ADB:Holzschuh, Dietrich (1. Artikel)
*): Dietrich H. gab sich unter König Rudolf am Niederrhein für den Kaiser Friedrich II. aus. Er trat c. 1283 zuerst in Köln als der wiedergekommene, vom Volke erwartete Kaiser auf, wurde hier jedoch verhöhnt und wandte sich darauf nach Neuß, wo sein Vorgeben geglaubt wurde. Räthselhaft bleibt, woher ihm die Mittel zu seiner dortigen Hofhaltung und zu den von ihm vertheilten Spenden zugeflossen sein mögen. Daß Fürsten aus Feindschaft gegen Rudolf ihn emporgebracht und unterstützt haben sollten, ist durchaus nicht bewiesen; jedenfalls verdient die Angabe mehr Glauben, daß es die Ketzer gewesen, welche jene Mittel hergaben zur Aufrichtung des Reiches des erwarteten Friedrich, der ja die Pfaffen bewältigen sollte. Von den Neußern gegen den Erzbischof Sigfried von Köln vertheidigt, hielt der Pseudo-Friedrich dort Hof- [793] und Gerichtstage, ertheilte Privilegien und ließ Briefe mit Siegel an Fürsten und Städte ergehen. Die Friesen suchten bei ihm Hülfe gegen den Grafen Florenz von Holland und erlangten ein noch vorhandenes Schutzmandat, das an den Bischof von Utrecht gerichtet ist. Sein Ruf breitete sich rheinaufwärts, nach Burgund und selbst nach Oberitalien aus, von wo Boten geschickt wurden, um sich von der Wahrhaftigkeit des Gerüchtes zu überzeugen. Sein Anspruch auf das Kaiserthum traf aber mit der Opposition gegen Rudolf in den Städten zusammen, von welchen dieser unter Anderen damals den dreißigsten Pfennig verlangte, und so geschah es, daß zu Anfang Mai fast gleichzeitig Colmar und Hagenau sich erhoben, Frankfurt, Friedberg und Wetzlar aber einen Bund schlossen, der offenbar gegen Rudolf gerichtet war. Alles gerieth ins Schwanken und es war die höchste Zeit, daß Rudolf dem Possenspiele jenes Kaiserthums ein Ende machte, da der Betrüger ihn selbst schon vorlud und ankündigte, daß er in Frankfurt einen Reichstag halten wolle. Nachdem Wetzlar sich am 22. Juni 1285 mit Rudolfs Bevollmächtigten über den dreißigsten Pfennig verständigt hatte, nahm es doch in den nächsten Tagen den angeblichen Kaiser bei sich auf. Da rückte Rudolf selbst heran. Die am 14. Juni begonnene Belagerung Colmars hatte er nach einigen Tagen aufgegeben, auf dem Zuge nach Norden sich aus Speier, Worms und Mainz, welche treu geblieben waren, verstärkt; er erzwang die Auslieferung des falschen Friedrich, erpreßte von ihm seinen wahren Namen, wahrscheinlich auch das Bekenntniß ein Ketzer zu sein und ließ ihn als solchen am 7. Juli (oder kurz zuvor) verbrennen. – H. war nicht der erste und nicht der letzte der falschen Friedriche. Schon 1262 hatte sich in Sicilien ein Johann de Calcaria in der Aetnagegend für den Kaiser ausgegeben; gleichzeitig mit H. aber waren in Deutschland ein Tile Kolup (wenn er nicht mit H. selbst identisch ist, s. Kolup), ein anderer 1284 in Lübeck und ein angeblicher Bruder Heinrich in Colmar aufgetreten. Noch 1295 trat in Oberdeutschland ein Friedrich auf, der dann in Eßlingen verbrannt wurde.
Holzschuh- Vgl. Petry, Der falsche Friedrich, genannt Tile Kolup, in Ztschr. d. Berg. Gesch.-Ver. II, 339; O. Lorenz, Deutsche Geschichte II, 391 ff. und besonders Victor Meyer, Tile Kolup, der falsche Friedrich. Wetzlar 1868.
[792] *) Zu Bd. XIII, S. 31.