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ADB:Kaiser, Friedrich

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Artikel „Kaiser, Friedrich“ von Anton Schlossar in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 6–8, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kaiser,_Friedrich&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 05:39 Uhr UTC)
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Kaiser: Friedrich K., dramatischer, insbesondere Possendichter, am 3. April 1814 zu Biberach geboren, wurde, da sein Vater, der österreichischer Offizier war, nach Wien kam, daselbst erzogen und ausgebildet. Seine Absicht, Theologie zu studiren, gab K. bald auf, zumal sich schon frühzeitig sein Talent auf dramatisch-poetischem Gebiete zeigte, das zuerst Director Carl in Wien entdeckte, der K. zum Fortstreben aufmunterte. K. hatte sich inzwischen zum Lebensberufe die Beamtenlaufbahn erwählt, indem er beim Hofkriegsrathe als Praktikant eingetreten war. Schon 1835 ging Kaiser’s erstes Stück „Hans Hasenkopf“ mit günstiger Aufnahme über die Bühne. Des Amtslebens bald müde, trat er im J. 1838 wieder aus dem Staatsdienste, dem er ohnehin fünf Jahre lang unentgeltlich obgelegen war und übernahm bei Director Carl die Stelle eines Theaterdichters, welche freilich keine reichen Einnahmen brachte, später überwarf sich der Dichter mit dem Theaterdirector und begab sich zum Director des Josephstädter Theaters, Pokorny, bei dem er aber keine solchen Erfolge errang wie bei Carl. Im J. 1846 gab K. ein satyrisches Blatt „Der Kobold“ heraus, das bald darauf wieder einging. An der Bewegung des Jahres 1848 nahm K. lebhaften Antheil; die Petition um Aufhebung der Censur, welche die Concordia, ein Schriftstellerverein, dessen Gründung ebenfalls K. zu verdanken ist, an die niederösterreichischen Stände gerichtet, ward von K. am 13. März übergeben. Beim bewaffneten Corps der Nationalgarde eingetreten, hatte er nicht selten Wachdienste zu verrichten; er war es auch, welcher das kaiserliche Constitutionsmanifest, durch die menschengefüllten Gassen Wiens reitend, verlas. So ward [7] K. bald in Wien eine volksthümliche Persönlichkeit, umsomehr als er sich oft der augenscheinlichsten Gefahr aussetzte, um im Sinne des Volkes zu wirken. Nach der Revolutionszeit verband sich K. wieder mit dem Theaterdirector Carl, dem er eine große Zahl von Stücken lieferte und nach dessen Tode widmete er in gleicher Weise dem Nachfolger in der Directionsführung, Nestroy, seine Feder, mit dem er ebenfalls einen Vertrag schloß, der aber im J. 1859 gelöst wurde. Noch war K. für das Theater an der Wien und für das Quaitheater in Wien unter Treumann thätig, zog sich jedoch im J. 1862 ganz zurück. Von seiner dramatischen Thätigkeit war fortan wenig mehr zu hören. Wenig beachtet und in dürftigen Lebensverhältnissen starb er am 6. November 1874 in Wien. K. war ein sehr fruchtbarer dramatischer Dichter, weit über 100 ein- oder mehractige Stücke, zumeist Possen, sind seiner Feder zu verdanken. Er besaß ein zweifellos bedeutendes Talent auf dem betretenen Gebiete, doch ist es sehr zu beklagen, daß seine äußeren Verhältnisse ihn zum hastigen Arbeiten zwangen und deshalb der Charakter des Flüchtigen, Oberflächlichen vielen seiner Stücke aufgeprägt erscheint. Seit dem Jahre 1834, in welchem Jahre das Lustspiel „Das Rendezvous“, nach der Umarbeitung „Hans Hasenkopf“ betitelt, entstand, schrieb K. fast alljährlich eine Zahl von Possen und sogenannten „Lebensbildern“, von denen nur die allerbedeutendsten, beziehungsweise charakteristischesten hier angeführt werden können, nämlich: „Liebe und Ehe“, Lustspiel (1839); „Dienstbotenwirthschaft oder Chatoulle und Uhr“, Posse (1840); „Der Zigeuner in der Steinmetzwerkstätte“, Lebensbild (1841); „Geld“, Posse in 3 Akten nach dem Englischen Bulwers frei bearbeitet (1841); „Der Rastelbinder oder 10 000 Gulden“, Posse (1843); „Stadt und Land“, Posse (1844); „Der Krämer und sein Commis“, Posse (1844); „Doctor und Friseur oder die Sucht nach Abenteuern“, Posse (1845); „Sie ist verheirathet“, Lustspiel (1845); „Die Schule des Armen oder zwei Millionen“, Charakterbild (1847); „Ein Fürst“, Charakterbild (1849); „Mönch und Soldat“, Charakterbild (1849); „Junker und Knecht“, Charakterbild (1850); „Verrechnet“, Charakterbild (1851); „Ein Lump“, Posse (1852); „Der letzte Hanswurst“, Zeitgemälde (1853); „Im Dunkeln“, Posse (1853); „Nur romantisch“, Posse (1854); „Ein Sylvesternachts-Spaß“, Gelegenheitsschwank (1854); „Die Frau Wirthin“, Charakterbild (1856); „Etwas Kleines“, Charakterbild (1857); „Ein Jagd-Abenteuer“, Posse (1859); „Mein ist die Welt“, Charakterbild (1860); „Der alte Bader und die jungen Doctoren“, Charakterbild (1861); „Der Billeteur und sein Kind“, Originallustspiel (1862); „Künstler oder Millionär“, Originallustspiel (1863) etc. Kaiser’s letzte Stücke behandelten historische Persönlichkeiten meist im Rahmen des Wiener Volkslebens als „geschichtliche Volksstücke“, wie „Pater Abraham a Sancta Clara“, „General Laudon“, „Sonnenfels“. Einige Tage nach Kaiser’s Tode wurde sein letztes Lebensbild „Die Brillantenkönigin“ mit großem Beifalle im Theater in der Josefstadt in Wien aufgeführt, dessen Director Fürst sich überhaupt gegen K. sehr pietätvoll benahm. Die meisten von Kaiser’s dramatischen Arbeiten sind im Verlage von Pichler oder Wallishauser, nachmals Klemm in Wien, auch im Drucke erschienen. Außerdem veröffentlichte K. eine Biographie des Directors Carl unter dem Titel: „Theaterdirector Carl. Sein Leben und Wirken in München und Wien“ (1854); das Memoirenwerk „Unter 15 Theaterdirectoren“ (1872) und einige „Volksromane“, wie „Ein Pfaffenleben“ (Abraham a Sancta Clara, 1871), „Unter dem alten Fritz und Kaiser Josef“ (1873–74). – Man ersieht schon aus dem Titelverzeichniß der oben angeführten Stücke Kaiser’s, daß er sich jener heute z. B. durch O. F. Berg, Ant. Langer, C. Costa und C. Elmar vertretenen Richtung der Wiener Lokalposse zuwandte, die sich hauptsächlich mit dem [8] Wiener Volksleben beschäftigt. Im Allgemeinen sind seine Arbeiten mit manchen feinen Zügen ausgestattet, und nicht ohne Humor und „Lebenswahrheit in der Erfindung“, besonders geben die Possen recht lebendige Spiegelbilder des Wiener Lebens und sind werthvolle Beiträge zur Kenntniß desselben. Obwol von großer Derbheit, haben sich viele dieser Schwänke und Lebensbilder besonders auf österreichischen Bühnen bis heute auf dem Repertoire erhalten.

Wurzbach, Biograph. Lexikon, Bd. X.