Zum Inhalt springen

ADB:Kraft von Toggenburg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Kraft von Toggenburg“ von Richard Moritz Meyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 410–411, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kraft_von_Toggenburg&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 07:23 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Todt, Max
Nächster>>>
Tocke, Heinrich
Band 38 (1894), S. 410–411 (Quelle).
Kraft von Toggenburg bei Wikisource
Kraft I. von Toggenburg in der Wikipedia
Kraft von Toggenburg in Wikidata
GND-Nummer 101272367
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|38|410|411|Kraft von Toggenburg|Richard Moritz Meyer|ADB:Kraft von Toggenburg}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=101272367}}    

Toggenburg: Graf Kraft v. T., schweizerischer Minnesinger. Von drei Trägern dieses Namens in dem vornehmen und mächtigen Adelsgeschlecht gilt nach allgemeiner Annahme der zweite als unser Dichter; er ist im Gegensatz zu den beiden anderen nur in einer Urkunde vom 27. Mai 1260 belegt. Zu dieser Zeit stimmt es, daß die Manessische Handschrift ihn in der Grafenbank ihres Grundstocks zu dem den Toggenburgern verwandten Grafen v. Kilchberg (1286–1310) stellt; Kraft III (1299–1339) ist zu spät, Kraft I (1240–54), zu dessen gewaltthätigem Charakterbild auch die Lieder nicht passen, zu früh.

Die sieben Liedeslieder verrathen einen Schüler Veldeke’s, der viel von seines Meisters Art besitzt. Eine liebenswürdige heitere Natur, die es aber doch mit den neuen Schlagworten noch ernst nimmt, verträgt er es nicht, den „hochgemuthen“ Ton der höfischen Schule anzuschlagen, wenn er Liebeskummer fühlt und bittet ganz aufrichtig die Auserwählte, ihm die geforderte Stimmung zu verschaffen. Man hat überall den Eindruck, daß er in wirkliche Anschauung und lebendiges Gefühl übersetzt, was Andere nur als Schablone übernehmen. So wird ihm auch der Spott der Herrin zum hörbaren Lachen und die volksthümliche Wendung vom rosenrothen Mündlein führt zu einem frischen Vergleich. Seine Kunst ist mäßig: der Adonius der Veldekischen Schule und provenzalische Durchreimung verbinden sich mit der Freude an Wortaufnahme, die fast ein landschaftliches Kennzeichen der Thurgauer bildet, und mit bequemen Reimen. Eine Neuerung bedeutet für seine Zeit die eingehende Aufzählung der Schönheiten seiner Dame im neunten Gedicht. Er spiegelt so recht die Freude ab, mit der in den deutschen Nebenländern die neue Kunst begrüßt ward; der Minnesinger Wengen, ein Dienstmann des Toggenburger’s, der zu Klingen’s Kreis [411] gehört, vermittelt dann zwischen diesen Einführern Veldekischer Art (wie unser Dichter und Teufen) und dem Epigonenkreis der Thurgauer Sänger um Klingen.

Text in Bartsch, Schweizer Minnesänger VI. 74 f. – Litteratur: ebd. S. LI f. – v. d. Hagen, Minnesinger IV, 52–55. – Bächtold, Gesch. d. d. Dichtung in d. Schweiz S. 151.