ADB:Albrecht (Markgraf von Meißen)

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Artikel „Albrecht, Landgraf von Thüringen, Markgraf von Meißen“ von Franz Xaver von Wegele in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 276–279, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Albrecht_(Markgraf_von_Mei%C3%9Fen)&oldid=- (Version vom 19. März 2024, 05:41 Uhr UTC)
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Albrecht, Landgraf von Thüringen, Markgraf von Meißen, geb. um 1240, † 13. Nov. 1314, Sohn des Markgrafen Heinrich des Erlauchten von Meißen und der Osterlande, der nach dem Aussterben der alten Landgrafen von Thüringen kraft kaiserlicher Belehnung, aber erst nach längeren Kämpfen, auch diese Landgrafschaft mit dem Erbe des wettinischen Hauses vereinigte. In früher Jugend ist A. mit Margarethe, einer Tochter Kaiser Friedrichs II., verlobt und die Ehe wahrscheinlich im J. 1255 vollzogen worden. Noch während des angedeuteten Erbfolgestreites wurde A. von seinem Vater, der sich dabei wenig [277] mehr als eine Art von Oberhoheit, wie das Wohl des Gesammthauses das erforderte, vorbehielt, mit der Herrschaft über die Landgrafschaft Thüringen und die Pfalzgrafschaft Sachsen betraut, während der Markgraf sich mit Meißen und dem Osterland begnügte und seinem jüngeren Sohn Dietrich die Markgrafschaft Landsberg überließ. Die hervorragenden Untugenden und Fehler Albrechts, der Mangel allen Familiensinnes und ungezügelte Verschwendungssucht, riefen aber schon in nächster Zeit Verwickelungen mit seinen nächsten Verwandten hervor, die einen immer größeren Umfang annahmen. Zuerst erhob er die Hand gegen seinen Bruder Dietrich, dann gegen den eigenen Vater und gleich darauf zwang er seine Gemahlin durch fortgesetzte unwürdige Behandlung zur Flucht (1270). Margarethe hatte dem Landgrafen drei Söhne und eine Tochter geboren; schon vor ihrer Flucht hatte er mit einem der Hoffräuleins derselben, Kunigunde von Eisenberg, einen Sohn Albert (Apitz) erzeugt, und die Buhlerin selbst wurde, als die Landgräfin noch in demselben Jahre zu Frankfurt a. M. starb, zur Gemahlin Albrechts erhoben. Der Friede kehrte aber auch jetzt nicht in das landgräfliche Haus zurück, eben weil die erwähnten Fehler Albrechts sich immer üppiger entfalteten. Vor allem auch in Folge seiner Verschwendungssucht ist er mit einem nach dem andern seiner Söhne erster Ehe – Heinrich, Friedrich, Diezmann – in Zerwürfnisse gerathen. Der Erstgeborene, der mit einer Tochter des Herzogs Heinrich III. von Schlesien vermählt war, verschwindet seit dem J. 1283 geradezu aus Thüringen und verlieren sich seine Spuren am schlesischen Hofe zu Breslau. Verhängnißvoll für die fernere Gestaltung der Dinge ist aber der Tod des greisen Vaters des Landgrafen, des Markgrafen Heinrich des Erlauchten von Meißen, geworden († 1288). Ueber der Theilung seiner Erbschaft brach zwischen A. und seinem Sohne Friedrich ein bitterer Streit aus, in welchem der Vater vorübergehend der Gefangene des Sohnes geworden ist. Die zerrütteten Finanzen des Markgrafen sind die unablässig wirkende Ursache dieser Wirrsale. In diese Zeit (1289–90) fällt das Erscheinen Kaiser Rudolfs in Thüringen, das u. a. den Zweck hatte, die Ordnung in dem zerrütteten Lande wieder herzustellen; auch der Herstellung oder Befestigung des Friedens im wettinischen und speciell im landgräflichen Hause ist die Thätigkeit des Königs zu gute gekommen. Im übrigen setzte der Landgraf seine Lebensweise fort. Im J. 1290 hat er sich zum dritten Male vermählt – mit Elisabeth von Orlamünde, Wittwe des Herrn Otto von Lobeck-Arnshaug[1] –, nachdem seine zweite Gemahlin Kunigunde im J. 1286 gestorben war. Sein Sohn Apitz aus der zweiten Ehe ist allem Anschein nach von König Rudolf legitimirt und dann mit Zustimmung der älteren Brüder mit der Herrschaft Tenneberg ausgestattet worden. A. selbst aber wurde von dem Pfalzgrafen Friedrich, der sich zum Wächter der Interessen seines Hauses berufen fühlte, in dem Eisenacher Vertrage unter den Augen des Königs Rudolf gezwungen, auf alles Verfügungsrecht über Land und Leute zu verzichten.

Indeß bald nach König Rudolfs Entfernung aus Mitteldeutschland trat ein Ereigniß ein, das den in Thüringen und im wettinischen Hause mühsam hergestellten Frieden vollständig über den Haufen warf. Der Enkel Heinrichs des Erlauchten, der Neffe des Landgrafen A., Friedrich Tuto, Markgraf von Meißen und Landsberg starb im August 1291 ohne Nachkommen und der Streit um sein Erbe war es, welcher unter besonderer Mitschuld seines Oheims A. eine Verwickelung herbeiführte, die an Bedeutung und Umfang alle vorausgegangenen weit hinter sich ließ. Zunächst wurde allerdings eine friedliche Auseinandersetzung zwischen dem Vater und den beiden Söhnen erzielt, bei der aus den uns beannten Gründen A. sich mit bern geringeren Theile begnügen mußte. Aber seine unversieglichen Geldbedürfnisse trieben ihn zur Verletzung dieser Vereinbarung. [278] Um Geld zu schaffen verkaufte er den ihm zugefallenen Antheil an die Markgrafen von Brandenburg. Das Entscheidende trat aber jetzt ein. Es war inzwischen als Nachfolger König Rudolfs der Graf Adolf von Nassau auf den deutschen Thron erhoben worden (vgl. den Art. K. Adolf v. Nassau), der von Anfang an seine Aufmerksamkeit auf die wettinischen Länder, beziehungsweise die Erbschaft des jüngst verstorbenen Markgrafen Friedrich Tuto, Meißen und das Osterland, worin sich die beiden Söhne Albrechts getheilt hatten, richtete. Er betrachtete, indem er auf die Grundsätze des Reichslehnrechtes zurückging, Meißen und das Osterland als verfallene Lehen und die Gebrüder Friedrich und Diezmann als unrechtmäßige Herren dieser Länder, als Usurpatoren. Aber auch die Landgrafschaft Thüringen zog der König in den Kreis seiner Absichten, ohne einen ähnlichen Rechtsanspruch darauf begründen zu können. Bei diesem seinem Verlangen rechnete er auf die Haltungslosigkeit und das Geldbedürfniß des Landgrafen A., der sich überdieß von seinen beiden Söhnen bei jener Theilung verkürzt fühlte. Und so ließ sich dieser in der That zu einem Handel mit dem Könige herbei, in welchem er gegen eine unverhältnißmäßig geringe Summe demselben für den Fall seines Todes sein Fürstenthum Thüringen abtrat, ohne dabei irgendwie auf das unbestreitbar Erbrecht seiner erwähnten beiden Söhne Rücksicht zu nehmen. Jener Vertrag hat den Landgrafen übrigens nicht abgehalten, bald darauf mit seinem Sohne Diezmann eine Vereinbarung (zu Triptis 1293) zu treffen, die in des letzteren Sinne die Bestimmung hatte, den Absichten des Königs auf Thüringen zuvorkommen.

Mittlerweile ging Adolf daran, die von ihm behaupteten Ansprüche des Reichs auf Meißen und das Osterland auszuführen. Bekanntlich hat er in zwei Feldzügen das Unternehmen auf jene Länder durchgeführt und sie erobert: der Widerstand der Brüder Friedrich und Diezmann war vergeblich. Auch auf Thüringen legte der König bereits seine Hand und benahm sich als Herr und Gebieter in demselben. Die letzte Stunde des wettinischen Hauses schien geschlagen zu haben, und daß es soweit gekommen, war augenfällig vorzugsweise die Schuld Albrechts.

Der Sturz und Tod König Adolfs und die Erhebung König Albrechts I. schien eine Wendung in dieser Verwickelung herbeizuführen. Die Söhne des Landgrafen hofften, bei dieser Gelegenheit auf gütlichem Wege ihre verlorene Stellung wieder gewinnen zu können, und waren übrigens entschlossen, nöthigen Falles mit Gewalt sie geltend zu machen. Was Meißen und das Osterland anlangt, hielt der Nachfolger König Adolfs, König Albrecht I., nun freilich die Politik seines Vorgängers im Reiche fest, die Ansprüche auf Thüringen dagegen ließ er vorläufig wenigstens thatsächlich ruhen. Landgraf A. näherte sich unter diesem Umständen wieder seinen Söhnen und es trat eine Verständigung ein: er überließ ihnen die factische Herrschaft in Thüringen. Er hatte ja keinen Grund mehr, dieselben nicht mehr als seine Erben zu betrachten: seinen früheren Vertrag mit König Adolf sah er, scheint es, nur als einen mit der Person jenes Königs, nicht mit dem Reiche abgeschlossenen an; die Kaufsumme war ohnedem schon längst zerronnen wie gewonnen. Indeß der Augenblick blieb gleichwol nicht aus, in welchem sich König Albrecht im Zusammenhang mit seiner Reichs- und Hauspolitik an die von König Adolf erworbenen Ansprüche auf die Landgrafschaft Thüringen wieder erinnerte. Der Landgraf wurde (1306) auf den Hoftag nach Fulda vorgeladen und konnte dem Andringen des Königs gegenüber nicht umhin, die Rechte des Reichs auf Thüringen anzuerkennen, und Verpflichtungen einzugehen, die u. a. für alle Fälle dem König den festesten Punkt im Lande, nämlich die Wartburg, sichern sollte. Der König dachte nämlich jetzt daran, die Söhne des Landgrafen mit Gewalt aus ihrer Stellung in Thüringen [279] zu vertreiben. A. war aber jetzt nicht mehr in der Stimmung, dem Könige Wort zu halten. Die Stimme der Natur scheint in ihm endlich zu ihrem Rechte gelangt zu sein: er ergriff jetzt vollständig die Partei seiner bedrängten Söhne Friedrich und Diezmann. Er räumte dem Pfalzgrafen Friedrich die Wartburg ein und erkannte in dem Vertrage vom 18. Jan. 1307 das Erbrecht derselben feierlich an. Und als dann der König nach der Niederlage seiner Truppen bei Lucka sich aufs neue zu einem Feldzug nach Thüringen rüstete, beschloß der Landgraf, um sich aus der selbst geschaffene Verlegenheit zu retten, sich vollständig von dem öffentlichen Schauplatz zurückzuziehen und seinen zwei Söhnen die Durchsetzung ihrer Ansprüche zu überlassen. Es kam das einer Abdankung gleich, obwol er sich die landgräfliche Würde und die damit verbundenen Hoheitsrechte dem Namen nach vorbehielt. Es wird das Ende Juli oder anfangs des Monats August 1307 geschehen sein. Und zwar hat er sich die Stadt Erfurt, ein so zu sagen neutrales Gebiet, als Zufluchtsstätte ausersehen, in der er fortan er seinen bescheidenen Hof aufschlug. Ob seine Gemahlin ihm dauernd dahin gefolgt ist, läßt sich mit Sicherheit nicht erkennen. Im Interesse seines Hauses war es unzweifelhaft der weiseste Entschluß, den er hat fassen können, freilich zugleich eine Selbstverurtheilung, die am Ende doch mehr Anerkennung verdient, als das eigensinnige Festhalten einer unhaltbar gewordenen Stellung. Während sein Sohn Friedrich der Freidige mit wahrem Heldensinne den Kampf für die Existenz seines Hauses und zuletzt siegreich durchfocht, hat Landgraf A. noch sieben Jahre lang in nicht immer fürstlicher Weise in Erfurt sein Leben gefristet: eine seiner hervorragenden Untugenden, die Unfähigkeit mit seinen Mitteln Haus zu halten, hat ihn bis zum letzten Athemzuge nicht verlassen. Am 13. Nov. 1314 ist er gestorben. Sein Liebling Apitz, mit einer Tochter aus dem Hause der Dynasten von Frankenstein vermählt, war ihm, ohne Erben zu hinterlassen, im Tode vorausgegangen (1310). Seine Gemahlin Elisabeth, an Jahren um vieles jünger, hat ihn um ein gutes überlebt.

Tittmann, Heinrich der Erlauchte, Markgraf von Meißen, 2 Bde. Wegele, Friedrich der Freidige, Markgraf von Meißen und Osterland, Landgraf von Thüringen, und die Wettiner seiner Zeit (1247–1325), Nördlingen 1870.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 277. Z. 19 v. u. l.: „Lobdeburg-Arnshaug“ (st. „Lobeck-A.“). [Bd. 1, S. 781]