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ADB:Friedrich II. (Kaiser)

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Artikel „Friedrich II., römischer Kaiser“ von Eduard Winkelmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 7 (1878), S. 436–448, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Friedrich_II._(Kaiser)&oldid=- (Version vom 17. Dezember 2024, 20:41 Uhr UTC)
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Friedrich II., römischer Kaiser, König von Jerusalem und Sicilien, geb. zu Jesi in der Mark Ancona am 26. Decbr. 1194, † zu Fiorentino bei Luceria am 13. Decbr. 1250. Der Sohn des staufischen Heinrich VI. und der normännischen Konstanze, welche jenem ihr Erbrecht auf Sicilien zubrachte, wurde er nach den Großvätern Friedrich Roger getauft und so hat man ihn auch Jahrzehnte hindurch besonders in Italien genannt, obwol er selbst amtlich den zweiten Namen nie gebrauchte. Fern von den Eltern, verlebte er seine ersten Jahre in Foligno und von hier sollte sein Oheim Georg Philipp von Schwaben[1][2] ihn 1197 nach Deutschland abholen, dessen Fürsten das Jahr zuvor den Erben Siciliens auch zu ihrem Könige gewählt hatten, als der plötzliche Tod Heinrichs VI. (28. Sept. 1197) seinem Geschicke eine andere Wendung gab. Der Aufstand der Italiener zwang Philipp, ohne das Kind heimzukehren, in Deutschland selbst erhob sich eine den Staufern feindliche Partei gegen die Nachfolge Friedrichs, vor allem aber setzte die Kurie alles daran, die dauernde Vereinigung der beiden ihm bestimmten Reiche zu hintertreiben und diesem Bestreben leistete der Umstand wesentlichen Vorschub, daß die Kaiserin-Wittwe, welcher in Heinrichs Testament die Regierung Siciliens während der Unmündigkeit ihres Sohnes zugewiesen war, sich sogleich mit den Deutschen überwarf, welche dort Lehen und Aemter erhalten hatten. Nicht als ob Konstanze leichten Herzens das Recht des Sohnes auf die deutsche Krone preisgegeben hätte, aber sie vermochte, da ihr nun jeder Rückhalt fehlte, es auch nicht geltend zu machen. Als dann in Deutschland Philipp von Schwaben, um das Königthum wenigstens seinem Hause zu erhalten, nothgedrungen selbst an die Stelle des Neffen trat, da ließ Konstanze dessen römischen Königstitel gänzlich fallen und begnügte sich ihr eigenes Erbe, Sicilien, ihm zu sichern. Am 17. Mai 1198 wurde F. in Palermo zum Könige von Sicilien gekrönt. Die Bedrängniß aber durch die Deutschen im Königreich, unter welchen Markward von Anweiler (Bd. I. S. 499) und Dipold von Schweinspent (s. Art.) die gefährlichsten waren, und die Furcht vor Philipp von Schwaben, der als Haupt des staufischen Hauses die Vormundschaft über F. beansprucht zu haben scheint, trieben die Kaiserin vollends auf die päpstliche Seite. Sie erkannte die von Heinrich VI. zurückgewiesene Lehnshoheit des Papstes über Sicilien wieder an, gab in einem Concordate wesentliche Befugnisse ihrer normännischen Vorgänger preis und setzte endlich in ihrem Testamente vom 25. Nov. 1198 Innocenz III. selbst zum Reichsregenten und Vormunde ihres Sohnes ein. Am 27. Nov. starb sie.

Durch eine eigenthümliche Wendung der Dinge ward so der Enkel Friedrichs I., der Sohn eines Heinrich VI., Lehnsmann und Mündel des Papstes, der seinerseits im höchsten Grade dabei interessirt war, daß das Reich der Normannen diesem Staufer verblieb. Er fühlte sich allerdings nicht verpflichtet, F. zum deutschen Throne zu verhelfen – in der sogenannten Deliberatio d. papae de negotio imperii sind die Gründe erörtert, welche dagegen sprachen –, [437] aber er hat wenigstens rücksichtlich Siciliens das Beste Friedrichs ohne Zweifel gewollt und es war nicht seine Schuld, daß er schließlich nur wenig ausrichtete. Die Legaten, welche er als seine Vertreter ins Königreich sandte, sind ebenso wenig als die oberste Regierungsbehörde von Palermo, das Collegium der Familiaren, zu einer durchgreifenden Wirksamkeit gelangt; die fortdauernden Kämpfe mit den deutschen Capitänen, der unglückliche Gedanke des Papstes, gegen sie sich ein Gegengewicht an den Franzosen und dem Grafen Walter von Brienne zu schaffen, in dem die Ansprüche der tancredinischen Dynastie fortlebten, die Widersetzlichkeit der großen Barone, die Zwistigkeiten unter den Regierenden selbst und ihre Habsucht, die Einmischung der Genuesen und Pisaner und die Aufstände der Muhammedaner in Sicilien führten zu einer grenzenlosen Anarchie, bei welcher der königliche Knabe, „ein Lamm unter Wölfen“, in förmliche Dürftigkeit und wiederholt in Gefahr gerieth.

Die herben Erfahrungen dieser Jahre der Kindheit, der Mangel an Verwandten und Freunden, der lange Verkehr mit einem so bedenklich angelegten Manne, wie der Kanzler Walter von Palear war, legten damals wol den Grund zu Friedrichs nicht immer sympathischem Wesen: wir verstehen, wie aus solchen Verhältnissen Frühreife des Verstandes und Menschenkenntniß, aber auch Mißtrauen, Selbstsucht und Begierde nach Macht erwachsen konnten. Dunkler dagegen sind die Quellen des ausgedehnten Wissens, durch welches er sich in späteren Jahren im Orient und Occident, bei Christen, Juden und Muhammedanern Ruhm erwarb. Mag er manches auch erst später erlernt haben (und es scheint, daß im besonderen die Beschäftigung mit der philosophischen, mathematischen und naturwissenschaftlichen Litteratur des Ostens erst von seinem Kreuzzuge datirt), – die Empfänglichkeit dafür muß doch schon in jungen Jahren geweckt worden sein. Gregor von S. Galgano, der 1224 als Cardinalpresbyter von S. Anastasia verstorben ist, scheint den größten Antheil daran zu haben; der spätere Erzbischof Nikolaus v. Tarent und der Magister Johann v. Traetto werden von F. selbst als seine Pfleger bezeichnet. Er war des Lateinischen, Italienischen und des Französischen, des Griechischen und Arabischen mächtig; ob vor seinem Aufenthalte in Deutschland auch der Sprache seiner väterlichen Vorfahren, mag zweifelhaft sein. Daß er deutsche Sprache und Dichtung liebte, ist nicht bewiesen, und von einem deutschen Hofe mit deutscher Poesie in Sicilien, von dem viel gefabelt worden, kann weder für diese noch für die spätere Zeit Friedrichs die Rede sein. Sein Geist hat allerdings aus der allgemeinen Bildung des Abendlandes Nahrung gezogen, seine eigenthümliche Richtung aber durch die Mischung derselben mit orientalischen Elementen erhalten, welche sich während der normännischen Zeit in Sicilien vollzogen hatte, und eben diese letztere erlangte bei F. allmählich das Uebergewicht.

Die Anarchie in Sicilien war 1208, als F. sein 14. Lebensjahr vollendete und die päpstliche Vormundschaft zu Ende ging, so schlimm als je und die Zustände wurden dadurch nicht besser, daß der Papst ihm 1209 die Wittwe des Königs Emmerich von Ungarn, Constanze von Aragonien, zur Frau und Beratherin gab. Ihr Bruder, der mit aragonischen Rittern die Ordnung herstellen sollte, starb bald nach der Landung und die feindlichen Elemente erhielten vollends die Oberhand, als sein natürlicher Gegner, der welfische Kaiser Otto IV., den Abmahnungen des Papstes zum Trotz, im November 1210 ins Königreich einbrach. Innocenz beantwortete wol diesen Angriff auf seinen Vasallen mit dem Banne, vermochte aber die Fortschritte Ottos nicht im geringsten zu hemmen: bis zum Herbste 1211 hatte der Kaiser den größten Theil des Festlandes inne und schickte sich eben an, auf die Insel überzusetzen, als die Ereignisse in Deutschland ihn heimriefen und F. vor der sicheren Vernichtung retteten.

[438] Die von Frankreich und dem Papste ausgehende Aufreizung zur Empörung hatte dort Gehör gefunden. Daß aber die mit Otto unzufriedenen Fürsten ihm nun gerade den sicilischen Staufer gegenüberzustellen beschlossen, dürfte schwerlich von Innocenz veranlaßt worden sein. Er widersprach zwar nicht der Berufung Friedrichs, weil die von Seiten Ottos drohende Gefahr dringender war als die andere, die aus der Erhebung des Staufers möglicher Weise künftig entstehen konnte; aber er hat diese auch nicht sogleich gebilligt und sie schließlich an Bedingungen geknüpft, welche der von ihr befürchteten Schädigung der päpstlichen Interessen vorbeugen sollten. F., der im Februar 1212 den ihm durch Anselm von Justingen überbrachten Ruf der deutschen Fürsten und den Titel eines erwählten römischen Kaisers annahm, mußte nämlich, bevor er sich auf die Reise machte, das Concordat seiner Mutter und die Lehnsurkunden über Sicilien erneuern und, damit die Trennung des letzteren vom Kaiserreiche aufrecht erhalten bleibe, seinen eben geborenen Sohn Heinrich dort zum Könige krönen lassen. Er hat aber bei seiner Anwesenheit in Rom (März 1212) wol auch schon jenen anderen auf das Kaiserreich bezüglichen Forderungen des Papstes zustimmen müssen, welche nachher in der Goldbulle von Eger reichsrechtliche Anerkennung erhielten.

Völlig mittellos, ohne Mannschaft und ohne Geld, kam er nach Genua und wie sein Auftreten abenteuerlich war, so war es auch der weitere Zug quer durch die Lombardei, wo die kaiserfreundlichen Mailänder ihm aufpaßten, und aus dem Etschthale über die Alpen nach Chur. Aber das Wagniß gelang. Der Zauber seines Namens und die Unzufriedenheit mit Otto führte ihm zunächst die Schwaben zu; die französischen Hülfsgelder, mit denen er nicht karg war, und überhaupt die Vortheile, welche aus einer Thronveränderung sich ziehen ließen, thaten das übrige, so daß Otto IV. zu der Zeit, da F. zu Frankfurt von einer großen Fürstenversammlung förmlich gewählt (5. Decbr.) und in Mainz gekrönt ward (9. Decbr. 1212), sich wieder auf diejenigen Reichstheile beschränkt sah, in denen sein Königthum 1198 begonnen hatte, auf den Nordwesten, den der Einfluß Englands beherrschte, und auf Sachsen, soweit es von den braunschweigischen Erblanden aus im Zaum gehalten werden konnte. Trotzdem war F. nicht im Stande, ihn völlig niederzuwerfen; seine Züge gegen Braunschweig sind regelmäßig gescheitert und am Niederrhein und in den Niederlanden ist er doch nur dadurch Herr geworden, daß Otto im Kampfe gegen Frankreich bei Bouvines am 27. Juli 1214 unterlag. Nun erst unterwarf sich Aachen, wo F. am 25. Juli 1215 sich zum zweiten Male krönen ließ, und ebenso Köln, das recht eigentlich als die Hauptstadt des welfischen Königthums zu betrachten war. Dennoch hielt sich dieses, wie gesagt, in einem Theile Sachsens und bei der Wankelmüthigkeit der deutschen Fürsten bestand immer noch die Möglichkeit eines Umschwungs zu Gunsten Ottos. Das hat Friedrichs Verhalten nach innen und außen wesentlich bestimmt.

Von den auswärtigen Mächten hatte Frankreich, da Otto mit England verbündet war, von Anfang an für F. Partei genommen und F. vergaß sein Lebtag nicht die Dienste, die ihm von dort her geleistet waren. An dem Bunde, den er gleich nach seiner Herüberkunft im November 1212 zu Vaucouleurs im persönlichen Verkehr mit dem französischen Thronfolger geknüpft, hielt er stets unverbrüchlich fest. Als er selbst sich 1235 mit England verschwägerte, geschah es nicht, um dieses gegen den alten Verbündeten zu unterstützen. Auch Dänemark ward in sein Interesse hineingezogen, indem er dem Könige Waldemar II. zu Anfang 1215 die während des früheren Thronstreites in Deutschland eroberten Reichsgebiete jenseits der Elbe und Elde und im Wendenlande förmlich abtrat. Die Hauptsache aber war doch das Verhältniß zum Papste und den Fürsten und da [439] er ihrer bedurfte, um sich zu halten, verstand es sich von vorneherein, daß er den Tendenzen derselben sich fügen mußte, um so mehr, da sie vielfach sich berührten. Für diese Verhältnisse ist die erwähnte Goldbulle von Eger 12. Juli 1213 von entscheidender Bedeutung geworden. F. willigte nämlich und zwar unter Zustimmung der Fürsten, die den analogen Zusicherungen Ottos IV. gefehlt hatte, in alle Wünsche der Kirche: er bestätigte ihr den Besitz des mathildischen Gutes und der seit dem Tode Heinrichs VI. dem Reiche entzogenen Territorien und gab so erst dem von Innocenz geschaffenen Kirchenstaate seine rechtliche Begründung; er erkannte an, daß er trotz seiner Erhebung zum römischen Könige und künftigen Kaiser für Sicilien Mann des Papstes bleibe, was sein Vater als unmöglich zurückgewiesen hatte, und beseitigte damit die Möglichkeit einer Incorporation Siciliens in das Kaiserreich, die man in Rom besonders fürchtete; er stellte sich und das Reich zur Ausrottung der Ketzerei zur Verfügung; er entsagte endlich dem seit Friedrich I. von den deutschen Königen geübten Mißbrauche des sogenannten Spolienrechtes und verzichtete, was noch wichtiger war, auf jeden Einfluß bei den kirchlichen Wahlen und auf jede Beschränkung der Appellation in ecclesiasticis nach Rom. Was war damals aber nicht Kirchensache oder konnte nicht dazu gemacht werden? Mit diesem Privileg für die römische Kirche hat sich der Charakter des geistlichen Fürstenthums und im Zusammenhang damit der Charakter der deutschen Monarchie gänzlich verändert. Verfiel jenes nun mehr und mehr der Abhängigkeit von Rom, so hat diese, um nicht ganz in der Luft zu schweben, sich seitdem einfach den Bestrebungen des Fürstenthums anbequemen, dieses fördern müssen, um selbst von ihm gefördert zu werden. Hier im Anfange der Regierung Friedrichs II. liegt die entscheidende Wendung der deutschen Geschichte, nach welcher ein Einlenken nicht mehr möglich war: hier ist die Quelle auch seiner zahlreichen späteren Verbriefungen in favorem principum, aus welchen der deutsche Territorialstaat erwuchs. Von einer persönlichen Verschuldung des Königs kann bei der gegebenen Sachlage nicht die Rede sein, wie denn überhaupt Friedrichs persönliche Neigung und sein eigener Wille in allem, was die Gesetzgebung und die innere Entwickelung des Reiches betrifft, nur selten zu spüren ist.

Ebensowenig schien anfangs ein Conflict mit der Kirche weiter möglich. F. nahm bei seiner Krönung 1215 das Kreuz und Innocenz stellte auf dem großen Lateranconcil dieses Jahres sein Königthum gleichsam unter die Gesammtgarantie der abendländischen Welt. Innocenz ließ es geschehen, daß der junge König Heinrich von Sicilien mit seiner Mutter nach Deutschland übersiedelte; F. dagegen verbriefte immer wieder aufs neue die Sonderstellung dieses südlichen Reiches. Das gute Einvernehmen dauerte auch unter Honorius III. fort und der Tod Ottos am 19. Mai 1218 hat an demselben nichts geändert: Legaten des Papstes und des Reiches wirkten neben einander in Oberitalien, um die tief zerrütteten Zustände dort zu bessern und Frieden zu schaffen, und obwol Honorius nicht ganz damit zufrieden war, daß F. die gelobte Kreuzfahrt immer wieder hinausschob, so erkannte er durch die Gewährung weiterer Fristen doch auch an, daß es in der That nicht anders ging. Selbst das etwas bedenkliche Vorgehen Friedrichs, der seinen Sohn erst zum Herzog von Schwaben und zum Rector von Burgund ernannte und dann vor dem Antritte des Römerzuges im April 1220 zum römischen Könige wählen ließ, wodurch die Personalunion seiner beiden Reiche auch für die nächste Generation gesichert wurde, stieß bei der Curie auf keinen ernsten Widerspruch. Sie ließ sich daran genügen, daß F. die Realunion offenbar selbst nicht wollte und im übrigen an allen seinen Verbriefungen festhielt, sie vor und nach der Kaiserkrönung (22. Nov. 1220) erneuerte und durch die berüchtigten Ketzeredicte vervollständigte, welche die weltlichen Gewalten [440] zur Vollstreckung der kirchlichen Verfolgung gegen die Ketzer verpflichteten. Trat er den Kreuzzug auch jetzt immer noch nicht an, so war nun der Zustand Siciliens eine ausreichende Entschuldigung. Er schickte übrigens den Kreuzfahrern in Aegypten beträchtliche Unterstützungen und schien endlich persönlich bei der Wiedereroberung des heiligen Landes interessirt zu sein, als er den Vorschlag des Papstes, die Erbin Jerusalems, Isabella von Brienne, zu heirathen, annahm. Im Vertrage von S. Germano vom 25. Juli 1225 verpflichtete er sich zu sehr weitgehenden Leistungen für den Kreuzzug; wenn er diese nicht mache oder im August 1227 nicht wirklich abfahre, wollte er dem Banne verfallen sein.

Wenn der Conflict mit Rom auch ihm schließlich nicht erspart worden ist, so entsprang er doch nicht aus der Handhabung der deutschen Angelegenheiten, welche seit 1220 von einer Regentschaft im Namen des unmündigen Heinrich VII. (s. d. Art.) mit ziemlicher Selbständigkeit besorgt wurden, sondern aus Friedrichs Stellung in Italien und besonders in Sicilien. Gerade weil dieses die Basis für die große Unternehmung in den Osten sein sollte, mußte hier eine starke Centralgewalt geschaffen werden, bevor an jene gedacht werden konnte. Die Zerrüttung war aber, als F. nach der Kaiserkrönung in das Königreich kam, eine so große, daß F. sich nur dadurch zu helfen wußte, daß er das Todesjahr des letzten legitimen normännischen Herrschers, Wilhelm II., zum Normaljahr machte und nicht blos die Verfügungen Tancreds und der Söhne desselben, sondern auch diejenigen Heinrichs VI., der Kaiserin Constanze, der verschiedenen Machthaber in der Zeit seiner Jugend und selbst seine eigenen einer erneuten Prüfung und Bestätigung unterwarf. Da nun Jedermann aus der Anarchie soviel Vortheil als möglich gezogen hatte, war auch Jedermann von dieser Restauration betroffen, welche viel zu dem Rufe von der Härte des fridericianischen Regiments beigetragen zu haben scheint. Die großen Vasallen mußten die Burgen, deren sie sich zum Schaden der Krone bemächtigt, herausgeben, die Widerspänstigen wurden mit Waffengewalt niedergeworfen, die Gefährlichsten durch Gefängniß oder Verbannung unschädlich gemacht. Genua verlor seine Exemtionen. Gegen die aufständischen Mohammedaner zog F. so lange persönlich ins Feld, bis sie sich unterwarfen und zu friedlichem Leben verstanden; ein Theil wurde nach Apulien verpflanzt. Er brachte so die Souveränetät des Staates nach allen Seiten hin wieder zur Geltung, stieß aber gerade in diesem Bemühen mit der Curie zusammen, die aus ihrer Lehnsherrlichkeit über das Königreich das Recht zu fortgesetzter Einmischung in die inneren Angelegenheiten desselben ableitete und namentlich sich des ebenfalls von der Restauration betroffenen Clerus annahm. Dazu kam noch die verschiedene Auslegung des von der Kaiserin Constanze abgeschlossenen, von F. selbst angenommenen Concordates. Hatte dieses die Besetzung der geistlichen Stellen von der Wahl durch die Capitel, der Beistimmung der Krone und der Bestätigung des Papstes abhängig gemacht, so glaubte F., daß eine Empfehlung der ihm genehmen Persönlichkeiten nicht ausgeschlossen sei, besonders da die Gewählten so wie so seiner Zustimmung bedurften, und er wird ohne Zweifel auch sonst alle Mittel der Beeinflussung in Anwendung gebracht haben. Der Papst versagte seinerseits den so Gewählten die Bestätigung, hielt sich aber im übrigen ebensowenig an die Bestimmungen des Vertrages: er ertheilte sicilischen Bischöfen die Weihe vor der königl. Approbation und hat auch einfach von sich aus Bischöfe ernannt, die dann wieder F. nicht zuließ.

Die Curie hatte gedacht, sich an F. einen blind ergebenen Vasallen, ein gefügiges Werkzeug erzogen zu haben, und sah mit Bestürzung, daß er in allem, was den Staat und seine Macht betraf, keine andere Autorität als seine eigene anerkannte. Um so weniger durfte sie noch wachsen. In Rom fanden nun alle, [441] welche freiwillig oder gezwungen das Königreich verließen, Zuflucht und Fürsprache; die deutsche Regentschaft empfing von hier in Betreff des gefangenen Königs Waldemar von Dänemark Weisungen, welche dem Willen des Kaisers entgegengesetzt waren; der Erstarkung der Reichsgewalt in Oberitalien wurden alle möglichen Schwierigkeiten bereitet und es geschah nicht ohne Zuthun der Curie, daß 1226 die alte Liga der Städte unter der Führung Mailands erneuert ward, als F. dort einen Reichstag halten und den zu fassenden Beschlüssen mit dem vereinigten sicilisch-deutschen Heere Nachdruck geben wollte. In der Hoffnung auf schnellen Sieg in Oberitalien, scheute er auch vor dem Bruche mit dem Papstthum nicht zurück: er forderte von den Unterthanen der Kirche Heeresfolge und ließ die Correspondenz des Papstes auffangen.

Jene Vereinigung der Heere mißlang jedoch, da die Deutschen die Klausen an der Etsch nicht zu öffnen vermochten, und Friedrichs sicilische Truppen reichten für sich allein nicht aus, um die feindlichen Städte zu bezwingen. Seine Unternehmung war militärisch verunglückt und politisch verfehlt, da er sein letztes Ziel: die Vernichtung des Constanzer Friedens enthüllt hatte, während zur Anbahnung desselben ihm augenblicklich nicht blos die Mittel, sondern auch die Zeit fehlte, da im nächsten Jahre der Kreuzzug bevorstand. Es ist wahr, er hat aus diesem Mißlingen manches gelernt, aber aus der peinlichen Lage, in welche er nicht ohne seine Schuld gerathen war, gab es keinen Ausweg als den Rückzug in allen Beziehungen, zunächst der Curie gegenüber. Um sie zu besänftigen, beantwortete er ihre herben Vorwürfe mit dem Versprechen kindlichen Gehorsams, indem er zugleich in der Frage der sicilischen Wahlen vollständig nachgab; er rief in dem Streite mit den Lombarden dann selbst die Vermittlung des Papstes an und unterwarf sich dem Schiedsspruche desselben, der alles in dem alten Zustande ließ, welcher ihm vor einem halben Jahre nicht mehr genügt hatte. Sein erster Anlauf gegen die päpstliche Suprematie führte so am Ende doch nur zu ihrer Steigerung und befestigte auf dieser Seite die Meinung, daß er auch sonst ihr sich fügen müsse und werde.

Das trat bald bei Gelegenheit des Kreuzuges zu Tage. Alles spricht dafür, daß F., der sich seit seiner Heirath mit Isabella I. König von Jerusalem nannte, jetzt wirklich den Zug zu unternehmen beabsichtigte, aber so zu sagen auf eigene Rechnung, und wie mit den Mitteln seines sicilischen Königreiches, so auch auf eigene Verantwortung, während die Curie seine früheren Versprechungen so auffaßte, als ob er sich damit unter ihren Befehl gestellt habe. Man betrieb hier den Kreuzzug als eine allgemeine Sache der Christenheit und gedachte weder die Leitung, noch den Ruhm des gehofften Erfolges mit dem Kaiser zu theilen. Man kann nicht sagen, daß F. oder Gregor IX., der am 19. März 1227 Honorius III. gefolgt war, geradezu einen Conflict suchten, aber er mußte ganz von selbst sich einstellen, so bald man bei solcher Verschiedenheit der Anschauungen ans Werk ging. Da zeigte es sich, daß die von F. getroffenen Vorbereitungen wol für einen Kreuzzug in seinem Sinne ausreichten, aber in keinem Verhältniß zu den mittellosen Schaaren, welche der Ruf der Kirche im Sommer 1227 aus allen Ländern an die apulische Küste führte. Nur ein Theil fand auf den Schiffen Unterkommen; doch auch auf diesen forderte die Krankheit, welche unter den Zurückbleibenden aufräumte, ihre Opfer. Der Kaiser, welcher mit dem Landgrafen von Thüringen am 8. September in See gegangen war, mußte umkehren: der Landgraf starb, F. selbst war erkrankt.

Das formale Recht stand dem Papste zur Seite, als er nun gestützt auf die Thatsache, daß F. nicht an dem im Vertrage von S. Germano sanctionirten Termine übergefahren, am 29. September ihn bannte, und die öffentliche Meinung ließ sich anfangs wirklich überreden, daß die Krankheit des Kaisers von [442] ihm nur erfunden sei, um sich von seinen Verpflichtungen zu befreien. Bald trat jedoch ein Umschlag ein und wenn die überaus gewandten Flugschriften von kaiserlicher Seite ihn vorbereitet haben, so kam er vollends zum Durchbruch, als F. sich keineswegs seines Gelübdes entschlug, die Rüstungen fortsetzte, trotz der offenkundigen Anfeindung durch den Papst am 28. Juni 1228 wirklich abfuhr und im heiligen Lande durch geschickte Verhandlung mit den entzweiten muhammedanischen Fürsten die friedliche Abtretung von Jaffa und Saida, Jerusalem, Bethlehem und Nazareth erreichte, mehr als unter den obwaltenden Umständen zu hoffen gewesen war, unendlich viel im Verhältniß zu der Erfolglosigkeit der letzten unter päpstlicher Leitung unternommenen Kreuzzüge. Am 18. März 1229 setzte er, da der Clerus seine Mitwirkung verweigerte, sich selbst in der Grabeskirche die Krone von Jerusalem auf.

Die Verdächtigungen Gregor’s waren durch die Ereignisse widerlegt; um so bedenklicher, daß er nicht blos sie trotz der Vorstellungen eines so kirchlichen Mannes, wie der Meister des deutschen Ordens, Hermann v. Salza, war, aufrecht hielt, sondern auch zu weltlichen Waffen griff, um den im Dienste der Christenheit abwesenden Kaiser zu verderben, im Grunde doch nur, weil dieser sich von der Bevormundung durch die Kirche emancipirte. Aber die Deutschen folgten dies Mal nicht den Aufreizungen zur Wahl eines anderen Königs, und das päpstliche Heer, welches durch Truppen der lombardischen Liga verstärkt, ins Königreich Sicilien eingebrochen war, fachte dort wol die Unzufriedenheit zur offenen Empörung an, hielt aber nicht Stand, als der todtgesagte Kaiser in Apulien erschien und, von den Theilnehmern seines Kreuzzugs unterstützt, den aufgedrungenen Kampf mit dem besten Erfolge aufnahm. Und da in diesem kritischen Augenblicke auch die Liga weitere Hülfe versagte, war Gregor so ganz der Gnade des Feindes preisgegeben, daß er wol einschlagen mußte, als F. an der Grenze des Kirchenstaates angelangt, die Hand zum Frieden bot. Unter der Vermittlung und Garantie der deutschen Fürsten hat man sich zu S. Germano über die einzelnen Punkte desselben geeinigt; am 28. August 1230 wurde F. vom Banne frei, am 1. September traf er mit Gregor in dessen Vaterstadt Anagni zusammen.

Hier und da, namentlich in Betreff der Rechtsverhältnisse der sicilischen Geistlichkeit, hatte F. einiges nachgegeben, die Hauptsache war aber doch, daß der Papst gleichsam eingestand, im Unrechte gewesen zu sein, indem er jetzt Friedrichs Kreuzzug als Erfüllung seines früheren Gelübdes gelten ließ. Im engen Anschluß an die kaiserliche Politik, die Meister geblieben war, hat er während der nächsten Jahre seine Niederlage vergessen zu machen gesucht und als Entgelt die Unterstützung des Kaisers gegen seine eigenen rebellischen Unterthanen genossen. Es schien sich, wenn auch das Vertrauen geschwunden war, ein Verhältniß herauszubilden, wie es F. doch immer als das wünschenswertheste hinstellte, ein Zusammengehen von Kaiser und Papst zur gegenseitigen Förderung, soweit ihre Interessen nicht direct entgegenliefen.

Diese Jahre des Friedens wurden von F. zu einer umfassenden Reorganisation seines sicilischen Königreiches benützt. Was in seinen berühmten Constitutionen von 1231 uns vorliegt, ist freilich nur zum Theil neu, das meiste altnormännisch, anderes auch erst später hinzugefügt; das ganze trägt aber doch ein einheitliches Gepräge, indem ein Geist durch alle jene verschiedenen Bestandtheile hindurchgeht, der Geist des aufgeklärten Absolutismus, feindlich der herkömmlichen halb feudalen, halb klerikalen Staatsordnung, eifersüchtig auf seine Unabhängigkeit von jedem anderen Willen, bestrebt die Mittel des Staates in einer bisher unerhörten Weise auf dem Wege einer straffen Verwaltung zusammenzufassen, den Staat überhaupt nach innen und außen leistungsfähiger zu [443] machen als zuvor. Die neuen Einrichtungen hatten unstreitig mancherlei Härten, und diese haben sich mit der Zeit gemehrt, als die späteren Kriege den Herrscher zu immer weiter gehenden Anforderungen nöthigten. Doch die Mitwirkung der Unterthanen war nicht ganz ausgeschlossen und es ist bemerkenswerth, daß F. nicht blos Provinziallandtage ins Leben rief, sondern für allgemeine Angelegenheiten auch Abgeordnete der Städte zu den Versammlungen seiner Beamten hinzuzog. Der städtischen Entwicklung an sich ist er überhaupt keineswegs abgeneigt gewesen; er hat auch in Deutschland da, wo ihm freie Hand gelassen war, bei den ihm unmittelbar untergebenen Städten, sich Dankbarkeit und Anhänglichkeit verdient.

In ganz anderer Weise, als in Sicilien, suchte er seine Stellung in Deutschland zu befestigen, durch rückhaltloses Eingehen auf die fürstlichen Tendenzen, welche die deutsche Gesetzgebung dieser Jahre vollständig beherrschen und in den Wormser Reichsgesetzen des J. 1231 darin ihren Ausdruck fanden, daß die Fürsten hier zuerst als Landesherren bezeichnet wurden. Ist schon oben darauf hingewiesen worden, daß F. seit 1213 gar nicht mehr in der Lage war, dieser Entwicklung zu widerstreben, so hätte er es am wenigsten in einem Augenblicke gekonnt, in welchem das trotz äußerlichen Einvernehmens mit dem Papste fortdauernde Mißtrauen gegen die Curie, die guten Dienste, welche die Fürsten eben bei dem Friedensschlusse geleistet hatten, und die ferneren, deren er wegen der Unzuverlässigkeit seines in Deutschland regierenden Sohnes bedurfte, ihn gradezu zwangen, sich ihres guten Willens so viel als möglich zu versichern. Er bestätigte[WS 1] daher auf den Reichstagen zu Ravenna im December 1231 und zu Cividale im April 1232 jene Gesetze zu Gunsten der Fürsten; diese aber zwangen Heinrich VII. zur Unterwerfung und haben auch nachher, als derselbe seinen Eid brach, mit der lombardischen Liga in Verbindung trat und an der Spitze der kleineren Dynasten und der Reichsministerialität sich offen empörte, fast ausnahmslos treu zum Kaiser gehalten. Auch Gregor lieh damals noch dem letzteren seinen Beistand und so konnte F. 1235, ohne ein Heer mitzubringen, nach Deutschland gehen, den Aufstand bewältigen und den Sohn nach Apulien ins Gefängniß senden. An Stelle Heinrichs wurde 1237 Friedrichs zweiter Sohn, Konrad IV., zum römischen König gewählt.

Ein glänzender Reichstag in Mainz (15.-22. Aug. 1235) brachte diese Einigkeit zwischen Kaiser und Fürsten auch äußerlich zum Bewußtsein. Hier wurde ein großes Landfriedensgesetz vereinbart, das mehreren Jahrhunderten genügte, und die neue Institution des Reichsjustitiars geschaffen, der den dem Süden zugewandten Kaiser im Gerichte vertreten sollte. Die in Mainz vollzogene Erhebung Ottos von Braunschweig und Lüneburg besiegelte nicht minder als Friedrichs Verschwägerung mit dem englischen Königshause die Unterordnung der Welfen unter das staufische Kaiserthum. Die Widerspänstigkeit des Herzogs Friedrich des Streitbaren von Oesterreich und Steiermark, gab im folgenden Jahre Anlaß, beide Länder unter die unmittelbare Verwaltung der Krone zu nehmen, ein reicher Ersatz für das in den früheren Bürgerkriegen verschleuderte Reichs- und Hausgut. Kurz, alles gestaltete sich nach Friedrichs Wünschen und als er den 1226 gescheiterten Versuch einer Restauration des Kaiserthums in Oberitalien nach umfassenderen Vorbereitungen und jetzt mit den vereinigten Kräften Deutschlands und Siciliens wiederholte, stand ihm auch hier der Erfolg zur Seite.

Die vollständige Niederlage der Lombarden in der Schlacht bei Cortenuova am 27. Nov. 1237 war zugleich eine herbe Demüthigung Gregors, da er grade um der Lombarden willen dem Kaiser schroff entgegengetreten war und nun zuschauen mußte, wie der erbeutete Fahnenwagen der Mailänder auf dem Kapitol [444] aufgestellt ward. Damals war F. auf der Höhe seines Ansehens und seiner Macht, als die Liga so gut wie gesprengt war und selbst Mailand ziemlich weit gehende Anerbietungen machte. Aber er bestand auf unbedingter Unterwerfung und trieb dadurch Mailand und die wenigen von der Liga noch übrigen Städte zu einem Verzweiflungskampfe, in dem sie zunächst sich behaupteten. Und nun regten sich allerorten die Gegner der gewaltig angewachsenen kaiserlichen Macht. In Deutschland wurde durch den unermüdlichen Agitator Albert den Böhmen (s. Bd. I. S. 208) zuerst Herzog Otto von Baiern für den Papst gewonnen; in Italien verbündeten sich Venedig, Genua und der Papst im geheimen zu einem gemeinschaftlichen Angriff auf Sicilien, das dem Kaiser genommen werden sollte; endlich trat Gregor auch offen als Feind desselben auf, indem er ihn am 20. März 1239 wieder in den Bann that und die Unterthanen ihrer Treupflicht entband.

Es ist schwer, in dem nun ausbrechenden und gleich von Anfang an mit großer Erbitterung geführten Kampfe Licht und Schatten einiger Maßen gerecht zu vertheilen. In Gregor IX. und Friedrich II. rangen politische und geistige Gegensätze mit einander. Was die ersteren betrifft, so hat F. an eine Vereinigung Siciliens mit dem Kaiserreiche, wie Heinrich VI. sie einst geplant, auch jetzt nicht gedacht; aber er suchte doch die Einrichtungen seines Erbkönigthums auf das übrige Italien auszudehnen, diese beiden Länder allmählich zu verschmelzen und seine Macht dadurch zu mehren und zu befestigen. Jedoch eine solche Einigung Italiens in einer oder der anderen Form, das war es grade, was die Curie um keinen Preis wollte. Betrachtete sie Sicilien als ein Lehen, das dem Vasallen entzogen werden könne und jetzt entzogen werden sollte, weil er lästig geworden war, so behandelte F. den Kirchenstaat trotz der Goldbulle von Eger als eine den Päpsten nur auf den Fall ihres Wohlverhaltens gewährte Ausstattung, welche Gregor durch seine Auflehnung verwirkt habe. Der größte Theil desselben wurde noch im Laufe des Jahres 1239 und zu Anfang 1240 wieder an das Reich genommen; beinahe hätte Rom selbst, der Sitz des Papstes, dieses Schicksal getheilt.

Noch schroffer war der geistige Gegensatz. Es ist zwar nicht wahr, daß das berüchtigte Wort von den drei Betrügern, welches Gregor dem Kaiser in den Mund legte, um ihn verdammen zu können, wirklich von ihm herrühre und noch weniger ist es der Fall mit dem gleich betitelten Buche, das vielmehr erst aus dem 16. Jahrhunderte stammt. Aber andererseits wird man nicht allzuviel Gewicht auf Friedrichs Betheuerungen seiner Katholicität legen wollen und auf die Bethätigung derselben in seinen grausamen Ketzeredicten, die er namentlich dann einschärfte, wenn seine eigene Gläubigkeit in Zweifel gezogen wurde. Er hatte sich mehr und mehr an andere Speise gewöhnt, als die Kirche bot, und suchte seine Befriedigung nicht im Glauben, sondern im Wissen und besonders im empirischen Wissen. Während die Kirche die Gottesurtheile verwarf, weil es heißt: Du sollst Gott deinen Herrn nicht versuchen, erklärte er sie einfach für lächerlich und er verbot sie mit Berufung auf die Gesetze der Natur. Die Kirche bekämpfte in ihm ein ihrer Grundlage feindliches Princip.

Gregor IX. ist der Papst gewesen, der den Bettelmönchen und ihrer Ascetik eigentlich erst zur Geltung verholfen, ihnen mit Vorliebe auch höhere Stellen innerhalb der Kirche zugewiesen hat. Mit dieser Ertödtung des Fleisches hatte F. nichts gemein. Er huldigte einer heiteren Lebensauffassung und war dem Sinnengenuß bis zu dem Grade ergeben, daß darauf fußende Anklagen wol berechtigt waren. Seine ewigen Liebschaften, seine fast orientalische Hofhaltung, der ein Harem und Eunuchen nicht fehlten, alles das erregte mancherlei Anstoß.

Zu alledem kam nun die persönliche Verbitterung der Streitenden, die sich [445] an dem von beiden Seiten eifrig betriebenen Federkrieg nährte und zu leidenschaftlichen Beschuldigungen fortreißen ließ. F. sollte im J. 1227 den Landgrafen von Thüringen vergiftet haben; bei Gregor sollte um Geld alles feil sein. Jener sei ein Tyrann ohne gleichen, dieser herrsche in der Kirche mit unerhörtem Absolutismus, ohne die Cardinäle zu befragen, und es ist richtig, daß Gregor das Collegium fast aussterben ließ, so daß 1243 nur noch sieben vorhanden waren. Stachelte Gregor die Unterthanen des Kaisers zur Empörung auf, so verlangte F. von den Cardinälen die Berufung eines Concils, das den unwürdigen Papst richte. Sich selbst einem vom Papste geleiteten Concile zur eigenen Rechtfertigung zu stellen, fiel ihm nicht im Traume ein. Als Gregor in äußerster Bedrängniß ein solches berief, erklärte der Kaiser, daß er die Besucher desselben als seine Feinde behandeln werde, und er schickte die Prälaten, welche sein Sohn Enzio in der siegreichen Seeschlacht mit den Genuesen bei Monte Cristo (am 3. Mai 1241) auf den eroberten Schiffen fand, als Staatsgefangene in die apulischen Festungen.

Gregor starb im Schmerze über sein Mißgeschick am 21. Aug. 1241 und der Nachfolger Coelestin IV. überlebte seine Erhebung nur um wenige Tage. Von den noch übrigen Cardinälen waren einige bei Monte Cristo in kaiserliche Gefangenschaft gerathen, die anderen wagten keine Neuwahl. War diese 19-monatliche Vacanz in manchen Beziehungen für F. vortheilhaft, so verhinderte sie andererseits den Friedensschluß mit der Kirche, den er auf Grund seiner Siege jetzt selbst wünschte. Auch er bedurfte eines Papstes und beförderte durch Entlassung der gefangenen Cardinäle die Wahl, aus welcher am 25. Juni 1243 der Cardinal Sinibald Fieschi als Papst Innocenz IV. hervorging. Die Ueberlieferung bezeichnet letzteren als Freund des Kaisers; doch hat er weder als Cardinal, noch als Papst sich als solcher bewährt. Nach längeren Verhandlungen und nachdem im März 1244 schon die Präliminarien des Friedens festgesetzt waren, hat Innocenz durch seine Flucht von Rom nach Genua und später nach Lyon den Abschluß desselben vereitelt und den Abmahnungen des gewiß kirchlichen Ludwig IX. von Frankreich zum Trotz ihn überhaupt für alle Zukunft unmöglich gemacht. An der Spitze eines ganz unter seinem Einflusse stehenden, hauptsächlich von englischen, französischen und spanischen Prälaten besuchten Concils sprach er am 17. Juli 1245 zu Lyon die Absetzung des Kaisers aus und scheute kein Mittel, sie zu vollstrecken.

Mit Kreuzpredigt und Ablaß ließ er die Kämpfer für die Kirche werben. Das Ausland, besonders England, wurde ausgepreßt, um sie zu bewaffnen; in Deutschland dem Sohne Friedrichs, Konrad IV., der Pfaffenkönig Heinrich von Thüringen, später Wilhelm von Holland, gegenübergestellt; in Italien der Krieg umfassender und planmäßiger betrieben und in Friedrichs Umgebung selbst, unter seinen höheren Beamten und gerade unter solchen, denen er am meisten vertraute, eine Verschwörung gegen sein Leben angezettelt, der er nur mit genauer Noth entging.

Damals, als es offenbar war, daß er mit dem bestehenden Papstthum nie Frieden haben könne, scheint F. sich mit dem Gedanken einer umfassenden Reform der Kirche getragen zu haben, durch welche sie auf ihr ureigenes Gebiet zurückgedrängt und ihres weltlichen Könnens ein für alle Male entkleidet werden sollte. Aus kirchlichen Kreisen selbst ist dazu die Aufforderung an ihn ergangen und in manchen Flugschriften seiner Anhänger wurde der Gedanke weiter ausgesponnen, ohne jedoch zu praktisch durchführbaren Vorschlägen zu gelangen. Am Ende war F. mit seinem vollständigen Indifferentismus doch nicht der Mann zu einer solchen Reform, ganz abgesehen davon, daß die Zeitumstände zu solcher keinen Raum ließen. Für den Augenblick handelte es sich vielmehr um Abwehr [446] und da begreift. es sich, daß F. bei der Todfeindschaft, mit der man ihn verfolgte, nun auch seinerseits alle Rücksicht bei Seite ließ. Das Blut seines Vaters wallte in ihm auf und wie er stets gegen Rebellen streng gewesen war, so wurden nun Geistliche, die das Kreuz zu predigen, Mönche, welche von Lyon geheime Weisungen zu überbringen wagten, die Kriegsgefangenen aus den lombardischen Städten unbarmherzig mit dem Tode bestraft. Er war sicherlich auch mit den Grausamkeiten einverstanden, welche in seinem Namen von Enzio und dem berüchtigten Ezelin von Romano verübt wurden. Es scheint, daß der Schrecken seine allmählich versiegenden Hülfsquellen ersetzen sollte. Denn Deutschland, wo Konrad IV. sich nur noch in einem Theile und mit Mühe behauptete, lieferte seit 1245 keine Mannschaften mehr und die Leistungsfähigkeit Siciliens war bis zu dem Grade angespannt worden, daß sie schließlich versagte. Die Ausrüstung, welche er am 18. Febr. 1248 vor dem hartnäckig belagerten Parma einbüßte, war die letzte, die er aufbringen konnte; alles folgende nur ein hoffnungsloses Ringen gegen die ihn auf allen Seiten gleichzeitig bestürmende Uebermacht des Feindes, der über die Mittel aller übrigen Länder gebot. Viele Freunde waren todt, andere ungetreu geworden und zu den letzten scheint auch Petrus de Vinea gehört zu haben, dessen Feder dem Gegner schwerere Wunden geschlagen hat, als das Schwert des Kaisers. Dem Verluste des vertrautesten Dieners folgte der Verlust des geliebtesten Sohnes, Enzio’s, der am 26. Mai 1249 in die Gewalt der Bolognesen gerieth, um nie wieder frei zu werden. Noch nicht vernichtet, aber erschöpft in seinen Mitteln und innerlich gebrochen, ging F. nach Apulien zurück: hier ist er am 13. Decbr. 1250 gestorben. In seinem ganzen Wesen der Zeit und der Umgebung, in der er lebte, fremd, hat er ihr doch zuletzt seinen Tribut gezahlt, indem er auf dem Todbette sich vom Banne lösen ließ, freilich ohne der Kirche in ihren weltlichen Bestrebungen nachzugeben oder ihr das Recht der Verfügung über seine Länder zuzugestehen. Diese vertheilte er in seinem Testamente unter die Söhne. Er ruht im Dome zu Palermo in einem prächtigen Porphyrsarkophage neben den Gräbern seines Vaters und seiner Mutter.

F. war drei Mal verheirathet; doch hat nur die erste Gattin, Constanze von Aragonien, politischen Einfluß besessen und, als er nach Deutschland gegangen war, 1212–16 Sicilien regiert. Sie war die Mutter Heinrichs VII. Nach ihrem Tode (23. Juni 1222) heirathete F. auf Betreiben der Curie am 9. Nov. 1225 die Erbin von Jerusalem, Isabella von Brienne, welche am 26. April 1228 Konrad IV. gebar, am 8. Mai starb. Die dritte Gemahlin war seit 15. Juli 1235 Isabella II., Schwester Heinrichs III. von England und des späteren deutschen Königs Richard von Cornwales. Allem Anscheine nach zärtlich vom Kaiser geliebt, genoß sie doch ebenso wenig wie ihre Vorgängerin die Freiheit abendländischer Fürstinnen, sondern wurde nach orientalischer Weise von der Außenwelt fast abgeschlossen gehalten. Sie starb am 1. Decbr. 1241, wie Isabella I., an den Folgen eines unglücklichen Wochenbettes. Eine Tochter und ein Sohn überlebten sie: Margarethe, geb. im Decbr. 1236 oder Januar 1237, welche sich mit Albrecht von Meißen (s. Bd. I. S. 276) vermählte, und Heinrich – geb. am 17. Febr. 1238, von den Italienern auch Carlotto genannt –, der nach dem Testamente des Vaters mit Arelat oder Jerusalem ausgestattet werden sollte, aber weder das eine noch das andere erhielt und schon im December 1253 starb.

Eine zahlreiche Nachkommenschaft entsproß aus den illegitimen Verbindungen des Kaisers. Von einer Deutschen niederen Standes soll ihm außer einer mit dem Markgrafen Jakob von Carretto verheiratheten Tochter jener Enzio (Heinrich) geboren sein, wol der älteste seiner unehelichen Söhne, da er schon seit 1239 [447] als Generallegat Italiens dem Vater in seinen dortigen Kämpfen wirksam zur Seite stehen konnte. Er führte seit seiner Verheirathung mit Adelasia, der Tochter des Häuptlings von Torre und Gallura auf Sardinien (Octbr. 1238), den Titel eines Königs dieser Insel, als Wappen einen Thurm, und endete seine Laufbahn, wie erwähnt, in dem Kerker Bologna’s, wo er erst am 14. März 1272 starb als der letzte von Friedrichs Söhnen. – Dem Alter nach am nächsten steht ihm vielleicht Friedrich von Antiochia, von unbekannter Herkunft, seit 1246 Reichsvicar in Tuscien, wo er Florenz der guelfischen Partei entriß. Durch Konrad IV. mit einigen Grafschaften in den Abruzzen ausgestattet, starb er bald nach der Krönung Manfreds 1258. – Auch dieser war unehelich geboren c. 1232, aber bei dem Tode seiner Mutter Blanca Lancia vom Vater legitimirt worden, der ihn im Testamente mit dem Fürstenthume Tarent u. a. bedachte und zum Statthalter Siciliens für den abwesenden Konrad IV. ernannte. Vom Bruder zurückgesetzt, führte er nach Konrads Tod doch wieder die Statthalterschaft im Königreiche für dessen Sohn, den jungen Konradin, bis die Unmöglichkeit, im Namen eines fernen Kindes das Besitzthum des Hauses gegen die fortdauernde Todfeindschaft der Curie zu behaupten, ihn selbst am 11. Aug. 1258 zur Annahme der Krone zwang. Er fiel in der Schlacht bei Benevent am 6. Febr. 1266 gegen den vom Papste zum Könige Siciliens ernannten Karl von Anjou. Eine Schwester Manfreds war mit dem griechischen Kaiser Vatatzes vermählt. – Außer diesen unehelichen Kindern Friedrichs werden noch zwei Töchter ungewisser Herkunft genannt, die Gemahlin des Grafen Richard von Caserta, und Selvaggia, welche er im Mai 1238 Ezelin von Romano zur Frau gab. Letztere starb noch vor dem Vater; die übrigen Kinder Friedrichs haben – mit Ausnahme des abgesetzten Heinrich VII. – ihn überlebt und zum Theil selbst wieder zahlreiche Nachkommenschaft gehabt. Nach wenigen Jahrzehnten waren jedoch von diesem viel verzweigten Nachwuchse des staufischen Hauses nur noch unscheinbare Ausläufer übrig: es war, um die Worte eines Innocenz IV. zu brauchen, das Otterngezücht vernichtet.

F. II. ist nur kurze Zeit in Deutschland gewesen: von 1212–1220 und dann zwei Mal in den Jahren 1235–1237. Wie er in Italien von einer italienischen Mutter geboren und dort aufgewachsen war, so bewegt sich auch seine Thätigkeit vorzugsweise auf italischem Boden. An dem großen materiellen und geistigen Aufschwung Deutschlands, der in seine Zeit fällt und von dem bei Gelegenheit seiner Söhne Heinrich VII. und Konrad IV. die Rede sein muß, hat er keinen Antheil, die Wiedereroberung deutschen Landes jenseits der Elbe und die Ausdehnung des deutschen Reiches und der deutschen Kultur bis weit in den Osten hinein nur indirect gefördert. Und doch setzte sich die Erinnerung an ihn im deutschen Volke so fest, wie kaum bei einem anderen Kaiser seit Karl dem Großen. Dem deutschen Volke war F. II. der letzte gewaltige Vertreter eines selbst in seinen Verirrungen großartigen Geschlechts, so wenig todt, daß noch 1283 ein Betrüger oder Phantast, Tyl Kolup, der sich für den Kaiser ausgab, weithin Anhang finden konnte. Mythos und Sage woben ihre Fäden über das geschichtliche Bild des rothen Friedrich, der „kommen wird, weil er kommen muß“, um das verstörte Reich auszurichten und die Pfaffen zu vertreiben.

Die erzählenden Quellen dieser Zeit finden sich meistens beisammen in den Mon. Germ. hist. und in Muratori, Script. rer. Ital., die überaus zahlreichen Urkunden zur Geschichte Friedrichs in Huillard-Bréholles, Historia diplomatica Frid. II., 1859–61, 12 Bde. 4. Von neueren Darstellungen seines Lebens erwähne ich außer Raumer’s Hohenstaufen, die als Gesammtbild der Zeit noch unübertroffen sind, die Introduction zu der Hist. dipl., dann Schirrmacher, Kaiser Friderich der Zweite, Gött. 1859–65, [448] 4 Bde. 8. und meine Gesch. K. Friedr. II. und sr. Reiche, Bd. I, Berlin 1863, Bd. II, Reval 1865, 8. mit der Fortsetzung für die Jahre 1239–41 in den Forsch. z. deutschen Geschichte XII. 261–294. 521–566.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 436. Z. 19 v. o. l.: Herzog (st. Georg) Philipp. [Bd. 11, S. 794]
  2. Friedrich II., römischer Kaiser VII 436 Z. 19 v. o. l.: sein Oheim Herzog Philipp v. Schwaben. [Bd. 56, S. 396]


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: be-bestätigte