ADB:Johann VI. Flugi

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Artikel „Johannes VI., Bischof von Chur“ von Christian Immanuel Kind in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 205–206, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johann_VI._Flugi&oldid=- (Version vom 24. April 2024, 20:52 Uhr UTC)
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Johannes VI., Bischof von Chur, Neffe des obigen, Propst der Kathedrale zu Chur, geb. 1595, wurde am 1. Februar 1636 zum Bischof gewählt. Die Verhältnisse, unter denen er den bischöflichen Stuhl bestieg, waren seinen Bestrebungen zur Herstellung der Diöcese sehr günstig. Durch das Restitutionsedict von 1629 war für die Ansprüche der römischen Kirche ein neuer Rechtstitel geschaffen worden, der auch für die Churische Diöcese um so bedeutsamer war, als jenes Edict den Besitzstand des Jahres 1524 als ausschlaggebend hingestellt hatte. Die Stimmung im Lande selbst war derart, daß bereits in den angesehensten Kreisen nur noch von Unterhandlungen mit Spanien die Erstattung des Veltlins erhofft wurde, und daß nun einmal zur Erreichung dieses Zweckes ein nicht geringes Opfer auf der Seite der kirchlichen Verhältnisse gebracht werden müsse. Bischof J. berief daher sofort beim Amtsantritt Jesuiten in seine Residenz, um ein Collegium zu errichten, ein Vorhaben, das ihm jedoch alsobald von der Regierung untersagt wurde. Dieser eine Zug genügt, um die rücksichtslose Entschlossenheit seines Charakters zu zeichnen. Bei den Unterhandlungen mit Spanien wegen der Zurückgabe des Veltlins trat auch er, wie sein Oheim, als selbständige Partei auf und nahm daher Theil an den Gesandtschaften nach Mailand und Madrid. Insbesondere wirkte er bei der erneuerten Erbeinigung mit Vorderösterreich darauf hin, daß den Capuzinern im unteren Engadin ihre Hospizien erstattet werden mußten, und daß die Prämonstratenser ihre Convente in St. Luzii und Churwalden wieder beziehen konnten. Selbst die Dominicaner wurden in ihr längst verlassenes Haus in Chur wieder eingeführt. Und als ob es auch damit nicht genug wäre, berief er allen Widerstandes unerachtet eine Mission der Capuziner in seine Residenz, um auf die Bürgerschaft der Stadt Chur einzuwirken. Natürlich sahen die Reformirten diesen durchgreifenden Restaurationsversuchen nicht gleichgiltig zu. Vielmehr, nachdem der Friede mit den auswärtigen Fürsten hergestellt war, bedachten auch sie, wenigstens soweit es ihnen gestattet war, die Verluste zu beseitigen, welche ihnen in den stürmischen Jahren zugefügt worden waren. So entbrannte in den nächsten Jahren ein [206] erbitterter Kampf um den Besitz von Kirchen in der Herrschaft Aspermont nächst Chur, und um die Fortdauer der Capuziner-Hospizien im unteren Engadin; ein Kampf, der nur schwierig unter eidgenössischer Vermittelung geschlichtet werden konnte, seine Schärfe aber erst verlor, nachdem es den bisher unter österreichischer Oberherrlichkeit gestandenen Gerichtsbarkeiten gelungen war, durch Loskauf der Regalien sich die österreichische Einmischung in ihre kirchlichen Angelegenheiten vom Leibe zu halten. Die günstige Gelegenheit hierzu bot die Eroberung von Bregenz durch den schwedischen General Wrangel. Nach diesem Auskauf 1649 und 1652 konnte dann die vom Bischof bezweckte Gegenreformation allerdings nicht auf bleibende Erfolge rechnen. Seine fernere Thätigkeit mußte sich daher fortan auf den engeren Kreis der Diöcese, als deren Wiederhersteller er sich so gerne betrachtete, beschränken. In dieser Richtung beschäftigte er sich mit der Zusammenstellung des proprium Curiense, d. h. der Liturgien für die Jahresfeste der Diöcesanpatrone. Es erschien dasselbe im Druck im Jahre 1646. Ebenso stellte er ein berichtigtes Verzeichniß der Bischöfe von Chur auf, das längere Zeit als Autorität galt, jedoch schon durch Eichhorns Forschungen überholt wurde. Ein bleibenderes Denkmal noch errichtete er sich in der Erweiterung der bischöflichen Pfalz durch einen splendiden Vorbau, der im damaligen Versaillerstyl ausgeführt wurde, und ihm und seinen Nachfolgern dasjenige verschaffen sollte, was man eine fürstliche Wohnung zu nennen berechtigt ist. Er starb am 24. Jan. 1661 und wurde als erster in der von ihm erbauten Gruft beigesetzt.

Eichhorn, Episcopatus curiensis. St. Blasien 1797. F. Fetz, Geschichte der kirchenpol. Wirren. Chur 1875. P. Dom. Ros. de Porta, Historia reformationis ecclesiarum rhaeticarum, Chur u. Lindau 1775. Chr. Kind, Die Pacification des rätischen Freistaates. Rhätia, Bd. II. Chur.