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ADB:Lanna, Adalbert

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Artikel „Lanna, Adalbert“ von Edmund Schebek in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 696–698, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lanna,_Adalbert&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 14:54 Uhr UTC)
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Lanna: Adalbert L., geb. am 23. April 1805 zu Budweis, † am 15. Januar 1866 zu Prag, einer der Bahnbrecher der neuen wirthschaftlichen Aera in Oesterreich. Geboren an der Oertlichkeit, wo die Moldau schiffbar zu werden beginnt und die Fahrzeuge für dieselbe gezimmert werden, auf „dem k. k. Schiffbauhof“, als Sohn des „k. k. Schiffmeisters“. erhielt er sozusagen von seiner Geburt an die Hinweisung auf seinen künftigen Beruf. Mit Ernst und Eifer bereitete er sich auf denselben nach dem Studium der Grammatikalklassen und der Technik vor, erst als Schiffszimmermann und nachher als Schiffmann. Im J. 1825 zum Steuermann aufgestiegen, unternahm er, während früher die Budweiser Schiffer im besten Falle blos bis Leitmeritz gekommen waren, mit Bau- und Nutzholz die erste directe Fahrt nach Hamburg, an welche sich mit steigendem Erfolge bald weitere Fahrten anschlossen, wodurch der Kredit des jungen Mannes ungemein gehoben wurde. Nach dem Tode seines Vaters im J. 1828 zur selbständigen Leitung des Geschäftes berufen und das Jahr darauf als k. k. Schiffmeister bestallt, wendete er neben der Versorgung Böhmens mit Salz aus dem Salzkammergute, die ihm als k. k. Schiffsmeister insbesondere oblag, nunmehr seine Thatktaft vornehmlich der besseren Verwerthung des Holzreichthums im südlichen Böhmen zu, was ihm auch in überraschender Weise gelang, namentlich seitdem der Fürst Johann Adolph von Schwarzenberg in richtiger Würdigung der seinen eigenen Interessen als größten Waldbesitzers von Böhmen entgegenkommenden Intentionen Lanna’s dieselben unterstützte. An diesem hochsinnigen Fürsten fand L. zugleich einen Förderer seines Planes, die Flößbarkeit und Fahrbahn der Flüsse zu verbessern. Diesen Plan verfolgte L. bis an sein Lebensende mit Ausdauer; wenn es von ihm abgehangen wäre, würden auch die Schifffahrtshindernisse durch und bei Prag beseitigt worden sein, zu welchem Ende er u. a. 1857 die Erweiterung des unter Rudolph II. angelegten Stollens durch den Belvedererücken zu einem unterirdischen Schifffahrtskanale projektirt hatte. Doch dazu kam es nicht; dagegen wurden die anderweitigen Regulirungsarbeiten an der Moldau und Elbe, deren Ausführung ihm unter Controlle der Landesbaubehörde und nach deren Plänen übertragen ward, allgemach umfassender und systematischer in Angriff genommen und für die Flößbarmachung der Nebenflüsse der Moldau, that nach seinen Rathschlägen [697] Fürst Schwarzenberg sehr viel. „Es war ein günstiger Moment, als Großgrundbesitz und bürgerlicher Unternehmungsgeist sich begegneten und sich verstanden“. Der Verbindung Lanna’s mit dem Fürsten Schwarzenberg und bald auch mit anderen Herrschaftsbesitzern verdankte das Holzgeschäft einen großartigen Aufschwung, doch nicht blos nach den Nordseehäfen hin, sondern auch in der Richtung nach Linz mittelst der Budweis-Linzer Pferdebahn. Zu Salz, Holz und Getreide gesellte sich bald als ein neuer Hauptartikel der Graphit, von welchem L. schon auf seiner ersten Hamburger Fahrt Proben mitgenommen hatte. Der erleichterte Absatz steigerte auch die Ausbeute, und auch diese ließ sich L. angelegen sein, indem er zu Mugrau ein neues Bergwerk neben dem älteren Schwarzenberg’schen erschloß. Durch den Erfolg seiner Unternehmungen war Lanna’s Stellung im Laufe der Zeit eine so ansehnliche geworden, daß man ihn wol auch den Admiral der Moldau zu nennen pflegte. – Wie in einem Vorgefühle, daß die Herrlichkeit der Flußschifffahrt nicht ewig dauern würde, hatte L. frühzeitig seinen Blick zugleich auf das neue Vehikel gerichtet, von welchem eine Umwälzung des gesammten Verkehrswesens ausgehen sollte. Schon an dem Zustandekommen der ersten größeren Eisenbahn des Continentes, der Pferdebahn von Budweis nach Linz, hatte er sich betheiligt und eine Zeit lang auch deren Betrieb pachtweise geführt. Da mehrere größere Bauten, namentlich die Kettenbrücke und der Franzensquai in Prag, ihn als Bauunternehmer vortheilhaft bekannt gemacht hatten, so wurde ihm in Compagnie mit der bereits im Eisenbahnbau rühmlichst bekannten Firma „Gebrüder Klein“ der Bau der Prag-Dresdener Bahn, deren Trace er schon 1840 entworfen hatte, übertragen. Darauf folgten die Buschtiehrader Bahn, die südnorddeutsche Verbindungsbahn (in Gesellschaft mit den Gebrüdern Klein und Johann Liebieg), die Kralup-Turnauer und die böhmische Nordbahn. Die Franz-Josephs-Bahn projectirte er nur; gebaut wurde sie erst nach seinem Tode von dem Sohne Adalbert Ritter v. L., abermals in Compagnie mit den Gebrüdern Klein. Auch die von ihm entworfene Fortsetzung der Buschtiehrader Bahn, einerseits an die sächsische Grenze, andererseits nach Eger, kam erst nach seinem Tode zur Ausführung.

Wol die Voraussicht, daß in Folge des Zusammentreffens steigender Preise des Holzes, welches in Folge des angebahnten Exportes jetzt vorwiegend als Nutz- und Bauholz Verwendung fand, mit durch die Eisenbahnen und die erhöhte Industriethätigkeit verursachtem steigenden Consum an Brennstoff der Bedarf an Mineralkohle bedeutend zunehmen würde, war es, was L. veranlaßte, sich mit dem Geologen Zippe behufs Auffindung von Kohlenfeldern in Verbindung zu setzen. Doch nicht diesem Gelehrten, sondern einem schlichten Bergmanne, Namens Wania, war der glückliche Fund beschieden. In Gemeinschaft mit dem Prager Bürger Wenzel Nowotny und den Gebrüdern Klein wurde nun an die rationelle Ausbeutung des entdeckten Kohlenfeldes von Kladno geschritten, welches seit jener Zeit sammt dem angrenzenden Complexe der Staatsbahn und der Buschtiehrader Bahn das mittlere Böhmen mit dem nothwendigen Brennstoff versieht.

Lanna’s Geist hielt aber dabei nicht stille. In der Erkenntniß, daß die Entwickelung des Eisenbahnwesens und der Industrie auch eine erhöhte Nachfrage nach Eisen wachrufen würde, hatte er die reichen Nuczitzer Eisenerzlager in der Nähe der Kladnoer Kohlenwerke erworben und war nun darauf bedacht, auch in Oesterreich das Problem, die Erze mit Kohlen zu schmelzen, zu lösen. Sobald er sich durch den Besuch englischer und schottischer Eisenwerke, dann jener von Seraing und in Oberschlesien die nothwendigsten Erfahrungen angeeignet, ging er mit gewohnter Thatkraft ans Werk. Bereits Anfang 1855 wurden die zwei ersten Coakshochöfen Oesterreichs angeblasen. Noch waren aber unsägliche Schwierigkeiten, theils technische, theils finanzielle, zu überwinden. Lanna’s [698] Energie überwand dieselben; er trieb das nöthige Kapital auf, um durch zweckmäßige und ausgedehnte Einrichtungen den Betrieb zu verbessern und zu verwohlfeilen und brachte auch im Wege der Association einen Complex ineinandergreifender, sich gegenseitig unterstützender Werke zusammen. Es ist das die heute einen maßgebenden Factor im Eisengeschäfte der Monarchie bildende „Prager Eisenindustriegesellschaft“. – Die Belebung der Flußschifffahrt, der Bau von Eisenbahnen, die Fürsorge für Kohle und Eisen, sind die Hauptrichtungen, in welchen L. schaffend und reformatorisch selbstthätig war; nach anderen Seiten wirkte er anregend. Um aber sein Bild zu vervollständigen, müßten noch manche bedeutsame Züge eingefügt werden. So seine väterliche Fürsorge für die in seinen Diensten stehenden Personen, seine großartige Förderung gemeinnütziger und humaner Zwecke, sein öffentliches Wirken als langjähriger Präsident der Handels- und Gewerbekammer in Budweis; nicht minder müßten auch die Schwierigkeiten, namentlich die damals noch herrschende bureaukratische Schwerfälligkeit, in Betracht gezogen werden, mit denen er zu kämpfen hatte. Da sein Blick immer auf das Große und Ganze gerichtet war, so mußten ihm zur Umschiffung der Klippen und zur Ausführung der Details andere hülfreich zur Hand sein, unter welchen insbesondere sein Jugendfreund Dr. Walther zu nennen ist. Wollte man sein Wesen kurz charakterisiren, so könnte man nur sagen. L. war eine geniale, schöpferische und, trotz autokratischen Anwandlungen, gute und edle Natur. Von seiner Popularität gab sein Leichenbegängniß Zeugniß, das unter außerordentlicher Theilnahme aus allen Ständen, von Nah und Fern stattfand. Von der Regierung war er 1835 durch die goldene Medaille und kurz vor seinem Lebensende durch den Orden der eisernen Krone ausgezeichnet worden. Seine zahlreichen Freunde und Verehrer setzten ihm ein würdiges Denkmal in einem von Professor Pönninger in Wien modellirten, überlebensgroßen Standbilde aus Bronzeguß, dessen Sockel Andeutungen auf seinen Lebensgang, ebenfalls in Bronze ausgeführt, schmücken. Dieses auf einem öffentlichen Platze in seiner Vaterstadt Budweis deren Wohlthäter und größtem Bürger errichtete Denkmal wurde am 25. Mai 1879 feierlich in Anwesenheit der Kinder und Enkel des Verewigten, des Fürsten Schwarzenberg, der Geistlichkeit und Behörden, vieler Gäste und einer großen Volksmenge enthüllt.

Adalbert Lanna von Dr. A. Peez, Oesterreichische Revue, 1867.