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ADB:Koeppe, Moritz

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Artikel „Köppe, Joh. Moritz“ von Melchior Josef Bandorf in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 697–698, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Koeppe,_Moritz&oldid=- (Version vom 19. November 2024, 01:33 Uhr UTC)
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Köppe: Joh. Moritz K., Irrenarzt, geb. am 26. Mai 1832 in Zörbig, preuß. Sachsen, † zu Altscherbitz bei Halle a. d. S. am 30. Januar 1879. Nach den vorbereitenden humanistischen Studien in Halle bezog K. zu Ostern 1852 die Universität Leipzig, wo er zwei Jahre lang sich der Medicin widmete, um darauf in Halle seine Studien fortzusetzen. Hier wurde er im Sommer 1856 zum Doctor promovirt (Diss. „De cholerae epidemicae propagationis natura ac ratione“) und absolvirte im folgenden Wintersemester die medicinischen Staatsprüfungen. Anderthalb Jahr war er dann an der internen Universitätsklinik als Assistent thätig, worauf er sich der Psychiatrie zuwandte und am 1. Oct. 1858 als Hülfsarzt an der unter Damerow’s Leitung stehenden Irrenanstalt Nietleben bei Halle eintrat. Schon nach 8 Monaten wurde er mit der Stelle des zweiten Arztes betraut. Der Krieg 1866 unterbrach für kurze Zeit seine Thätigkeit, daraus zurückgekehrt, stellte ihn der Tod Damerow’s auf dessen Posten, welcher ihm dann am 18. Juni 1867 auch definitiv übertragen wurde. Nun entfaltete K. eine großartige organisatorische Thätigkeit, welche sich im Wesentlichen den Griesinger’schen Reformplänen anschloß. Trotz großer Schwierigkeiten führte er die Abschaffung des bisherigen Zwangssystems durch und trachtete dahin, die Irren so viel als möglich in freierer Weise zu verpflegen. Die Ueberfüllung und bauliche Unzulänglichkeit der Anstalt, welche letztere er übrigens in mannigfacher Weise zu verbessern wußte, gaben ihm Gelegenheit, im Sinne der agricolen Verpflegung der Geisteskranken zu wirken. Es gelang ihm, das Vertrauen der Provinzialstände Sachsens für seine weitgehenden Pläne zu gewinnen und diese stellten ihm das Rittergut Altscherbitz im Werthe von circa 1 Million Mark zur Verfügung. Sein Plan war, daraus eine Anstalt für 4–500 Kranke zu schaffen, von welchen jedoch nur ein kleiner Theil in einer [698] central gelegenen, allen neueren Anforderungen entsprechenden Irrenanstalt untergebracht werden sollte, während die Mehrzahl in einfachen, billig herzustellenden, zerstreut liegenden Häusern wohnte. Die Bewirthschaftung des großen Gutes von 1500 Morgen sollte den Kranken eine ausgiebige geregelte Beschäftigung bieten, welche als Cur- und Conservationsmittel auf dieselben einwirkte, während gleichzeitig beträchtliche finanzielle Vortheile daraus erwuchsen. Andererseits konnte eine solche Anstalt den Pfleglingen das größte Maß von Freiheit, sowie den Comfort und das Behagen eines kleinen bürgerlichen Hauses gegenüber den einengenden Verhältnissen der großen geschlossenen Anstalten gewähren. 1876 begannen die nöthigen baulichen Umänderungen, im Juni zog zugleich ein kleiner Bestand von 40 Patienten aus Nietleben auf das Gut. Leider sollte es K. nicht vergönnt sein, die Vollendung seines Werkes und die praktische Erprobung des hier angewendeten Prinzipes zu erleben, welches sowol wegen der Vortheile für die Kranken, wie der viel geringeren Belastung der öffentlichen Mittel für die fernere Entwickelung des Irrenwesens von eminenter Tragweite ist. Mitten im Schaffen ereilte ihn der Tod, als er eben im Begriffe stand, die Direction von Nietleben und die psychiatrische Professur in Halle niederzulegen, um sich ganz seiner neuen Schöpfung zu widmen. K. hatte nämlich neben seiner ärztlichen und organisatorischen Thätigkeit auch Zeit gefunden zur wissenschaftlichen Förderung der Psychiatrie. Seine Arbeiten über Reflexepilepsie, Gehörsstörungen und Psychosen, Kopfverletzungen als periphere Ursachen reflectirter Psychosen sind werthvolle Beiträge zur Aetiologie der Seelenstörungen. 1869 habilitirte er sich mit einer Arbeit über das Rhinhämatom als Docent der Psychiatrie und entwickelte auch in dieser Berufsthätigkeit ein erfolgreiches Wirken, 1875 fand er in der Ernennung zum außerordentlichen Professor die wohlverdiente Anerkennung.

Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie, Bd. XXXVI. S. 128.