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ADB:Hirschfeld, Gustav

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Artikel „Hirschfeld, Gustav“ von Franz Rühl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 367–372, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hirschfeld,_Gustav&oldid=- (Version vom 4. Dezember 2024, 08:48 Uhr UTC)
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Hirschfeld: Oscar Gustav H. ist als Sohn eines wohlhabenden jüdischen Kaufmanns am 4. November 1847 zu Pyritz in Pommern geboren. Nachdem er zuerst Privatunterricht genossen hatte, besuchte er seit 1859 das Gymnasium seiner Vaterstadt und bezog dann im Herbst 1865 die Universität Berlin, die er nach einem Jahre mit Tübingen vertauschte. Dann studirte er zwei weitere Semester in Leipzig und schließlich noch ein Jahr in Berlin. Dort promovirte er am 20. Mai 1870 mit der Abhandlung „De titulis statuariorum sculptorumque Graecorum capita duo priora“, welche im folgenden Jahr in sehr erweiterter Form als Buch erschien. Seine Neigung gehörte wol von Anfang an der Archäologie, während er im übrigen seine Studien zunächst sehr schweifen ließ. Bereits in seinen ersten Berliner Semestern hat er bei Friedrichs gehört, in Tübingen hörte er, abgesehen von philosophischen Collegien, bloß bei Michaelis; in Leipzig hat er zwar Vorlesungen bei G. Curtius und Ritschl besucht, aber es war doch hauptsächlich Overbeck, der ihn fesselte. Auch während seines zweiten Berliner Aufenthalts trat die eigentliche Philologie stark zurück, mit der er sich zeitlebens nicht sehr befreundet hat. Dagegen fand er hier in Ernst Curtius auf archäologischem Gebiete einen immer aufs neue von ihm gepriesenen Lehrer, der die großen Talente des Zwanzigjährigen früh erkannte und den etwas Flüchtigen und Zerfahrenen, der seine Gabe rascher Auffassung und gewandter Darstellung schnellfertig zu verwerthen geneigt war, in ernste und strenge wissenschaftliche Arbeit einführte. Neben der Archäologie trieb H. namentlich unter der Leitung Kirchhoff’s epigraphische Studien.

Im Januar 1871 unternahm er seine erste Reise nach dem Süden, wobei er nach einigen Monaten durch ein Stipendium des archäologischen Instituts unterstützt wurde. Er besuchte Bologna, wo damals Zanoni seine berühmten Ausgrabungen begonnen hatte, und Ravenna und ging dann nach Athen, von wo aus er eine Reihe von Ausflügen nach Attika, dem Peloponnes und den benachbarten Inseln machte. Neben einer Anzahl kleinerer Arbeiten war die Frucht dieser Reisen namentlich die in den „Lettere ad A. Conze über die Dipylonvasen. Im August traf er in Constantinopel mit Curtius zusammen und nahm unter seiner Führung mit Stark, Adler, H. Gelzer und dem Major Regely an jener Wanderung durch die westlichen Küstengegenden von Kleinasien theil, der wir so werthvolle [368] Aufschlüsse verdanken. Das Interesse Hirschfeld’s wandte sich hier insbesondere den topographischen Arbeiten zu, deren Technik er sich vollständig zu eigen machte; und die Reise wurde entscheidend für seine spätere Studienrichtung. Nach Athen zurückgekehrt, begann er sofort eine topographische Untersuchung der Häfen, deren Ergebnisse 1878 in dem „Topographischen Versuch über die Peiraieusstadt“ veröffentlicht worden sind. Das folgende Jahr verbrachte er in Rom, Unteritalien und Sicilien, wesentlich mit archäologischen Studien beschäftigt, ging dann nochmals nach Nordgriechenland und dem Peloponnes und nahm endlich, im Sommer nach Deutschland zurückgekehrt, noch einen längeren Aufenthalt in London zum Studium der dortigen Kunstschätze. Der Gedanke an die Erforschung Kleinasiens und seiner reichen antiken Ueberreste hat ihn nicht wieder losgelassen. Auch Curtius, dem er auf der Reise sehr nahe getreten war, hatte seine große Begabung für ein solches Unternehmen erkannt, und seinem Einflusse war es zuzuschreiben, daß H. bereits im Frühjahr 1874 von der Berliner Akademie zusammen mit dem damaligen Baumeister Eggert mit der Erforschung eines Theiles des südwestlichen Kleinasiens betraut wurde. Die Reise ging von Adalia über Termessos nach Pamphylien und dann von Side durch das Melasthal nach dem noch fast unbekannten innern Hochplateau. Hier wurde der westliche Rand des Beischehr-Sees festgelegt und nach einem schwierigen Uebergang über den Anamar-Dagh gelangten die Reisenden an das Südende des Sees von Ejerdir. Von dort ging es südlich nach Kremna, dann wieder nordwärts nach Isbarta, wo sich H. von seinem Begleiter trennte, der durch das Maeanderthal nach Aïdin ging, während er selbst durch Pisidien nach Apameia Kibotos vordrang, dessen Lage er aufnahm, und das er später eingehend besprochen hat. Von dort zog er zuerst in südlicher, dann in südöstlicher Richtung nach dem Grenzgebirge zwischen Lykien und Karien, das auf einem bisher unbekannten Passe überschritten wurde. In Karien besuchte er Aphrodisias und ging dann durch bisher unbekannte Gegenden nach Stratonikeia, um von da aus über Lagina und Alabanda Aïdin zu erreichen. Daran schlossen sich dann noch einige Ausflüge an der Westküste von Kleinasien und eine Durchforschung der Insel Teos, die ebenfalls nicht ohne wissenschaftliche Ausbeute blieben.

Die Ergebnisse dieser Expedition waren sehr bedeutend. Die Wege, welche H. eingeschlagen hatte, waren zum großen Theil von früheren Reisenden noch nicht betreten, und die zahlreichen antiken Ruinenstätten meist noch nicht systematisch untersucht worden; H. hatte die gesammte Route in großem Maßstab croquirt, zahlreiche Pläne aufgenommen und eine Fülle von Inschriften copirt, während Eggert die Monumente gezeichnet und photographirt hatte. Dabei hatte sich H. als einen für solche Reisen ganz ungewöhnlich veranlagten Gelehrten bewährt. Mit rastlosem und zielbewußtem Forschungseifer verband er ein immer fröhliches Naturell, das sich mit glücklichem Humor über alle Fährlichkeiten und Mißgeschicke hinwegsetzte. Sein Körper erwies sich als jeder Anstrengung und Strapaze gewachsen, gewandt und ausdauernd, obwol seine untersetzte Gestalt etwas zur Beleibtheit neigte; sein großes Sprachtalent hatte ihn zu dem Neugriechischen, das er schon vollkommen beherrschte, sich rasch auch des Türkischen bemächtigen lassen; in allen praktischen Dingen zeigte er ein großes Geschick und daneben entwickelte er eine außerordentliche Gabe, mit Menschen jeden Standes und jeder Nationalität umzugehen und sie seinen Zwecken geneigt zu machen.

Als daher das deutsche Reich im Jahre 1875 die Ausgrabungen von Olympia beschloß, erschien H. mit Recht als der geeignetste Mann, um dieses große Unternehmen ins Werk zu setzen. Zwei Winter, vom 4. October 1875 [369] bis zum 26. Mai 1877 hat er hier im „Deutschen Hause“ bei Druwa geweilt und die Ausgrabungen geleitet, unterstützt zuerst von Adolf Bötticher, dann nach dessen Erkrankung durch Emil Streichert und K. Steinbrecht, den heutigen Baumeister der Marienburg, zuletzt auch durch Richard Weil. In der zweiten Campagne begleitete ihn seine junge Gattin, Margarethe, geb. Bredschneider, eine Ostpreußin, mit der er sich am 15. Juli 1876 in Berlin vermählt hatte. Mit dem Fortschreiten der Ausgrabungen kamen bald auch gelehrte und ungelehrte Besucher von Nah und Fern, darunter wiederholt Curtius als hochgeehrter Gast. Von dem heiteren und fröhlichen Leben, das sich damals in Olympia entfaltete, hat Ludwig Pietsch in seiner „Wallfahrt nach Olympia“ (Berlin 1879) ein anschauliches und anziehendes Bild entworfen. Unter Hirschfeld’s Leitung wurden die wichtigsten topographischen Punkte der Altis festgelegt, der Zeustempel ganz und das Heräon zum größten Theile ausgegraben; die hervorragendsten Kunstwerke, welche er entdeckt hat, sind die Giebelfiguren des Zeustempels, die Nike des Paeonios und der Hermes des Praxiteles.

Nach dem Schlusse der zweiten Arbeitsperiode hat H. mit der Mehrzahl seiner Genossen der weiteren Thätigkeit in Olympia entsagt. Es waren ernste Differenzen mit gewissen Richtungen und Strömungen in der Berliner Centralleitung entstanden. H. hat die daraus erwachsene Verstimmung nie verwunden; von einer der in Berlin damals maßgebenden Persönlichkeiten konnte er nie ohne bitteren Hohn reden. Nach kurzem Aufenthalte in Deutschland ging er zunächst wieder nach London, wo er zu Newton in enge Beziehungen trat, und nach Paris, mit der Absicht, sich nachher in Leipzig zu habilitiren. In dieser Zeit hat er sich auch taufen lassen. Schwerlich aus äußerlichen Motiven. Er war zeitlebens eine tief religiös angelegte Natur und dem Judenthum sehr früh entfremdet. Kirchlich ist er aber so wenig gewesen, daß viele seiner Freunde lange Jahre hindurch nicht mit Sicherheit zu sagen wußten, welchem Glaubensbekenntnisse er formell angehörte.

Ehe er indessen noch zur Habilitation gelangte, wurde H. auf den Antrag der Facultät als Nachfolger Blümner’s zum außerordentlichen Professor der Archäologie in Königsberg ernannt, wo zwei Jahre später ein ordentlicher Lehrstuhl für ihn geschaffen wurde.

Die Zahl der Studirenden der Alterthumswissenschaft in Königsberg war damals zwar ziemlich groß und im Wachsen begriffen, das Interesse an Gegenständen, welche nicht unbedingt zum Examen erforderlich waren, aber bei den dortigen eigenthümlichen Verhältnissen nur gering. Allein H. verstand es durch seine außerordentlich anziehende Vortragsweise und seine lebendige und immer anregende Persönlichkeit, dem von ihm vertretenen Fach die gebührende Stellung im Unterrichtsbetriebe zu verschaffen und auch einen anhänglichen Kreis speciellerer Schüler zu archäologischen und epigraphischen Uebungen um sich zu versammeln. Seine Vorlesungen umfaßten das ganze Gebiet der Kunstarchäologie, mit Einschluß der Numismatik; daneben las er über griechische Epigraphik und über Geographie und Topographie von Griechenland und Kleinasien. Seine öffentlichen Vorlesungen, namentlich über berühmte Kunststätten des Alterthums und über die Ergebnisse der neuern Ausgrabungen, wurden auch von vielen Studirenden anderer Fächer besucht. Sein Vortrag verband klare Verständlichkeit mit glänzender Form; selbst immer von der Anschauung ausgehend, wußte er auch bei den Zuhörern deutliche Anschauung zu erwecken, und der echte, niemals nebelhafte Enthusiasmus, von dem seine Ausführungen getragen waren, theilte sich auch ihnen mit. Das trat namentlich auch bei den [370] Vorlesungen über antike Kunstgeschichte hervor, die er in spätern Jahren vor einem größeren, nicht akademischen Publicum gehalten hat. Gehemmt wurde seine Thätigkeit leider vielfach durch die beschränkten Räumlichkeiten und die zum Theil dadurch bedingte Mangelhaftigkeit der akademischen Sammlungen, für die er sich vergebens bemüht hat, eine geeignetere Stätte zu erlangen.

Seine persönlichen Verhältnisse waren trotz mancher Störungen, welche das nicht immer erfreuliche akademische Leben mit sich brachte, sehr angenehm. Er sammelte einen großen Kreis von Freunden um sich, die er durch seine ungewöhnlichen geselligen Gaben nicht minder entzückte, wie vordem seine griechische und occidentalische Umgebung in Olympia. Immer hatte er etwas Neues, Unerwartetes, Anmuthiges und Anregendes vorzubringen, aber er verstand es auch stets, dankbar auf das einzugehen, was Andere boten. Im Grunde eine ernste Natur, war er doch immer der Fröhlichste der Fröhlichen, und seine Unterhaltung sprühte von Geist und Witz.

So fruchtbringend Hirschfeld’s akademische Thätigkeit war, so läßt sich doch bezweifeln, ob seine Talente nicht anderweitig entsprechender hätten verwerthet werden können. Seine Stellung sagte ihm zwar in jeder Hinsicht zu, aber es trieb ihn doch immer wieder hinaus. Schon 1880 war er wieder in Italien und in Griechenland, namentlich auch in Olympia. Dann aber unternahm er vom Juli bis October 1882 mit Unterstützung der Berliner Akademie und der preußischen Regierung eine neue Forschungsreise nach Kleinasien, diesmal nach der Nordküste, dem alten Paphlagonien mit den angrenzenden Teilen von Phrygien und Galatien, einem Gebiet, das fast für unbekannt gelten konnte. Er erforschte von Ineboli aus zunächst das Gebiet des Devrikian Irmak, ging dann östlich an der Küste vor und gelangte, indem er sich darauf nach Süden wandte, in das Thal des Halys, das sich als ganz anders geartet erwies, als man sich bis dahin vorgestellt hatte und auf eine weite Strecke hin festgelegt werden konnte. Die Reise ging dann weiter südlich, über Oejuk und Bogazköi nach Iskelib. Von hier unternahm H. einen Ritt in südöstlicher Richtung nach Amasia, um das Gebiet der Iris aufzuklären, und dann weiter nach Tokat und Niksar. Daran schloß sich endlich die Erkundung des bisher nur an seiner Mündung bekannten Thermodon. Die auf mehr als 1500 Kilometer ausgedehnte Landreise schloß in Samsun, von wo H., nachdem er noch einen Ausflug nach Trapezunt unternommen hatte, nach Constantinopel zurückkehrte. Der Ertrag der Reise war nicht nur in geographischer und topographischer Beziehung ein sehr reicher, auch die archäologische Ausbeute war groß. Namentlich wurden zahlreiche Felsengräber und Sculpturen aus der kleinasiatischen Frühzeit entdeckt, die der wissenschaftlichen Forschung einen reichen neuen Stoff und manches auch heute noch nicht gelöste Räthsel darboten. Eine eigentliche Entdeckungsreise hat H. nachher freilich nicht mehr unternommen, aber er war doch nicht dazu gemacht, still am Schreibtisch zu sitzen. Er besuchte St. Petersburg und Paris, er war wiederholt in London, im Sommer 1888 bereiste er Spanien, 1889 ging er noch einmal nach Griechenland und Constantinopel, immer mit reichem Ertrag für seine Anschauungen, während er auch selbst in der Fremde fruchtbare Anregungen gab. Seine Eindrücke hat er mehrfach auch in größeren oder kleineren Aufsätzen zusammengefaßt.

In Hirschfeld’s schriftstellerischer Thätigkeit trat seit der Uebersiedelung nach Königsberg die classische Archäologie mehr und mehr zurück, wenn man von einigen meisterhaften populären Aufsätzen absieht, welche, ursprünglich in Zeitschriften zerstreut, nach seinem Tode mit anderem Verwandten unter dem Titel „Aus dem Orient“ gesammelt worden sind. Eingehende Studien hat er dagegen den zum guten Theil ja erst von ihm selbst entdeckten Felsengräbern und [371] Felsenreliefs von Kleinasien gewidmet. Bedeutend und umfangreich sind ferner seine Arbeiten auf dem Gebiete der griechischen Epigraphik, die in ihrer ganzen Behandlungsweise vielfach als Muster dienen können; die umfangreichste dieser Publicationen ist der vierte Theil der „Collection of ancient Greek inscriptions in the British Museum“, welcher die Inschriften von Knidos, Halikarnassos und Branchidae mit ausführlichem Commentar enthält.

Mehr und mehr concentrirten sich indessen die Arbeiten Hirschfeld’s auf geographische Fragen. Sein Interesse an diesen Dingen war sehr ausgebreitet, wie er auch als langjähriger Vorsitzender der Königsberger geographischen Gesellschaft bewies; aber für ihn persönlich stand die Geographie im Sinne Karl Ritter’s und seines eigenen Lehrers Curtius im Vordergrunde, die von den fertigen Umrissen der Erdoberfläche ausgeht und ihre Wirkung auf den Menschen und ihre Wandlungen als Wohnstätte unseres Geschlechts verfolgt. Er ist auch öffentlich wiederholt für die hohe Bedeutung dieser Betrachtungsweise und dafür eingetreten, daß ihr im Unterricht auf Universitäten und höheren Schulen ihre Gleichberechtigung gegenüber der heute vorzugsweise gepflegten Naturwissenschaftlichen Richtung gewahrt bleibe. So wenig er indessen ein einseitiger Liebhaber des Alterthums war – wie er denn z. B. den im Orient so lange vernachlässigten mittelalterlichen Ueberresten lebhaften Antheil entgegen brachte, so lag es doch nahe, daß er sich mit Vorliebe mit den Ländern der antiken Cultur beschäftigte, um so mehr, als ihm mit Recht nirgends der Zusammenhang zwischen Natur und Geschichte deutlicher hervorzutreten schien als hier. Er hat in Wagner’s geographischem Jahrbuch drei Berichte über die Fortschritte unserer geographischen Kenntniß der alten griechischen Welt geliefert. Sein Hauptinteresse blieb immer der Erforschung Kleinasiens zugewandt. Er hat hier, wie früher durch seine eigenen Reisen, so später nicht nur durch Studien zur vergleichenden Topographie, sondern insbesondere auch durch die Zusammenfassung und Kritik fremder Ergebnisse ungemein förderlich gewirkt. Mancherlei Unternehmungen zur allseitigen Erforschung des Landes hat er angeregt und unterstützt; der Versuch, Einsicht in die Berichte der englischen travelling consuls zu erlangen, um mit ihrer Hülfe ein Gesammtbild der Halbinsel zu construiren, ist freilich trotz aller Bemühungen an militärischen Widerständen gescheitert.

Er blieb indessen bei der bloßen Erforschung des Einzelnen nicht stehen; sein lebhafter Geist drängte nach Combination und Vergleichung. So entstanden die beiden grundlegenden Abhandlungen über die „Typologie der griechischen Ansiedlungen“ und die „Entwicklung des Stadtbildes“; in der letzteren hatte er bereits weit über die Grenzen der griechischen Welt hinausgegriffen.

Mitten aus rüstigster Thätigkeit und sich immer weiter ausbreitenden Studien wurde H. durch eine furchtbare Krankheit, ein Sarkom des Beckens, herausgerissen. Schon 1891 hatten sich die ersten Spuren gezeigt, seit 1893 war die Unheilbarkeit erkannt. Er selbst wollte freilich die Hoffnung lange nicht aufgeben, und es sieht fast so aus, als ob er durch seinen energischen Willen zum Leben das entfliehende länger festgehalten habe, als ihm sonst vergönnt gewesen wäre. Unter furchtbaren Schmerzen hat er 1893 den Druck der Inschriften des Britischen Museums und die Einleitung und die Anmerkungen zu der neuen Ausgabe von Moltke’s Briefen aus der Türkei vollendet, welche immer eins seiner Lieblingsbücher gewesen waren, dann fuhr er, begleitet von seiner tapferen Gattin, sogar noch nach New-York, um dort durch ein angepriesenes neues Heilverfahren Rettung zu finden. Hoffnunglos zurückgekehrt, nahm er zuerst seinen Aufenthalt in der Schweiz und dann in [372] Wiesbaden, wo er am 20. April 1895 gestorben ist, immer noch geistig thätig und von den mannichfachsten Interessen bewegt. Seine Leiche wurde auf seinen Wunsch nach Königsberg übergeführt und dort bestattet.

Vita der Doctordissertation. – Ernst Curtius, Zur Erinnerung an Gustav Hirschfeld (Deutsche Rundschau, Bd. 34 [1895], S. 377 ff.). – Hans Prutz, Gustav Hirschfeld (Altpreußische Monatsschrift, Bd. 82 [1895], S. 311 ff.). – Max Lehnerdt, Gustav Hirschfeld (Jahresbericht über die Fortschritte der classischen Alterthumswissenschaft, 1898, Nekrologe, S. 65 ff.) Dabei ein vollständiges Verzeichniß von Hirschfeld’s Schriften.