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ADB:Karl Ludwig (Erzherzog von Österreich)

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Artikel „Karl Ludwig (Erzherzog von Österreich)“ von Oscar Criste in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 51 (1906), S. 53–56, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Karl_Ludwig_(Erzherzog_von_%C3%96sterreich)&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 06:17 Uhr UTC)
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Karl Ludwig, Erzherzog von Oesterreich, königlicher Prinz von Ungarn, wurde am 30. Juli 1833 als dritter Sohn des Erzherzogs Franz Karl, aus dessen Ehe mit Prinzessin Sofie von Baiern, in Schönbrunn geboren. Der anfangs etwas schwächliche Knabe entwickelte sich bald zu einem kräftigen Jüngling und oblag seinen Studien mit großem Eifer. Sie wurden [54] durch die Märztage des Jahres 1848 und deren Folgen eine Zeitlang unterbrochen; am 18. Mai musste der Erzherzog, nachdem sein ältester Bruder Erzherzog Franz Josef sich auf den italienischen Kriegsschauplatz begeben hatte, mit seinem Bruder, Erzherzog Maximilian, den Eltern und dem kaiserlichen Hofe nach Innsbruck reisen. Nach elfwöchentlichem Aufenthalt dort wieder in die Residenz zurückgekehrt, übersiedelte der Erzherzog mit der kaiserlichen Familie nach Olmütz, wo er bis zum Mai 1849 verblieb, um dann in Schönbrunn Aufenthalt zu nehmen. Nach einer Bereisung des Orients im Herbste 1850 und dem Abschluß seiner Studien wurde Erzherzog K. L. zur Einführung in den praktischen Verwaltungsdienst, im Spätherbste 1853 der galizischen Statthalterei zugetheilt, und kaum zwei Jahre später, am 30. Juli 1855, zum Statthalter von Tirol ernannt. Durch wiederholte Bereisungen des Landes verschaffte sich nun der Erzherzog genaue Kenntniß aller Verhältnisse, gewann tiefen Einblick in die Amtsführung, besuchte alle öffentlichen Anstalten und brachte namentlich den Schulen großes Interesse entgegen. An der Ausdehnung und Verschönerung der Landeshauptstadt nahm er regen Anteil und widmete der Erhaltung alter Bauten, historischer und Kunstdenkmäler volle Aufmerksamkeit. Besonders war er auch auf die Förderung der Gewerbe bedacht, und seiner Initiative ist die erste Landesausstellung für Kunst, Industrie und Gewerbe zu verdanken. Hohe Verdienste erwarb sich der Erzherzog um die Ausbildung der ständischen Verfassung und der Landesvertretung. Am 4. November 1856 vermählte sich Erzherzog K. L. zu Dresden mit Prinzessin Margarethe, der am 24. Mai 1840 geborenen Tochter des Königs Johann von Sachsen, doch starb die Erzherzogin bereits am 15. September 1858. Tief erschüttert, trug sich der Erzherzog eine Zeitlang mit dem Gedanken, in ein Kloster zu treten, kehrte dann aber nach einer Reise nach Rom, wo ihn Papst Pius IX. durch trostreichen Zuspruch aufgerichtet hatte, wieder auf seinen Innsbrucker Posten zurück. Inzwischen war der Krieg gegen Frankreich und Piemont ausgebrochen, und mit größtem Eifer setzte der Erzherzog alle Kräfte ein, um die Tiroler und Vorarlberger Landesvertheidigung zu organisiren. Es gelang ihm auch, die Bevölkerung zu stürmischer Begeisterung zu entflammen; in kurzer Zeit marschirten 50 Schützencompagnien mit 7500 Mann an die Grenze, 8 Compagnien waren marschbereit und in wenigen Tagen wäre das ganze Contingent von 24 000 Mann dem Feinde gegenüber gestanden.

Während des Kampfes um die Glaubenseinheit in Tirol in den Jahren 1860 und 1861 stand der Erzherzog wol mit seiner Ueberzeugung auf Seite der katholischen Mehrheit des Landtages, aber er fügte sich seiner Pflicht als Vertreter einer verfassungsmäßigen Regierung. Von Schönbrunn aus richtete er am 17. Juni 1861 einen Erlaß an die Bezirksämter Tirols, worin auf die Agitationen zur Sammlung von Unterschriften für eine Sturmpetition wegen der Glaubenseinheit hingewiesen wurde, die durch eine Deputation dem Kaiser überreicht werden sollte. Erzherzog K. L. erklärte, daß der Kaiser die Absendung einer solchen Deputation nicht billige, und es erfolgte daher an die Bezirksämter der Auftrag, dieser Agitation entgegenzutreten. Ein zweiter Erlaß vom 23. Juni 1861 forderte die Tiroler Bezirksämter auf, die Bevölkerung zu belehren, sie möge sich vor übereilten Schritten bewahren, damit strengere Maßregeln überflüssig würden. Bald darauf bat der Erzherzog, da er die durch die Verfassung geänderte Stellung mit seiner Würde als Mitglied des regierenden Herrscherhauses nicht mehr vereinbar fand, um Enthebung von seinem Posten. Nachdem diese Bitte am 11. Juli 1861 gewährt worden war, hielt sich der Erzherzog von der activen Theilnahme an den Staatsgeschäften [55] fern, benutzte aber jede in seiner Sphäre sich darbietende Gelegenheit, die äußere Machtstellung des Reiches zu fördern. In der Pflege der guten Beziehungen zum Auslande hatte er bemerkenswerthe Erfolge. Wiederholt zu diplomatischen Missionen verwendet, wohnte er auch im J. 1883 der Krönung Alexander’s III. in Moskau bei. Als dann nach Auflösung des Dreikaiserbundes eine Spannung zwischen den Cabineten von Wien und Petersberg eintrat, gelang es dem Erzherzog während seines Besuches in Peterhof, 1886, die früheren freundschaftlichen Beziehungen Oesterreichs und Rußlands wieder herzustellen.

Obwol seit 25. Februar 1848 Oberst und Inhaber des zweiten Chevauxlegerregiments (Ulanenregiment Nr. 7), dann im Laufe der Jahre zum Generalmajor, 29. Juli 1855, Feldmarschalllieutenant, 10. März 1861 und zum General der Cavallerie, 28. October 1884, befördert, hat Erzherzog K. L. doch nur ein Commando geführt, aber er beteiligte sich stets an den Manövern und Detailinspicirungen und blieb in steter Fühlung mit den hervorragenden Persönlichkeiten des Heeres. Ganz hervorragende Verdienste erwarb er sich um die Armee als Protectorstellvertreter der Vereine vom Rothen Kreuze und als Protector der Gesellschaft vom Weißen Kreuze. Mit der größten Hingebung aber widmete sich der Erzherzog den höheren Aufgaben des Culturlebens, indem er industrielle, gewerbliche und künstlerische Unternehmungen, Institute und Vereine thatkräftigst förderte. „Weit entfernt, den Völkern ihre Eigenthümlichkeiten, ihre Sprache, Lebensgewohnheit und Religion zu verkürzen, wollte der Erzherzog, ein gut Conservativer der alten Schule, vielmehr die Besonderheiten der Länder und Volksstämme des habsburgischen Gesammtreiches gefördert und ausgebildet, gehoben und veredelt wissen. Er fand eben die natürliche Einheit auf den Gebieten nützlichen und edlen Schaffens. Er sah, daß trotz der Verschiedenheit der großen Nationen der Erde in Sprache und Einrichtungen die Cultur, die auf den Humanismus gegründete Wissenschaft und Kunst, in erster Linie aber Industrie und Handel es sind, welche allmählich um die Völker des Erdballs ein Band schlingen, das immer fester und unzerreißbarer wird. So faßte er in Oesterreich den wirthschaftlichen Einheitsstaat ins Auge, in welchem die Theile durch das Ineinandergreifen der Urproduction und der Manufactur schon von der Natur aufeinander angewiesen sind und nur als Ganzes durch die Fortschritte der Wirtschaft und ihrer Technik in dem Weltkampfe mit anderen großen Staaten zu bestehen vermögen. Indem er so in der Gemeinsamkeit der wirtschaftlichen Interessen ein einigendes Band von hoher Bedeutung erblickte, welches die Nationalitäten mehr und mehr umschlingen werde, richtete er sein Augenmerk darauf, vor allem Industrie und Handel zu fördern. Capital und Arbeit als die Bedingungen aller gedeihlichen Entwicklung betrachtend, stützte er sich auf das schaffende Bürgerthum, die breite Grundlage der Gesellschaft. Sein Streben ging zunächst darauf aus, die Intelligenz des Gewerbestandes durch fachmännische Anleitung und Ausbildung zu heben. Mit glänzendem Erfolge widmete er dieser großen Culturaufgabe die wichtigste Thätigkeit seines Lebens. Als Beschützer des heimischen Gewerbes, der in den Werkstätten der Fabrikbesitzer wie in den Ateliers der Künstler sich einfand, als Schirmherr der gewerblichen Vereine, der die Versammlungen der Gewerbetreibenden mit seiner Gegenwart zu beehren pflegte, als Protector der Wiener Weltausstellung und aller späteren besonderen Ausstellungen, der sich aller Fortschritte der gewerblichen Arbeit Oesterreichs freute, trug er durch seinen anregenden Einfluß und sein thätiges Eingreifen wesentlich dazu bei, daß viele Erzeugnisse österreichischen Gewerbefleißes heute den Weltmarkt beherrschen. Während er auf diese Weise [56] neue Quellen des allgemeinen Wohlstandes erschloß, durfte er hoffen, zu den Zielen einer weit ausblickenden Politik die Wege zu ebnen.“

Erholung von so vielseitiger, rastloser Thätigkeit suchte und fand Erzherzog K. L. stets im Kreise seiner Familie. Die erste kurze Ehe war kinderlos geblieben. Am 21. October 1862 vermählte sich der Erzherzog zu Venedig mit Prinzessin Maria Annunziata von Bourbon, der damals 19jährigen Tochter des Königs Ferdinand II. von Neapel und Sicilien. Dieser Ehe entsprossen drei Söhne und eine Tochter: Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich-Este (18. December 1863), Erzherzog Otto (21. April 1865), Erzherzog Ferdinand Karl (27. December 1868) und Erzherzogin Margarethe Sofie (13. Mai 1870). Am 4. Mai 1871 starb die Gemahlin des Erzherzogs in dem jugendlichen Alter von 28 Jahren, und zwei Jahre später, 23. Juli 1873, vermählte sich Erzherzog L. K. zu Heubach auf dem Schlosse des Fürsten Karl zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg mit der Infantin Maria Theresia von Portugal, der am 24. August 1855 geborenen Tochter des Königs Dom Miguel I. von Portugal, Herzogs von Braganza. Die dritte Gemahlin schenkte dem Erzherzog zwei Töchter, Erzherzogin Marie Annunziata (31. Juli 1876) und Erzherzogin Elisabeth (7. Juli 1878).

Während einer Reise nach Aegypten und Palästina im Winter und Frühjahr 1896 holte sich Erzherzog K. L. den Keim einer Krankheit, die wol in milder Form auftrat, jedoch einen schleppenden Verlauf nahm. Erst nach der Rückkehr nach Wien, 17. April, verschlimmerte sich die Krankheit und hatte eine fortschreitende Abnahme der Kräfte zur Folge, die am 19. Mai 1896 den Tod herbeiführte.

von Lindheim, Erzherzog Karl Ludwig 1833–1896. Ein Lebensbild. Wien 1897. – Weihrich, Erzherzog Karl Ludwig. (Bettelheim, Biographisches Jahrbuch und Deutscher Nekrolog II. Berlin 1898.) – Nekrologe in den Tagesblättern 1896.