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ADB:Jügel, Carl

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Artikel „Jügel, Carl“ von Wilhelm Stricker in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 659–660, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:J%C3%BCgel,_Carl&oldid=- (Version vom 14. November 2024, 07:10 Uhr UTC)
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Jügel: Carl J., getauft am 2. Mai 1783 zu Düren bei Aachen, gestorben zu Frankfurt a. M. am 9. September 1869. J. kam als Kind mit seinen Eltern nach Berlin, wurde 1797 Lehrling und 1804 Gehülfe in einer dasigen Buchhandlung, 1808 kam er nach Frankfurt a. M. in die Wilmans’sche und 1812 in die Brönner’sche Buchhandlung daselbst, welche sich durch ihre Vorräthe an Landkarten auszeichnete. Er berichtet darüber: „Unsere ansehnlichen Vorräthe von Karten des neuen Kriegsschauplatzes verschafften mir die Gelegenheit, mit vielen der ausgezeichnetsten Männer der damaligen Zeit in persönliche Berührung zu kommen, mit Czerniczeff, Fürst Schwarzenberg, Blücher, Gneisenau, Bülow, York, Wolkonsky etc. Arndt war in unserem Hause einquartirt, Zahn kam täglich ins Geschäft, Franzosenhaß zu predigen, und Lord Castlereagh konnte ich durch Besorgung einer seltenen, ihm unentbehrlichen Karte mir verpflichten.“ Bei der Hochzeit des Stadtbaumeisters Heß mit Fräulein Neuburg auf dem Forsthaus am 26. August 1815 (Boisserée I. 271) machte Jügel, der ein Festgedicht vortrug, die Bekanntschaft Goethe’s, welcher sich sehr beifällig über seine Leistung aussprach. In demselben Jahre wurde J. Teilnehmer der Brönner’schen Buchhandlung und Frankfurter Bürger; 1816 verheirathete er sich mit Fräulein Marie Schönemann, der Nichte von Goethe’s Lili, welche mütterlicher Seits mit der Familie Gontard verwandt war. Sie starb bereits 1831. 1823 gründete J. eine eigene Buchhandlung, welche besonders auf den damals lebhaft werdenden Fremdenverkehr sich stützte. Er verlegte zahlreiche Reisebücher, Panoramen, u. a. die Delkeskamp’schen Arbeiten. Seine Buchhandlung trat J. 1849 seinen Söhnen Franz und August ab und widmete nun, 66 Jahre alt, seine ganze Muße schriftstellerischen Arbeiten. J. war ein Mann von großer selbsterworbener Bildung, reicher poetischer Anlage und, bei rauher Außenseite, tiefer Empfindung. Sein schriftstellerisches Hauptwerk ist: „Das Puppenhaus, [660] ein Erbstück in der Gontard’schen Familie. Bruchstücke aus den Erinnerungen und Familienpapieren eines Siebenzigers, zusammengestellt von K. J. Mit Lili’s und des Verfassers Bildniß.“ Frankfurt a. M. 1857. Das Buch zerfällt in zwei Abtheilungen: die erste, S. 1–238 sind persönliche Denkwürdigkeiten des Verfassers bis zu seiner Verheirathung, welche ein interessantes Bild von Frankfurt in dieser bewegten Zeit entwerfen; die zweite Abtheilung, S. 239 bis 415 gibt, anknüpfend an die Beschreibung eines Puppenhauses, Erbstücks in der Gontard’schen Familie, wichtige Beiträge zur Geschichte derselben, in welchen Lili, Hölderlin und Dr. Ebel (s. Bd. V, S. 518) hervortreten. (Das genannte Puppenhaus selbst, eines der reichst ausgestatteten Kunstwerke der Art, befindet sich mit mancherlei Erinnerungen an Goethe und seine Eltern, als Geschenk Karl Jügel’s und seiner Söhne, im historischen Museum zu Frankfurt.) Das Buch hat wegen des nicht glücklich gewählten Titels und weil es ursprünglich nicht im Buchhandel, sondern nur zum Besten der Schillerstiftung zu erhalten war, nicht die wünschenswerthe Verbreitung erlangt, so daß die hier richtig gestellte Katastrophe Hölderlins immer wieder in der alten entstellten Weise berichtet wird. – 1860 erschien als Manuscript gedruckt: „Erste Liebe, ein Blatt aus dem Lebensalbum eines Achtundsiebzigers,“ eine schlichte, anmuthige Erzählung, deren Schauplatz Berlin um die Scheide des Jahrhunderts ist; ferner 1862 seine gesammelten buchhändlerischen „Gelegenheitsgedichte“, und 1865 seine hochpoetischen „Schöpfungs-Phantasien“ (39 S.).