträglich einzuverleiben. Doch liegt uns diese zweite Redaction nicht in der Fassung des Dichters, sondern in einer von einem streng geistlich gesinnten und sehr nüchtern denkenden Manne herrührenden umgearbeiteten und interpolierten Gestalt vor. – Heinrichs wesentlichstes Verdienst beruht in der originellen Disposition seines Stoffes; als Dichter ist er nicht ungeschickt, als Geistlicher steht er auf dem Durchschnittsniveau der Bildung seiner Zeit, als Mensch ist er tief durchdrungen von individuellem Schuldgefühl, das sich in leidenschaftlichen Selbstanklagen Ausdruck schafft, ohne daß jedoch rigoros ascetische Gesinnung hervorträte.
Heinrich, österreichischer Geistlicher des 12. Jahrhunderts, verfaßte unter Anlehnung an diejenige Form der lateinischen Litanei, welche in seinem Sprengel die übliche war, ein deutsches von ihm selbst als lêtanîe bezeichnetes Gedicht, das aus einer Reihe von Gebeten an verschiedene Klassen der Heiligen, unter kurzer Vorführung der Thaten hervorragender Vertreter einer jeden derselben, besteht. Dies Gedicht ist uns in zwei Redactionen erhalten. Die ältere, repräsentirt durch die vormals St. Lambrechter, jetzt Grazer Handschrift (herausgegeben von- F. Vogt in Paul-Braunes Beiträgen 1 (1874) S. 108–146. A. Schönbach in der Zeitschrift für deutsches Alterthum 20 S. 189 ff. und besonders: M. Roediger ebendaselbst 19. S. 241–346.